Beginn der Stagflation im Vereinigten Königreich
Von Karl Weiss
Die Verbraucherpreise im Vereinigten Königreich (England) sind erneut stärker gestiegen. Im Februar 2011 ging es um 4,45 % aufwärts – und das bei den bekannten Tricksereien bei der Erhebung dieser Zahl. Gleichzeitig stagniert die Wirtschaft, nicht zuletzt durch den Extrem-Sparkurs der Regierung verursacht. Die letzte vorliegende Zahl ist für das vierte Quartal 2010: - 0,8%. Auch diese Zahl wurd manipuliert, es liegt also in Wirklichkeit bereits der Beginn eines deutlichen Rückgang des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) vor.
Der Unter-Preis-Index für Lebensmittel (einschliesslich nichtalkoholischer Getränke) stieg im Februar in Grossbritannien sogar um 6,3% an. Die Bank of England wollte eigentlich den Preisindex bei höchstens 2% halten, doch davon ist man nun Monat für Monat immer weiter entfernt.
Das nennt man eine Stagflation, eines der am meisten gefürchteten Phänomens in der bürgerlichen Ökonomie. Und eshandelt sich keieswegs um einen momentane Ausreisser, diese Daten stehen vielmehr mit den makroökonomischen Zahlen der britischen Wirtschaft im Einklang.
Im Blog „Querschüsse“ schreibt ma zu diesen makroökonomischen Daten, hier:
http://www.querschuesse.de/uk-cpi-steigt-kraftig/
„ ... UK als eine klassische Finanzblasenökonomie, ohne relevante realwirtschaftliche Komponenten außerhalb des Dienstleistungssektors, ist genaugenommen eine degenerierte Volkswirtschaft. Nur im Februar 2011 betrug die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte 11,8 Mrd. GBP. Mit den Effekten aus den eingegangenen Verpflichtungen durch die staatlichen Interventionen im Finanzsektor betrug die Schuldenlast des Staates (alle öffentlichen Haushalte – Central Government Debt) im Februar 2011 fulminante 2,2521 Billionen GBP bzw. 149,1% des nominalen BIPs Großbritanniens und dies liegt sogar knapp über dem Level von Griechenland!“
Und Griechenland erwägt gerade ernsthaft, den Staatsbankrott zu erklären.
Natürlich hat England, genauso wie das andere Land mit einer Voodoo-Ökonomie, die Vereinigten Staaten, einen Sonder-Bonus in der Finanzwelt, denn „die Finanzwelt“ sitzt ja eben in London und New York. Das zögert es hinaus, dass die für frisch aufzunehmendes Geld zu zahlenden Zinsen ins fast Unermessliche steiegen, was soeben mit über 20% in Griechenland passiert ist, aber irgendwann wird sich diese tatsächliche Situation auch in den Finanzwerten niederschlagen und dann gute Nacht, geliebtes Vaterland.
In den USA kündigt sich diese Entwicklung sogar schon konkret an, seit gestern die Rating Agentur „Standard and Poor“ (S+P) die Einstufung der US-Bonds von AAA auf AAA- gesetzt hat. Heute liegen die Zinsen, die die USA für frisches Geld zahlen müssen, mit über 3,5% bereits deutlich über denen der Deutschen Bundesbank (3,232%) und der Euro stieg auf fast genau 1,43 Dollar.
Soweit ist es für Grossbritannien noch nicht, aber auch dort wird mit Sorge auf den immer mehr abbrechenden Pfund-Kurs geblickt, der die Importausgaben ständig erhöht. U.a. muss Grossbritannien einen wesentlicher Teil der verbrauchten Nahrungsmittel importieren. Die Bilanz aus Ausfuhr und Einfuhr von Llebensmitteln betrug 2010 für das UK ziemlich genau –17 Milliarden Pfund.
Deutlich wird das Dilemma der UK-Wirtschaft auch am Handelsbilanzdefizit für Waren, Güter und Dienstleistungen, das 2010 etwa 46,3 Milliarden Pfund betrug. Nimmt man nur das Defizit der Waren und Güter, so betrug es sogar etwa 97,8 Milliarden Pfund.
Im UK wurde, ähnlich wie in den USA, vor allem die Finanzkrise bekämpft, indem man Liquidität geschaffen hat. Damit wird aber eben unter der Bedingung (in beiden Fällen), dass man ein chronisches Handelsbilanz- und Leistungsbilanz-Defizit hat, die Ausweitung der Staats-Schulden betrieben und gleichzeitig das Wichtigste völlig vernachlässigt, nämlich die reale Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
Man glaubte, die hohen und weiten Kreditlinien, mit denen man die Banken beglückte, würden von der Industrie aufgegriffen und in neue Produktionskapazitäten investiert. Dabei hatte man aber die Wirtschaftskrise ausser Acht gelassen. Es gab keinen Bedarf für mehr Produkte, für deren Herstellung man hätte investieren können.
Und damit stand man eben in der typischen Krisensituation, die ja dadurch gekennzeichnet ist, dass die Konsumenten gar nicht mehr das Geld haben, die bereits produzierten Güter zu kaufen, ganz zu schweigen von zusätzlich produzierten.
Man hätte statt dessen die Massenkaufkraft stärken müssen, um neue Nachfrage zu schaffen, aber da sei das heilige kapital vor. Wir werden doch unser gutes Geld nicht in den Rachen des dummen Volkes werfen, nicht wahr?
Karl Marx hat diese Situation bereits vorhergesagt und die Ausweglosigkeit des kapitalistischen Systems bewiesen. Nun bewahrheitet es sich alles.
Die britische Notenbank („Bank of England“) hat ja auch schon die Leitzinsen auf das niedrigst mögliche Niveau gesenkt und wird nun, wie es schon die Europäische Zentralbank vorgemacht hat, diese Zinsen erhöhen müssen angesichts der wachsenden Inflation. Genau das wird aber jeden eventuell vorhandenen Ansatz einer wirtschaftlichen Erholung abwürgen und dann ist man eben in der Situation, die sich jetzt, wenn auch auf niedrigem Niveau, schon andeudet: Stagflation.
Man stelle sich nur vor, wenn man eine Inflation von 10 % hätte und gleichzeitig ein Jahr für Jahr um einige Prozente zurückgehendes BIP.
Der Finanzindustrie am Platz London geht es zwar „danke hervorragend“, doch die schafft keinerlei wirkliche Werte – ausser für sich selbst - doch genau das bräuchte man jetzt.
Wie gesagt: Es gibt keinen Ausweg innerhalb des kapitalistischen Systems.
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