USA: Wirtschaftskrise beginnt
Von Karl Weiss
Die US-amerikanische Zentralbank Fed hat begonnen, die Leitzinsen zu senken, gleich um sensationell hohe 0,5% auf nunmehr 4,75%. Das ist ein klares Signal: In den USA hat die Wirtschaftskrise begonnen. Nach allem, was je vorher geschehen ist, wird der Gigant US-Wirtschaft alle anderen mit in den Strudel reißen: Die Weltwirtschaftskrise in bisher noch nicht völlig voraussehbarem Ausmaß.
Hatte noch vor kurzem die US-Fed es ausdrücklich abgelehnt, die Leitzinsen zu senken, von einer Inflation gesprochen, die keineswegs endgültig gebannt sei und ein weiteres, wenn auch schwaches, Wirtschaftswachstum vorhergesagt, so hat sie sich jetzt innerhalb kürzester Frist widersprochen. "Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“
Man hat aber nicht, wie die meisten erwartet hatten, lediglich einen kleinen Schritt von 0,25% nach unten gemacht, sondern einen großen von 0,5%. Das zeigt, man ist in heller Panik. Plötzlich interessiert die Inflation kein bisschen mehr, die noch im Zentrum der letzten Verlautbarung stand. Man hat natürlich schon weit mehr Statistiken vorliegen, als öffentlich bekannt wurden und weiss, die Krise beginnt.
Die Definition ist klar: Zwei aufeinanderfolgende Quartale mit sinkendem „Gross National Product“ (GNP), erst dann steht es fest, die Krise ist da. Das wird, wenn die US-Wirtschaft im Moment in etwa den Null-Punkt (Nullwachstum) nach unten überschreitet, erst am Ende des ersten Quartals 2008 der Fall sein, bzw. wenn sich bis einschließlich Oktober noch ein kleines Plus ergibt, sogar erst am Ende des zweiten Quartals 2008.
Trotzdem ist der wahre Zeitpunkt des Beginns jetzt. Zinssenkungen werden nur durchgeführt in der Krise, wenn eine Krise unmittelbar bevorsteht oder schon angefangen hat. Die bürgerlichen Ökonomen, Weltmeister in falschen Vorhersagen, nennen sie schamhaft „Rezession“.
Die Arbeitslosigkeit in den USA, obwohl durch Manipulationen und statistische Tricks nach unten „verbessert“, steigt an. Der Konsumindex ist leicht rückläufig, das Konsumklima negativ. Alle halten ihr Geld zusammen und machen jetzt keine Anschaffungen, denn die Zukunft ist unsicher. Das wird durch das deutliche Zinssignal natürlich noch verschärft. Ein sich selbst beschleunigender Prozess.
Bereits seit Anfang 2006 haben wir wiederholt von der kommenden Wirtschaftskrise gesprochen. Die bürgerlichen Ökonomen haben dagegen immer wieder all dies als „Gerüchtemacherei“, als „Panikmache“ oder als „gezielte Verunsicherung“ abgetan. Sie vertraten bis gestern die These, der Kapitalismus sei krisensicher geworden, die Zeit von Krisen sei Vergangenheit, nun ginge es nur noch unaufhaltsam aufwärts. Auf einen der Artikel des Autors hat einer geantwortet, dies sei der grösste Unsinn, den er je gelesen habe.
Der Kapitalismus trägt immer Krisen in sich, so wie auch Krieg, Elend und Armut, Imperialismus und Völkermord.
Nun aber mussten selbst die blindesten bürgerlichen Ökonomen zugeben, es bestände „eine Chance für eine Rezession in den USA“, während sie noch vor wenigen Tagen tönten, die Finanzkrise sei auf die Finanzinstitutionen beschränkt, die „reale Wirtschaft“ sei überhaupt nicht betroffen. „Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“ sagte schon Adenauer.
Tatsache ist, die hohe Anzahl von US-Amerikanern, die ihre Schulden aufs Häuschen nicht mehr bedienen konnten und können, zieht in gewaltigem Maße Kaufkraft aus der US-Wirtschaft. Dazu kommt, die Banken bieten diesen Schuldnern keine Umschuldungen an, sondern exekutieren erbarmungslos, um wenigstens einen Teil des Geldes über die Versteigerung der Häuser wiederzubekommen oder einfach die Häuser ins eigene Portfolio einzustellen und auf eine Wertsteigerung zu warten.
Nach den letzten Meldungen haben inzwischen 25% aller US-Amerikaner, die Hypotheken auf ihren Häusern haben, noch mehr zu zahlen als der aktuelle Wert ihres Hauses! Das ergibt sich einfach daraus, dass die Werte von Immobilien drastisch in die Knie gegangen sind (Ein Fall auf die Hälfte des früheren Wertes ist keine Ausnahme) und weil Banken und Hypothekenorganisationen weit höhere Hypotheken akzeptiert haben, als es angesichts des damals aufgeheizten Häusermarktes zu verantworten war.
Dazu kommt als zweiter Faktor: Die Ölpreise haben sich dauerhaft in einer Höhe festgesetzt, die durch die direkte Anwendung auf den Benzinpreis in den USA ebenfalls massiv Kaufkraft abzieht. Während die berühmten bürgerlichen Ökonomen wieder und wieder behauptet hatten, die Ölpreise würden bald auf ihr früheres Niveau von etwa 40 Dollar pro Barrel zurückgehen, war in Wirklichkeit längst klar, es gibt keine Möglichkeit mehr, die Förderung kurzfristig deutlich zu erhöhen.
Der Trick, grosse Mengen von gelagertem Öl auf den Markt zu werfen, hatten zwar den Ölpreis zeitweilig wieder unter die 70-Dollargrenze gedrückt, aber das ging eben nur, solange grosse Lagerbestände vorhanden waren. Am vergangenen Montag hat der Barrel-Preis für Rohöl an der New Yorker Rohstoffbörse die 81 Dollar überschritten. Es besteht nicht die geringste Aussicht, dass dieser Preis je wieder deutlich und längerfristig unter 70 Dollar fällt.
Der dritte Faktor, der zum Ausbruch der jetzt beginnenden US-Wirtschaftkrise beigetragen hat, ist der langdauernde und anscheinend unaufhaltsame Fall des Dollars gegenüber den anderen großen Währungen der Weltwirtschaft, dem Euro, dem Yen, dem Pfund und dem Schweizer Franken. Als der Euro letztes Jahr auf 2,25 kletterte, sagten die schlauen bürgerlichen Ökonomen voraus, das sei nur kurzzeitig und der Euro werde bald wieder fallen.
Nun, inzwischen steht er auf 1,3973 und die Marke von 1,40, die noch kürzlich für undenkbar gehalten wurde, dürfte in absehbarer Zeit fallen. Dann sind auch 1,50 nicht mehr weit. Wo der Dollar am Ende landen wird, ist kaum abzusehen. Dieser laufende Wertverlust des Dollars führt aber zu einer tendenziellen Inflation in den USA, denn die USA sind bei weitem der grösste Importeur der Welt.
Da die Zentralbank mit ihrer massiven Senkung des Leitzinses nun den Kampf gegen die Inflation aufgeben musste, um die „Rezession“ zu bekämpfen, könnte es passieren, dass die USA eine Wirtschaftkrise mit Inflation erleiden werden, während normalerweise in einer Krise die Preise eher zurückgehen oder jedenfalls kaum steigen.
Schliesslich gibt es noch einen vierten Faktor, der zum Beginn der Wirtschaftskrise beigetragen hat: Der „Krieg gegen den Terror“. Die massiven Staatsausgaben der USA für ihre militärischen Abenteuer haben das Budget-Defizit (Defizit des Bundeshaushalts) und die Verschuldung des US-Staates auf Höhen getrieben, die atemberaubend sind. Dazu wurden viele Programme gestrichen, die Kaufkraft geschaffen hätten, um die Kriege in Afghanistan und Irak und auch bereits die massiven Ausgaben für den anvisierten Iran-Krieg zu finanzieren.
Zwar sind die offiziellen Schuldscheine der US-Regierung, die US-Bonds, weiterhin gefragt und China und Japan (und nicht nur sie) kaufen alles auf, was auf den Markt gebracht wird, aber der langsam, aber sicher, fallende Wert des Dollars wird die Investoren und Zentralbanken nun daran erinnern, auf welch gewaltigem Vulkan sie sitzen. Es ist nicht ausgeschlossen, es werden massiv Gelder aus dem Dollar und Dollar-Bonds abgezogen. Das wäre das Ende der Weltwährung Dollar und des Supermachtstatus der USA.
Aber so weit sind wir noch lange nicht. Zunächst wird sich die Wirtschaftskrise in den USA entwickeln und dann langsam mehr und mehr auf alle Weltmärkte und alle anderen nationalen Wirtschaften überborden. Es ist zu erwarten, bis Mitte 2008 hat sich die US-Krise in eine weltweite Wirtschaftskrise verwandelt.
Das ist genau zu diesem Zeitpunkt besonders kritisch, denn man ist in den unmittelbaren Vorbereitungen für den Iran-Krieg.
Ausserdem sind 2008 die Präsidentenwahlen in den USA. Man kann gespannt sein, ob die völlig durchgeknallte Bush-Clique wirklich in dieser Situation den Iran-Krieg beginnt. Auch fragt sich, ob sie eventuell unter dem Vorwand des „Krieges gegen den Terror“ die offene Diktatur in den USA einführt und die Präsidentenwahlen absagt.
Veröffentlicht am 19. September 2007 in der "Berliner Umschau"
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