Ist São Paulo schon Meister?

Nach Sonntags-Sieg bereits 13 Punkte Vorsprung

Von Karl Weiss

Der São Paulo F.C. hatte vor diesem Spieltag 11 Punkte Vorsprung auf den zweiten, Cruzeiro Belo Horizonte. Nun kam es an diesem Sonntag, dem 21. Oktober, zum ‚Showdown’ der hauptsächlichen Titelkandidaten. Cruzeiro musste in São Paulo im Morumbi-Stadion antreten. Am Ende stand es 1:0 für São Paulo.

Damit hat der Club nun 13 Punkte Vorsprung vor dem neuen Zweiten, Palmeiras.
Das dürfte bei sechs noch ausstehenden Spieltagen nach menschlichem Ermessen ausreichen, auch wenn São Paulo kürzlich zwei Spiele hintereinander verloren hat. Cruzeiro hat ihm nämlich den Gefallen getan, auch 2 Spiele zu verlieren und eins Unentschieden zu beenden, so dass der Vorsprung von São Paulo sich sogar vergrößerte.

Am vorherigen Spieltag hatten sich die zwei Verfolger des Spitzenduos, Palmeiras São Paulo und F.C. Santos mit einem Unentschieden gegenseitig die Punkte abgenommen, so dass Cruzeiro weiterhin der Hauptverfolger von São Paulo blieb – sofern man bei damals 11 Punkten Abstand von Verfolger sprechen kann. Von hinten hatte sich vorher schon Santos herangeschlichen unter seinem international bekannten Trainer Luxemburgo und stand dann nur noch 1 Punkt hinter Cruzeiro. Nun hat aber an diesem Spieltag Palmeiras gewonnen und Santos sowie Cruzeiro haben verloren. Damit bleibt Palmeiras als einzig ernst zu nehmender Verfolger übrig.

Wiederum, wie schon in den letzten beiden Jahren, muss bei einem Artikel über die 1.Liga des Fußballs in Brasilien vor allem die extreme Ausgeglichenheit der Mannschaften hervorgehoben werden. Es ragen zwar an der Tabellenspitze immer wieder Clubs heraus und auch am Ende der Tabelle setzen sich ein oder zwei früh nach unten ab. So steht América Natal z.B. mit nur 16 Punkten jetzt 15 Punkte hinter dem Vorletzten, aber das Mittelfeld ist so kompakt, dass mit jedem Sieg und jeder Niederlage ein Fahrstuhl durch die Tabelle läuft.

Im aktuellen Moment ist der Unterschied vom 6., das ist im Moment Flamengo Rio de Janeiro, und dem 15., Sport Recife, das ist nur zwei Plätze vor dem 1.Abstiegsplatz, gerade mal 6 Punkte. Es könnte also passieren, dass Sport nach zwei Siegen in der nächsten Woche auf dem 6. Platz stände, der eine sichere Bank auf die Teilnehme der Copa Sulamerica darstellt, die im nächsten Jahr wieder in der 2. Jahreshälfte ausgetragen wird, während Flamengo nach zwei Niederlagen auf Platz 15 abgerutscht sein könnte.

Extrem abstiegsbedroht ist nun Corinthians São Paulo, vor zwei Jahren noch Meister, Nummer 2 in der Zahl der Fans in Brasilien, der in der 20-Millionen-Stadt mehr als das dreifache an Anhängern hat als Tabellenführer São Paulo. An diesem Wochenende gab es eine schmerzliche Niederlage in der letzten Minute durch einen Elfmeter gegen Nautico Recife, einen der wichtigsten Mitkandidaten auf den Abstieg. Das sind 6-Punkte-Spiele. Nun hat Corinthians drei Punkte Abstand zum rettenden 16. Platz. Dort vor ihm steht auch noch ein Traditionsclub, Goiás, dem ein guter Endspurt zuzutrauen ist. Die nächsten Vereine sind bereits 5 Punkte in der Tabelle entfernt.

Das Schicksal besiegelt mit dem Abstieg scheint auch schon mit Niederlagen an diesem Wochende für Juventude Caxias do Sul und Paraná Clube Curitiba. Schwerlich können sie sich noch aus dieser Situation befreien.

Herauszuheben ist: Flamengo Rio de Janeiro, der in Brasilien bei weitem anhängerstärkste Verein, der Club Zicos, hat sich mit einem bravourösen Zwischenspurt vom letzten Platz auf Platz 6 gehievt. Allerdings war jener letzte Platz vor allem durch eine Anzahl von Spielausfälle bedingt, die inzwischen wieder aufgeholt wurden – und die alle Heimspiele waren. Auch diesmal gab es wieder einen Sieg, diesmal mit 2:0 über Gremio Porto Alegre, das nun auf den 5.Platz zurückgefallen ist.

Damit ist Flamengo an Fluminense vorbei gezogen. Fluminense war vor zwei Wochen noch als einziger Verein aus Rio de Janeiro im Vorderfeld angesiedelt, nachdem man Flamengo 2:0 besiegen konnte. Doch nun hat Flamengo bereits überholt und Botafogo, lange Zeit Tabellenführer, doch dann in ein tiefes Loch gefallen, hat wieder aufgeschlossen und belegt den 9.Platz. Dagegen hat Vasco Rio de Janeiro, mit viel Elan gestartet, in letzter Zeit neben einigen Siegen auch herbe Rückschläge einstecken müssen, so wie an diesem Wochenende wieder mit einem 0:1 bei Atletico Belo Horizonte, was diesen Verein zunächst einmal aus der Nähe der Abstiegszone herausgeholt hat. Vasco steht jetzt auf Platz 12 (punktgleich mit Atletico Mineiro), der nicht einmal zur Teilnahme an der Copa Sulamerica nächstes Jahr berechtigt, wo Vasco aktuell noch vertreten ist.

Der Verfasser dieser Zeilen kann beim Schreiben hier im Hintergrund die Freudenrufe „Galo!“ hören von Fans, die sichtlich erleichtert sind. Galo ist der Hahn, das Symboltier von Atletico Mineiro.

In der zweiten Jahreshälfte wird in Südamerika nun schon seit längerem die Copa Sul(d)america ausgetragen, das ist so in etwa der südamerikanische UEFA-Cup. Zusätzlich zu jenen in der Tabelle, die es nicht in die „Libertadores“ geschafft haben, darf auch der jeweilige Meister dort wieder mitspielen. Wie auch bei der Libertadores, werden die besten mexikanischen Vereine ebenfalls eingeladen, so dass auch hier, wie bei der Libertadores, eine südamerikanische Meisterschaft plus Mexiko gespielt wird.

In diesem Jahr hatte man zur Südamerika-Meisterschaft auch den Meister der US-amerikanischen Liga, DC United, eingeladen.

Es waren nach der Vorrunde 4 brasilianische Vereine übrig geblieben, 4 argentinische, 3 mexikanische und jeweils ein Vertreter aus den USA, aus Equador, aus Chile, aus Kolumbien und aus Uruguay.

Weiter kamen im Achtelfinale der mexikanische Meister America aus der Hauptstadt Mexiko Stadt gegen eine andere mexikanische Mannschaft, die Millionarios aus Kolumbien gegen Colo Colo Santiago de Chile im Elfmeterschiessen, Chivas aus Mexiko gegen die US-Mannschaft DC United durch ein Auswärtstor und Defensor aus Uruguay gegen die equatorianische Mannschaft El Nacional.

Die anderen vier Achtelfinalspiele waren Begegnungen zwischen Brasilien und Argentinien. Das Duell der Giganten ging unentschieden 2:2 aus. River Plate Buenos Aires gewann zu Hause 4:2 gegen Botafogo Rio de Janeiro. Da reichte der vorhergegangene 1:0-Heimsieg für Botafogo nicht aus, um das wettzumachen. Der eher wenig bekannte argentinische Club Arsenal warf Goiás Goiánia aus dem Wettbewerb. Zwar gelang Goiás ein Unentschieden im Rückspiel in der argentinischen Stadt Sarandí, aber die Argentinier hatten im Hinspiel 3:2 in Brasilien auswärts gewonnen.

Die anderen beiden Spiele gingen zugunsten der brasilianischen Vereine aus. Vasco Rio de Janeiro gelang es, die 0 : 2-Niederlage in Argentinien gegen Lanus mit einem 3:0 zu Hause zu übertrumpfen. Die bei weitem am intensivsten erwarteten Spiele waren aber die beiden Begegnungen zwischen dem besten Club Südamerikas, den Sieger der Libertadores Boca Juniors Buenos Aires und dem brasilianischen Meister und Spitzenreiter der Tabelle, São Paulo F.C.. São Paulo hatte Anfang des Jahres eine Schwächeperiode gehabt und so war es nicht zu dem eigentlich erwarteten Spiel zwischen beiden im Endspiel der Libertadores gekommen.

Nun musste also das Achtelfinalspiel der Copa Sulamerica als Ersatz herhalten. Boca Juniors gelang es im Hinspiel zu Hause bis auf 2:0 davonzuziehen. Man musste aber gegen Spielende noch das 2:1 durch São Paulo hinnehmen, was die Hoffnungen des Clubes aus der gleichnamigen grössten Stadt der südlichen Hemisphere am Leben liess. Und tatsächlich, es gelang am 29. September ein 1:0 gegen die Boca Juniors zu Hause, was durch das erzielte Auswärtstor São Paulo zum Sieger des Duells machte.

Auch in der Copa Sulamerica muss die Ausgeglichenheit der Mannschaften hervorgehoben werden. Im Achtelfinale gab es neben einem Elfmeterschiessen und zwei Entscheidungen durch das Auswärtstor ausschliesslich Entscheidungen durch ein Tor Unterschied in der Summe beider Spiele.

Im Moment finden nun also die Viertelfinalspiele statt. Drei der Hinspiele wurden am 10. Oktober ausgetragen. America gewann in der mexikanischen Hauptstadt mit 2:0 gegen Vasco Rio de Janeiro, was die Chancen des brasilianischen Vereins aus der „wunderbaren Stadt“ wohl auf annähernd Null brachte.

São Paulo verlor überraschend zu Hause gegen die Millionarios aus Bogota, hat aber noch die Chance, mit einer Energieleistung auswärts weiterzukommen. Die argentinische Mannschaft von Arsenal musste sich zu Hause mit einem 0:0 gegen Chivas aus Mexiko zufriedengeben, das dürfte auch für die Mannschaft aus Sarandí schwierig werden. Das vierte Hinspiel von Defensor Montevideo gegen River Plate Buenos Aires wurde auf den 25. Oktober verlegt, wenn die anderen bereits die Rückspiele bestreiten. Eine weitere Entscheidung zugunsten eines urugaianischen Vereins, wie sie in Südamerika nur noch mit einem Achselzucken kommentiert werden.

Es besteht eine gute Chance, dass zwei mexikanische Vereine in den Halbfinalspielen stehen werden. Wenn, dann kommen sie gegeneinander, was bereits einen mexikanischen Vertreter im Endspiel garantieren würde, wahrscheinlich Meister America.

Sollte São Paulo doch noch weiterkommen, kann man ihm einen Erfolg im Halbfinale zutrauen und es käme zum nächsten Giganten-Duell zwischen America und São Paulo im Endspiel. Da São Paulo gleichzeitig auch die Meisterschaft nach Hause schaukeln muss, wäre America Favorit.


Veröffentlicht am 22. Oktober 2007 in der Berliner Umschau

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