US-Angaben über Wachstum extrem unglaubwürdig
Von Karl Weiss
Ein Artikel der „Financial Times Deutschland“ (FTD) ironisiert in sarkastischer Weise die Veröffentlichung der US-Regierung, im zweiten Quartal 2008 habe es ein Wachstum des Bruttosozialprodukts (genau: Gross National Product, GNP) von 3,3% gegeben. Der Titel des Artikels spottet über die Anleger: „Sie wollen es immer noch glauben“ und im weiteren wird mit knallharten Zahlen belegt: Die US-Wirtschaft ist bereits in der Krise, das Erfinden von angeblichem Wachstum soll davon nur ablenken.
Im Einzelnen wird dargelegt: „...die nichtagrarische Beschäftigung im zweiten Quartal [ist] mit einer Jahresrate von 0,6 Prozent gefallen (...) Die Baubeginne haben neuerlich um knapp elf Prozent nachgelassen, und der Autoabsatz ist im Vergleich zum Vorquartal sogar mit einer annualisierten Rate von einem Viertel eingebrochen. Der US-Ölverbrauch ist im ersten Halbjahr so stark gesunken wie seit 26 Jahren nicht mehr.“ Außerdem ist die Industrieproduktion um 3,2 % gesunken in diesem Quartal. Da hilft es auch nicht, dass die Exporte erneut nominal anstiegen (kein Wunder bei den niedrigen Dollarkursen), denn aus alldem kann unmöglich wirtschaftliches Wachstum entstehen.
Der Export stellt ja in den USA nicht einen der ganz großen Wirtschaftsfaktoren dar wie in Deutschland, sondern nur einen relativ geringen.
Auch das Budget-Defizit (Relation Staatseinnahmen/Staatsausgaben) ist ein 'Fake'. Es soll angeblich unter 3% betragen, während die OECD diesen Wert, der die Neuverschuldung des Staates im Jahr darstellt, bereits auf wahrscheinliche 5,5% des BIP (Brutto-Inlands-Produkt) geschätzt hat. Auch daneben kennt die FTD noch eine Anzahl von Wirtschaftsdaten, die lächerlich manipuliert sind, aber wir haben hier weder Zeit noch Muße, uns im Einzelnen die genauen Begründungen anzuhören.
Kurzum: Die US-Regierung, die schon einen „geringfügigen Fehler“ machte, als sie den Irak wegen Massenvernichtungswaffen überfiel, die dann gar nicht da waren, manipuliert die Wirtschaftsdaten des Landes, wie es ihr gefällt. Denn all diesen Zahlen, veröffentlicht kurz nach Ende des Zeitraums (in diesem Fall 2. Quartal 2008) sind Schätzungen. Und schätzen kann man, was man will.
Und sie schafft es tatsächlich, so unglaublich dies klingen mag, die Anleger zu täuschen: Sie investieren (zumindest kurzzeitg) erneut in US-Aktien, in US-Dollar-Bonds. Auf sie bezieht sich denn auch die Überschrift: „Sie wollen es immer noch glauben.“
Wir kennen das ja auch aus Deutschland, wo man sich Zahlen von 3 Millionen Arbeitslosen aus den Fingern saugt, während weiterhin fast sechs Millionen in Hartz IV stecken.
Sind die Präsidentenwahlen in den USA erst einmal gelaufen, wird der neue Präsident im Januar eingeführt, wird es sich zeigen: Im Falle der Kontinuität wird man weiterhin massiv verfälschen. Wird die Opposition gewählt, wird der neue Präsident am Anfang nicht wissen, wie man die Zahlen zurechtbiegt. Es wird, exakt mit seinem Amtsantritt, einen massiven zahlenmässigen Wirtschaftseinbruch geben. Und dann soll noch irgendeiner sagen, er sei nicht Schuld daran.
Bereits in diesem Artikel wurde vorhergesagt: "... in einem Jahr, in dem ein neuer Präsident gewählt wird. Man darf erwarten: Die statistischen Zahlen werden manipuliert werden, um das offensichtliche Eintreten in die Krise auf nach den Wahlen zu verschieben, ..."
So ist das, wenn alle Hemmungen gefallen sind, wenn niemand mehr Angst hat, entlarvt zu werden, weil alle bürgerlichen Medien (fast immer) gleichgeschaltet sind.
Wenn alle Scham endgültig zur Seite gelegt ist, wenn nur noch der Zynismus herrscht, das ist der endgültige Beginn der kapitalistischen Barbarei. Das zynische Lügen und Verdrehen im Grossmassstab, das breite Grinsen, während man peinliche Befrager zu solchen Dingen mit Gewalt abführen lässt, das wird mehr und mehr das Markenzeichen der Politik der kapitalistischen Oligarchien und ihrer Politiker.
Lassen wir sie unsere Kraft spüren!
Veröffentlicht am 1. September 2008 in der Berliner Umschau
Originalveröffentlichung
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