Zwei Gedichte
Gefunden von Karl Weiss
In diesen Tagen der Finanzkrise, der zusammenbrechenden Banken und ihrer wundersamen Wiederauferstehung von Steuerzahlers Gnaden, gibt es, wie zu erwarten war, auch Talente, die sich die Mühe machen, das Ganze in Versform zu fassen.
Hier der Text zweier Gedichte zum Thema:
Die freie Wirtschaft
Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,
wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Fort die Gruppen - sei unser Panier!
Na, ihr nicht.
Aber wir.
Ihr braucht keine Heime für eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn -
wollt ihr wohl auseinandergehn!
Keine Kartelle in unserm Revier!
Ihr nicht.
Aber wir.
Wir bilden bis in die weiteste Ferne
Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.
Wir stehen neben den Hochofenflammen
in Interessengemeinschaften fest zusammen.
Wir diktieren die Preise und die Verträge -
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Gut organisiert sitzen wir hier ...
Ihr nicht.
Aber wir.
Was ihr macht, ist Marxismus. Nieder damit!
Wir erobern die Macht, Schritt für Schritt.
Niemand stört uns. In guter Ruh
sehn Regierungssozialisten zu.
Wir wollen euch einzeln. An die Gewehre!
Das ist die neuste Wirtschaftslehre.
Die Forderung ist noch nicht verkündet,
die ein deutscher Professor uns nicht begründet.
In Betrieben wirken für unsere Idee
die Offiziere der alten Armee,
die Stahlhelmleute, Hitlergarden ...
Ihr, in Kellern und in Mansarden,
merkt ihr nicht, was mit euch gespielt wird?
Mit wessen Schweiß der Gewinn erzielt wird?
Komme, was da kommen mag.
Es kommt der Tag,
da ruft der Arbeitspionier:
"Ihr nicht.
Aber Wir. Wir. Wir."
Höhere Finanzmathematik
Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.
Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!
Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.
Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.
Trifft's hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!
Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.
Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.
Für die Zechen dieser Frechen
hat der kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!
Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.
Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.
Lieber Karl!
Jedenfalls habe ich da jetzt so einen Tagträumer am Hals, der nicht glaubt, dass es vor dem 1. und 2. Weltkrieg auch Weltwirtschaftskrisen gab. Der zählt die Rüstungsphase als Erholungsphase der Wirtschaft. Sicher gab es vor dem Ersten Weltkrieg keinen Börsencrash aber wir in der DDR haben gelernt, dass es trotzdem eine Weltwirtschaftskrise gegeben hat. Sonst hätten die Kapitalisten ja auch nicht Wettrüsten müssen um neue Absatzmärkte und billige Rohstoffquellen. Dummerweise habe ich im Net keine Zahlen gefunden, die die Misere vor dem Ersten Weltkrieg bestätigen würden. Du bist doch so ein Kluger und hast immer die besten Quellen. Kannst Du mir sagen wie hoch die Arbeitslosenzahlen vor dem ersten Weltkrieg vor dem Wettrüsten waren?
Ich glaube dass Marx Recht hat aber ich kann es nicht beweisen. In unseren Büchern standen Fakten und Zahlen aber die habe ich leider schon lange weggeschmissen (Geschichte 7. Klasse). Da ich mit dem Typ niemals auf einen Nenner komme, werde ich ihn jetzt ignorieren. Man bekommt auch keine guten Gegenargumente sondern nur Gelaber. Er ist FDP-Wähler! Aber für mich wäre es trotzdem schön, von Dir mein altes Wissen bestätigt oder verneint zu bekommen.
Mit freundlichen Grüßen und der Frage: Wie erträgst Du das ganze Elend und die Ungerechtigkeiten? Ich für meinen Teil sehe Kabarett" Mitternachtsspitzen" oder die "die Anstalt", das machts ein wenig leichter.
Du hast Recht
nein, die Süddeutsche würde sich hüten, jemand wie mich dort schreiben zu lassen. Wäre ja undenkbar, die müssten meine Artikel ja andauernd zensieren.
Ich beziehe mich öfters auf diese Zeitung, weil es eine meiner Quellen ist. Ich muss ja über Deutschland aus der Ferne auf dem laufenden bleiben und daher täglich das Internetangebot deutscher Zeitungen lesen.
Tatsächlich gab es auch vor dem 1. Weltkrieg bereits regelmässig Wirtschaftskrisen. Wenn ich mich richtig erinnere, was ich einmal bei Marx gelesen habe, so traten sie etwa alle 10 Jahre auf.
Ich habe Marx Werke nicht hier, habe immer nur bei anderen mitgelesen, aber die sind ja nicht schwer zu beschaffen in Deutschland. Der Dietz-Verlag existiert weiterhin, habe ich gehört, und verlegt weiterhin Marxismus-Leninismus.
Es gibt auch ein Internet-Angebot über die Klassiker, aber ich finde gerade im Moment nicht, wie die Site heisst. Hatte ich mir irgendwo notiert, verflixt.
Zu Marxens Zeiten handelte es sich ja noch um den nicht-monopolistischen Kapitalismus, erst im weiteren Verlauf wurde der zum Monopolkapitalismus. Darüber kann man dann bei Lenin Nachlesen: "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus".
Nein, ich ertrage das Elend und die Ungerechtigkeiten nicht. deshalb schreibe ich ja hier wie ein Wilder, nachdem ich aus der Ferne sonst wenig machen kann.
Deutsches Fernsehen, das ist eine der Sachen, die ich hier nicht mitbekomme. Aber wie man hört, geht mir da nicht viel verloren.