Die Krise hat Marx auf die Tagesordnung gebracht

Die bürgerliche Presse hat schon Angst und versucht zu ironisieren

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Verwundert schreibt die „Süddeutsche“ (hier) im Wirtschaftsteil (!) unter dem Titel „Frisches Kapital“: „Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele animiert, über das System an sich nachzudenken.“ Es gibt Marx-Studiengruppen an Universitäten und ausserhalb und das „Kapital“ von Karl Marx wie auch das „Kommunistische Manifest“, das er zusammen mit Friedrich Engels verfasst hat, sind Verkaufsschlager.

Karl Marx

Der Berliner Dietz-Verlag hat das „Kapital“ nach eigenen Angaben 2008 rund 3500 Mal verkauft, als Rekordtitel des Verlags, fast das dreifache des Vorjahres und das Fünffache von 2005. "Das ist zwar nicht nur durch die Krise hoch gegangen, aber sie hat sicher noch einmal einen Schub gegeben" wird der Geschäftsführer des Verlages zitiert. Der erste Band, so berichtet er, war sogar sechs Wochen lang ausverkauft nach dem Beginn der Krise. Man behalf sich mit dem entsprechenden Band aus der Gesamtausgabe.

Auch ein Sprecher des Kroener-Verlages, der ebenfalls das „Kapital“ vertriebt, spricht von einer „enormen Steigerung der Nachfrage“.

Der Studentenverband der Linken hat in 38 Städten in Deutschland Leserkreise Karl Marx organisiert. An verschiedenen Hochschulen werden – von diesem Verband und von Privatpersonen - ausserhalb des normalen Studienbetriebes Marx-Seminare organisiert – freiwillig, zusätzlich zum Studium.

Im Leserkreis an der Leipziger Uni wurde die Nachfrage so gross, dass man in zwei Gruppen teilen musste. Doch dieses Interesse ist nicht erst seit dem „Schwarzen September“ 2008 erwacht. Der Leserkreis dort besteht schon seit eineinhalb Jahren, nur ist er jetzt viel grösser geworden.

Da trifft es sich gut, dass 2008 auch das Marx-Jubiläums-Jahr war, 125. Todestag. Da hatte die gleiche „Süddeutsche“, die heute von den Leserkreisen berichtet, noch über Buchhandlungen geschrieben: „ ... lagert in der Abteilung Philosophie "Marx, Karl" mit seinem "Kapital" und wird nicht gekauft.“

Damals, vor einen Jahr (wie lange das nun schon in der Vergangenheit zu liegen scheint, nicht wahr?) hatte man auch einen Text zur MLPD im Gedenkartikel zum 125.Todestag, im gewohnt zynisch-arroganten Ton. Hier ist, was ein bürgerlicher Journalist über die MLPD zu sagen hat:

„Ein bekannter Vertreter dieser auch K-Gruppen genannten Organisationen ist die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands, kurz MLPD.

Im vergangenen Jahr hat die Partei mit ihren geschätzten 2300 Mitgliedern ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Damals, im Juni 1982, hatten sich versprengte Kommunisten und Sozialisten aus ganz Deutschland in einem Bochumer Hotel zusammengefunden. Es war ein Geheimtreffen, nicht einmal die Lieben daheim sollten davon etwas erfahren. Erst Monate nach der Gründung hat es einen offiziellen Gründungskongress gegeben.

Hervorgegangen ist die MLPD aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD). Darin waren all jene organisiert, die links von der DKP eine politische Heimat suchten. Im Gegensatz zur DKP war den MLPDlern die DDR verhasst - dort werde nicht der wahre Sozialismus gelebt, hieß es, sondern lediglich ein neuer Typ des Kapitalismus wiederhergestellt.

Erster Vorsitzender der neuen Partei wurde und ist bis heute Stefan Engel, ein gelernter Schlosser. Inzwischen gibt der selbsternannte Arbeiterführer, Internationalist und Theoretiker als Beruf "Freier Publizist" an. Als solcher erteilt er den Genossen an der MLPD-eigenen Kaderakademie Nachhilfe in der "Erlernung der dialektischen Methode in der Arbeiterbewegung", wie es in einer Selbstbeschreibung heißt.

Unermüdlich kämpfen er und seine Genossen für die Auferstehung des Kommunismus. Die MLPD verstehe sich als "Vorhutorganisation" für den "echten Sozialismus". Weil das nicht unbedingt grundgesetzkonform ist, wird sie wohl auch vom Verfassungsschutz beobachtet.

(...)
Drei wirklich große Erfolge können der MLDP zugeschrieben werden: Mit Monika Gärtner-Engel, der Ex-Frau von Stefan Engel, sitzt ein echtes ZK-Mitglied der MLDP im Stadtrat von Gelsenkirchen; bei der Bundestagswahl 2005 sammelte sie 45.116 Zweitstimmen - verglichen mit 1998 (4713 Stimmen) hat sich das Ergebnis praktisch verzehnfacht; mit Michael May hat die MLPD den größten politischen Einzelspender Deutschlands (mehr als 2,5 Millionen Euro hat er einmal vermacht) auf ihrer Seite.

Bei der Wahl 2005 ist es der MLPD übrigens nicht gelungen, mit der PDS gemeinsame Sache zu machen. Den Biskys und Gysis war die MLPD wohl doch viel zu links.“

Nimmt man die Ironie heraus, so kann man das Unbehagen über diese „Gruppe“ spüren – und wie viel angenehmer ihm die Biskys und Gysis sind. Anscheinend werden die bürgerlichen Schreiberlinge sich langsam an das Gefühl des Unbehagens gewöhnen müssen.

Wie begannen Marzx und Engels doch ihr „Kommunistisches Manifest“: „Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst des Kommunismus.“
tom-ate - 15. Feb, 12:19

Wünsche...

...Ihnen und auch Herrn Engel Engelsgeduld beim Aufbau dieses retropolitischen Projekts. Marx aber würde sich im Grabe umdrehen, würde er von diesem Stillstand/Rückschritt erfahren.

Karl Weiss - 16. Feb, 00:38

Lustig

Es ist schon wirklich lustig, wenn die Vertreter des Kapitalismus, die darauf bestehen, es müssen weiterhin eine Million Kinder pro Jahr getötet werden, des Systems, das in den Todeszuckungen liegt, das so überholt ist wie nur irgendetwas auf der Welt, demjengen, dem aufstrebenden, dem Neuen, der Zukunft, etwas "retropolitisches" bescheinigen. Das ist so wie der Opa, der das Baby vor Alterskrankheiten warnt.

Genauso lustig ist, wenn die schärfsten Gegener von Marx wissen, wann er im Grabe rotiert.
phuter - 16. Feb, 10:21

Der Marxismus ist gescheitert.

Der Kapitalismus 20 Jahre später auch.
Es ist nicht sonderlich schlau, eine knochentrockene, bereits gescheiterte Wirtschaftsideologie aus dem 19. Jhdt nochmal im 21.Jhdt einführen zu wollen. Wirkliche Verbohrtheit beweist man aber dadurch, allen Menschen, die einen auf die Schwächen dieser Ideologie aufmerksam machen, vorzuwerfen, sie seien "bürgerliche" Kapitalisten.
Der reale Sozialismus bedeutet noch mehr Unfreiheit als der reale Kapitalismus, da hier die ohnehin schon erdrückende Macht von Monopolindustrien mit jener des Staates kombiniert wird. Naiv zu glauben, dass jene Menschen, die dann in den Schlüsselpositionen sitzen, diese nicht zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen gedenken.
Und dazu sei noch folgendes bemerkt: Je tiefer ein Machtapparat in das Handeln von Individuen eingreift und dieses einschränkt, desto träger und rückschrittlicher wird ein System. Das erkennt man sehr schön in beiden Fällen - im Kapitalismus sind es die unglaublichen Beschränkungen durch absurde Eigentumsansprüche an z.b. geistigen Gütern, im Kommunismus der Universelle Rechtsanspruch auf Betriebsmittel sowie den Menschen und dessen Arbeitskraft selbst.
Alles in allem also ein Konzept, das der menschlichen Natur und Entwicklung zuwider läuft und auf dem Müllhaufen der Geschichte seinen richtigen Platz gefunden hat.

Karl Weiss - 16. Feb, 22:08

Kapitalismus - Sozialismus - Kommunismus

phuter, es ist immer wieder traurig zu sehen, wie Sie von Dingen reden, von denen Sie nichts verstehen. Sie geben hier nur halbverdaute Versatzstücke der bürgerlichen Ideologie wieder.

Sie verwenden andauernd Aussagen, die keinen Sinn ergeben, weil Sie offenbar die Bedeutung der Wörter nicht kennen. Das fängt an bei den "bürgerlichen" Kapitalisten. Das ist ein weisser Schimmel. Die Herrschaft des Bürgertums ist der Kapitalismus und vice cersa.

Dann stellen Sie dem "realen Sozialismus" dem "realen Kapitalismus" gegenüber. Den Begriff "realer Sozialismus" haben DDR und andere Ostblockländer benutzt, um zu verschleiern, sie waren längst wieder kapitalistische Systeme. Wenn Sie also diesen "Sozialismus" meinen, der ist natürlich gescheitert und war nicht im Einklang mit den Erkenntnissen von Marx und Engels.

Dann stellen Sie im nächsten Absatz den Kapitalismus dem "Kommunismus"gegenüber. Es scheint, Sie haben nicht einen Deut Ahnung vom Kommunismus, denn sie schreiben ihm "Rechtsanspruch auf den Menschen selbst und seine Arbeitskraft" zu.

Der Kommunismus ist aber die Gesellschaftform, die nach dem Sozialismus kommt. In ihr gibt es Überfluss an allen Gütern, kein Geld mehr und jeder arbeitet, was er liebsten mag - also das perfekte System der Freiheit.

Wahrscheinlich haben Sie den Sozialismus mit dem Kommunismus verwechselt. Tatsächliche gibt es im Sozialismus den Anspruch auf die Betriebsmittel, aber für wen? Für das ganze Volk! Die Kapitalisten werden enteignet und das ganze Volk übernimmt in einem System extremster, vorher nie gekannter Demokratie, die Oberherrschaft darüber. Was soll daran schlecht sein?

Nun geben Sie immerhin schon zu, dass das kapitalistische System gescheitert ist - ein Fortschritt. Nur, der einzigen Alternative, dem Sozialismus, schreiben Sie auch ein Scheitern zu. Also was? Ende der Menschheit?

Vielleicht wollten Sie andeuten, es gäbe ein Zwischending, einen "Dritten Weg". Nur haben Sie offenbar keine Ahnung, wie der aussehen könnte. Sonst hätten Sie hier dessen wesentliche Grundlagen in ein, zwei Absäzen beschreiben können.

Da hätten Sie dann zum Beispiel erklären können, wie sie im System des "Dritten Wegs" verhindert werden soll, dass Personen in Schlüsselposiitionen diese zum eigenen Vorteil ausnutzen, nachdem Sie dies Problem, das ja wirklich wichtig ist im Sozialismus, angesprochen haben.

Um dies zu verhindern, muss nämlich das Volk die Macht haben und entsprechende Personen jeden Tag abwählen können. Dazu wird man auch noch eine Kontrolle von oben brauchen, um diese Missbräuche der Macht ein für allemal zu verhindern.

In ihrem "Dritten Weg" wird das Volk aber diese Macht nicht haben, denn "Dritter Weg" beinhaltet immer, dass die Betriebe bei den Kapitalisten verbleiben.

Wenn Sie sich mit dem "Scheitern des Sozialismus" auf die Versuche in Russland und China beziehen, einen solchen zu errichten, die beide wieder zurückgedreht wurden zum Kapitalismus, so gehen Sie von der Voraussetzung aus, dass alle wirklich grundlegenden neuen Dinge der Menschheit immer beim ersten oder zweiten Versuch klappen müssen.

Das ist Quatsch.

Jeder, der schon einmal Neues geschaffen hat, weiss, dass die ersten Versuche kaum je funktionieren. Als Diesel die nach ihm benannte Maschine schuf (das Original der ersten funktionierenden können Sie im deutschen Museum in München bewundern), hatte er, obwohl er das Prinzip schon richtig aufgestellt hatte, mehr als 20 Fehlversuche, bis alles klappte. Als Santos Dumont das erste Motorflugzeug schuf, das alleine abheben konnte, die 14 bis, waren vorher schon 14 andere Versuche gescheitert.

Es ist also keineswegs untypisch, dass wirklich komplexe, völlig neue Systeme erst vervollkommnet werden müssen, bis alles rund läuft.

Der Sozialismus kann da sicherlich keine Ausnahme sein. Er ist so jung, so jugendfrisch, wie es der Kapitalismus zu Zeiten von Watts Dampfmaschine war. Wir werden alles dafür tun müssen, dass er beim nächsten Versuch klappt.

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