Murdoch-Skandal

Tausende von Handys gehackt

Von Karl Weiss

Anscheinend sind die Auflagenrückgänge der traditionellen Zeitungen, Skandalblättern und Magazine so tiefgreifend, dass Medienkonzerne anfangen, Detektive auf Prominente anzusetzen, um Schlagzeilen zu bekommen. Britische Blätter des Murdoch-Konzerns haben nach Angaben des „Guardian“ die Handys von Prominenten durch Detektive hacken und abhören lassen. Das Internet muss sehr viel Horror verbreiten.

Der Horror scheint jener zu sein, dass die gedruckten Medien mehr und mehr an Leserschaft und damit an Interesse für die Werbe-Agenturen verlieren und der Informationsfluss mehr und mehr ins Internet verlagert wird. Der Murdoch-Konzern oder jedenfalls seine britische Abteilung ist anscheinend so von dieser Horror-Vorstellung gepackt, dass man schon mal Ausflüge ins Illegale macht.

Aber es gibt auch politische Implikationen. Im Internet können die Kapitalisten nicht so einfach Monopole aufbauen, die ihnen das alleinige Recht sichern, „Informationen“ weiterzugeben, worunter, wie wir alle wissen, von Zeit zu Zeit die Wahrheit etwas leidet.

Der Guardian berichtet in seiner Online-Ausgabe vom 8.Juli 2009 nicht nur, dass Reporter und Verantwortliche der Murdoch-Zeitungen „News of the World“ und „Sun“ Detektive damit beschäftigt und dafür bezahlt haben, Prominenten in die Handy-Kommunikation (und offenbar auch in die Computer) zu „hacken“ (insgesamt 2000 bis 3000 „Cel-Phones“) und dabei u.a. "vertrauliche persönliche Daten", "Steuerbescheide", "Sozialversicherungsunterlagen", "detaillierte Telephonrechnungen mit Zielnummern" und "Bankauszüge" ausgemacht zu haben, sondern auch, dass drei bekannte Sportler, die hinter diese Machenschaften kamen, mit hohen Summen zum Schweigen gebracht wurden.

Der „Guardian“ ist von allen englischen News-Medien, zusammen mit dem „Independent“, noch jene Veröffentlichung mit den wenigsten Fragezeichen, was die Zuverlässigkeit der veröffentlichten Berichte angeht. Man kann also diesen Berichten einiges an Glaubwürdigkeit zugestehen.

Unter den gehackten Prominenten seien ehemalige Regierungsmitgliedern, Abgeordnete, Sportler, bekannte Schauspieler und andere Personen des öffentlichen Lebens. Namentlich benannt wurden die Schauspielerin Gwyneth Paltrow, der Sänger George Michael, das Model Elle Macpherson und Ex-Vizepremier John Prescott.

Die Schweigegeldzahlungen sollen insgesamt etwa 1,2 Millionen Euro betragen haben. Als Quellen werden solche bei Scotland Yard genannt. Das wirft aber dann gleich die Frage auf, wieso die englische Polizei das bisher alles geheimgehalten hat.

Die Hauptverantwortlichen für diese kriminellen Methoden seien zwei Chef-Redakteure gewesen, mit den Namen Andy Coulson und Rebeka Wade, was weitere Probleme und Implikationen bedeutet. Andy Coulson ist nämlich nicht mehr bei Murdock, sondern arbeitet jetzt für die konservative Partei als Beauftragter für Kommunikation des Parteivorsitzenden David Cameron.

Diese politische Verbindung gibt eventuell auch schon die Antwort auf die obige Frage an Scotland Yard, was schon wieder der nächste Skandal wäre. Es ist ja bekannt, dass Murdock konservativen und rechtsextremen Parteien nahesteht.

Die andere Verantwortliche, Frau Wade, ist designierte Chefin des britischen Teils des Murdoch-Imperiums, was dem Konzern die Möglichkeit nimmt, von „Alleingängen untergeordneter Reporter“ zu sprechen.

Murdoch hat bereits alles abgestritten, aber die gesamte britische Öffentlichkeit geht davon aus, die Vorwürfe sind berechtigt. Premier Brown hat sich bereits vom G8-Gipfel gemeldet und erklärt, es seien „sehr ernsthafte Fragen zu stellen“.

Auch der Leiter von Scotland Yard hat eine Untersuchung angeordnet.

Dass sich auch Murdock selbst nicht so einfach aus dem Skandal heraushalten kann, dafür hat der „Guardian“ auch gleich gesorgt: Das Foto, das den Artikel „ziert“, zeigt Murdoch mit den Chef des britischen Teils des Konzerns und den beiden als Verantwortlichen benannten, Coulson und Wade, zusammen auf einer Veranstaltung im Jahr 2005.

Und in einem kann man sich sicher sein: Fortsetzung folgt.


Veröffentlicht am 10. Juli 2009 in der Berliner Umschau

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