Fachkräfte-Mangel? Gibt’s den?

Nichts als Bullshit

Von Karl Weiss

Die Heulerei ist generell: Es gäbe einen so immensen Fachkräftemangel in Deutschland oder jedenfalls in Kürze würde es den geben, wenn so viele in Rente gingen usw. usw. Das geht so weit, dass Arbeitgeberverbände schon fordern, die Anwerbung von ausländischen F achkräften zu erleichtern.

Die Regierung hingegen, sprich Merkel, Seehofer und Dekadenzwelle, erklärt, die Einwanderung aus „anderen Kulturkreisen“ habe aufzuhören.

Geht’s noch? Könnten die sich mal einigen, die Herrschaften Herrscher Deutschlands?

Hat man denn schon mal gefragt, ob da überhaupt jemand kommen will? In einem Artikel der Financial Times Deutschland (FTD) zum Thema Fachkräftemangel wird getitelt: „Nach Deutschland? Ach, lieber nicht“. Im Text heisst es: „...ausländische Experten meiden Deutschland. Sie fühlen sich nicht willkommen. Sie haben Grund dazu.“

Es wird von restriktiven Behördenauflagen berichtet. In der Regel wird auch bei höchstgradigen Spezialisten keine Aufenthaltserlaubnis für die Familie erteilt, so damals, als man „Computer-Inder“ anwerben wollte. Wer will schon in Deutschland ohne Frau und Kinder leben? Dazu kommt, man erhält selbst bei Gehältern von weit über 100 000 Euro im Jahr nur eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis. Man lebt unter dem Damokles-Schwert der Deportation.

Ausserdem brauchen die deutschen Behörden Wochen und Monate für eine Aufenthaltserlaubnis. Dann ist ein möglicher Kandidat längst abgesprungen.

Aber gibt es denn in Deutschland wirklich keine Fachkräfte unter den (je nach Zählweise) 6 bis 9 Millionen Arbeitslosen? Klar gibt es die! Bei einigen muss man eventuell noch eine Aktualisation oder einen Auffrischungskurs zahlen, aber das wäre es doch wert. Nicht so für deutsche Unternehmen.

Deutsche Unternehmen haben in den letzten 30 Jahren ihre Kosten, speziell die für das Personal, so drastisch heruntergefahren, dass sie heute an der Spitze der internationalen Wettbewerbsfäghigkeit stehen. Praktisch alle über 50 wurden aus den Betrieben gesäubert, dass es eine Art hatte.

Frühpensionierungsaktionen, Altersteilzeit und was noch alles hat man erfunden, um die (meistens besser bezahlten) Älteren loszuwerden. Und nun vergiesst man Krodkodilstränen auf der Suche nach Spezialisten? Gehts noch?

Natürlich hat Spezialistentum und Fachkraft immer auch mit Erfahrung zu tun.

Wenn man viele Tausend Jahre Erfahrung zum alten Eisen geworfen hat, so darf man sich nicht wundern, wenn man plötzlich Fachkräfte braucht.

Und die Ausbildung - und die Übernahme? Reihenweise Betriebe bilden nicht mehr aus und wundern sich dann, wenn Nachwuchs fehlt. Die Grossbetriebe, die immer noch ausbilden, übernehmen nicht nach der Lehre oder nur noch teilweise. Logisch, dass dann ausgebildetes Personal fehlt. Was hat man denn erwartet?

Wie gesagt: Geht’s noch?

Nein, es werden keine ausländischen Kräfte gebraucht und man kann so auch keine (oder fast keine) bekommen. Die deutschen Fachkräfte und Spezialisten will man nicht bezahlen, also stimmt man ein Geschrei an. Alles bullshit!


Veröffentlicht am 23. November 2010 in der Berliner Umschau
steppenhund - 23. Nov, 01:30

Bei uns in Ösiland ist es genauso. In einer an sich seriösen Tageszeitung gibt es mit gewohnter Regelmäßigkeit jeden Monat einmal ein Lamento über Fachkräftemangel in der IT.
Allerdings stimmt das. Denn die gesuchten Fachkräfte gibt es wirklich nicht. 22 Jahre jung, 10 Jahre Erfahrung, vielleicht ein paar Jahre davon im Ausland, Gehaltsvorstellungen 1000€ / Monat. Ja die Industrie hat es wirklich schlecht. Dabei ist es so, dass man mittlerweile nicht einmal mehr gute Leute findet, wenn man entsprechend zahlt. Der Markt ist ausgetrocknet.
Aber das ist ja auch selbstverständlich, wenn auf 14.000 Studienanfänger in (politische Wissenschaften, BWL und Publistik) gerade einmal 1300 Informatiker kommen.
Ja fickt Euch doch selbst, wenn ihr in 20 Jahren dann einmal den Betrieb aufrecht erhalten wollt. Dann werdet ihr die heutige Technik nicht einmal mehr warten können. Und so wie es jetzt noch geht, dass man Leute aus der Pension zurückholt, wird es in zwanzig Jahren nicht mehr spielen.
Ich werde mir das mit großem Vergnügen aus dem Seniorenheim anschauen:)

grood - 23. Nov, 15:14

Fachkräftemangel

Den letzten Satz kann man nur unterstreichen. In den letzten 10 Jahren hat man mit der Schaffung des riesigen Niedriglohnsektors schon viel erreicht, um aus Unternehmenssicht den "Standort Deutschland wettbewerbsfähiger zu machen". (Die Folgen, die das für die Binnennachfrage hat, mal außen vor).
Bleibt noch der Dorn im Auge, dass es noch Spezialisten gibt, die gut verdienen.

Gesucht werden die vom Vorposter bereits umschriebenen Hochqualifizierten, die bereit sind, für Gehälter zu arbeiten, wie sie etwa im Handwerk üblich sind.
Dabei könnte die Industrie doch eigentlich ganz zufrieden sein: Sie bildet immer weniger selber aus und spart sich die Kosten. Soll doch die Arbeitslosenversicherung die Qualifizierungsmaßnahmen bezahlen! Angehende Ingenieure zahlen über Studiengebühren ihre Ausbildung selber, um dann -wenn der goldene Löffel bei der Geburt nicht mitgeliefert wurde- unter Umständen hochverschuldet, jedes Gehalt zu akzeptieren, nicht zuletzt, weil eine Arge mit Sanktionen droht, denn schließlich haben Absolventen in aller Regel nur Anspruch auf HartzIV.
Den Rest erledigt man mit lautem Greinen über hohe Löhne und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit wegen zu hoher Sozialkosten -machte die Industrie schon in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts so.

So ist Kapitalismus: Die Gewinne für die Unternehmen, die Kosten für Infrastruktur, Bildung, Umwelt usw. möglichst für die Allgemeinheit oder, nach neoliberaler Lesart, jeder Einzelne zahlt selbst. Super System.
"Geht's noch?" ist da die passende Frage.

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