Samstag, 24. Februar 2007

USA: Red Kite, Global Alpha, Immobilien-Crash, Fed-Chef

Offenbar beginnt sich die Weltwirtschaftskrise zu entwickeln

Von Karl Weiss

Die beruhigenden Worte von US-Fed-Chef Bernacke vor dem US-Kongress hatten offenbar gute Gründe. Die US-Wirtschaft steht offenbar vor einer Talfahrt oder beginnt bereits abzurutschen. Da ist es Aufgabe eines Fed-Chefs, jegliche Panik zu vermeiden und von geringem Wachstum, aber auch geringer Inflation zu reden. Auf jeden Fall hat er bereits auf fallende Leitzinsen vorbereitet. Warum wohl?

Wenn Sie, verehrter Leser, den Wirtschaftsteil ihrer Zeitung lesen in diesen Tagen, z.B. den der “Welt” oder der “FAZ”, so fällt ihnen wahrscheinlich auf, es wird eine Menge von ständig neuen Rekordhöhen der Aktienpreise geredet und auffallend wenig von Konjunktur-Indikatoren in den USA. Das hat seine Gründe, die bereits in einem früheren Artikel dargelegt wurden (Viertes Anzeichen der bevorstehenden Wirtschaftskrise: Die “Lass-die-Trottel-Aktien-kaufen-Periode”).

Die kleinen Anleger (das sind alle, die bis zu 10 Millionen Dollar anzulegen haben) müssen dazu gebracht werden, am Tag des hauptsächlichen Börsencrashes die Aktien in ihren Händen zu haben, damit sie die Hauptwucht des Zusammenbruchs tragen.

Wenn Sie Gelegenheit hätten, verehrter Leser, einmal mit einem dieser schlauen Wirtschaftjournalisten zu sprechen, z.B.der “Süddeutschen” oder der “WAZ”, und Sie würden sie fragen, was es denn mit Red Kite auf sich hätte und mit Global Alpha oder dem Immobiliencrash in den USA, so würden Sie (rein theoretisch natürlich, denn diese Leute reden nicht mit einfachen Sterblichen) etwa folgende Antwort bekommen; “Lassen Se sich nicht von lächerlichen Gerüchten kirre machen, kaufen Sie weiter Aktien”.

Vielleicht würden Sie dann aufmerksam werden, da stimmt irgend etwas nicht. Wie kann es sein, dass an den Aktienmärkten weltweit ein Feuerwerk ohnegleichen abgebrannt, ein Rekord nach dem anderen gebrochen wird, während der Fed-Chef sinkende Leit-Zinsen andeutet???

Nun, warum wollen diese Leute nicht, dass Sie etwas über Red Kite und Global Alpha erfahren, geschweige denn vom US-Immobiliencrash? Lassen Sie sich also das Folgende auf der Zunge zergehen:

Der Mega-Hedge-Fond “Red Kite” ('Roter Kinderdrachen', welch netter Name!) ist in milliardenschweren Schwierigkeiten. Er hat Anfang Februar einseitig seinen Anlegern die Frist für eine Kündigung der Einlage von 15 Tagen (vertraglich festgelegt) auf 45 Tage verlängert (das sind die gleichen Leute, die uns immer erzählen, eingegangene Verpflichtungen müssten bedient werden, koste es was es wolle. Logisch, dies gilt nicht für die Götter selbst, also nicht für Deutsche Bank Immobilienfonds und nicht für Mega-Hedge-Fonds).

Zwar hoffen die Fonds-Manager, bis zum Ablauf der 45 Tage (das wird also etwa Mitte März sein) noch ein “Auffang-Netz” zu konstruieren, aber das ist zweifelhaft. Dieser Hedge Fond gehört zum Teil einem anderen grossen Hedge Fond, der sich Global Alpha nennt. Er würde bei einem Crash wahrscheinlich mit in den Abgrund gezogen. Und nun kommen wir schon dem unmittelbaren Machtzentrum nahe, denn dieser Global-Alpha Fond gehört der Bank Goldmann Sachs, einem der wichtigsten Kreditinstitute der Welt. Nun, eine Bank diesen Ausmasses geht nicht so leicht den Bach hinunter, aber heftige Verluste lieben diese Banker auch nicht. Vielleicht wird also diesmal doch noch ein Netz konstruiert.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Der Immobilien-Crash in den USA, der hauptsächlich in der zweiten Jahreshälfte einsetzte, sorgt weiterhin für den freiem Fall der Immobilien-Märkte. Hier einige Details:

Im Jahr 2006 (im wesentlichen 2.Halbjahr) stieg die Zahl der Zwangsvollstreckungen von Immobilien um 42% gegenüber dem Vorjahr an.

Jetzt sind bereits annähernd 1% der Haushalte US-weit von Zwangsvollstreckungsmassnahmen betroffen. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: 1%!!!!

Immobilienkrise USA

In den Staaten Colorado, Kaliformien, Ohio und Texas gibt es Regionen, in denen 2% der Bevölkerung Zwangsvollstreckung über sich ergehen lassen musste.

Allein in Ohio wurden zwischen Oktober und Dezember 2006 3,3% der Häuser zwangsvollstreckt. Ursache ist die Insolvenz einer ständig steigenden Zahl von US-Familien. Im Jahr 2006 wurden insgesamt 1,2 Millionen Zwangsvollstreckungen in den USA durchgeführt.

Kleinere Banken, die sich auf Hypothekenkredite spezialisiert hatten, gehen nun reihenweise Pleite.

Die Einzelhandelsumsätze in den USA, die immer der Motor der Konjunktur waren, stagnierten im Januar.

Immobilienzwangsvollstreckung

Das Bild zeigt die regionale Verteilung von Zwangsvollsteckungen im Dezember 2006. Hier wird also nicht mehr über die Tatsache des rapiden Ansteigens von Zwangsvollstreckungen gesprochen, sondern über die regionale Verteilung innerhalb der USA. Blau bedeutet niedrige Zahlen, weiss mittlere, rot sehr hohe.
Alle sehr bevölkerungsreichen Staaten der USA (New York, Kalifornien, Ohio, Michigan, Illinois, Georgia, Florida und Texas) sind im roten oder hellroten Bereich.

Nun steht aber eine neue grosse Welle von Zwangsvollstreckungen bevor, wenn jene, die seit Januar (weit höhere Abzahlungsraten für Viele) ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können, mit Drei-Monats-Abstand im April zwangsvollstreckt werden. Es handelt sich um weitere Millionen von Haushalten! Es könnte sein, damit wird im April endgültig der Punkt erreicht, an dem niemand mehr den beginnenden Absturz in die Wirtschaftskrise wird aufhalten können.

Es gibt Schätzungen, etwa 2 bis 3 Millionen Eigenheime in den USA könnten 2007 zwangsversteigert werden, was in der Grössenordung von etwa 10 Millionen US-Amerikaner treffen würde. Das hat allerdings noch nicht eingeschlossen die Auswirkung einer Weltwirtschaftskrise, die natürlich mit einer Dollarabwertung und teuren Importen für de USA viele weitere zahlungsunfähige US-Amerikaner schaffen würde.

Währenddessen hat nach einer Reuters-Meldung vom Rosenmontag (welch ironischer Zufall!) die Bank von England, die staatliche englische Zentralbank, eine Warnung vor einer „drastischen Abkühlung der Märkte“ herausgegeben. Sie bezieht sich dabei auf die britischen Aktien- und Immobilienmärkte, die in den letzten Zeiten von einem Preis-Hoch zum Anderen eilten. Wie man weiss, pflegen Zentralbanken solche Warnungen nur in ernsten Situationen herauszugeben. Man kann nur zu der Überzeugung kommen, die britische Zentralbank sieht ebenfalls das Abrutschen in eine Wirtschaftskrise voraus und hat offenbar bereits konkrete Daten hierzu.

Man kann zusammenfassen, die bereits mehrfach angedeutete Wirtschaftskrise beginnt sich in diesem Moment zu entwickeln. Damit wird sie in die offiziellen Statistiken ab 2008 eingehen.


Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 22. Februar 2007


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

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