Afghanistan: Zensur wieder eingeführt
Von Karl Weiss
War es eine der wesentlichen Errungenschaften des modernen bürgerlichen Staates, dass er keine Zenzur mehr ausübte, so ist dies nun gefährdet oder sogar schon völlig aufgehoben. In Afghanistan haben US-Truppen eine Filmkamera zerstört, mit der das Abschlachten von Zivilpersonen gefilmt worden war. Die US-Armee hat nun dazu offen Stellung genommen und dies verteidigt. Filmaufnahmen könnten einen Ablauf ins falsche Licht rücken.
So wurden auch früher, im Feudalismus und in den Übergangsgesellschaften vom Feudalismus zum Kapitalismus, wie dem preussischen Obrigkeitsstaat „Deutsches Kaiserreich“, und in allen Tyranneien zu jeder Zeit, die Zensurmassnahmen begründet.
Der Herrscher herrscht, das Volk gehorcht. Da ist das Grundmuster. Dass Journalisten natürlich in besonderer Weise zum gehorchenden Volk gehören, ist selbstverständlich.
Es handelte sich in diesem Fall um Journalisten der Presseagentur Associated Press (AP) und deren Fernseh-Nachrichtenagentur, die auch mit einer Filmkamera ausgerüstet waren, die sich im ost-afghanischen Bharikav an den Ort eines Sprengstoffanschlags annäherten. Sie wurden von US-Soldaten nicht näher herangelassen und filmten dann aus einiger Entfernung, was geschah: US-Soldaten feuerten blindlings auf afghanische Zivilpersonen, die sich in der Nähe aufhielten. 8 Zivilisten wurden getötet und 34 weitere verletzt.
Es war keinerlei Aggressivität von diesen Zivilpersonen ausgegangen. Die Soldaten feuerten „nur“ aus Frust.
Als die Verantwortlichen der US-Armee bemerkten, dass diese Szene gefilmt worden war, liessen sie Kamera und Filmmaterial beschlagnahmen und zerstören. Das Filmmaterial enthielt auch schon ein Interview mit Personen, die berichteten, wie an anderer Stelle US-Soldaten aus einem fahrenden Auto drei Zivilpersonen erschossen hatten.
Auch andere als die AP hatten bereits über schwere Behinderungen der Pressearbeit durch die US-Truppen bei der Frühjahrsoffensive berichtet.
Die lahme Ausrede der US-Kommandeure (in diesem Fall Kommandant Petrenkov) ist kaum noch zu überbieten: Filmaufnahmen könnten den Ablauf in ein falsches Licht rücken.
Artikel veröffentlicht am 13. März 2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute"