Mittwoch, 13. Mai 2009

Zwei Maße, zwei Gewichte

Die Politik rettet die Banken – für die Bürger bleibt nichts übrig

Von Karl Weiss

Immer wenn jemand ein Konjunkturpaket gegen die Krise fordert, das tatsächlich unmittelbar in Nachfrage übergeht – also eines, das die unteren Einkommensschichten begünstigt – kommt von den westdeutschen Blockflötenparteien heftige Ablehnung – das würde wirkungslos verpuffen. In Wahrheit würde ein Programm in der Größe der Hilfen für die Banken (1000 Milliarden) die Tiefe der Krise in Deutschland gewaltig vermindern, Hunderttausende von Entlassungen verhindern. Das müsste natürlich durch eine Reichensteuer neutralisiert werden.

Aber de „Einheitsfront“ aus CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen will das nicht einsehen. Das Beispiel Frankreich lässt diese Leute kalt. Sie kümmern sich ausschließlich um die Banken. Nach dem ersten großen Paket von 500 Milliarden Euro, das bereits zum größten Teil verbraucht ist, hat man nun das System der ‚Bad Bank’ erfunden, die sich jedes Institut selbst schafft. Man hält konsequent geheim, wieviel da an weiteren Zahlungen auf den Steuerzahler zukommt. Die Schätzungen von Experten liegen zwischen weiteren 400 bis 500 Milliarden Euro.

Damit hat man also für die Banken bereits um die 1000 Milliarden Euro ausgegeben bzw. garantiert - und da sind die massiven Zahlungen für die Commerzbank und jene für die Hypo Real Estate wie auch die IKB und die noch anstehenden für die Landesbanken noch gar nicht eingeschlossen.

Zwar wird da behauptet, das müsse ja nicht automatisch alles tatsächlich in Zahlung umschlagen, weil viel ja nur Garantien sind und außerdem gebe es auch ein System der Rückzahlung, aber die Experten geben keine grosse Chance, dass irgend ein nennenswerter Teil dieser Gelder nicht ausgegeben werden muss bzw. tatsächlich nennenswert zurückfließt.

Die Experten warnen vielmehr, dass da einige Banken schon wieder anfangen, munter zu spekulieren, also bereits die nächste Bankrott-Erklärung ansteuern, die dann wieder mit Steuergeldern verhindert werden muss.

Cerstin Gammelin nennt diese ganzen noch ausstehenden Risiken in der „Süddeutschen“ eine „Zeitbombe“.

Deutsche Bank-Ackermann redet schon wieder von 25% Gewinn über Kapital. Woher soll das kommen, wenn im Moment eine hervorragend geführte Firma eines wenig von der Krise betroffenen Industriezweiges gerade mal 3% über Kapital erzielen kann? Nur aus riskanten Wetten!

Dabei zahlen die Dax-Konzerne, also die großen Industrie- und Dienstleistungsfirmen, dieses Jahr insgesamt 22 Mrd. Euro an Dividenden! Das sind nur etwa 20% weniger als der Rekord im Vorjahr. Alles macht weiter wie gehabt: Shareholder Value! Die Arbeiter stehen in Kurzarbeit und haben die Entlassung zu erwarten, die Aktionäre erhalten fast ungebremste Zahlungen! Das ist der Kapitalismus!

Irgendwelche einschneidenden Beschlüsse gegen die Spielkasino-Mentalität in den Banken hat niemand bisher gefasst und es sieht auch nicht so aus, als ob da etwas Vernünftiges käme. Redet man zum Beispiel vom Verbot der Leerverkäufe, so bricht man schon in Geschrei aus: „Sozialismus! Sozialismus!“. Wird eine auch nur geringfügige Steuer auf rein spekulative Finanztransaktionen von über 10 Millionen Euro angeregt, so erklärt man das Kind (der Kapitalismus) dürfe nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Kurz: Man hält sich bedeckt, wartet ab, bis es besser wird und macht weiter wie gehabt. Ackermann ist das lebende Denkmal dieser Haltung.

Auch Frau Merkel hat bereits deutlich gemacht: Sie will einfach auf Tauchstation gehen, die Krise durchstehen und glaubt danach wie Phönix aus der Asche wieder auferstehen und genauso weitermachen zu können wie vorher.

Besonders beeindruckend unser Lieblingspolitiker Westerwelle: Für ihn gibt es keine Krise und dementsprechend muss man ja auch nichts ändern. Nun, die Klientel der FDP steht natürlich auch in der Krise weiterhin gut da (macht es etwas aus, ob man 22 Milliarden hat oder nur noch 17 Milliarden?) und so hat er auch irgendwie Recht.

Nur: Es wird kein Zurück auf die Wirtschaft vor der Krise geben. Nach allen Einschätzungen und ohne die sozialen Verwerfungen einzurechnen, steht bereits fest: Das Niveau nach der Krise, sei es im Jahre 2015 oder 2019, wird deutlich unter dem von 2008 (1.-9.) liegen – falls es überhaupt ein `nach der Krise` innerhalb des kapitalistischen Systems geben wird.

Aber das alles wird der Politik heute ziemlich egal sein. Sie will gut durch die Wahlen im September kommen und die Krisenfolgen sollen sowieso auf uns, die kleinen Leute, abgeschoben werden. Nun, man wird sehen. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn die kleinen Leute etwas dagegen haben und dagegen tun.


Veröffentlicht am 13. Mai 2009 in der Berliner Umschau

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