“Deutsche Autobranche dem Untergang geweiht”
Von Karl Weiss
Wenn man die Kolumne des Analysten Wolfgang Münchau in der „Financial Times Deutschland“ (FTD) liest, kann man sich immer auf deftig vorgetragenen Klartext einstellen. Diesmal (6.5.09) erklärt er ohne Umschweife: „Die deutsche Autobranche ist dem Untergang geweiht. Die Politik zögert ihren Tod nur künstlich hinaus."
Er konstatiert: Autos, die 50.000 bis 100.000 Euro kosten, werden auch in Zukunft noch Abnehmer finden, aber in so geringer Zahl, dass dies zum Nischenmarkt wird. Da weder Mercedes noch BMW noch Audi, geschweige denn Porsche, in den preislich darunter liegenden Marktbereichen besonders interessante Autos anzubieten haben, denen zudem nicht selten gleichwertige billigere Modelle entgegenstehen, wäre das die Vorhersage von klammen Zeiten in München, Stuttgart, Heilbronn, Ingolstadt und so weiter.
Allerdings sagt er nicht klar, woran das liegt. Er schreibt eher nebulös: „Die Zukunft der industriellen Massenproduktion von Fahrzeugen liegt aber woanders: Beim Tata Nano und seinen Brüdern, wie auch immer sie heißen mögen...“
Allerdings muss er auch zugeben, dass die EU so billige Kleinwagen wie den Tata Nano irgendwie von Binnen-Markt fernhalten wird.
Was er impliziert, aber nicht sagt: Die Einkommen in Europa werden sowohl von der Zahl der Einkommenempfänger als auch von ihrer Höhe deutlich schrumpfen, da wird nicht viel für den Hochpreismarkt übrigbleiben. Hören wir genau hin, was diese Leute sagen: Sie wollen unsere Einkommen noch einmal massiv absenken!
„Familienkutschen“, so sagt er, werden ausser dem Tata Nano noch gebraucht werden. Aber er sieht keine Möglichkeit, so etwas auf Dauer in Deutschland zu produzieren. Warum, sagt er wieder nicht. Ob er vielleicht immer noch das Märchen von den hohen Löhnen in Deutschland glaubt? Kann ja wohl nicht wahr sein.
Die Lohnstückkosten in Deutschland lagen immer bestenfalls im Mittelfeld der grossen Industrieländer – und das ist das einzige, was den Unternehmer interessiert. Lohnvergleiche in Währungsumrechnungen sind so relevant wie die berühmte Tür auf dem Mond, die zufällt.
Heute allerdings sind die Lohnstückkosten auf einem Wert unter allen anderen grossen Industrieländern gefallen – das vergisst Münchau zu erwähnen. In welchem Land sollen also die Familienkutschen hergestellt werden?
Kurz: Die Alarmglocke schrillte zu früh. Zwar werden die Luxusauto-Hersteller (nicht die wirklichen, wie Rolls-Royce, sondern die Hersteller mittlerer Luxusautos wie Mercedes, BMW und Audi) gewaltig an Umsätzen einbüssen, aber das wird noch nicht das Ende der Automobilindustrie sein.
Das wird erst kommen, wenn wir im Sozialismus sein werden und entscheiden, die Anzahl von Unfalltoten ist unmenschlich und kann nicht mehr hingenommen werden und wir werden im Laufe von vielen Jahrzehnten den gesamten Transport auf Schienen- und /oder Magnetschienen-gebundene Fahrzeuge umstellen.
Veröffentlicht am 22. Mai 2009 in der Berliner Umschau