Dollar: Erste Absprung-Erscheinungen
Von Karl Weiss
In Idaho, einem kleinen US-Bundesstaat, wurde ein Gesetz mit nur einer Gegenstimme angenommen, das es den Bürgern des Staates erlaubt, ihre Steuerschulden nicht mehr in Dollar, sondern in „Silver Medaillons“ (kleinen Silbermünzen), zu zahlen, die vom Staat speziell zu diesem Zweck herausgegeben werden sollen.
Nun, das ist noch keine Tendenz des Ausstiegs aus dem Dollar, aber bereits das Anzeichen erster Erscheinungen des Absprungs aus der Spekulanten-Ikone „Greenback“, und das innerhalb des eigenen Landes.
Über Jahrzehnte, ja praktisch seit dem 2. Weltkrieg, ist der Dollar mit seinen US-Staatsanleihen („Dollar-Bonds“) der „safe haven“, der sichere Hafen, wenn man sein Geld vor allem vor Verlusten schützen will.
Die Anleger mit Millionen und sogar Milliarden in der Tasche, üblicherweise Spekulanten genannt, verhalten sich daher aus alter Treue oder auch schlicht aus Unwissenheit so, als ob der Dollar heute nicht gefährdet wäre. Wenn Griechenland ein Pleite-Kandidat ist, dann umso mehr die USA. Die Zahlen des Dollar-Landes sind schlechter als die griechischen.
Vor allem ist es die Geschwindigkeit des Anstiegs der US-Staatsschulden, nicht nur die der Regierung in Washington, sondern auch die der Bundes-Staaten, der Sozialkassen und der Gemeinden, die Anlass zu der Annahme gibt, der Dollar werde das Jahr 2020 nicht mehr lebend erblicken. Die meisten Fachleute meinen sogar, so lange werde es nicht mehr dauern.
Natürlich würde eine kräftige Erholung der realen US-Wirtschaft, wenn die Produktion auf Vorkrisenniveau steigen, die Steuereinnahmen wachsen und der Konsum wieder anziehen würde, solche Befürchtungen bald gegenstandslos werden lassen, aber nichts dergleichen ist in Sicht.
Zwar steigt das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) der USA wieder an, doch diese Zahlen sind durch Finanzderivate künstlich aufgebläht. Damit stellen sie sogar die Gefahr neuer, schwerer finanzieller Probleme dar und nicht die Hoffnung auf einen Aufschwung.
Die Arbeitslosigkeit verharrt dort, wo sie ist, der Konsum, die Häuserkäufe, die Löhne, nichts deutet auf den Beginn eines neuen Aufschwungs hin. Ohne diesen aber wird die Staatsverschuldung bald nicht mehr bezahlbar sein, denn dazu müssten die Steuereinnahmen steigen und nicht fallen.
So werden zu einem bestimmten Zeitpunkt die ersten, die das begriffen haben, aus dem Dollar fliehen müssen, so wie der Staat Idaho dies jetzt in ersten Ansätzen tut.
Wahrscheinlich werden die chinesische und die japanische Zentralbank diejenigen sein, die dann versuchen werden, den Dollar zu verteidigen, denn sie haben ihre Staatsschätze fast vollständig in Dollar-Bonds angelegt, aber ab einem bestimmten Moment werden sie dann umschalten müssen auf: Verluste verringern! Ab diesem Moment wird es kein Halten mehr geben für Dollar und Dollar-Bonds, sie werden unweigerlich den Bach hinunter gehen.
Einige wollen die aktuelle kleine Erholung des Euro sogar bereits auf Umschichtungen so mancher Vermögen von Dollar auf Euro erklären und nicht mit der Griechenland-Hilfe.
Wie auch immer, es wird interessant werden. Vermutlich lohnt es sich, immer mal wieder den Dollarkurs im Vergleich zu anderen Währungen zu beobachten und die Zinsen, die man für Dollar-Bonds bekommt. Wer im richtigen Moment gegen den Dollar wettet im internationalen Spielkasino der Finanzwerte, kann ein Vermögen machen (so er denn schon ein Vermögen hat).
In den USA sind Leerverkäufe weiterhin erlaubt, also das Wetten gegen eine Währung (oder andere Finanztitel), ohne diese überhaupt zu haben. Auch in Europa wird bis auf weiteres erst nachgedacht über das Verbot.
Veröffentlicht am 6. April 2010 in der Berliner Umschau