Wenn die Wirklichkeit das Kabarett einholt
Von Karl Weiss
Der deutsche Politikbeobachter und Fernsehzuschauer ist schon einiges gewohnt, doch dies Mal verschlägt es ihm die Sprache. Die Guttenberg-Familie ist vor allem Selbst-Inszenierung ohne Inhalt, also Ereignis, das ein ‚event‘ ist – und nichts weiter - aber so wird man anscheinend beliebt. Inhalte stören nur. So wundert es denn auch schon keinen der aufmerksamen Beobachter mehr, dass es der Verteidigungsminister fertigbringt, „seine“ Truppen in Afghanistan zu besuchen (wie nett kurz vor Weihnachten) und dass er dazu seine Frau mitnimmt.
„Was – seine Frau? Was hat die denn mit dem Ministerium der Verteidigung (richtiger: Kriegsministerium) zu tun?“ „Nun, sie ist die Frau vom Minister!“
„Moment mal: Da nimmt also der Finanzminister seine Frau zu internationalen Finanzkonferenzen mit, der Wirtschaftsminister zu Treffen mit ausländischen Wirtschaftsministern und natürlich der Entwicklungsminister zu Reisen in die Entwicklungsländer, nicht?“
„Ja, erinnerst du dich nicht, dass unser Aussenminister seinen Angetrauten mitgenommen hat? Aber das sind ganz andere Dinge, denn hier ging es um einen Besuch der Truppen im Krieg – und zwar in einem Feldlager – nicht etwa in einer Kaserne oder einer schnöden Truppenunterkunft, nein, im Feldlager!“
„Und das ist der richtige Ort für die Frau vom Minister?“ „Nun, sie wollte ihre Unterstützung für die Truppen zum Ausdruck bringen.“
„Ob die Soldaten das für so toll fanden? Immerhin müssen sie da Extra-Wachen schieben, damit der Frau Minister, ach nein, der Frau vom Minister, kein Haar gekrümmt wird.“
„Ach nun sei nicht kleinlich! Schliesslich ist sie beliebt!“
„Na eben, stell dir mal vor, der wär was passiert!“
„Und die Kinder, haben sie die auch mitgenommen?“ „Nein.“ „Aber wenn die Frau da hingehört, gehören die Kinder da auch hin, oder nicht?“
„Aber die Risiken! Stell dir vor, einem Kind wäre da etwas passiert!“
„Hallo, das ist mein Argument! Sag ich doch! Was haben gefährdete Personen, die keinerlei Verbindung zu deutschen Truppen haben, im Kampfgebiet von Afghanistan in Begleitung des „Verteidigungs“ministers zu suchen?“
„Aber er nimmt auch nicht jeden Hinz und Kunz mit!“ „Genau, wenn ich gebeten hätte mitgenommen zu werden, wäre mir das verweigert worden – oder nicht?. Warum also die Frau?“
„Ja, das ist auch noch nicht alles, denn er hat auch noch den Kerner mitgenommen, um dort im Feldlager eine Talkshow zu moderieren.“
„- - - - Ach, jetzt verstehe ich, du hast Spass gemacht! Er hat natürlich seine Frau nicht mitgenommen! Hahaha, guter Witz – das könnte aus einer Kabarett-Sendung sein!“
„Nein, nein, es ist wahr, er hat die Frau und den Showmaster mitgenommen.“
„Das kann nicht wahr sein!“
„Ist es aber.“
„Du nimmst mich auf den Arm! Das kann nicht sein, weil das Georg Schramm in seiner Kabarett-Sendung „Neues aus der Anstalt“ vor etwas mehr als einem Jahr vorausgesagt hat – und zwar kabarettistisch vorausgesagt hat, mit Bezug auf Guttenberg – als Brüller! Das muss Guttenberg wissen und er kann das nicht genau so machen, wie es das Kabarett vorausgesagt hat.
Hier, sehe dir den Teil von Schramms Sendung an:
http://www.youtube.com/watch?v=AhBZ0vJqVqg#t=7m15s
Das wäre undenkbar!“
„Ja, aber er hat es getan! Vielleicht fand er Schramms Idee ja gut.“
„Meine Güte, wohin sind wir gekommen? Die Kabarettisten können gar nicht mehr absurd genug scheinende Ideen erfinden, um Lachsalven zu ernten - und werden bereits von der Wirklichkeit eingeholt!“
„Aber ist das denn so schlimm?“
„Also, wenn es so weit ist, dass die deutsche Wirklichkeit bereits alles einholt oder übertrifft, was die Kabarettisten als Gag erfunden haben, um Brüller zu ernten, dann kann hier etwas nicht stimmen, Oder?“