Montag, 20. Dezember 2010

Das ist einfach krank

Wikileaks meets Michael Moore


Von Karl Weiss


Wenn irgendjemand noch einen Beweis dafür braucht, wie abgrundtief krank das US-System ist, der findet ihn hier. Das ganze System einschließlich der Medien ist so unvorstellbar abartig und bar jeder minimalen Seriosität, dass man heulen könnte. Sehen sie sich nur diese Geschichte an, wie WikiLeaks und Michael Moore zusammenkamen.


Sie können sich bei ausreichenden Englisch-Kenntnissen auch die Originalgeschichte im Blog von Michael Moore ansehen, hier:

http://www.michaelmoore.com/words/mike-friends-blog/viva-wikileaks oder diesen Artikel weiterlesen.

Also, Michael Moore ist der einzige mir bekannte kritische Filmemacher in den Vereinigten Staaten. Er brachte 2008 den Film „Sicko“ (das ist umgangssprachlich „krank“) heraus, in dem er das US-Gesundheitssystem anklagt, das extrem teuer und dazu nicht hilfreich ist, weil Gesundheit in den USA ausschließlich zum Profitmachen für Versicherungsunternehmen gedacht ist und die Bevölkerung das Nachsehen hat.

In dem Film bringt Michael Moore unter anderem drei Personen, die von den Attentaten des 11. Septembers 2001 in New York betroffen waren, nach Kuba zur gesundheitlichen Behandlung, die ihnen in den USA verweigert worden war.

Moore schreibt in seinem Blog, die Versicherungsunternehmen hätten Millionen ausgegeben, um irgendetwas gegen ihn zu finden, als sie des Inhalts dieses Filmes gewahr wurden. Das Finanzministerium der Bush-Administration hat ihm sogar mitgeteilt, man prüfe welche Gesetze er gebrochen haben könnte, als er diese US-Bürger nach Cuba brachte.

Nach meinen Recherchen wurde dieser Film in Europa nie gezeigt, wohl weil er sich ausschließlich auf das kranke Gesundheitssystem der USA bezieht.

Dann begann die Versicherungs-Industrie, die bereits gesagt haben soll, man müsse „Michael Moore von einer Klippe stürzen“ mit Exil-Kubanern zusammenzuarbeiten, die sich vor allem im Raum Miami zusammenballen und ließ sie schlecht über Michael Moore sprechen.

In Kuba selbst erfand ein offizieller Agent der Regierung der Vereinigten Staaten eine Story, um Kuba und Michael Moore zu gleicher Zeit schlecht zu machen und sandte sie als Geheime Depesche an seine Auftraggeber in den USA: Angeblich sei Michael Moores Film in Cuba zensiert worden und dürfte nicht gezeigt werden. Die von Michael Moore im Film gezeigten Krankenhäuser seien für normale Kubaner gar nicht zugänglich und das kubanische Regime wollte die Bevölkerung daher solche Gesundheitseinrichtungen nicht sehen lassen. Dieser Bericht war frei erfunden.

In Wirklichkeit ist Michael Moores „Sicko“ in einer spanischen Fassung in vielen Lichtspieltheatern in Kuba gelaufen und es gab keinerlei Restriktionen. Die gezeigten Krankenhäuser existieren wirklich und die kubanische Bevölkerung hat Zugang zu ihnen. Nach der Saison in den Filmtheatern wurde „Sicko“ in Kuba auch noch im Abendprogramm des staatlichen Fernsehens gezeigt, in einer ungekürzten Version.

Und nun kommt WikiLeaks ins Spiel. Die Geheime Depesche nämlich, die einer der US-Agenten in Kuba an seine Chefs in den USA gesandt hatte (wo die Behauptung des Verbots des Filmes in Kuba enthalten war) wurde am 17. Dezember 2010 von Wikileaks veröffentlicht, womit diese Lügengeschichte eigentlich aufgeflogen sein müsste.

Doch was geschah? Die Medien in den USA berichteten, aber sie berichteten genau anders herum. Sie prüften nicht nach, ob Michael Moores Film wirklich in Kuba verboten war, sondern sie berichteten, genau dies sei der Fall, denn in jener Depesche wurde dies ja behauptet. „Fox News“, das Programm der Rechtsaußen, berichtete dies zwei Mal, aber auch „Reason Magazin“, „Spectator“ und „Hot Air“ und eine Menge rechter Blogs, ja sogar der englische „Guardian“ übernahm die Story ohne zu verifizieren. Später kamen noch dazu „BoingBoing“ und „Nation“.

Niemand in US-Redaktionen hatte sich die Mühe gemacht zu checken, ob Kuba diesen Film wirklich zensiert hatte. Die Behauptungen des Agenten wurden einfach als wahr an die Leserschaft gegeben, obwohl jeder vernünftig denkende Mensch schnell auf die Idee kommt, das muss gecheckt werden. Schliesslich stellt WikiLeaks so etwas ja genau zu diesem Zweck in das Internet, um zu zeigen, wie oft solche „Berichte an die Heimat“ von Agenten nichts als Lügenpropaganda sind.

Jeder Journalist, der das mindeste getan hätte, was verlangt werden kann, nämlich zu googeln, ob „Sicko“ in Kuba wirklich verbannt wurde, hätte keine 20 Sekunden gebraucht, um dies als Geschmier von US-Agenten der niedrigsten Kategorie (vielleicht gibt es auch keine andere Kategorie) zu entlarven – doch nicht einmal diese 20 Sekunden hat man mehr in US-Redaktionen.

Was heute offizieller Journalismus ist, das erfüllt nicht die geringsten Anforderungen an wirklichen Journalismus, es werden nur ungeprüft Agenturmeldungen herausgehauen und die Agenturmeldungen selbst sind hauptsächlich „Entertainment“ oder Bestätigungen von vorherrschenden Vorurteilen oder so verkürzte Darstellungen, dass von Information nicht die Rede sein kann. Wirklich investigativer Journalismus, wie ihn Michael Moore bringt oder wie es die Veröffentlichungen von Wiki Leaks darstellen, ist sowieso so selten, dass Sie alle diese Journalisten an den Fingern einer Hand abzählen können.

Michael Moore berichtet genüsslich in seinem Blog, was das kubanische Gesundheitssystem in einem der armen Länder der Welt, noch zusätzlich betroffen von dem US-Boykott, erreicht hat: Die Kinder-Sterblichkeits-Rate ist geringer als in den USA, die Lebenserwartung ist lediglich 7 Monate kürzer als in den USA (also weit höher als in fast allen Entwicklungsländern) und die Welt-Gesundheits-Organisation hat festgestellt, dass Kuba lediglich zwei Plätze hinter den reichsten Ländern der Welt landet, was das Gesundheitssystem betrifft.

Nun, dies alles muss man ganz langsam „genießen“ und sich dessen gewahr werden, was das bedeutet: Siehe Überschrift.

Karl Weiss - Journalismus

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