Donnerstag, 23. Dezember 2010

Deutschland – ein Wintermärchen

Märchenhaft die Behauptung vom Aufschwung

Von Karl Weiss

Nun liegen die wirtschaftlichen Daten der ersten drei Quartale von 2010 in Deutschland vor. Das steht zum Beispiel: Das Defizit des Kernhaushaltes des Bundes lag 2010 um 48% (!) höher als in den ersten drei Quartalen des Krisenjahres 2009. Die Ausgaben stiegen nämlich und die Einnahmen sanken.

Sie mögen vielleicht denken, dies hat mit den Ausgaben für die Euro-Zone zu tun. Weit gefehlt! Der „Sonderfond zur Bewältigiung der Wirtschafts- und Finanzkrise“ (Sofin) ist nicht im Kernhaushalt ausgewiesen, sondern separat davon, so als ob er nichts mit deutschen Staatsausgaben zu tun hätte.

Wirtschaftsminister Brüderle, der den XXL-Aufschwung herbeizureden versucht, hat eine gute Chance, als einer der lächerlichsten Politclowns in die Geschichte deutscher Minister einzugehen. Nun, was will man schon von der FDP erwarten, nicht wahr?

Es gibt wirklich einen Anstieg auf ein höheres Niveau in diesem Jahr bezüglich der Exporte, speziell der Exporte von Luxus-Automobilen vom Typ Mercedes, BMW, Audi und Porsche, nur war das kein deutscher Aufschwung, sondern einer aus jenen Ländern, die da einkauft haben, also vor allem China.

Aber da kommt doch Geld rein, oder?

Leider fast nichts. Die Automobilarbeiter erhalten keine Lohnerhöhungen, bestenfalls minimales Vorziehen bereits vereinbarter Erhöhungen. Im allgemeinen bleiben Lohnerhöhungen (auch in der Automobilindustrie) in Deutschland auf dem Niveau der Inflationsrate – zusätzliche Produktivität wird in Deutschlan nie in Löhne umgesetzt – jedenfalls solange die Automobilarbeiter stillhalten.

Aber die Manager und Aktionäre, die werden doch eine Menge Geld in Deutschland lassen, oder? Kaum! Selbstverständlich lassen solche Leute das Gross ihrer Einkommen auf den Cayman-Inseln (oder ähnlichen „Staaten“) anfallen, wo man keine Einkommensteuer bezahlen muss und auch nicht an ausländische Behörden verpfiffen wird. Zwar wird man einen symbolischen Betrag auch in Deutschland anfallen lassen und ihn versteuern, doch das betrifft bestenfalls 1% des Einkommens.

Wenn Brüderle, statt klowneskes zu verzapfen, hinter den Steurparadiesen her wäre mit voller Pulle, so wie man auch schon hinter Liechtenstein und der Schweiz her war, da könnte wirklich ein XXL herausspringen, aber weit gefehlt. „Das sind schliesslich unsere Freunde. Denen können wir doch nicht auch noch die Bürde des Steuerzahlens auferlegen.“

„Aber die Automobilindustrie, die muss doch mit Steuern belegt sein, da müsste doch was reinkommen.“ Nun, seit den Zeiten der Schröder´schen Regierung in Deutschland zahlen Grosskonzerne hier praktisch keine Steuern mehr. Die Abschreibungsmöglichkeiten sind so gross und vielfältig, da müsste schon ein ausgesprochen unfähige Tributationsabteilung kommen, um noch irgendwelche Steuern zu zahlen.

Kurz gesagt, der Boom von Exportfahrzeugen hinterlässt so gut wie keine Spuren ind Deutschland.

Und der Rest des Aufschwungs, der Konsum? Der muss doch Umsatzsteuer ergeben und Lohnsteuer, oder nicht?

Schon wieder Fehlanzeige. Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer sanken nach den letzten Daten der Bundesbank im Oktober 2010 um -2,59% im Vergleich zum Vorjahresmonat, auf 11,052 Mrd. Euro nach 11,346 Mrd. Euro im Oktober 2009!

Real (verbraucherpreisbereinigt) sieht es noch dürftiger aus. Selbst im breiten Zeitraum Q1 bis Q3 2010 sanken die Einnahmen aus der Umsatzsteuer real um -4,79% im Vergleich zum Vergleichszeitraum in 2009 und lagen nur real um +3,05% über dem Vergleichszeitraum 2008, real um +2,03% über 2007 und real um +7,4% über dem Vergleichszeitraum aus dem Jahr 2000 (nominal +25,41%).

Bei dieser längerfristigen Sicht muss natürlich noch die massive Erhöhung der Mehrwertsteuer vom 1. Januar 2007 um drei Prozentpunkte (mit etwa 20% Erhöhung die grösste Steuererhöhung in der Geschichte der Republik) berücksichtigt werden.

Aber die Lohnsteuer, da müsste doch etwas hereinkommen, oder etwa auch nicht?

Im breiten Zeitraum Q1 bis Q3 2010 sanken die Einnahmen aus der Lohnsteuer real um -6,58% im Vergleich zum Vergleichszeitraum in 2009, real um -11,38% zum Vergleichszeitraum 2008, real um -7,13% zu Q1-Q3 2007 und real um unglaubliche -17,74% zum Vergleichszeitraum aus dem Jahr 2000 (nominal -3,98%).

Der massive Abbau von normal bezahlten Arbeitsplätzen zugunsten von Leiharbeit, Zeitarbeit, Teilzeitarbeit, Praktikanten, Fremdfirmenbeschäftigung und Ein-Euro-Jobs usw. wird hier deutlich.

Wenn man nun aber den Blick auf die gesamte Einkommensteuer erweitert, nicht nur die Lohnsteuer, da muss doch etwas positives herauskommen?

„... die gesamte Einkommenssteuer aus Lohnsteuer, veranlagter Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer im Oktober 2010 fällt nicht rosig aus, sie sank insgesamt nominal um -3,59% auf 9,105 Mrd. Euro, nach 9,444 Mrd. Euro im Vorjahresmonat. In Q3 2010 lag sie mit 42,813 Mrd. Euro um -1,55% unter dem Niveau aus Q3 2009 mit 43,486 Mrd. Euro. Im Vergleich zu Q3 2008 mit 52,135 Mrd. Euro ging es beim gesamten Einkommenssteueraufkommen allerdings noch um gravierende -17,88% abwärts.“

Diese Aussage und jene Zahlen sind entnommen dem Blog „wirtschaftsquerschuss.de“, wer sich das im Detail ansehen will, hier:

http://www.querschuesse.de/kernhaushalte-von-bund-und-landern-alles-andere-als-im-xxl-modus/

Wenn Ihnen also das nächste Mal jemand etwas von einem XXL-Aufschwung erzählen will, dass werfen Sie sich auf den Boden, schreien vor Lachen, wälzen sich und brüllen: „Das ist der Witz des Jahrhunderts!“

Karl Weiss - Journalismus

Bürger-Journalist - Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog

Willkommen / Impressum

Willkommen im Weblog Karl Weiss - Journalismus.
Der Weblog Karl Weiss - Journalismus ist umgezogen. neue Adresse: www.karl-weiss-journalismus.de
IMPRESSUM
Ich bin zu erreichen über weiss.karl@ rocketmail.com
Ich wünsche also allen (und mir) viel Spaß (und Ernst) mit diesem Blog.
Karl Weiss, Belo Horizonte, Brasilien

Artikel und Dossier der Woche

Artikel der Woche "CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft" Da wurde es von Frau Merkel vorhergesagt

Dossier der Woche "Dossier Klimakatastrophe" 10 Fragen und Antworten zur Klimakatastrophe

Suche

 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Israel und der Konflikt...
ICH FRAGE MICH WARUM DIE JUDEN SO BRUTAL GEGEN DIE...
mik4777 - 30. Jan, 20:32
Abscheulich!!!
Wie man überhaupt im Ansatz auf den Gedanken kommen...
david3371 - 3. Okt, 19:02
Der Vatikan schützt die...
Sehr geehrter Herr Weiss, der Vatikan k a n n die...
MoMa - 6. Jan, 10:28
Fünf Jahre ist das jetzt...
Fünf Jahre ist das jetzt her!!! Die eine Immobilienkrise...
girico - 6. Mär, 13:34
Ich teile nicht diese...
Ein führender Landespolitiker oder ein wichtiger Geschäftsmann...
Nonkonformer - 21. Sep, 23:42

Status

Online seit 6713 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits

Archiv

Dezember 2010
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 2 
 3 
 4 
 5 
10
13
15
17
19
21
24
25
26
27
28
30
 
 
 

Alle Links in Popups öffnen

alle Links auf der aktuellen Seite in einem neuen Fenster öffnen 

Zufallsbild

Deutschland: Einkommensverlust durch Mehrwertsteuererhöhung

kostenloser Counter

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

AbbauRechte
AlternativPolitik
Brasilien
Deutschland
Fussball
Imperialismus
InternetundMeinungsfreiheit
Lateinamerika
Medien
NaherOsten
Oekonomie
Sozialabbau
Umwelt
Willkommen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren