Donnerstag, 22. November 2007

Hugo Chávez 'Dieser faschistische Diktator'

Venezuela soll nicht in den Mercosur

Von Karl Weiss

Freitag, der 16. November 2007, 8 h morgens Ortszeit: Im größten Radio-Nachrichtensender Brasiliens, dem CBN, ein Sender der Globo-Gruppe, die wesentliche Teile des brasilianischen Medienmarktes beherrscht, wird ein Kommentar von Arnaldo Jabor in den Äther geschickt, in dem dieser sagt. „Jener faschistische Diktator, Hugo Chávez von Venezuela ...“. Am gleichen Tag hört man auf dem gleichen Sender: Die PSDB, die große neoliberale konservative Partei Brasiliens, aus welcher der frühere Präsident Cardoso hervorging, ließ verkünden, man werde wegen Chávez alles tun, um zu verhindern, dass Venezuela in den Mercosur (Mercosul) aufgenommen werde.

Chávez und Lula

Der Mercosul(r) ist die Freihandelszone in Südamerika, der bisher Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay angehören und in den in einer offiziellen Zeremonie auch Venezuela aufgenommen wurde. Allerdings müssen die einzelnen Parlamente der Mitgliedsländer noch diese Erweiterung ratifizieren.

Gift und Galle spucken

Nun hat die brasilianische Oligarchie ein Mittel entdeckt, wie sie die mit ihr befreundete Venezuelanische Oligarchie rächen kann, die von Chávez um einen Teil ihrer Alleinherrschaft im Land gebracht wurde und seither Gift und Galle spuckt.

Die Medien helfen dabei nach Kräften mit. Wie Jabor auf die Idee kam, Chávez könnte ein faschistischer Diktator sein, weiss wohl nur er selbst.

Hat Chávez in einem Putsch die Macht ergriffen wie Pinochet? Nein, er wurde gewählt und später mit klaren Mehrheiten vom Volk bestätigt.

Hat er alle Linken und Gewerkschafter in Gefängnisse oder Lager geworfen? Nein, Linke und Gewerkschaften können in Venezuela frei agieren.

Hat er politisch gegen ihn Stehende einsperren lassen? Nein, es gibt keine politischen Gefangenen in Venezuela – im Gegensatz zu den USA, von Jabor bevorzugt als demokratisches Beispiel, wo willkürlich als terrorverdächtig Eingestufte ohne Anklage, ohne Möglichkeit der richterlichen Überprüfung, ohne Benachrichtigung der Angehörigen, ohne Prozess, ohne Kontakt zu einem selbst gewählten Anwalt, ohne Aussicht auf Freilassung in Tierkäfigen in Guantánamo gehalten werden.

Gibt es Folter in Venezuela, so wie in Jabors Vorbildland USA? Nicht einmal die Opposition behauptet dies.

Gibt es irgendeinen ernst zu nehmenden Hinweis auf Wahlbetrug in Venezuela? Nein. Nicht einmal die Opposition behauptet dies ernsthaft. In den USA allerdings stehen die beiden letzten Präsidentenwahlen ernsthaft im Verdacht, vollständig manipuliert worden zu sein.

Was also hat Chávez verbrochen? Zunächst hat er die Konzession eines Fernsehsenders auf ein „Fenster“ im Äther für seine Wellenlänge auslaufen lassen, was den Sender zwang, in Zukunft über Kabel und Satellit erreichbar zu sein, so wie es in allen westlichen „demokratischen“ Staaten mit Sendern alle paar Jahre geschieht. Dann hat er einen neuen Verfassungsentwurf vorgelegt, der jetzt dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Darin ist als Möglichkeit vorgesehen, dass der Präsident sich auch nach zwei Amtszeiten erneut zur Wahl stellen kann.

Wo ist da faschistische Diktatur? Wenn die Möglichkeit wiederholter Amtszeiten eine Land zu einer faschistischen Diktatur macht, dann ist es die Bundesrepublik schon lange. Sowohl Adenauer als auch Kohl haben mehr als zwei Amtszeiten hinter sich gebracht.

Offensichtlich geht es dem Kommentator nur um billige Polemik. Interessant, dass genau dies immer einer der Vorwürfe gegen Chávez ist. Er versteht sich nicht gestelzt auszudrücken wie die Vertreter der Oligarchie, denn er ist Militär und da wird eine direktere Sprache benutzt. So fällt das Naserümpfen über Chávez nun auf den Kommentator Jabor zurück.

Kongress Brasilien Brasilia

Anlässlich der Debatte im brasilianischen Bundestag über den Beitritt Venezuelas in den Mercosul(r) traten auch zwei andere Personen mit Schlägen unter die Gürtellinie Chávez auf. Der frühere Präsident Sarney erklärte Chávez zum Diktator, weil er eine dritte Amtszeit anstrebt und schalt Präsident Lula, weil der Chavez in seinem Disput mit dem spanischen König verteidigt hatte.

Brasilien (topographisch)

Betrüger, Hundsfot und Drecksau

Der in ganz Brasilien berühmte Abgeordnete und Ultrareaktionär Paulo Maluf, früherer Bürgermeister von São Paulo und Governeur des Staates São Paulo, hatte den Bericht der Kommision vorzulegen, die über den Beitritt Venezuelas zu befinden hatte. Er ging soweit, Chávez einen „Durchgedrehten“ und „Cafajeste“ zu nennen. Das ist ein fast unübersetzbares Wort. Es hat Anklänge an „Canaille“, aber auch an „Betrüger“, „Drecksau“, „Hundsfot“, „das Letzte“ oder „Abschaum“.

Dies war allerdings ein besonderes Ereignis für Brasilien, denn ein wesentlicher Teil der Bevölkerung hat den Begriff Cafajeste auf den Lippen, wenn sie den Namen Paulo Maluf hören, der bereits mehrfach wegen Abzweigen öffentlicher Gelder in Milliardenhöhe (!) verurteilt ist, aber aufgrund der – nennen wir sie -Besonderheiten des brasilianischen Justizsystems bis heute frei herumläuft und sich sogar zum Abgeordneten wählen lassen konnte.

So schrieb denn auch ein anderer Kommentator in einer Internet-Zeitung, es sei immerhin bemerkenswert, dass ausgerechnet Sarney und Maluf sich als Spezialisten in Demokratie ausgeben, denn dies waren die beiden führenden Politiker der Partei PDS, die während der Militärdiktatur die einzige zugelassene Partei war und nach deren Ende von den beiden gespalten wurde: Der eine Teil wurde von Sarney geführt und nannte sich „Frente Liberal“ (Liberale Front) (heute hat man schon wieder einen anderen Namen), der andere Teil nannte sich PPL und ging unter Maluf ins Rennen (auch diese Partei wurde bereits zweimal umbenannt).

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Bei den ersten Präsidentenwahlen in Brasilien nach der Militärdiktatur wurde der Präsident noch von den Abgeordneten gewählt, nicht vom Volk. Der Kandidat der Militärs war Paulo Maluf, dagegen ging Tancredo Neves von der erstmals zugelassenen Oppositionsbewegung MDB ins Rennen. In einem Meister-Streich sicherte sich Neves einen wesentlichen Teil der Stimmen der ehemaligen PDS, indem er Sarney als Vize aufstellte. So verlor Maluf die Wahl. Neves starb, bevor er das Amt antreten konnte. So kam Sarney zu einer Präsidentschaft wie die Jungfrau zum Kind.

Venezuela

Was da gegen Chávez in Stellung geht, ist die Auslese der Repräsentanten der brasilianischen Oligarchie. Man mag kein spezieller Freund Chávez sein, aber der kann so schlecht nicht sein, wenn solche Leute Schaum vor den Mund bekommen, wenn sie den Namen Chávez aussprechen.

Welt-Ölreserven

Ob es, angesichts der für ganz Südamerika interessanten Ölfelder Venezuelas, sehr klug ist, dies Land nicht in den Mercosul(r) aufzunehmen sei dahingestellt. Chávez kann sicherlich auch ohne diese Mitgliedschaft leben, denn er sitzt auf den größten Ölvorräten der Welt.


Veröffentlicht am 21. November 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Mittwoch, 21. November 2007

Wie Entwicklunsländer (nicht) funktionieren

Keine Steuern zahlen – der Fall Calheiros

Von Karl Weiss

In einem viel beachteten Artikel des „Journal do Brasil“ hat dieses Blatt am Wochenende enthüllt: Die Steuerschulden von Brasilianern an den Staat machen aktuell etwa 460 Milliarden Reais (etwa 180 Milliarden Euro) aus, wobei es sich um insgesamt 2,7 Millionen solcher Prozesse handelt, die in der Justiz anhängig sind. Der Fortgang fast aller dieser Prozesse ist unterbrochen.

Brasilien (topographisch)

Das heißt im wesentlichen: Die brasilianische Oligarchie bezahlt so gut wie keine Einkommenssteuern. Zufällig stand diese Nachricht direkt neben jener, die über die letzte Schätzung der brasilianischen Bevölkerung berichtet: Sie dürfte im Moment bei etwa 184 Millionen Einwohnern liegen. Die Oligarchie besteht aus etwa 1000 Familien.

Man erklärt dabei nicht einfach, die Super-Reichen bräuchten keine Steuern zu bezahlen, das wäre ja zu auffällig und die Maske der „Demokratie“ würde zu leicht fallen. Nein, das Vorgehen ist raffinierter: Die Steuern fallen an, werden nicht bezahlt, der Staat beginnt, sie über die Justiz einzuklagen und dort bleiben die Prozesse dann hängen, bis die Schulden verjährt sind. Laut dem Artikel sind 42% aller Prozesse der Bundesjustiz solche über geschuldete Steuern und Abgaben.

Das betrifft natürlich nur den Teil, den man vor dem Fiskus nicht verbergen konnte. Der von vornherein hinterzogene Teil der Steuern dürfte noch mehr als diesen Betrag ausmachen.

Nur ein kleiner Teil der Mitglieder der Familien der brasilianischen Oligarchie sind ja in Beschäftigungsverhältnissen, wo man ihnen die Einkommenssteuern direkt am Zahltag abziehen könnte. In der Regel haben die Superreichen lediglich „Andere Einnahmen“. Trotzdem ist nicht immer völlig zu vermeiden, dass der Fiskus an einem der Geschäfte seine Teilhabe verlangt.

Wie funktioniert es nun, dass die Justiz diese Steuerschulden nicht weiterverfolgt? Der Artikel gibt Auskunft:

Laut Aussage des Ministers Gilson Dipp vom höchsten Bundesgericht (selbstverständlich auch er selbst Teil dieser Oligarchie, die obersten Bundesrichter haben in Brasilien Ministerrang), der gleichzeitig Gesamt-Koordinator der Bundesgerichte ist, liegt die Hauptursache für die Unterbrechung des Fortgangs der Prozesse einerseits häufig in der Unmöglichkeit, die betreffende Person ausfindig zu machen, die jene Steuern schuldet und andererseits in der Schwierigkeit, zu pfändende Güter zu finden, die auf den Namen des Schuldners laufen.

Das brasilianische Recht kennt keinen Schuldturm, also nicht die Möglichkeit, einen Schuldner ins Gefängnis zu stecken. Die einzige Möglichkeit, seine Schulden einzutreiben besteht nach brasilianischem Recht darin, materielle Werte zu finden, die man pfänden kann und die dem Schuldner gehören, wenn man einmal einen nicht mehr anfechtbaren Gerichtsbeschluss gegen den Schuldner hat (was bereits Jahre dauert).

Darauf beruht der Haupttrick der brasilianischen Oligarchie: Man hat grundsätzlich nichts, was auf den eigenen Namen läuft. Alle Güter, sei es ein Haus oder Appartment, eine Fazenda (ein Bauernhof mit Land), sei es eine Fabrik, sei es ein Rundfunksender, eine Zeitung, eine Hotelkette, ein Auto-Haus als Vertretung einer der grossen Auto-Marken, eine Fluggesellschaft, ein Auto oder was auch immer, wird auf den Namen von Angestellten, Freunden, Ehefrauen, Bittstellern oder Anderen gekauft oder überschrieben.

Nicht etwa, dass diese „Anderen“ (in Brasilien „Orangen“ genannt) wirklich über jene Werte verfügen könnten. Natürlich nicht. Der Besitzer ist der Herr des Hauses, einer der Patriarchen der Oligarchie-Familie. Er hat in einer gut gehüteten Schublade einen Vertrag, in dem die „Orange“ den Besitz an ihn oder eine andere Person überschreibt und bestätigt, dafür bereits den Preis erhalten zu haben.

Die Nachteile, eine solche „Orange“ zu sein, sind offensichtlich. Entweder man verschweigt seinen „Besitz“ gegenüber dem Fiskus, dann macht man sich der Hinterziehung schuldig oder man muss auch noch Steuern für einen Besitz zahlen, der einem gar nicht zur Verfügung steht.

In der Regel werden daher dafür arme Schweine herangezogen, denen der Patriarch ein Hungerlohn zahlt und sie dafür Hilfsdienste machen lässt. Es gibt auch Leute, die der Oligarchie-Familie in irgendeiner Weise verpflichtet sind, z.B. Geld erhalten haben, das sie nicht zurückzahlen können. Diese eignen sich gut als „Orangen“.

Der Berichterstatter hatte Gelegenheit, mit einer Frau zu sprechen, die eine Zeit lang mit dem Sohn einer dieser Oligarchie-Familien verheiratet war.

Sie berichtete, wie diese Schemata funktionieren. „Mein Ex-Mann gründete eine Firma, die Zeitungs-Abonnements verkaufte. Die Leute zahlten im voraus für den Bezug der Zeitung, sahen aber nie ein Stück Papier davon. Das ganze Geld ging in dunkle Kanäle. Die Firma war aber auf meinem Namen. Plötzlich, nachdem ich mich von ihm getrennt hatte, war ich Besitzerin einer Firma mit einer riesigen Schuld. Ich bekam mein Bankkonto gesperrt, konnte nirgendwo mehr ein Konto aufmachen, hatte keinen Scheck, keine Kreditkarte, nichts.

Nur dem Fakt, dass mein Ex dabei eine kleine Unachtsamkeit begangen hat, ist es zu verdanken, dass ich heute mein Leben wieder bekommen habe.

Von den Besitzungen der Familie hatte er dort, in der Stadt, wo wir uns kennengelernt und geheiratet hatten, eine Anzahl von Grundstücken, von Wohnungen und ein grosses Haus. Eines der Grundstücke war auf meinem Namen. Das war mein Glück, denn ich konnte ihn so nach unserer Scheidung dazu bringen, dass er mir die geschuldeten Unterhaltszahlungen für die Kinder zahlte, bevor ich meine Unterschrift gab, das Grundstück zu verkaufen.

Die Familie hatte insgesamt etwa 5 Hilfsarbeiter angestellt, die Gartenarbeit in den Gärten der Villen machten, die Schwimmbecken der Häuser reinigten, Wächterdienste ausführten, bei Festen Servierdienste übernahmen und auch schon einmal jemanden verprügelten, wenn das der Patriarch so wollte. Auf deren Namen waren fast alle der Besitzungen der Familie eingetragen, so wie auch die Luxus-Schlitten und einiges andere. Ausserdem wechselten die Besitzer der materiellen Güter mit einer gewissen Häufigkeit.

Es gab offenbar auch illegale Aktivitäten der Familie, über die ich aber nichts Näheres erfuhr. Ich habe lediglich einmal ein Telefongespäch zufällig mitgehört, in dem offenbar Anweisungen in einer Art von Codes gegeben wurden. Es war meinem Ex offensichtlich unangenehm, als er merkte, ich hatte etwas davon gehört.

Offen wurde über Konten im Ausland gesprochen, so unter anderem einem auf der englischen Kanalinsel Jersey, wo anscheinend ein Steuerparadies ist. Von Zeit zu Zeit flog jemand ins Ausland, ohne dass irgendein Urlaub angesagt war, also offensichtlich in Geschäften. Einmal habe ich auch einen Koffer mit Hundert-Dollar-Noten gesehen.

Der Vater meines Ex, der Patriarch der Familie, war engst befreundet mit allen wesentlichen Personen der Stadt, mit allen Richtern, mit dem Staatsanwalt, dem Polizei-Chef, dem Abgeodneten usw. Mein Ex hat nicht einmal auch nur ein Strafmandat bezahlt.“

Dies war nur eine der kleinen Oligarchie-Familie, nicht eine der wirklich Mächtigen, wie z.B. die Cardosos des Ex-Präsidenten Fernando Henrique Cardoso, die eine eigene Grossbank besassen, die „Banco Nacional“, oder den Magalhães (auf deutsch Magellan), denen der halbe Staat Bahia gehört, oder den Jeressaitis, die Besitzer eine Kette von Shopping Centers und eines wesentlichen Paketes von Telephongesellschaften sind oder die Sarneys des Ex-präsidenten José Sarney, die im Staat Maranhão herrschen wie eine Königsfamilie.

Nun, sie alle bedienen sich dieser Mittel (wobei der Gebrauch offen krimineller Methoden nicht unbedingt auf alle zutreffen mag). Dies wurde kürzlich wieder besonders deutlich, als der Präsident des brasilianischen Senats, Renan Calheiros, plötzlich im Zentrum eines Korruptionsskandal stand. Calheiros, natürlich auch aus einer der Oligarchie-Familien, wenn auch aus jüngerer Zeit, kommt aus dem Staat Alagoas und ist dort Verbündeter der Oligarchen-Familie de Mello, aus der jener Präsident Brasiliens Collor de Mello hervorging, der 1993 durch ein Impeachmentverfahren abgesetzt wurde.

Calheiros ist Verbündeter des Präsidenten Lula als eine der wesentlichen Figuren der Partei PMDB von Alagoas, die in einer Koalition mit der PT Lulas die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus hat.

Nun kam aber ans Tageslicht, Renan Calheiros hatte ein Verhältnis ausserhalb seiner Ehe mit einer Journalistin, aus der ein Kind hervorgegangen war. Dies gilt jenen Kreisen Brasiliens nicht als ehrenrührig, wie sich das für eine Macho-Gesellschaft gehört. Im Gegenteil, (fast) jeder dieser Pariarchen hat nicht nur die Ehefrau zu Hause, sondern auch eine Anzahl von Geliebten, mit der angegeben wird.

Nachdem der DNA-Test gemacht war und die Vaterschaft feststand, blieb dem späteren Präsidenten des Senats (das ist immerhin die dritthöchste Position im Staat, nach dem Präsidenten und dem Vize-Präsidenten) nichts anderes übrig, als auf die Wünsche der Journalistin nach einem saftigen Unterhalt einzugehen. Es wurden 16 000 Reais monatlich vereinbart, das sind immerhin etwa 6000 Euro pro Monat, für brasilianische Verhältnisse ein fürstlicher Unterhalt.

Das Problem war nun, dies Geld wurde Monat für Monat von einem Freund von Calheiros überbracht – und dieser Freund war ein Angestellter und weithin bekannter Lobbyist von Brasiliens grösstem Bauunternehmen Mendez Junior.

In Brasilien lassen Verbindungen zwischen Politikern und Baunternehmen alle Alarmglocken schrillen, denn jeder weiss, das bei weitem wichtigste Mittel, wie Politiker Gelder aus der Staatskasse abzweigen ist die „Beteiligung“ an öffentlichen Bauaufträgen. Der Politiker sorgt dafür, dass jenes Baunternehmen den Auftrag bekommt und erhält dafür 18% der Bausumme. Abgeordenete in Brasilien heissen daher hier „Mr. 18%“.

Da steht einem ausgewachsenen Präsidenten des Senats anscheinend zu, dass man ihm seine Unterhaltsgelder zahlt – das haben beide natürlich sofort dementiert. Der Lobbyist hat das Geld lediglich überbracht – und das aus alter Freundschaft.

Nun stellte sich aber die Frage, woher hatte Calheiros all dies Geld, denn er war laut seiner Steuererklärung ein bettelarmer Mann und auch als er Präsident des Senats wurde, konnte ihm kaum jeden Monat so viel übrig bleiben.

Das ist natürlich der Nachteil an jenem Trick mit dem Übertragen der Besitzrechte auf Andere: Man darf dann nicht in die Situation kommen, Einkommen nachweisen zu müssen. Genau das aber geschah Calheiros.

In Wirklichkeit, so stellte sich im Verlauf des Skandals heraus, stinkt Calheiros vor Reichtum – wie sich das für brasilianische Oligarchie gehört. Er hat nicht nur eine unbekannte Zahl von Fazendas in Alagoas, er hat auch eine Brauerei, eine Radio- und eine Fernseh-Station und eine Zeitung in Alagoas, neben einer unbekannten Anzahl von Immobilien.

Ach, dachte sich der Politiker, das mach ich ganz einfach, ich lege eine Anzahl von Quittungen von Verkauf von Schlachtrindern vor und belege damit, ich konnte diese Summe sehr wohl aufbringen. Allerdings unterlief ihm da ein Schönheitsfehler: Die Quittungen waren schlecht gefälscht. Die Bundespolizei, die später mit der Untersuchung dieser Quittungen beauftragt wurde, bestätigte, es gebe schwere Indizien für Fälschung.

Der Rest ist kurz erzählt: Die Mehrheit der Koalitions-Senatoren sprach ihn trotz all dieser Offensichtlichkeiten von der Anklage frei, aber er war nicht mehr zu halten, dazu war der Skandal zu bekannt und zu offensichtlich. Man veranlasste ihn zunächst, zeitweise sein Präsidentenamt zur Verfügung zu stellen und nun scheint seine Karriere wirklich einen ziemlichen Knick bekommen zu haben, nachdem weitere Vorwürfe aufgetaucht sind. Wahrscheinlich wird er nun zurücktreten und für eine Zeit von der politischen Bühne verschwinden.

Für unsere Kenntnis über Entwicklungsländer haben wir nun dazugelernt: Die wirklich Herrschenden in diesen Ländern zahlen (praktisch) keine Steuern, aber sie müssen dies lernen besser zu verstecken.


Veröffentlicht am 21. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Dienstag, 20. November 2007

Stasi und BKA Hand in Hand

Es geht gegen linke Dissidenten, wo beide ihre Gegner orten

Von Karl Weiss

Was niemand in Deutschland sich auch nur im Traum hätte vorstellen können, als die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit Stasi, soweit sie noch vorhanden waren, gesichert wurden, ist nun Tatsache.

Die westdeutsche - jetzt: gesamtdeutsche - Kriminalpolizei, in Form des BKA, benutzt Opferakten der Stasi, um Erkenntnisse gegen Linke in der Bundesrepublik zu gewinnen! Ja, lesen Sie es ein zweites Mal, es ist wirklich nicht zu glauben, aber es ist so! BKA und Stasi gegen die gleichen Leute!


Im November vergangenen Jahres fragte das BKA bei der Birthler-Behörde, die jetzt die Stasi-Akten verwaltet, nach Akten, die damals die Stasi über 4 Personen aus der Bürgerbewegung der DDR angelegt hatte, als sie 1988 Proteste gegen den im damaligen Westen Berlins stattfindenden Gipfel des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank unterstützte. Zusammen mit Vertretern von Greenpeace luden damals Umweltaktivisten der DDR in der Ostberliner „Umweltbibliothek“ zu einem Treffen ein, auf dem sie von der Stasi bespitzelt wurden.

Es gab damals in der DDR eine unregelmäßig erscheinende Zeitschrift „Umweltblätter“, deren Redakteure bereits früh ins Visier der Stasi gerieten. Deren Räume waren von DDR-Behörden durchsucht und Redakteure festgenommen worden. Der Nachfolger der damaligen Publikationen ist heute der „telegraph“.

Die gleichen Leute stehen heute unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes und des BKA. Sie sollen angeblich etwas mit einer dubiosen Organisation „Militante Gruppe“ zu tun haben, deren Existenz bis heute nicht bewiesen ist.

Es gab jemand, der Bundeswehrlastwagen angezündet hatte. Es ist völlig ungeklärt, wer das gewesen sein mag. Vielleicht die Gleichen, die ein Loch in die Mauer des Gefängnis von Celle sprengten, um diese Tat später einer linken Gruppe in die Schuhe zu schieben.

Jedenfalls tauchte ein „Bekennerschreiben“ auf, das äusserst anrüchig ist. Aufgrund dieses Bekennerschriebens wurden drei Linke aus der damaligen DDR wegen Ähnlichkeit ihrer Aussagen mit jenem dubiosen „Bekennerschreiben“ wie höchst gefährliche Verbrecher verhaftet und in Isolierhaft in Berlin-Moabit gehalten, weil die Bundesanwaltschaft diesen Zusammenhang als „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ ansieht.

Es wird einmal mehr deutlich: Der Paragraph 129a, der dies regelt, dient zu nichts anderem als darum, linke Gesinnung zu bestrafen unter dem Vorwand von angeblichem Terrorismus. Es gibt nicht einen einzigen Hinweis, der die drei mit dem Gezündel an Lastwagen in Verbindung bringt. Das einzige, was der Bundesanwaltschaft nicht passt, ist deren Gesinnung. Da lassen sich dann immer Vorwände finden.

Stasi 2.0

In diesem Fall fand man Worte, die sowohl im Bekennerschreiben als auch in der journalistischen Arbeit der drei vorkamen. So z.B. „Prekarisierung“. Das ist ein heute von publizistisch Tätigen im Zusammenhang mit der aktuellen Politik der Bundesregierung häufig gebrauchtes Wort, das sich auf das Hinabdrücken in die Armut von Arbeitslosen, gering Beschäftigten, Rentnern und prekär Bezahlten bezieht. Die Deutsche Journalisten Union in der Gewerkschaft ver.di bemerkt dazu, wenn solche Worte auf Terrorismus hindeuten, dann seien die Gewerkschaften unter Generalverdacht.

Da man nun den drei „Terrorismus-Verdächtigen“ absolut nichts vorwerfen konnte, begann man in der DDR-Zeit zu wühlen und siehe da, jene Linken standen schon damals unter Beobachtung, in diesem Fall der Stasi.

Es ist bezeichnend für den Staat DDR, der sich als sozialistisch bezeichnete, dass er Linke bespitzelte und ins Gefängnis warf, während hochgejubelte „Dissidenten“ wie Wolf Biermann, noch weiter rechts als die DDR-Regierung angesiedelt, nicht ein einziges Mal gesiebte Luft atmen mussten, während er im Westen als „entsetzlich Verfolgter“ gefeiert wird und aus der rechten Ecke kritisiert. Wäre die DDR wirklich sozialistisch gewesen, hätte sie zusammen mit den Linken gegen das Gipfeltreffen von IWF und Weltbank protestiert. So ist es denn nicht verwunderlich, der Unrechtstaat DDR und der Unrechtstaat Bundesrepublik geben sich letztlich die Hand und verfolgen gemeinsam linke Publizisten.

Was war es, was man über sie in Stasi-Akten fand?
Über einen der Angeklagten: „Er hat bei der Grenzpassage aus der CSSR nicht angegeben, dass er innerkirchliches Material bei sich hatte.“ – Selbst die Kirche war der DDR zu links. Achtung, Evangelische Studenten-Gemeinde, ihr dürftet im Visier des BKA stehen! Anderes Zitat aus den BKA-Stasi-Unterlagen: „Bei der Demonstration am 7. Oktober 1989 in Berlin wurde er wie viele andere Personen eingeführt.“ Es wird also deutlich: Das BKA steht den Bürgerrechtlern der DDR keineswegs freundlich gegenüber, wenn sie sich nicht in die bürgerliche Parteienlandschaft der Bundesrepublik eingegliedert haben, sondern ihren Überzeugngen treu geblieben sind.

Einmal Dissident – immer Dissident
So lernen wir zum einen, was es mit unserem Staat Bundesrepublik auf sich hat. Das Bundeskriminalamt der Bundesrepublik hat noch nicht ein einziges Mal faschistische Schlägertrupps, die Ausländer ‚aufmischen’ und auch schon einmal ermorden, in Isolierhaft gesteckt. Diese Taten werden vielmehr relativiert und verharmlost. Als in Frankfurt von der durch Polizisten ermöglichten Kundgebung der NPD skandiert wurde: „Gegen Demokraten helfen nur Granaten!“, standen Polizeiobere daneben, taten nichts und befahlen, gegen die Gegendemonstranten vorzugehen. Siehe hierzu diesen Artikel.

Wenn es aber gegen Linke geht, dann hastdunichtgesehen! Da wird hineininterpretiert und „Terrorismus“gesehen, wohin man blickt!

Im gleichen Zuge lernen wir auch über den vergangenen Staat DDR. Er hatte nichts von links, nichts von fortschrittlich (ausser ein paar Resten aus seinen Anfangszeiten). Er war gegen die BRD, weil sie zum anderen Block gehörte, zur Konkurrenz, das war der Punkt.

So ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Berliner PDS, die sich jetzt sinnigerweise „Die Linke“ nennt, die aber bis heute von SEDlern und Stasi-Leuten durchsetzt ist und dominiert wird, eben von ihrem Vorsitzenden Lederer darauf eingeschworen wird, für ein verschärftes Schnüffelgesetz in Berlin zu stimmen. Handy orten von Dissidenten? Sind wir natürlich dafür!

Auch wenn diese Reaktionäre sich nun unter dem Mantel „Linke“ verstecken, sie haben ihre Lektionen gelernt und nicht vergessen: Der Feind steht links!

Als damals die Stasi-Akten entdeckt wurden und beschlossen wurde, sie zur Nutzung aufzubewahren und unter bestimmten Voraussetzungen offenzulegen, hatte niemand protestiert, weil man die damals Verfolgten damit erneut zur Bespitzelung freigeben könnte. Es war so selbstverständlich, dass es nicht einmal ausdrücklich erwähnt wurde, dass Opferakten selbstverständlich nicht gegen die Opfer verwendet werden dürfen, um sie ein zweites Mal zum Opfer zu machen.

Doch Frau Birthler weiss, was ihre staatsbürgerliche Pflicht ist: Linke müssen ausgehorcht und bekämpft werden, damals in der DDR und heute in der BRD. Welche Offenbarung!

So lernen wir schliesslich und endlich noch, wie sich Frau Birthler und Herr Honecker letztendlich die Hände reichen.

Die gemäßigte DDR-Dissidentin, die in der evangelischen Kirche arbeitete und damit selbst unter Überwachung stand, später eine der wichtigen Figuren im „Bündnis 90“, das dann von den „Grünen“ vereinnahmt wurde, ist heute eine folgsame reaktionäre Schergin gegen andere DDR-Dissidenten und lieferte bereitwillig innerhalb von 4 Tagen die Akten aus, die ihr eigentlich zu treuen Händen übergeben worden waren und nicht zur Freigabe zur erneuten Verfolgung. Hiermit ernennen wir Frau Birthler zum größten DDR-Wendehals!


Veröffentlicht am 19. November 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Montag, 19. November 2007

Strom- und Benzinpreise steigen ohne Halt

Jeder weiss es und die Bundesregierung bleibt untätig!

Von Karl Weiss

Die Strom- und Benzinpreise steigen und steigen. Es ist ein altes Lied. Seit Jahren, ja Jahrzehnten weiss man: Die vollständige Abhängigkeit von importierten Erdöl bzw. –Derivaten ist für ein großes Industrieland auf Dauer tödlich. Man lebt und stirbt mit den Preisbewegungen und Verknappungen, auf die man keinen Einfluss hat.

Erdöl

Dazu kommt: Wenn man fast den ganzen Verkehr und fast die ganze Heizung im Winter von Einfuhren von fossilen Rohstoffen abhängig macht, wird man von ausländischen Mächten abhängig und muss tun was sie wollen. Zudem ist das Verbrennen fossiler Rohstoffe der Hauptgrund für die bereits einsetzende Klimakatastrophe. Doch all diese Kenntnisse haben zu keinerlei nennenswerten Aktivitäten der Bundesregierungen geführt!


Da steckt Absicht dahinter!

Erdöl 1

Es gibt entsprechende Alternativen seit Jahren, viele schon seit Jahrzehnten, doch sie werden nicht genutzt. Die Kohl-Regierung mit ihrer Umweltministerin Merkel tat so, als gäbe es keine Problem. Hatte doch Jahrzehnte funktioniert, warum soll es nicht weiter funktionieren? Dann kam die rot-grüne Schröder-Fischer-Regierung: Wiederum keinerlei ernsthafte Maßnahmen, außer Steuererhöhungen fürs Benzin, was zu keinerlei Umschwung-Aktivitäten genutzt wurde. Völlig unverständlich, da doch jeder wusste, wo das hinläuft.

Dann die Große Koalition. Man hat eine Zwei-Drittel-Mehrheit und kann alles durchsetzen. Wiederum keinerlei ernste Aktivitäten, um die völlige Abhängigkeit von Importen von Erdöl und dessen Derivate zu entgehen. Das kann kein Zufall mehr sein.

May it be madness, there is method in it!

Im Gegenteil, die Große Koalition hat es sogar fertig gebracht, eine der winzigen Alibi-Aktivitäten abzuwürgen, die es immerhin schon gab: In einer wahnsinnigen Geisterfahrt auf der Gegenfahrbahn des Notwendigen hat man die Steuerbefreiung für Biodiesel abgeschafft und damit der kleinen schon bestehenden Biodiesel-Industrie den Garaus gemacht.

In der ‚Süddeutschen’ vom 11. November hat ein Kommentator unter dem Titel „Der schwarze Fluch“ erneut gesagt, was man seit Ewigkeiten weiss: „Die Deutschen sind gefügige Energie-Abhängige. (...)Die Methoden [zu einer Veränderung] sind hierzulande inzwischen hundertfach durchdiskutiert. Sie heißen effizienter, sparsamer Umgang mit Licht, Wärme, Beweglichkeit; sie verlangen den Ausbau erneuerbarer Energien. (...) Eine Alternative zum Kurswechsel gibt es nicht. Letztlich ist es wie beim Autofahren: Wer auf eine Wand zu rast, sollte rechtzeitig auf die Bremse treten; sonst bremst ihn die Wand.“

Schmelzendes Eis

Nun, das wusste man genauso bereits 1990 (viele auch schon früher).

Es war auch nicht so, dass die verantwortlichen Politiker das nicht gewusst hätten. Sie haben ja auch immer auf die kleinen Alibi-Projekte hingewiesen. Es wurden eine Anzahl von Windmühlen in die Landschaft gestellt, man gab (viel zu geringe) Zuschüsse für Wärmedämmung von Altbauten, es gibt Überlegungen für ein Gezeitenkraftwerk, in Nordrhein-Westfalen wird ein wenig mit Wärmepunpen herumgespielt, im Osten gibt es ein Projekt für Solar-Panels auf einem stillgelegten Flughafen, das gerade mal Strom für eine Kleinstadt erzeugen kann, das Beispiel des Bio-Energie-Dorfes Jühnde in Niedersachsen wurde gelegentlich erwähnt und in ähnlicher Weise krebsen die Alternativ-Energie-Projekte im Promille- und niedrigen Prozent-Bereich vor sich hin.

Energieverbrauch Deutscland

In dieser offiziellen Vorschau des Bundes-Wirtschaftsministeriums für das Jahr 2030 ist für alternative Energien gerade mal ein Anteil von 11,5% vorgesehen!

Wenn sie es also wussten und wissen – warum haben sie nichts getan und tun nichts?

Schröder

Der Lösung dieses Rätsels kommen wir eventuell näher, wenn wir uns ansehen, wohin denn die Politiker gehen, wenn sie ihre Karriere beenden. Schröder ging zur russischen Gazprom, dem Gaslieferanten für Deuschland, der uns dem jeweiligen russischen Machthaber zu jeglicher Erpressung ausliefert, der grüne Politiker Rezzo Schlauch ging zur Baden-Württembergischen Energieversorgung, der frühere Bundeswirtschaftsminister der rot-grünen Koalition Werner Müller liess dem eon-Konzern eine Ministererlaubnis zur Übernahme der Ruhrgas zukommen und ist jetzt Ruhrkohle(RAG)-Vorsitzender (an der eon beteiligt ist) – und so geht es weiter.

Rezzo Schlauch

Die Politiker liegen mit den Energiekonzernen im Bett, das ist des Rätsels Lösung.

Nicht nur mit den Energiekonzernen natürlich, auch mit anderen, wie denen der Automobilindustrie und den Ölkonzernen und der Chemie und einigen anderen, die sich dumm und dappig verdienen an den jetzigen Ölpreisen.

Werner Müller

Die Politiker pfeifen auf ihren Eid, Unheil vom deutschen Volk zu wenden, sie wollen Unheil von ihren Sponsoren wenden, bei denen sie nach der Karriere unterkommen, wenn sie bis dahin nicht sowieso schon unendlich reich sind.

Denn für die Energiekonzerne ist die Alternativ-Energie jedweder Provenienz eine Bedrohung der leichten Profite, ebenso für die Ölkonzerne und mit ihnen jene der Chemie – und die Automobilkonzerne haben sich mit diesen gemein gemacht, obwohl sie die Kapazitäten gehabt hätten, Autos mit alternativer Energie zu entwickeln.

Aber dazu hätte man ja all die erfahrenen Ingenierure und Arbeiter gebraucht – aber die hat man ja gerade in Frührente, Altersteilzeit und 58er-Regelungen geschickt und jetzt muss man sich mit unerfahrenen Jungs von der Universität rumärgern.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Projekt für die Versorgung ganz Europas mit Strom auf der Basis von Photo-Voltaik (Solarzellen), basiert auf einer Fläche von 100 x 100 km von Sonnen-Panels in der Sahara und entsprechenden Gleichstrom-Hochspannungsleitungen in die europäischen Verbrauchszentren ist längst entwickelt und wartet nur auf den Startschuss.

Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund
Projekt Synthesis für einen internationalen Verbund von Hochspannungsleitungen, um weltweit ständig Strom zur Verfügung stellen zu können.

Ein solches Projekt, das Europa mit einem Schlag praktisch unabhängig von importierten Energieträgern macht, könnte von den Ländern Europas zusammen mit Leichtigkeit finanziert werden. Statt dessen hat man einen sündhaft teuren Afghanistan-Militäreinsatz finanziert und einen noch teureren Ausbau des Leipziger Fluhafens zu einem Militär-Drehkreuz für Waffen- und Truppentransporte und die dazugehörigen Antonow-Transporter mit Milliarden-Beträgen, stattdessen finanziert man weiterhin die völlig unsinnigen, unnötigen, kontraproduktiven und absurden EU-Agrarsubventionen von Milliarden und Milliarden von Euros, die nie zu etwas anderem gedient haben als ein paar Reiche noch reicher zu machen.

Dies Geld – und das bezieht sich nur auf Deutschland, während sich ja alle europäischen Ländern an der Finanzierung beteiligen könnten – dies Geld könnte dann sogar ausreichen, statt der 100 x 100 km eine Fläche von 150 x 150 km mit Panels vollzustellen und damit einen absoluten Energieüberschuss in Europa zu schaffen, der den alten Kontinent zu einem Energieparadies machen würde.

Auch hätte man längst die Produktion von Agrargütern in Europa von einer Vergrösserung des weltweit 100%-igen Überschusses an Agrarprodukten zu einer Produktion von Energiepflanzen und Energiekühen und -schweinen umgestalten können und damit einen Teil des Problems erledigen, während gleichzeitig die Milliarden der Agrarzuschüsse frei und die deutschen Bauern von subventionierten Mitleidsobjekten am Brüsseler Tropf zu Energie-Bauern geworden wären.

Auch die unsinnige Bürokratie in Brüssel, die sich zu 90% mit Quark und der Verwaltung des Agrar-Desasters beschäftigt, hätte man auf 10% reduzieren können, was zusätzliche Milliarden freigemacht hätte.

Es fehlen weder Konzepte noch Vorschläge noch bereits fertige Projekte, es fehlt nur der gute Wille dieser Absahn-Kaste von Politikern.
Wir werden nicht umhin kommen, sie zum Teufel zu jagen, die Revolution zu machen und uns neue Politiker zu wählen, die wir in einem Räte-System kontrollieren und täglich abwählen können, wenn nötig.

Solche Politiker können die bestehenden Probleme in kurzer Zeit lösen und das Leben wieder lebenswert machen. Wir müssen es nur wollen!

Der Nächste Schritt muss der Aufbau einer kämpferischen Opposition sein. Die Montagsdemos dürften der beste Ansaztpunkt sein. Wer mitmachen will, kann sich hier informieren.


Veröfffentlicht am 19. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Mittwoch, 14. November 2007

Urheberrecht - 10 000 Dollar für ein Musikstück

Höchststrafe für Musikdownload

Von Karl Weiss

Im Zuge der generellen neoliberalen „Reformen“ sind in praktisch allen größeren Industriestaaten inzwischen ohne viel Aufsehens extrem restriktive Gesetze erlassen worden, die Verstöße gegen Urheberrechte in absurder Weise unter Strafen stellen, auch wenn es nur um persönlichen Gebrauch geht. In einem ersten großen Fall in den Vereinigten Staaten wurde Ms. Thomas aus Duluth im Staat Minnesota für den download von 24 Songs mit 220 000 Dollar Strafe belegt, also fast 10 000 Dollar pro Musikstück.

Die Begründungen für all dies lauten wie folgt:
Die Komponisten und Sänger und Musiker von Musikstücken wie auch jene, welche Texte und Filme produzieren, wie Journalisten, Schriftsteller, Regisseure, Schauspieler und Dichter wie auch die Fotografen von Bildern haben das Recht, für die Nutzung ihrer Werke ein Entgelt zu verlangen. Soweit ist dies natürlich wirklich berechtigt.

Etwas völlig anderes aber ist, was die Musik-, Film- und Videoindustrie über Verkäufe von CDs und DVDs erwartet. Man rechnet einfach hoch, was vermutlich an Piratenkopien hergestellt wurde, nimmt mit dem (horrenden) Verkaufspreis mal und schon hat man einen „volkswirtschaftlichen“ Schaden durch Piraterie in Milliardenhöhe ausgemacht.

Die schlichte Tatsache, dass sie zu den Preisen, zu denen sie verkaufen, eben nur geringe Mengen absetzen können, wird unter den Tisch gekehrt. Diejenige, die billige Piratenware kaufen oder im Internet herunterladen, würden nie die von der Musik- und Filmindustrie geforderten Preise für CDs oder DVDs zahlen. Die Rechnung ist also ohne den Wirt gemacht.

Sieht man etwas näher hin, fällt auch auf: Vom Verkaufspreis einer CD von – sagen wir – 20 Euro oder einer Film-DVD von - sagen wir – 35 Euro, bekommen die Künstler nur ein oder zwei Cent. Im Fall eines Filmstars kann das auch einmal auf 5 Cent kommen. Rechnet man noch die Herstellkosten der CD/DVD, die sich nach Aussagen der Hersteller um die 2 bis 3 Euros bewegen, kommen wir zu dem Schluss, der Löwenanteil des Preises der sauteueren Original-Titel gehen an die Herstellfirma, an die verschiedenen Vertriebszentralen und schliesslich an den Einzelhandel.

Nur – diese Herrschaften, die da gut daran verdienen, sind keine Künstler (außer in der Kunst, Geld zu scheffeln) – sie haben nicht das geringste Recht, für Autorenrechte Geld zu bekommen. Die SONY zum Beispiel, einer der Großen der Branche, hat eine Menge von Aktionären, die Jahr für Jahr satte Dividenden einstecken von den Erlösen dieser Werke – nur: Sie haben keinerlei künstlerische Leistung erbracht, um Autorenrechte einstecken zu können.

Kurz: Die ganze Argumentation mit „Piraterie“, mit den armen geplagten Künstlern, die nicht bekämen, was ihnen zusteht, ist nichts als bullshit, um mit unseren US-Freunden zu sprechen. Es geht nur darum, reiche Investoren noch reicher zu machen und hat nichts mit Autorenrechten zu tun.

Dafür staatliche Verfolgung und Strafrecht einzusetzen ist nicht nur unberechtigt, es ist kriminell! Staatliche Ressourcen, Polizei, Staatsanwaltschaften CSIs usw. ausschließlich zum Zweck höherer Dividenden für ganz bestimmte Investoren einzusetzen, ist nicht einfach nur eine Vergeudung, es ist mit jeder Vorstellung genereller Menschenrechte absolut unvereinbar.

Zudem müssen sich die Protagomisten dieser Gesetze fragen lassen, wo denn da ihre sonst so laut tönenden Überzeugungen geblieben sind, wenn es um staatliche Eingriffe geht: „Weniger Staat! Der Staat ist nicht dazu da, wirtschaftliche Aktivitäten zu betreiben!“ Interessant: es handelt sich um genau die gleichen Neoliberalen, die einmal so, einmal so argumentieren.

Vor diesen „Gesetzen zum Schutz des Urheberrechts“ war die Sache eigentlich korrekt und abschliessend geregelt. Es gab für den privaten Gebrauch kleine Abgaben für alle Wiedergabe-Geräte und niemand hätte einen Aufruhr veranstaltet, wenn auch auf die Computer eine solche kleine Urheberrechts-Abgabe erhoben worden wäre. Die Abgaben gingen an die GEMA und damit direkt an die Künstler, nicht an die Plattenfirmen.

Was die kommerzielle Nutzung von Musik-Stücken, Filmen usw. betrifft, ist dies sowieso völlig ausreichend geregelt und funktioniert. Jeder, der etwas kommerziell nutzt, muss Abgaben zahlen und tut dies auch.

Bei den neuen Gesetzen geht es ausschließlich um die rein persönliche, private Nutzung. Offenbar haben die Verabschieder neuer Gesetze, wie die deutsche große Koalition, hier auch etwas ganz anderes im Sinn als den Schutz von Rechten von Künstlern.

Wenn man nur möglichst viele Strafgesetze schafft, an die sich niemand hält, die von fast allen übertreten werden, hat man immer, wenn man will, etwas gegen fast jeden in der Hand. Wenn man ihn nicht wegen seiner Dissidententätigkeit rankriegt, dann eben über Musikstücke, die er aus dem Internet herunter geladen hat. Wozu hat man schliesslich den Bundestrojaner. Es wurde bereits ausdrücklich erwähnt, er solle auch gegen Piraterie eingesetzt werden.

So kann man schnell eine missliebige Person, z.B. einen Journalisten, der „gegen den Strich bürstet“, mit Hunderttausenden von Euros Strafe überziehen und kann noch ganz heilig verkünden, das habe natürlich nichts mit seiner Tätigkeit als Journalist zu tun.

In noch weit intensiverem Masse gilt dies für den Markenschutz, der in einigen Ländern gleich in den Urheberrechtsschutz mit einbezogen wurde. Da wird argumentiert, die Markenpiraterie verursache ebenfalls Milliardenschäden. So kann es einem passieren, wenn man ganz unbedarft ein Parfüm im Internet bestellt, auf dem „Christian Dior“ steht, dass man wenige Tage später ermittelnde Polizisten vor seiner Haustür stehen hat.

Es wird argumentiert, die Besitzer von bekannten Marken hätten hoch in Werbung für ihre Marken investiert und hätten daher auch ein Anrecht, die Gewinne aus diesen Marken zu geniessen. In Wirklichkeit sind bekannte Marken nichts anderes als die Möglichkeit, für ganz normale Produkte, die jeder genauso gut herstellen kann, höhere Preise zu erzielen. Nun mag man dies den Markenfirmen zugestehen, aber die vorher geltenden Rechte reichten völlig zu ihrem Schutz aus.

Der Schutz von Marken muss ausschließlich auf zivilrechtlichem Weg verfolgt werden und es ist absurd, ihn in die Strafgesetzgebung zu übernehmen. Jede Firma mit einer bekannten Marke ist gross genug, um Markenverletzungen selbst herausfinden und wegen Schadenersatz vor Gericht bringen zu können. Diese Arbeit den sowieso bereits völlig überforderten Polizisten und Staatsanwaltschaften aufzubürden ist durch nichts gerechtfertigt, denn es geht auch hier wiederum um Extra-Profite für bestimmte Firmen, die so staatlich abgesichert werden sollen, was niemals die Aufgabe von Staatsorganen sein dürfte.

Veröffentlicht am 13.November 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Dienstag, 13. November 2007

Wahrheit gibt es erst nach 40 Jahren

Der Zynismus der US-Führer gegen die eigenen Soldaten

Lügen auf Teufel komm raus

Von Karl Weiss

Was Viele schon vermutet hatten, aber bisher noch keine wirklichen Beweise fand, ist nun Gewissheit: Der israelische Angriff auf das US-Abhörschiff „Liberty“ während des Sechs-Tage-Krieges war keine Irrtum und keine Verwechslung, sondern der bewusste kriegsverbrecherische Gewaltschlag gegen ein fast unbewaffnetes Schiff eines Verbündeten aus niedrigen Beweggründen. Ein Skandal nicht nur, dass Israel dies Verbrechen beging, sondern auch, dass die US-Regierung trotz des Wissens um die Wahrheit so tat, als glaubte man die Ausreden von der „Verwechslung“.

Kürzlich von der NSA (Militärgeheimdienst) veröffentlichte Dokumente, die vorher als geheim klassifiziert waren, lassen keinen Zweifel: Die israelische Führung liess den Angriff auf das Schiff der Verbündeten mit vollem Bewusstsein durchführen, die US-Regierung wusste dies und beide hielten diese Fakten bis jetzt geheim, mehr als 40 Jahre später. Bis dahin wurde gelogen und verschwiegen auf Teufel komm raus.

Der Angriff diente dazu, das Schiff zu versenken und die gesamte Besatzung zu töten. Dass es dazu nicht kam, war der Tatsache zu verdanken, dass die Liberty trotzt starker Funkstörungssignale einen Notruf absetzen konnte, der von Schiffen der im Mittelmeer stationierten sechsten Flotte aufgefangen wurde.

Bei dem Angriff wurden an Bord der Liberty von den 291 Soldaten und drei Zivilisten 34 Menschen getötet und 174 weitere teilweise schwer verletzt. Das Schiff selbst mit einem geschätzten Wert von 40 Millionen US-Dollar wurde bei dem Angriff so schwer beschädigt, daß es zum Schrottpreis verkauft wurde.

Nach dem Angriff hatte Israel offiziell behauptet, das Schiff sei mit einem ägyptischen verwechselt worden. Nur war dieses ägyptische Schiff nur etwa halb so gross wie die Liberty. Ebenso behauptete man, das Schiff habe sich den Angriff selbst zuzuschreiben, weil es keine US-Fahne gehisst hätte.

Der Angriff fand in internationalen Gewässern im Roten Meer vor der Halbinsel Sinai am 8. Juni 1967 statt. Der Angriff begann um etwa 14 Uhr und wurde zunächst von einer Flugzeugstaffel durchgeführt. Mit Raketen und Bordgeschützen sowie mit Napalm-Bomben (Kriegsverbrechen) wurden Welle auf Welle Angriffe auf das Schiff vorgetragen.

Aus den jetzt veröffentlichten Dokumenten geht hervor, der Funkverkehr zwischen der israelischen Befehlsstelle und den Flugzeugen war abgehört worden und die entsprechenden Mitschnitte standen den US-Stellen zur Verfügung. Ein Zeuge erinnert sich: "Die Bodenstation erklärte, daß das Ziel amerikanisch war und daß die Flugzeuge dies bestätigen sollten.Die Flugzeuge bestätigten die Identität des Ziels als amerikanisch anhand der amerikanischen Fahne. Die Bodenstation befahl den Flugzeugen, das Ziel anzugreifen und zu versenken und sicherzustellen, daß es keine Überlebenden gibt (Kriegsverbrechen)."

Der Zeuge erinnerte sich noch deutlich an "die offensichtliche Frustration des Controllers angesichts des Unvermögens der Piloten, das Ziel schnell und vollständig zu versenken. Er betonte immer wieder, daß es Ziel der Mission war, das Ziel zu versenken und war frustriert über die Antworten der Piloten, daß es nicht sank." Der Zeuge gab an, alle wichtigen US-Stellen hätten diese Mitschrift gesehen.

Nach der ersten Angriffswelle kam eine andere Staffel von israelischen Flugzeugen und führte die Angriffe fort. Wie durch ein Wunder sank das Schiff immer noch nicht. Der Kapitän gab Anweisung, in die Rettungsboote zu gehen.

Kurz danach erschienen israelische Torpedoboote und begannen Torpedos gegen das Schiff abzufeuern. Einer der Torpedos traf. Die Boote schossen dann mit Maschinengewehren auf die Rettungsboote (Kriegsverbrechen). Der Kapitän zog daraufhin den Räumungsbefehl zurück.

„No one ist left behind“

Zu diesem Zeitpunkt kam einer der Notrufe der Liberty zur sechsten Flotte durch. Von den Flugzeugträgern starteten Militärjets, um dem Schiff zu Hilfe zu kommen. Die israelischen Flugzeuge sollten abgeschossen werden. In diesem Moment griff die US-Regierung ein und gab den Befehl, umzukehren. Die Israelis brachen die Angriffe ab.

Ein Zeuge berichtet, der Verteigungsminister McNamara habe den Abbruch der Aktion befohlen und gesagt: "Präsident Johnson wird nicht einen Krieg anfangen oder einen amerikanischen Alliierten in Verlegenheit bringen wegen ein paar Seeleuten."

„Wegen ein paar Seeleuten.“ Das ist das wirkliche Verhältnis der US-Administrationen damals wie heute gegenüber ihren eigenen Soldaten. Das ist doch auffallend, wenn in den US-Filmen dagegen immer behauptet wird, das wichtigste Motto des US-Militärs sei : „No one ist left behind“. „Niemand wird zurückgelassen“

Jetzt wird auch deutlich, warum die US-Regierung bis heute nicht den Einsatz der Munition mit abgereichertem Uran gestoppt hat, obwohl von den dieser Munition im ersten Golfkrieg 1991 ausgesetzten US-Soldaten bereits 11 000 gestorben sind und mehrere Hunderttausend arbeitsunfähig erkrankt sind. Siehe hierzu auch diesen Artikel.

Das Schicksal ihrer eigenen Soldaten ist der US-Regierung – damals wie heute – schlicht und einfach egal.

Der andere wichtige Aspekt für heute angesichts dieser riesigen Cover-up-Aktion zu einem Kriegsverbrechen der israelischen Truppen ist die grosse Anzahl von Zeugen, die alle wussten, es hatte nie einen Irrtum gegeben und die US-Stellen wussten dies. Nachdem die US-Regierung damals öffentlich den Liberty-Zwischenfall als „tragischen Irrtum“ akzeptiert hatte, zogen alle Medien in den USA am gleichen Strick.

Offenbar auch unter heftigem Druck der mächtigen US-Israel-Lobby veröffentlichte über Jahrzehnte kein einziges der Massenmedien Aussagen der Zeugen, die den tatsächlichen Verlauf hätten klären können. Erst jetzt, fast 40 Jahre später, hat als einzige die „Chicago Tribune“ einen Artikel über die neu aufgetauchten Dokumente gebracht und zitiert auch Zeugenaussagen. Der Rest der Massenmedien „hält weiterhin die Klappe“, wie damals die von der US-Regierung ausgegebene Losung lautete.

Damit sind die immer wieder wiederholten Behauptungen widerlegt, eine Tatsache in den USA, die vielen Leuten bekannt sei, könne nicht geheimgehalten werden. Umweigerlich würden Zeugen auftreten, die jene Geheimhaltung durchbrechen würden.

Das mag gegolten haben, solange noch einige wichtige Massenmedien Journalisten mit viel Mut aufwiesen, die sich auch von Druck von oben nicht abhalten lassen, die Wahrheit ans Licht zu bringen, solange Chefredaktionen solche Journalisten unterstützten oder jedenfalls gewähren liessen. Das alles ist aber, in unterschiedlichem Masse bei unterschiedlichen Themen, schon lange nicht mehr der Fall.

Offenbar gilt das Schweigegebot bei besonders heiklen Themen, wie jene, die Israel einschliessen, bereits seit mindestens 1967. Die Stärke der zionistischen Lobby in den USA ist Legende.

So ist es denn auch kein Wunder: Die Beteiligung US-amerikanischer Stellen an den Anschlägen des 11. September sind ein anderes der Themen mit Schweigegebot und bisher haben sich nur wenige Zeugen gefunden, die darüber gesprochen haben - und dann auch promt desavouiert wurden.

Die Thesen von verschiedenen Kritikern der US-Kriege gegen arme Länder, wie z.B. Naom Chomsky und Michael Moore, es sei nicht möglich, dass es eine solche Beteiligung gegeben hätte, denn das hätten zu viele Leute gewusst und die hätten nicht alle den Mund gehalten, sind damit also widerlegt.

Es gibt sehr wohl ein generelles Medien-Schweigen, das es unmöglich macht, solche Themen mit Zeugen und Fakten in breitem Masse bekannt zu machen. Zusammen mit den infamen Verschwörungstheoretiker-Vorwürfen wird so ein Klima von Schweigen und frechen Gegen-Anklagen geschaffen gegen jeden, der das Schweigen brechen könnte, das die Wahrheit zu einer Sache macht, die erst nach 40 Jahren oder noch später aufscheint.

Bleibt nur noch eine Frage: Warum hat Israel damals das Schiff angegriffen, das doch einem Verbündeten gehörte und den Funkverkehr des Gegners abhörte, also hilfreich war? Das ist nicht geklärt. Die bei weitem wahrscheinlichste Theorie darüber ist:

In den ersten vier Tagen des israelischen Überraschungsangriffs gegen die umliegenden arabischen Länder im 6-Tage-Krieg (der Angriff auf die Liberty fand am 5. Tag statt) hatte die israelische Armee so viele Massaker und Exekutionen begangen, prinzipiell de Exekution von Soldaten, die sich schon ergeben hatten, dass man sicher war, die Liberty hatte davon viel aufgezeichnet. Man wollte verhindern, dass diese Aufzeichnungen an die Öffentlichkeit kommen.

Später waren auf der Sinai-Halbinsel viele Massengräber, hauptsächlich von ägyptischen Soldaten, gefunden worden, in denen viele der Leichen den Schuss in den Nacken aufwiesen, das typische Anzeichen von Exekutionen.

Die Veröffentlichung zu diesem Thema in „freace.de“, „Nur ein paar Seeleute“, hält dies für unwahrscheinlich, denn man brauchte ja nicht zu befürchten, die US-Stellen hätten dies veröffentlicht, da man ja auch darauf vertraute (und zu Recht), die US-Regierung würde nicht einmal einen bewussten Angriff auf ihr eigenes Schiff an die Öffentlichkeit bringen.

Diese Theorie vergisst aber: Das erklärte Ziel, das mit viel Ausdauer verfolgt wurde, war das Versenken des Schiffes ohne einen einzigen Überlebenden. Dann wäre es leicht gewesen, diesen Angriff den Ägyptern in die Schuhe zu schieben. Es wäre niemand übrig gewesen, der etwas Anderes hätte berichten können.


Veröffentlicht am 12. November 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Montag, 12. November 2007

Heftiger Wortwechsel zwischen König Juan Carlos und Chávez

Abschluss des 17. Ibero-Amerikanischen Gipfeltreffens

"Por que não se cala?"

Von Karl Weiss

Auf dem 17. Ibero-Amerikanischen Gipfeltreffen in Santiago de Chile, das an diesem Wochenende zu Ende ging, kam es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen dem spanischen König Juan Carlos und dem Venezuelanischen Präsidenten Chávez. Dieser hatte den früheren spanischen Premier einen „Faschisten“ genannt und der König wies ihn mit ausgestrecktem Finger zurecht: „Por que não se cala?“ „Warum halten Sie nicht den Mund?“

Früher waren die Ibero-amerikanischen Gipfeltreffen eher langweilige Ereignisse ohne viel Bedeutung. Diese Treffen hatte Spanien als eine Gegenorganisation zur US-geführten Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) ins Leben gerufen und es stellte so etwas wie das Gegenstück zum britischen Commonwealth dar, denn es umfasste die früheren spanischen Kolonien in Amerika und Brasilien. Um es nicht zu sehr als eine Auffrischung des Kolonialismus erscheinen zu lassen, hat man auch Portugal und Andorra dazu gerufen, so dass es nun zu einen Treffen der Länder der iberischen Halbinsel mit denen Lateinamerikas wurde.

Der einzige erwähnenswerte Punkt war früher meistens die Teilnahme von Fidel Castro. Diesmal konnte der aber aus Krankheitsgründen nicht kommen.

Nun, da in Lateinamerika eine politische und revolutionäre Gärung begonnen hat, die sich bisher in der Wahl von gemäßigt linken Präsidenten ausdrückt, sind alle Zusammenkünfte der lateinamerikanischen Führer mit Spannung geladen.

Die Abschlusserklärung des Gipfels fordert denn auch die USA zum x-ten Male auf, die Sanktionen gegen Cuba fallen zu lassen. In den Reden, die gehalten wurden, traten auch deutlich die Ablehnungen gegenüber der imperialistischen Politik der Vereinigten Staaten zu Tage. Speziell Hugo Chávez benannte sie mit diesen Worten.

Er erinnerte in seiner Rede auch daran, dass früher die Ibero-amerikanischen Gipfeltreffen zu Propagandaveranstaltungen des Neoliberalismus wurden. Speziell griff er den damaligen spanischen Premier Aznar an, der dafür verantwortlich gewesen sei und nannte ihn einen Faschisten.

Er wurde daraufhin unterbrochen und der jetzige spanische Premier Zapatero forderte ihn auf, gewählte Führer der anwesenden Länder mit Respekt zu behandeln. Chávez wiederholte, Aznar sei ein Faschist und erwähnte, in einem persönlichen Gespräch bei einem Gipfel vor zehn Jahren habe Aznar bezüglich der armen Länder zu ihm gesagt: „...eles se fodem“ („...sie sollen sich selbst ficken“).

Daraufhin unterbrach ihn der spanische König und forderte ihn erregt und mit dem Zeigefinger auf ihn zeigend auf, den Mund zu halten.

Chávez hat nicht so ganz unrecht. Die Partei Aznars setzt sich im wesentlichen aus früheren Anhängern des faschistischen Putschisten Franco zusammen, der mit heftiger Unterstüzung Hitler-Deutschlands an die Macht gebracht wurde. Zwar haben jene Ex-Faschisten nun Kreide gefressen und sich einen Schafspelz von „Demokraten“ umgelegt, aber ob sie sich wirklich geändert haben, darf bezweifelt werden. Juan Carlos I. dagegen muss natürlich so tun, als sei er fest überzeugt, Aznars Partei sei von lauter lupenreinen Demokraten bevölkert.

Danach verteidigten der nicaraguanische Präsident Ortega und der kubanische Premier Lages den Venezuelanischen Präsidenten. Ortega kritisierte in diesem Zusammenhang die spanischen Botschafter und die spanische multinationale Firma Unión Fenosa. An dieser Stelle erhob sich der spanische König und verliess den Raum.

Die Gastgeberin, die chilenische Präsidentin Bartelet, ging hinter ihm her und konnte ihn überzeugen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Juan Carlos, Bachelet und Chávez
Der König, Frau Bachelet und Chávez im Gespräch in einer Verhandlungspause, als sich die Gemüter wieder beruhigt hatten

Ortega erinnerte auch daran, dass die USA in der ersten sandinistischen Regierungsperiode sein kleines Land mit Krieg überzogen hatten. Chávez erinnerte später noch an den Putsch gegen den damaligen chilenischen Präsidenten Allende.

Ortega nannte die OAS offen ein Instrument der „Yankees“.

Der Präsident von Equador, Correa, sagte, jetzt sei eine neue Epoche angebrochen, „die Stunde der Völker“. Es müsse nun ein souveränes Vaterland geschaffen werden, das sich nicht vor den Mächtigen erniedrige und sich zusammen mit den Brüdervölkern des ibero-amerikanischen Raums würdig des Erbes der „Befreier“erweise.

Die Befreier, die „Libertadores“, das sind Simon Bolivar und andere lateinamerikanische Führer vom Beginn des 19. Jahrhunderts, die sich gegen die spanische Herrschaft auflehnten und fast ganz Südamerika vom Joch der spanischen Kolonialherrschaft befreiten.

Cháves sagte in seiner Rede auch, weder die USA noch Europa hätten die moralische Autorität, dem Iran die Entwicklung von Atomwaffen zu verbieten, dazu müssten sie erst einmal ein Beispiel geben.

Wer in diesen Chor einstimmte, war dann der bolivianische Präsident Evo Morales. Er sagte, „zuerst sei da nur Fidel [Castro] gewesen, aber nun sind es zwar noch nicht viele, doch schon einige“. Morales lud die anderen Präsidenten ein, „das neoliberale Modell zu verlassen“ und sagte, diese Veranstaltung sei schon keine des „Imperiums“ mehr, in Anspielung an die für Jahrzehnte ausschliesslich von den USA bestimmten Treffen der OAS.

Ein anderes Ergebnis des Gipfels ist: Die Länder haben einstimmig ein anderes Kriterium für die wirtschaftliche Entwicklung gefordert von Weltbank, Internationalem Währungsfond IWF und Welthandels-Organisation WTO als das sogenannte Pro-Kopf-Einkommen, also das Brutto-Inlands-Einkommen dividiert durch die Zahl der Bewohner. Da das bisherige Kriterium nicht die Verteilung unter der Bevölkerung berücksichtigt, ist die Zielsetzung der „Entwicklung“ mit diesem Kriterium völlig absurd.

Zudem wird von einer Anzahl südamerikanischer Länder im Dezember die Bank des Südens gegründet, die Entwicklungsprojekte fördern soll, die nicht von neoliberalen Reformen abhängig gemacht werden sollen, wie das bisher Weltbank und IWF tun. Die Hauptprotagonisten dieser Bank sind Chávez und der argentinische Präsident Kirchner, dessen Frau nun zu seiner Nachfolgerin geworden ist.

In einer ersten Bilanz des Treffens haben brasilianische Beobachter die Schlussfolgerung gezogen, dass die „linken“ Präsidenten das Gipfeltreffen dominiert haben und die „gemässigten“ Präsidenten eher hinhaltenden Widerstand leisten.


Veröffentlicht am 12. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Sonntag, 11. November 2007

Brasilien wird Erdöl-Land

Grosses Gas- und Ölvorkommen gefunden

Von Karl Weiss

Wie der halbstaatliche brasilianische Ölkonzern Petrobras am 8.November 2007 bekanntgab, hat man nun im Gebiet der Bucht von Santos vor dem Staat São Paulo im Meer ein Erdgas- und Erdöl-Vorkommen gefunden, das nach ersten Einschätzungen um die 8 ‚billions of barrel’ enthält. Zusammen mit allen anderen bereits bekannten und bereits erschlossenen Vorkommen würde damit Brasilien zu einem Öl-Land in etwa der Bedeutung Nigerias werden.

Der Präsident der Petrobras erklärte, zusammen mit anderen kleineren Bestätigungen von Funden könnte Brasilien bald die Nummer 8 in Erdölreserven der Welt sein.

Erdöl

‚Billions of barrel’ entsprechen nach deutscher Zählung Milliarden Barrel zu je 155 Liter, das sind also um die 1,2 Billionen Liter oder um die 1,2 Milliarden Kubikmeter). Diese Menge entspricht etwa 50% aller vorher bekannten Ölreserven des Landes. Die Aktien der Petrobras machten nach dieser Bekanntgabe einen Kurssprung von etwa 10% in New York und von über 15 % in Brasilien.

Die Petrobras hat bereits ein kleineres Feld in der Santos-Bucht erschlossen und fördert dort. Der Fund ist nicht nur deshalb von Bedeutung, weil Brasilien sich damit unter die Länder mit relativ großen Erdöl- und -gas-Vorräten einreiht, sondern auch, weil es sich um eine Erdölqualität handelt, die nicht so schwer ist wie das sonst im Meer vor der brasilianischen Küste gefundene Öl.

Schweröle, wie bisher in brasilianischen Gewässern gefunden, sind äußerst schwer zu raffinieren und brauchen riesige Raffinerie-Investitionen, um zu Benzin, Diesel und Kerosin verarbeitet werden zu können. Auch die wichtigen Chemie-Rohstoffe Ethylen, Propylen und Butylen sind nur schwer daraus herzustellen.

Das neu gefundene Öl hat nach den Angaben des Konzerns 28 Grad API, das ist immer noch schwer, aber deutlich besser als die bisher erschlossenen Felder. Der größte Teil dieses Öls könnte in Raffinerien der Petrobras in Brasilien zu den benötigten Erdölprodukten verarbeitet werden, während die Petrobras bisher große Teile des gefundenen Öls in Länder mit entsprechenden Raffinerien exportieren musste, um dann vom Erlös Erdölprodukte zu importieren.

Brasilien ist seit 2006 autark in Erdöl, aber aus dem genannten Grund eben nicht in Erdölprodukten.

Erdöl 1

Die brasilianische Petrobras hat als erste in Meerestiefen über 500 Metern Erdöl gebohrt und gefördert und ist heute der Ölkonzern mit der größten Erfahrung mit Erdölgewinnung in großen Wassertiefen. Heute kann auch in Tiefen zwischen 1000 und 2000 Metern Erdöl gebohrt und gefördert werden. Einige Werften in Niteroi im Bundesstaat Rio de Janeiro sind inzwischen auf spezielle Bohrschiffe und Förderschiffe für solch große Wassertiefen spezialisiert.

So hat die Weigerung Brasiliens, sich entsprechend der neoliberalen Bibel des Internationalen Währungs Fonds IWF seines Ölkonzerns für einen Appel und ein Ei zu entledigen und ihn an die internationalen Grosskonzerne zu verkaufen, reiche Früchte getragen. Statt auf den IWF zu hören, brachte man fast die Hälfte des Konzerns an die Börse, nahm mehr ein, als man mit dem Verkauf des ganzen bekommen hätte, und behielt den Einfluss des brasilianischen Staates in der Gruppe.

Nicht nur, dass Brasilien bereits die Autarkie in Erdöl erreicht hat und nur noch ein geringes Handelsdefizit in Erdölprodukten aufweist, die Petrobras konnte so zum Beispiel auch in das Geschäft mit Bio-Diesel einsteigen, was die US- und europäischen Öl-Kartelle strikt ablehnen.

Brasilien wird bis zum Jahr 2020 fast alles Diesel auf Biodiesel und fast alles Benzin auf Alkohol umgestellt haben (heute sind bereits 75% des Kraftstoffes, der nicht Diesel ist, Alkohol). Ab 2008 wird mit 2% Zumischung von Biodiesel im Diesel begonnen und diese dann zukzessive erhöht. Die Produktionskapazitäten für die 2% sind bereits fertiggestellt.

Mit dem neuen Fund und der Minimisierung des internen Verbrauchs wird Brasilien zu einem bedeutenden erdölexportierenden Land werden.

Brasilien (topographisch)

Das Santos-Meeresbecken wird von der Petrobras (65%) zusammen mit der britischen BP (25%)und der portugiesischen Petrogal (10%) ausgebeutet. Das Konsortium weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Entdeckung und die Menge noch bestätigt werden müssen. Im Grunde war dieses Feld bereits 2006 entdeckt worden, aber erst jetzt hat man eine klare Vorstellung der tatsächlichen Reserven gewonnen.

Besondere Bedeutung hat für Brasilien auch, dass hier zusammen mit dem Erdöl auch Erdgas gefunden wurde. Im Moment ist Brasilien mit seinem Gasbedarf von Bolivien abhängig. Die Petrobras hatte dort massiv investiert und beide Länder hatten eine Gas-Pipeline von Bolivien nach Brasilien gebaut.

Dann kam aber Evo Morales in Bolivien an die Macht, verstaatlichte das Gas und kaufte die Petrobras-Raffinerie zurück. Jetzt will man einen um etwa 25% höheren Preis für das Gas wie vorher. Damit kommt man in etwa an die im Weltmassstab üblichen Preise heran, z.B. für russisches Gas in Westeuropa. Wenn Brasilien eigenes Erdgas haben wird, wird man nicht mehr so extrem abhängig sein.

Im Moment gibt es sogar eine echte Verknappung von Erdgas und von verfüssigtem Gas in Brasilien. Die Petrobras hat in der vergangenen Woche einige Grossverbraucher in Rio de Janeiro einfach vom Netz abgehängt – ohne Vorankündigung. Da kamen heftige Proteste. Inzwischen hat ein Sprecher der Regierung die Autofahrer davor gewarnt, weiter ihre Autos auf Auto-Gas umzustellen. Dies war bisher sehr lohnend, denn gas war der billigste Treibstoff in Brasilien und man brauchte nur noch 25% der Kfz-Steuer zahlen, wenn man sein Auto auf Gas umgestellt hatte.

Die Elektrizität Brasiliens wird zu etwa 70% aus Wasserkraft gewonnen. Die ist aber sehr von Wettterverhältnissen und Klimaveränderungen abhängig. Im Jahr 2000 kam es zu einer Verknappung und massiven Rationierungsmassnahmen des Stroms, weil es zwei Jahre hintereinander deutlich weniger geregnet hatte .

Man baute dann eine Anzahl von Ergaskraftwerken, eines zum Beispiel hier im Grossraum Belo Horizonte, wo die Pipeline aus Bolivien sowieso vorbeiführt, die mit Bolivien-Gas befeuert werden. Das wird nun aber deutlich teurer. So kann eigenes Erdgas einige Probleme lösen.

Die Entdeckung kam gerade rechtzeitig für die brasilianische Regierung, um insgesamt 41 Blöcke, die im Zusammenhang mit diesem Ölfeld stehen, aus der Versteigerung herauszunehmen, die Ende des Monats die Konzession für verschiedene Meeresgebiete vor der brasilianischen Küste an die Meistbietenden verkauft, um dort nach Öl zu bohren und ggf. Öl zu fördern. Es verbleiben aber immer noch 271 Blöcke in der Versteigerung.

Die Präsidentenamts-Ministerin Rousseff erklärte dies so: „Wir wollen unsere Souveränität verteidigen.“


Veröffentlicht am 10. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Samstag, 10. November 2007

Dossier: Die Hedge Fonds-Gesellschaften

Heuschrecken-Schwärme fallen ein

Von Elmar Getto

Eigentlich ist die Bezeichnung Hedge-Fond-Gesellschaften irreführend, aber das macht in Deutschland nichts, denn hier heißen sie unwideruflich „Heuschrecken-Gesellschaften“, seit ‚Münte’ diesen zweifellos treffenden Vergleich einführte. Ein US-Analyst hat sie einmal AAC (Assets Assault Companies, in etwa: Wert-Raub-Gesellschaften) genannt, was der Wirklichkeit wohl am nächsten kommt. Andere Bezeichnungen, die ebenfalls nicht den Charakter treffen, sind: „Private Equity-Firmen“ und „Venture Capital Gesellschaften“.


Ein Hedge-Fond ist eigentlich eine Geldanlage, die hohe Gewinne bringen kann, aber auch äußerst risikoreich ist. Was diese Gesellschaften aber machen, hat kein größeres Risiko. Es ist vielmehr eine der lukrativsten und gleichzeitig risikoärmsten Investitionen, die es gibt. Das einzig Negative ist, daß es ein bißchen anrüchig ist, daß man sich als Heuschrecken beschimpfen lassen muß, aber wen juckts?

Das Prinzip, das sie alle eint, ist logisch und einfach: Jede halbwegs gut geführte Firma ab einer gewissen Größenordnung stellt einen Wert dar, der weit über dem jeweiligen Kaufpreis liegt und der beleihbar ist. Man kauft die Firma, beleiht die Werte bis auf den letzten Groschen, transferiert das Bargeld zur AAC-Mutterfirma und läßt die Firma anschließend ausbluten, bis sie Pleite geht oder man verkauft sie einfach, falls sich noch jemand findet, der noch ein paar Cents rausholen will. So hat man Werte in seinen Besitz gebracht, die weit über den Kapitaleinsatz beim Kauf hinausgehen und hat damit ein gutes Geschäft gemacht.

Eine andere Version ist, man kann den Umsatz/Absatz der Gesellschaft mit allen Mitteln aufblähen und sie dann zu einem deutlich höheren Wert weiterverkaufen, was ebenfalls ausgesprochen hohe Renditen erbringen kann, wenn man auf so etwas spezialisiert ist.

Siehe Näheres hierzu in diesem Artikel zu einem konkreten Fall.

Da diese ‚deals’ in der Regel nur bis zu zwei oder drei Jahre brauchen, manchmal sogar deutlich schneller abgewickelt weden können, sind hier Profitraten zu erzielen, die manchmal an die Werte 200 oder 300% im Jahr oder mehr herankommen, etwas, das mit einer Produktions- oder Service-Firma unmöglich erzielt werden kann.

Der tendenzielle Fall der Profitrate, den Karl Marx als erster analysiert hat und aus dem er die Schlußfolgerung gezogen hat, daß der Kapitalismus niemals zu stabilen Zuständen führen kann (wie prophetisch, wenn wir heute um uns blicken), zwingt die Großkapitalisten dazu, neue Anlagemöglichkeiten für die immensen Mengen neuen Kapitals zu suchen, das ihnen zufließt und dabei, so weit es noch möglich ist, der Falle der im Schnitt ständig sinkenden Profitraten zu entkommen.

Der einzige Wermutstropfen bei der Geschichte ist, daß ein nicht unwesentlicher Teil der Profite an die jeweils beteiligte Bank (oder Banken) fließen muß, die für solche Geschäfte unabdingbar sind. Wirklich große AACs haben sich darum bereits (eine) eigene Finanzierungsgesellschaft(en) zugelegt. Die Bank hilft am Anfang, den Kauf der ins Auge gefaßten Firma durchzusetzen und hilft auch bei der Finanzierung des Kaufs. Später gibt sie dann die Kredite, für die sie als Sicherheit die Werte der jeweiligen Firma bekommt. Da diese Firma aber nach dem ‚deal’, wie die Bank ja schon vorher weiß, (fast) nichts mehr Wert sein wird, sind das natürlich faule Kredite. Die Bank wird sie nur geben, wenn sie auf der anderen Seite auch an den Profiten beteiligt wird.

Hier eine (bereits überholte) Liste von Firmen, die unter dem Namen „Private Equity“ zusammengefasst wurden, wie sie im Forum von 'Rbi-aktuell' gepostet wurde. Dies ist die Liste, die in der SPD umlief:

Private-Equity-Branche in der BRD:
(Die US-Liste ist 10-mal länger)

aaFortuna Venture Capital & Management AG
AdAstra
AdCapital AG
AdVal Capital Management AG
Advantec Unternehmensbeteiligungen
AFINUM Management GmbH
AIB
Alchemy Partners
Allianz Venture Partners
Alpha Beteiligungsberatung Gmbh
Apollo Capital Partners GmbH
Arcadia Beteiligungen
S Venture GmbH
Atrium Private Equity GmbH
Aurelia Private Equity
AVIDA Group
Axiom Venture Capital
b-business partners Gmbh
aader Wertpapierhandelsbank AG
Baltik AG
BASF AG
Bay BG Bavarian Venture Capital Corp.
Bayerische Hypo-und Vereinsbank AG
Bayern Kapital
Baytech Venture
BBB Bürgschaftsbank
BC Brandenburg Capital
Berlin Capital Fund
Berlin Seed Capital Fund GmbH
BFD Capital GmbH
BHF Bank AG
BHF Private Equity
BioM AG
BLB Private Equity
Blue Capital Equity GmbH
BMP
Botts & Company Ltd.
Bremer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft
Brockhaus Private Equity
BTG Hamburg
BV Capital
BW-Venture Capital GmbH
Capiton ag
Carlyle Group Germany
CAT Venture
CBR Management
CEA Capital Partners Management gmbh
Centennium Capital Partners
Cinven
CMP Capital Management-Partners
Commerz Beteiligungsgesellschaft mbH
Concord Effekten AG
Copan gmbh
Cornerstone Capital
Daimlerchrysler Venture gmb
DEG - Deutsche Investitions-und Entwicklungsgellschaft
Deutsche Beteiligungs AG
DEWB
DIH Finanz und Consult GmbH
Doughty Hanson & Co
Dr. Neuhaus Techno Nord
Dresdner Kleinwort Capital Germany
DVC Deutsche Venture Capital
DZ Equity Partner
e-millennium Partners
Earlybird
ECM Equity Capital Management GmbH
Econa AG
Elevator GmbH
EMBL Ventures
EQT Partners
Equinet Venture Partners
Equita Beteiligungen KgaA
Ergo Equity Partners
Extra Industries
Feri Trust
Finatem Beteiligungs GmbH
Firestorm AG - Capital Partners
First Ventury ag
Frankfurt Capital
General Atlantic Partners LLC
Germanincubator GI
Global Finance Beratungs AG
Global Life Science Ventures (GLSV)
Granville Baird Capital Partners
Greenwich AG
GZ-Capital Partner GmbH
Halder GmbH
Heidelberg Innovation gmbh
Heptagon Capital Beteiligungsgesellschaft der Freien Sparkassen mbH & Co. KG
Hg Capital GmbH
HGU Hamburger Unternehmensbeteiligungs Aktiengesellschaft
High Tech Management GmbH
HSBC Trinkaus & Burkhardt
Hunzinger Information AG
IBB Beteiligungsgesellschfat mbh
IKB Venture Capital gmbh
IMH Industrie Management Holding
Infineon Ventures gmbh
Innotech Innovationen
Innovativ Capital AG
IT-Adventure
IVC Venture Capital ag
Kapitalbeteiligungsgesellschaft der Deutschen Versicherungswirtschaft AG (KDV)
KapitalBeteiligungsgesellschaft für das Land Brandenburg mbH
Kapitalbeteiligunsgesellschaft für die Mittelständische Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen mbH
Kappa IT ventures
Kero Holding
Klaus Tschira Foundation
Konsortium AG
Kremlin AG
Lampe mbH
LeVenture Kapital
Life Science Partners
Life Science Ventures
M Cap Finance
Maier & Partner AG
MAZ level one GmbH
MBG
MBMV
MediaVenture Capital
Medicis
Mediport VC Management GmbH
MicroVenture GmbH & Co. KgaA
Mittelstandische Beteiligungsgesellschaft Hessen
Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Thüringen mbH
MUK Kapitalbeteiligungsgesellschaft mbH
MVC Venture Capital AG
myQube
Nexus Capital GmbH
NIB Norddeutsche Innovations
Nordcapital
Norddeutsche Private Equity gmbh
Nordwind Capital
NPM Capital Beteiligungsberatung GmbH
NWD Nord-West-Deutsche
Odewald & Compagnie
Orlando Management GmbH
Palladion Partners gmbh
Pari Capital AG
Pegasus Beteiligungen AG
Peppermint Financial Partners
Polytechnos Venture-Partners gmbh
pre-IPO Aktiengesellschaft
Pricap Venture Partners
Proximitas ag
RBB Management AG
RBK Regionale
Risikokapital-Fonds Allgäu GmbH & Co. KG
S-Beteiligungsgesellschaft der Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau mbH
S-Siegerlandfonds
S-Unternehmensbeteiligungsgesellschaft der Sparkasse Leipzig mbH
S-VC Risikokapital-Fonds
Saarlandische
Sachsen LB Corporate Finance
Sal Oppenheim JR & cie
SBG - Sächsische Beteiligungsgesellschaft mbH
Schleswig-Holsteinische Kapital
Schuering & Andreas
SEED Capital Brandeburgh gmbh
SHS
Siemens Venture Capital Gmbh
Smart IPO AG
Solutio ag Anlagekonzepte fuer Institutionen
SPARK GmbH
Sparta Beteiligungen AG
Stauferkreis AG
SÜD Venture Capital gmbh
SüdKB Süd-Kapitalbeteiligungs-Gesellschaft mbH
T-Telematik venture Holding Gmbh
T-Venture
TakeOff VC Management
Target Partners
Techno nord vc gmbh
Technologie-Beteiligungsgsellschaft mbH der Deutsc
TechnoMedia Kapital
TechnoStart
TecVenture Partners gmbh
Terra Firma Capital Partners
TFG Venture Capital FoF
Triangle Venture Capital
TVM Techno Venture Management Germany
UBAG Unternehmer Beteiligungen
UCA AG
VCH Equity Group
VCI gmbh Beratung Fur Technologieinvestitionen
VCM Venture Capital Management
VEAG mbH
Ventizz Capital Partners
Venture Capital Thueringen GmbH & Co. KG
Venture Vision
VISION Chancenkapital
Wagniskapital
WeHaCo Unternehmensbeteiligungs-AG
Wellington Partners Venture Capital gmbh
Wellness Business Partners
WestLB Ventures
WestSTEAG Partners
WGZ Venture-Capital

Die Firmen bezeichnen sich vorzugsweise als “Private Equity” oder “Venture Capital” und lenken damit von ihrem Charakter als “Hedge-Fond-Gesellschaften” bzw. AACs ab. Hier seien aus der Liste noch einmal speziell die genannt, die große Konzerne bzw. große Banken darstellen bzw. deren Tochtergesellschaften:

Allianz Venture Partners
BASF AG
Bayerische Hypo-und Vereinsbank AG
BHF Bank AG
BHF Private Equity
Daimlerchrysler Venture gmb
Dresdner Kleinwort Capital Germany
Heptagon Capital Beteiligungsgesellschaft der Freien Sparkassen mbH & Co. KG
HSBC Trinkaus & Burkhardt
Siemens Venture Capital Gmbh
VEAG mbH
WestLB Ventures
WestSTEAG Partners

Wir haben hier also, nur daß das auch klar wird, ein “Who is who” des Großkapitals. Es handelt sich nicht etwa um kleine, neue Unternehmen von ein paar Emporkömmlingen, sondern (auch) um das wirkliche Monopolkapital.

Interessant in der Liste auch noch die deutsche Unterabteilung der Carlyle Group. Das ist jene dubiose Finanzierungsgesellschaft, die zum Teil in den Händen der Familie Bush (ja, des US-Präsidenten) liegt und zum Teil dem saudi-arabischen Königshaus gehört. Wer Michael Moore’s Dokumentation ‚Fahrenheit 9/11’ gesehen hat, weiß, was gemeint ist.

Was sind nun diese ‚Werte’ (Assets), die Firmen zu bieten haben, die zum Ziel dieser AACs werden?
  • Zum einen haben die Firmen ja meist eigene Grundstücke und Immobilien, die einen leicht einzuschätzenden Wert darstellen.
  • Darüber hinaus haben sie Maschinen und Anlagen, oft schon abgeschrieben. Da ist es ebenfalls nicht schwer, die Werte zu ermitteln.
  • Drittens stellt die Firma als solche, als Marke oder jedenfalls als in den Kundenkreisen angesehene Lieferantin oder Serviceleisterin, einen Wert dar.
  • Ein weiterer Teil des Gesamtwertes sind die Finanzen und Finanzanlagen der Firma. Gut geführte Firmen in Deutschland haben beträchliche Finanzpolster.
  • Der fünfte ‚asset’ schließlich sind Kundenliste, Lieferantenliste und das „know how“, das in Form von Dokumenten und in Form von Wissen der Beschäftigten vorhanden ist. Dies wird der ‚immaterielle Wert’ der Firma genannt.
  • Dazu kommen, sechstens, ‚weitere Werte’, darunter fallen vor allem Pensionsgesellschaften der Beschäftigten, die von der Firma verwaltet werden und ähnliches.
Zählt man das alles zusammen (und zieht man eventuelle Schulden ab), kommt man zum Gesamtwert einer Firma. Nehmen wir einmal an, der Wert sei mit 500 Millionen Euro eingeschätzt worden. Was wäre nun der Verkaufspreis der Firma? Selbstverständlich gibt es niemand auf der Welt, der bereit wäre, wirklich diese 500 Millionen zu bezahlen. Ist es eine Aktiengesellschaft, kann man den Kaufpreis leicht ausrechnen: Was kosten 51% der Aktien? Im genannten Fall wird dieser Wert kaum über 100 Millionen Euro hinauskommen.

Der Unterschied, 400 Millionen Euro in diesem Fall, ist der Profit, hinter dem die AACs her sind. Das ist natürlich nicht alles reiner Profit, aber die Hälfte davon kann man am Ende wahrscheinlich als reinen Profit verbuchen. Nimmt man an, man braucht ein Jahr, um den Deal bei dieser Firma durchzuziehen, kommt man auf 200% Profit pro Jahr auf eingesetztes Kapital, das sind Traumwerte für jeden Kapitalisten.

In vielen Fällen lassen sich so hohe Profitraten aus den verschiedensten Gründen nicht realisieren, aber auch 50% pro Jahr auf eingesetztes Kapital sind immer noch Werte, die jedem Kapitalisten ein Glimmen in die Augen treibt.

Was sind die Gründe, warum Aktienkurse und Verkaufspreis, also der Marktwert einer Firma, einen so viel geringeren Wert repräsentieren als den wirklichen Firmenwert? Nun, ein ‚normaler’ Käufer, der keine AAC ist, sieht in der Firma ja nicht ihren Gesamtwert, er kann ja z.B. die Grundstücke und Immobilien nicht realisieren, kann ja das Geld der Pensionskasse nicht einstecken, kann sich ja nichts für den ‚immateriellen Wert’ kaufen. Für ihn, der die Firma weiter betreiben will, stellt sie ja nur den Wert dar, den sie jährlich an Überschuß an den Besitzer abwirft. Es ist offensichtlich, daß dies weit weniger ist als ihr Gesamtwert.

Worin besteht also der eigentliche ‚Trick’ der AACs? Eben darin, daß für sie der beleihbare Gesamtwert einer Firma ausschlaggebend ist, während sie nur den Marktwert der Firma für sie zahlen müssen.

Nun bauen verantwortliche Unternehmer natürlich eine Abwehrfront auf, um zu verhindern, daß sie einfach übernommen werden können. Als Beispiel kann die Fuchs Petrolub mit Sitz in Mannheim dienen, eine Firma der Größenordnung (ca. 4.000 Beschäftigte weltweit), die ideal für AAC-Übernahmen ist. Dort hat man z.B. die Firma an die Börse gebracht, die Entscheidungsgewalt aber gleichzeitig in der Familie der Besitzer gelassen.

Das macht man mit einem einfachen Trick: Man splittet die Aktien in Vorzugsaktien und Namensaktien. Stimmrecht über die Belange der Firma geben nur die Namensaktien, die Vorzugsaktien sind ohne Stimmrecht, geben aber höhere Dividenden. Man beläßt dann einfach die Mehrheit der Namensaktien in der Familie und hat so ständig das Sagen, genießt aber andererseits die Vorteile börsennotierter Firmen (man kann sich Bargeld (‚Cash’) an der Börse holen und die dafür zu zahlenden Dividenden hängen von der Gewinnsituation ab, während man bei Bankkrediten die Zinsen immer zahlen muss). Zusätzlich arbeitet man eng mit einer ‚Hausbank’ zusammen, in diesem Fall der Deutschen Bank, die einem erweiterten Schutz vor unerwünschten Käufern gewährt.

Das Ganze geht aber nur solange gut, wie einen die Bank nicht ‚verrät’, also mit einer AAC zusammenarbeitet und wie keine Streitereien in der Familie ausbrechen. Der Niedergang der Dornier-Gruppe z.B., die immerhin einer der weltweit wichtigsten Hersteller von Kleinflugzeugen war, belegt, daß Streitigkeiten in der Besitzerfamilie oft zu Desastern führen.

Insofern ist die Konstruktion mit den Namensaktien auch ein zweischneidiges Schwert. Überwirft sich die Familie mit auch nur einem Familienmitglied, das einen wesentlichen Aktienanteil hat, wird die ganze Firma anfällig für eine AAC- (oder auch sonstige) Übernahme. Man braucht ja lediglich die an der Börse gehandelten Namensaktien aufzukaufen und das Paket des ‚Dissidenten’, schon hat man das Sagen in der Firma. Der zu investierende Wert z.B. bei einer Gesellschaft wie der Fuchs Petrolub wäre nicht einmal ein Zehntel des beleihbaren Gesamtwertes der Firma. Ein Leckerbissen!

Auch in solchen Fällen kann die Hausbank oft noch das Schlimmste verhindern, aber wehe, wenn sie gemeinsame Sache mit der AAC macht.

Ein klassischer Fall ist das Schicksal der Firma Grohe, einem der größten Anbieter von hochwertigen Sanitär- und anderen Armaturen weltweit, mit einem Jahresumsatz von 885 Millionen Euro im Jahr 2003 und 5.800 Mitarbeitern weltweit, eine jener Firmen, die charakteristisch für die deutschen Exporterfolge ist. Deutschland ist nicht umsonst Exportweltmeister.

Die Besitzer von Grohe schufen eine der solidesten Firmen ihrer Größenordnung. Es wurden praktisch keine Bankkredite aufgenommen, man war im Gegenteil seine eigene Bank und vergab Kredite, z.B. an Mitarbeiter, die sich ein Häuschen finanzieren wollten, mit Vorzugszinsen. Man baute eine Pensionskasse auf, die den Mitarbeitern einen angenehmen Lebensabend garantieren sollte. Die Expansion ins Ausland wurde behutsam und gezielt durchgeführt, ohne die eigenen Exporte zu beeinträchtigen. Kurz: Grohe war grundsolide und damit ein bevorzugtes Ziel der AACs.

Wenn heute Mitarbeiter von Grohe auf die Straße gehen mit Pappen, auf die sie geschrieben haben: „WIR sind Grohe“, so zeigt das beispielhaft, wie die Identifizierung der Belegschaft mit der Firma war: vollständig. Mit Standorten in ländlichen Regionen (Lahr, Hemer, Menden, Herzberg) und einer Belegschaft voll auf Unternehmenslinie, etwas Besseres kann eine AAC nicht finden.

Nun war Grohe nach Meldungen eines Internetportals an eine britische Investmentgruppe verkauft worden. Ob das auch schon eine AAC war, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls wurde Grohe Mitte 2004 von den US-Firmeninvestoren ‘Texas Pacific Group’ und ‘Crédit Suisse First Boston Private Equity’ übernommen (man beachte die typische Zusammenarbeit einer AAC mit der Unterabteilung einer Bank). Zunächst ahnte niemand Schlimmes.

Die neuen Eigner war nicht als Hedge-Fond-Gesellschaft bekannt (der Begriff „private equity“ allein sagt noch nichts über die Absichten, auch wenn man in Zukunft aufmerksam werden sollte, wenn der Begriff auftaucht). Unbekannt sein ist in vielen Fällen natürlich Voraussetzung für ein reibungsloses Durchziehen des ‚Coup’, denn es gibt meist schwerste Widerstände, wenn von vornherein jeder weiß, wer der neue Besitzer ist und was er machen wird.

Aus diesem Grund werden auch andauernd neue AACs gegründet, deren Namen noch nicht auf den bekannten Listen stehen. Der oben zitierte US-Analyst sagte: „Täglich werden 10 neue gegründet und fünf gehen ein.“

Dazu kommt, daß die Firmen regelmäßig rettungslos verschachtelt sind, über andere Firmen, über Einzelpersonen und mit allen sonst noch möglichen Tricks. Die eigentlichen Holdings sitzen meist in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands oder Jersey. Wird Geld aus den überfallenen Firmen herausgepumpt, wird es sofort durch hundertfache Überweisungen von Konto zu Konto „gewaschen“, aufgeteilt in kleine Portionen und verschwindet unnachweisbar im Orkus internationaler Transaktionen.

Zur völligen Sicherheit baut man oft noch eine sogenannte „Orange“ ein, über dessen Konto alles läuft. Das ist eine Person, die gar nicht existiert und für die jemand sich ausgegeben hat mit falschen Papieren. Bestimmte Banken, z.B. auf den Bahamas, sind bekannt dafür, vorgelegte Ausweis-Papiere nicht zu überprüfen (im Prinzip müssen Banken bei Ausländern die Identität bei der Botschaft des Heimatlandes überprüfen).

Selbst wenn es eventuell ein Fahnder schaffen sollte, das Geld über die vielen Konten zu verfolgen, trifft er plötzlich auf eine Einzelperson, an die das Geld gegangen ist, die nicht aufzufinden ist und daher auch keine Auskünfte geben kann.

Derjenige hebt in regelmäßigen Abständen die eingegangenen Gelder von „seinem“ Konto ab und zahlt sie auf der anderen Straßenseite bei einer Bank auf andere Konten wieder ein. Damit ist die Spur des Geldes nicht mehr zu verfolgen (dies ist übrigens generell eine beliebte Geldwaschmethode). Natürlich werden solche Konten mit falschen Identitäten ständig gewechselt, um nicht aufzufliegen.

Daß hier kriminelle Methoden verwendet werden, hängt damit zusammen, daß dies einer der Schwachpunkte des Vorgehens ist. Man ist zwar Besitzer der Firma, muß aber nun große Mengen Geld hinausschaffen, ohne allzuviel Aufsehen zu erregen. Bestimmte Mengen kann man noch über Umleitung von Rohstoffkäufen über eine Firma der Gruppe der AAC mit überhöhten Preisen verschieben, andere können mit Beratergebühren, fingierten Gutachten, hohen Rechnungen für Meetings bei der AAC und ähnlichem außer Haus geschafft werden. Auch darf die Besitzerfirma natürlich angemessene Gewinnabführungen verlangen.

Ebenso ist es ein probates Mittel, jeden Tag eine Überweisung eines „krummen Betrages“ unter einer ständig wechselnden Begründung zu veranlassen. Solche Begründungen sind z.B. ‚außerordentliche Aufwendungen’ (Synonym für Bestechungsgelder), ‚Reisespesen Direktor Smith’ (das sich eine entsprechende Reisekostenabrechnung nicht finden läßt, ist dann eben Schlamperei), ‚Aufwandsentschädigung für Nachprüfungen’ usw. usw. Sind das täglich Beträge um die 20.000 Euro, hat man am Ende des Jahres mehr als 6 Millionen überwiesen.

Aber richtig große Geldmengen im Bereich von 100 Millione Euro kann man nicht mehr „unter der Hand“ verschieben. Da muß dann wirklich von der verantwortlichen Person eine Überweisung angeordnet werden mit der einzigen Begründung, daß sie von der verantwortlichen Person angeordnet wurde. Oft läßt die sich das Geld auch bar übergeben. Sollte später, wenn die Firma schon bankrott ist, eine Untersuchung angestellt werden, ist der damals Verantwortliche längst in Neuseeland oder „nicht mehr in der Firma“ oder sonstwie nicht anzutreffen und zu befragen, warum er das angeordnet habe (man arbeitet in besonders krassen Fällen auch mit falschen Identitäten).

Tatsache ist, Grohe ist heute völlig überschuldet, obwohl man noch vor kurzem keinerlei Bankkredite hatte. Wie und wo das ganze Geld hin ist, scheint ein Rätsel zu sein. Auch aus der Pensionskasse scheint Geld verschwunden zu sein. Im Moment ist man gerade in der Phase, wo man sich noch den Anschein gibt, als wolle man das Überleben der Firma durch Lohnsenkungen, Entlassungen, Aufgeben von Standorten, Verlängerung der Arbeitszeit und den weiteren bekannten Maßnahmen sicherstellen, doch mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich bald herausstellen, daß schon gar keine Überlebensfähigkeit mehr besteht.

Besonders kurios ist, daß ausgerechnet jetzt mit dem lächerlichen Argument der Arbeitsplatzabbau begründet wird, im Ausland seien die Löhne niedriger. Der Niedergang von Grohe hat natürlich mit den Lohnkosten soviel zu tun wie die Kuh mit dem Tanzen. Die mit einem Gutachten beauftragte McKinsey-Gruppe hätte mal untersuchen sollen, wie und wohin das Geld verschwunden ist, aber das ist natürlich nicht ihre Aufgabe. Die finden immer genau das heraus, was sie finden sollen.

Sehr charakteristisch auch das Argument, das man gegenüber der Belegschaft im Werk Herzberg gebracht hat, das vollständig geschlossen werden soll: Die Belegschaft könne ja das Werk kaufen! Der Zynismus dieser ‚Herren’ kennt offenbar keine Grenzen. Selbst wenn das Werk für einen symbolischen Euro verkauft würde (was diese ‚Herren’ natürlich nicht machen würden), stünde die Belegschaft da mit einem Schuldenberg, der unmöglich zu bezahlen wäre.

Im Fall Grohe ist nicht mehr genau festzustellen, wer die eigentliche AAC war. Wahrscheinlich schon jene britische Investmentgruppe, die zuerst zugeschlagen hat. Eventuell ist der momentane Besitzer sogar an einer Sanierung interessiert, aber viel wahrscheinlicher ist, daß sich nach dem ersten Überfall noch eine zweite AAC über die Reste hergemacht hat. In diesem Fall dürfte die Grohe in Wirklichkeit längst Pleite sein und man „spielt“ nur Sanierung, damit es nicht so auffällt.

Die verschiedensten Vertuschungsmethoden sind natürlich bei den Überfällen der AACs gang und gäbe. Manchmal wird wegen der Notwendigkeit des Vertuschens von dem, was wirklich vorgeht, der Zeitraum für das Umsetzen des ‚coup’ unangenehm lang, was natürlich die Profitrate verringert. Aber die Firmen können nicht alle völlig ohne einen gewissen „Anschein“ vorgehen. Das trifft besonders auf die zu, die große Monopole sind oder deren Tochterfirmen. Diese können natürlich nicht solche Methoden wie die oben genannten „Orangen“ anwenden, ebensowenig den verantwortlichen Chef, der sich mit einem falschen Pass ausgewiesen hat und am Ende spurlos verschwindet, auch die Geldwäsche und die Holding auf den Cayman Inseln funktionieren da nicht.

Ein Beispiel ist das Engagement der BMW bei Rover/Leyland in England. Zunächst gab man sich den Anschein, als wolle man wirklich die Marke Rover wieder aufpolieren und weiterführen. Wer aufmerksam beobachtete, sah allerdings bereits, daß man nie so weit ging, ein Rover-Auto an prominenter Stelle in BMW-Verkaufsräume zu stellen.

Zunächst verkaufte man die Gewinn abwerfende Sparte Land Rover. Wo das Geld dieses Verkaufs geblieben ist, ist bis heute nicht geklärt. Dann erklärte man Monat für Monat, man mache gewaltige Verluste. Dies ist einerseits nicht zu überprüfen und hat andererseits den Vorteil, daß man dies mit Gewinnen aus der Muttergesellschaft verrechnen kan. Damals ergab das noch einen Sinn, den es gab noch eine geringfügige Besteuerung von Gewinnen von Großkonzernen in Deutschland, die heute ja praktisch abgeschafft ist.

Daß während dieser ganzen Zeit BMW dafür gesorgt hätte, daß Rover attraktive Autos baut und auf dem Markt vorankommt, kann niemand behaupten. Lediglich den Mini brachte man neu heraus und hatte ein attraktives Nischenauto, die anderen Neuerscheinungen hatten nicht das geringste von einem BMW-Flair.

Als BMW sich von Rover verabschiedete, nahm man den Mini mit und hinterließ eine ausgeblutete Firma mit riesigen Schuldenbergen. Die wurde dann von einer kleinen Investmentfirma übernommen, die wiederum verkündete, sie werde die Marke Rover und die Fabrik sanieren. Tatsache ist, daß die Investmentfirma noch mehr Kredite auf die Rover nahm und schon nach recht kurzer Zeit den Vergleich anmeldete und von der Bühne verschwand. Die Abwicklung des Restes überließ man den Vergleichsverwaltern und damit dem englischen Staat, der dann, wie üblich, die Drecksarbeit des Entlassen der restlichen Mitarbeiter für die AACs übernimmt.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist auch bei Grohe nichts anderes zu erwarten. Wenn die „Heuschrecken“ abgegrast haben, wird der Staat zu Hilfe gerufen.

Die Regelungen des Vergleichsverfahrens oder Konkursverfahrens sind beeindruckend. Der frühere Besitzer wird in keinster Weise mehr behelligt, Untersuchungen über die Ursachen der Schuldenberge werden nicht angestellt, der eingesetzte Vergleichsverwalter verdient sich noch ein kleines Vermögen, die Banken jammern, sie verlören Geld, nachdem sie vorher Kredite an eine Firma gegeben hatten, von der sie wissen mußten, daß sie ausgelutscht wird (weil sie selbst daran beteiligt waren) und die entlassenen Mitarbeiter haben nicht einmal mehr eine Instanz, wo sie die ausstehenden Löhne einklagen könnten.

Im Kern ist jeder AAC-Coup kriminell, weil die Techniken des Entfernens der Gelder aus der Firma kriminell sind, in der Regel einfach 'Untreue', ‚Betrug’ oder auch ‚Veruntreuung’. Allerdings kann das ganze meist perfekt vertuscht werden, weil in einer kapitalistischen Firma ja Tyrranei herrscht. Der Besitzer oder dessen Beauftragter haben die Befugnisse absolutistischer Herrscher.

Ob die Regeln korrekter Buchführung angewandt werden, entscheiden allein sie, ob über bestimmte Anweisungen schriftliche Aufzeichnungen in die Akten kommen, entscheiden allein sie, sie können kriminelle Aktionen ihrer Untergebenen befehlen, die dann nur noch entscheiden können, ob sie gehorchen oder ihren Arbeitsplatz verlieren. Kurz: Die Möglichkeiten, ihre Straftaten unkenntlich zu machen oder sogar Untergebenen aufzuhalsen, sind unendlich. Irgendeine neutrale und kritische Überprüfung von Buchführung und Unternehmensentscheidungen gibt es nicht. Die Bilanz-Überprüfungen durch Firmen wie KPMG oder anderen sind nichts als Alibi-Veranstaltungen.

Ein Mitarbeiter, z.B. ein Buchhalter, der zu kriminellen Techniken gezwungen wurde, ist selbst mitschuldig und wird sich hüten, diese Straftaten offenzulegen, auch nach dem Ende einer Firma.

Die gleiche Bundesrepublik, die fast allen Tätern der faschistischen Verbrechen Straffreiheit gewährt hat, weil sie ja angeblich „im Befehlnotstand gehandelt“ hätten, ist nicht bereit, Firmenbeschäftigten das gleiche Privileg „Befehlnotstand“ zuzugestehen. Wenn eindeutig ist, daß der Mitarbeiter nichts zu seinem eigenen Vorteil getan hat und er glaubhaft machen kann, daß er bei Ungehorsam entlassen worden wäre, bekommt er bestenfalls ‚mildernde Umstände’. Andererseits werden die Verantwortlichen für solche Straftatbestände praktisch nie verurteilt. Der Prozess gegen Ackermann hat exemplarisch gezeigt, daß es fast unmöglich ist unter den herrschenden Umständen, jemandem schuldhaftes Handeln nachzuweisen, wenn er zu jener Zeit das Sagen in einer Firma hatte.

In diesem Sinne handeln die AACs am Ende doch nicht kriminell – jedenfalls läßt es sich nicht nachweisen. Falls sich etwas nachweisen läßt, sind die Verantwortlichen nicht aufzufinden und die Firmen in Steuerparadiesen kann man sowieso für nichts verantwortlich machen.

Natürlich wäre es möglich, mit gesetzlichen Maßnahmen einem solchen Treiben ein Ende zu setzten. Daß es dazu irgendeinen politischen Willen im heutigen Kapitalismus gibt, kann ausgeschlossen werden. Der Kommentar der „Financial Times“ war deutlich: „Wer von Heuschrecken redet, will noch mehr Staatskontrolle über die Unternehmen.“ NOCH mehr, welch ein Horror!

Den Betroffenen wird nichts anderes übrig bleiben, als zäh und kühn um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen und vor allem sich klarzumachen, daß für die Zukunft ihrer Kinder der Sozialismus erkämpft werden muß.

Bleibt noch eine weitere Frage zu klären: Sind die Hedge-Fonds-Gesellschaften oder AACs die Zukunft des Kapitalismus? Kann der Kapitalismus mit ihnen eventuell das Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate überlisten?

Nein, das wäre ein grundlegender Irrtum. Was die AACs aus den Unternehmen herausholen, ist ja ‚eingefrorener’ Profit von vorher. Sie schaffen ja keinerlei neuen Profit. Ein Unternehmer, der solide wirtschaftet und noch viele Jahre etwas von seiner Firma haben will, beläßt wesentliche Teile seines Profits in der Firma, um sie zu stärken und so seinen zukünftigen Profit zu sichern.

Die AAC holt lediglich in kurzer Zeit diesen angesammelten Profit aus der Firma.

Dazu kommt, daß die Zahl der von AACs auszusaugenden Firmen sich in engen Grenzen hält. Zunächst sind schon einmal alle kleineren Firmen (in der Größenordnung bis zu etwa 500 Beschäftigten) für diese Art der Betätigung nicht geeignet, weil bei ihnen einfach nicht viel zu holen ist. So eine AAC hat ja auch Kosten. Ein erfahrener Chef für die auszusaugende Firma würde der AAC pro Jahr bei einer kleineren Firma schon mehr kosten, als er dort überhaupt rausholen kann.

Auch wirkliche Großunternehmen, erst recht die Monopole, stehen den AACs nicht zum Aussaugen zur Verfügung. Diese großen Konzerne sind ja fast ausnahmslos Aktiengesellschaften mit größenordnungsmäßig 100.000 bis 500.000 Aktien an der Börse. Solche Mengen von Aktien kann man natürlich nicht still und heimlich aufkaufen, ohne aufzufallen.

Außdem haben zum Beispiel alle deutschen Momopolunternehmen eine Höchststimmrechtsklausel im Gesellschaftsvertrag. Jemand mit mehr als z.B. 10% der Aktien hat trotzdem nur Stimmrecht für 10 %. Die Herren in den Monopolunternehmen sind ja die Vorstände, keineswegs mehr die Besitzer. Die Aktionäre sind lediglich Stimmvieh.

Es gibt also praktisch nur eine Möglichkeit, Großkonzerne und Monopolunternehmen aufzukaufen: man kann ein Übernahmeangebot unterbreiten und hoffen, daß sich genug Aktionäre finden, die es annehmen. Besteht auch nur die geringste Möglichkeit, daß die Gesellschaft, die das Angebot unterbreitet, die Firma lediglich aussaugen will, wird der Vorstand dies den Aktionären schon klarmachen und sie werden ein solches Angebot nur annehmen, wenn es meilenweit über dem Aktienkurs läge. Damit aber würde der schöne Profit schon wieder draufgehen. Die AACs haben ja kein Interesse, die früheren Aktionäre reich zu machen, sie wollen ihre Firma bereichern.

Die Zielgruppe der AACs beschränkt sich also im wesentlichen auf mittlere Firmen, im Bereich von etwa 500 Mitarbeitern bis etwa 10.000 Mitarbeitern – in Ausnahmefällen bis zu 25.000.

Aber auch diese sind zum allergrößten Teil unverkäuflich. Sei es, daß es GmbHs sind und die Eigner nicht verkaufen, sei es daß sie sich über Namensaktien abgesichert haben und nicht verkaufen oder sei es, daß sie die oben schon genannte Höchststimmrechtsklausel im Gesellschaftervertrag haben. Es gibt auch weitere Klauseln, wie eine Gesellschaft sich gegen unerwünschte Übernahmen schützen kann. In vielen Gesellschafterverträgen ist z.B. geregelt, daß ein Verkaufswilliger seine Anteile (oder Aktien) zunächst den anderen Eignern zum Kauf anbieten muß, bevor er nach außen verkaufen darf.

Dazu kommt die Rolle der Hausbanken. Gegen deren Willen ist fast nichts möglich. Solange die Hausbank sich mehr verspricht von einer weiter bestehenden Firma als von den Gewinnen, die beim Aussaugen abfallen, ist kaum etwas zu machen.

Kurz: Auch innerhalb der Zielgruppe sind nur äußerst selten Schnäppchen zu finden, die übernommen und ausgesaugt werden können. Das „know how“ der erfolgreichen AACs besteht hauptsächlich darin, solche Firmen zu finden. In einem Land wie Deutschland dürften kleine Heerscharen von „Ermittlern“ unterwegs sein, um mögliche Kandidaten herauszufinden und den richtigen Zeitpunkt zum Zuschlagen zu eruieren.

Erfährt man zum Beispiel, daß der „Patriarch“ einer Firmengruppe gestorben ist und sich Gerüchte über Erbstreitigkeiten halten, dann kann die AAC wie ein Phönix aus der Asche als Lösung aller Probleme auftreten und den Streithähnen ein sattes Angebot für die Firma vorlegen. Oft ist die Habgier so groß, daß es angenommen wird.

Es gibt also nur selten gute und lohnende Objekte für die AACs. An den beiden oben genannten Beispielen konnte man auch schon sehen, daß sich hier offenbar nacheinander zwei AACs an so einem Brocken gütlich getan hatten. Ebenso kommt es vor, daß eigentlich wenig solide Firmen übernommen und leergesaugt werden, was natürlich weit weniger Profitrate erbringt. Da heute das Aufsteigen neuer Gesellschaften relativ selten ist, kommt auch wenig Nachschub. Die möglichen Kandidaten werden also tendenziell auch noch weniger.

So ist also klar, daß die AAC-Hausse eine zeitweilige ist und für die Geldanleger im allgemeinen kein Problem löst.

Der Kapitalismus hat keinen Ausweg. Die Kapitalisten haben ihre Totengräber schon geschaffen und sind auch noch gezwungen, sie in Wut und Rage zu bringen. Wenn nicht alles täuscht, ist ihr Ende damit besiegelt.


Ein Artikel (besser : Dossier) von Elmar Getto aus dem Jahr 2005, hier geringfügig vom Autor redigiert. Beeindruckend, wie aktuell und taufrisch dies auch heute noch ist, auch wenn die Liste mit den "Heuschrecken" in Deutschland schon überholt sein dürfte. Er erschien damals bei 'RBI-aktuell'.

Freitag, 9. November 2007

Der gläserne Normalbürger, Teil 3

Was der Fall Palocci lehrt

Von Karl Weiss

Die Offenlegung aller Bankkonten der Bundesbürger für Beamte (und Beamtenanwärter) in der Bundesrepublik, die schon seit dem 1. April 2005 gilt, gefährdet die Privatsphäre von Hunderttausenden von Bürgern, ja, macht sie sogar leicht verwundbar gegenüber Erpressungen bzw. „Schutzgeldzahlungen“. Das Bankgeheimnis, das von ‚attac’ als absolut unnütz und überholt bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit ein Schutz gegen die völlige Offenlegung aller privaten Beziehungen, die eben typischerweise mit Geldüberweisungen einhergehen.

Hat zum Beispiel ein Mann eine Geliebte, auf deren Konto Gelder überwiesen weden, ist eine Rechnung von einem „Restaurant“ leicht als von einem Bordell-Betrieb zu erkennen, so wird die Privatsphäre gebrochen. Mag dies jemand noch als akzeptabel ansehen („was hat der Lüstling auch ausserhalb der Ehe zu fischen“), so wird es noch viel interessanter, wenn zum Beispiel Überweisungen auf das Konto einer oppositionellen Partei festzustellen sind, seien es „Die Linke“ oder die DKP oder die MLPD. So lassen sich leicht systemkritische Menschen aussortieren und zugleich in die Listen derer zu setzen, die man in die neuen Konzentrationslager schicken wird, sobald man die Macht übernommen hat.

Am Anfang waren noch Restriktionen für die Abfragen von Beamten bezüglich der Bankkonten von der Bundesregierung festgelegt worden. Dadurch entkam man auch einem Prozess vor dem BVG wegen Verfassungswidrigkeit des neuen Gesetzes. Nur bestimmte Beamte, die in ganz bestimmten Dienststellen arbeiteten, bekamen den ‚Code’,der es ihnen ermöglicht, in die Bankcomputer einzudringen und Abfragen zu starten. Die Polizei zum Beispiel durfte damals noch nicht abfragen. Auch waren zunächst nur die einfachen Grundfakten der Konten für die verbeamteten Schnüffler geöffnet: Die Tatsache des Kontos, die Identität der Person und die Kontostände jeweils am Jahresende.

Stasi 2.0

Inzwischen ist genau das geschehen, was damals schon die meisten Beobachter vorhergesagt haben, die nicht im Dienst der Herrschenden berichten: Die Berechtigung des Aufdeckens der Bankkonten der Bundesbürger gilt jetzt bereits für alle Dienststellen, also auch die Polizei, den Verfassungsschutz und den BND. Ebenso sind die Daten, die eingesehen werden können, auf die gesamten Informationen über das Konto erweitert worden.

Ein Mitarbeiter der Datenzentrale einer grossen bundesdeutschen Bank sagte, wer den Zugangscode hat, für den werden alle Kontodaten, also auch jede Kontobewegung, zugänglich gemacht. Die andere Seite erscheint in der Aussage eines Kriminalbeamten, der bestätigt, man habe den Zugangscode und könne auf die Daten zugreifen, wenn das die Ermittlungen erfordern.

Auf die Nachfrage, ob denn irgendjemand überprüft, ob dies wirklich für Ermittlungen notwendig war, kommt die Antwort: „Nein, aber wir tun dies natürlich nur, wenn es nötig ist.“

Keine Mitteilung an die Betroffenen

Auch die Massnahme, die vor der Einführung von vielen gefordert wurde, die Mitteilung an die Betroffenen, wird selbstverständlich nicht durchgeführt. „Da konnte ja ein Verdächtiger merken, dass man ihm auf der Spur ist.“

Diese Recherche wurde von einem Bekannten des Autors durchgeführt, der gerne einen Geldbetrag, der auf seinem Konto einging, vor den Behörden verheimlicht hätte. Er glaubte, nur der Kontostand am Jahresende werde bekannt und hob das Geld rechtzeitig vor diesem Datum ab. Er musste allerdings verwundert feststellen, die Finanzbehörden hatten den Eingang des Geldes registriert und er wurde zu diesem Vorgang befragt. Man wusste anscheinend den genauen Betrag und von wo das Geld überwiesen wurde.

Gegen Steuerhinterziehung

Dies ist auch die Begründung, die ‚attac’ angibt, warum man die Aufhebung des Steuergeheimnisses befürwortet. So sei es erleichtert, Steuerhinterziehungen zu verfolgen. Das Zahlen von Steuern sei Bürgerpflicht und man sei gegen Steuerhinterziehung. Angemerkt sei, dass dadurch natürlich auch das Anfallen der von ‚attac’verteidigten „Tobien-Steuer“ überprüft werden könnte.

Auf den Einwand, die wirklichen grossen Steuerhinterzieher würden ja gar nicht erfasst, weil sie alles über Konten im Ausland laufen lassen würden, wofür der ‚Kleine Mann’ weder Zeit noch Geld noch Gelegenheit hat, sagte ein Vertreter von attac, man habe dies Gesetz ja auch nur als Schritt in die richtige Richtung begrüsst, nicht vollständig.

Weche Gefahren aber lauern, wenn man jeglichen Beamten und Beamtenanwärter völlig freien Zugang zu allen Konten der Bundesbürger in Deuschland gewährt, zeigt der brasilianische Fall Palocci.

Der Fall Palocci

Pallocci, das war der mächtige Finanzminister der Lula-Regierung in der ersten Regierungsperiode, der üblicherweise als der angesehen wurde, der wirklich die Richtlinien der Politik bestimmte.

Palocci
Palocci

In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des brasilianischen Bundestags, dem sogenannten Bingo-CPI, kamen Fakten ans Tageslicht, die sich auf die Zeit bezogen,als Palocci Bürgermeister der Stadt Riberão Preto im Landesinneren von São Paulo gewesen war.

Er war von einem damaligen Parteifreund angeklagt worden, von allen Unternehmen, die Aufträge der Stadt bekommen wollten, eine monatliche Zahlung von 50 000 Reais (etwa € 20.000) verlangt und bekommen zu haben, womit er einen heimlichen Wahlkampffonds der PT, seiner Partei, fütterte. Das ist also eine typische Mafia-Kriminalität, die Schutzgeld-Zahlung.

Villa mit Gelagen und Festen mit Prostituierten

Dies war noch nicht bewiesen, aber bewiesen war bereits, es hatte eine Villa in Riberão Preto gegeben, wo PT-Politiker sich mit Lobbyisten trafen und wo auch Gelage und Feste mit Prostituierten abgehalten worden waren.

Das kennt man doch aus Deutschland , nicht wahr, die Vertreter einer angeblichen Arbeiterpartei mit Industrie-Bossen in eigens angemieteten Wohnungen auf Festen mit Prostituierten? Oder nicht, VW, oder nicht, Herr Hartz?

Die entscheidende Frage für eine eventuelle Anklage gegen Palocci wegen dieser Affäre war nun, war Palocci auch Stammgast in dieser Villa gewesen? Die Villa hatte, wie in Brasilien üblich, einen Hausmeister, in diesem Fall mit dem Namen Francenildo Santos Costa.

Der hatte bereits bei der Polizei ausgesagt, er habe Palocci, dessen Gesicht in ganz Brasilien bekannt war, in dieser Villa ein- und ausgehen gesehen. Er war allerdings noch nicht vor dem Untersuchungsausschuss erschienen, denn ein Parteifreund von Palocci hatte noch rechtzeitig eine äusserst verdächtige einstweilige Verfügung dagegen beim Obersten Brasilianischen Gerichtshof erwirkt.

Die kriminelle Tat

Aber auch das war Nichts von Dauer und die Position Paloccis war äusserst delikat. Da beschloss er etwas, was viele unseren Mafia-Politikern zutrauen, aber doch selten bewiesen wird: Eine kriminelle Aktion.

Er liess beim Chef der bundeseigenen Sparkasse (Caixa Economica Federal) anrufen. Der Anruf aus seinem Büro wurde später bei der Untersuchung dieses Vorfalls einwandfrei geortet. Es wurde der Auftrag gegen, das Konto des Hausmeisters bei dieser Sparkasse zu durchforsten, ob man eventuell Verdächtiges finden könnte. Der Bank-Chef liess sich das natürlich nicht zweimal sagen, denn Palocci war ja sein Chef.

Die Konto-Daten wurden durchforstet und man fand tatsächlich einzelne Geldeingänge, die eventuell bei einem so armen Mann wie dem Hausmeister ungewöhnlich sein konnten (später stellten sie sich als völlig harmlos heraus). Der Rückruf direkt vom Apparat des Bank-Chefs in Paloccis Büro wurde später ebenso exakt geortet.

Riesige Schweinerei

Nun kam eine der grössten Schweinereien, die in Brasilien je von einem Politiker unternommen wurde (und in Brasilien wurden von ihnen schon viele unternommen): Die eventell verdächtigen Geldeingänge auf dem Konto des Hausmeisters liess man von Seiten von Palocci an ein Nachrichtenmagazin (Época – vergleichbar mit dem Spiegel oder Focus - von der Gruppe Globo, zu der viele Zeitungen, Zeitschriften und der bei weitem am meisten gesehene TV-Sender in Brasilien gehören) durchsickern und liess auch gleich den Verdacht mitveröffentlichen, das könnten Gelder der Opposition gewesen sein, um ihn zu einer falschen Aussage gegen Palocci zu bringen.

Parallel dazu liess Palocci durch eine ihm unterstellte Behörde, die unter anderem Geldwäsche verfolgt, gegen den Hausmeister ein Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche eröffnen.

Plötzlich stand also ein kleiner Mann unter heftigstem Beschuss, weil er es gewagt hatte, in einem Verfahren gegen einen Mächtigen die Wahrheit zu sagen.

Palocci fällt

Allerdings hatte Palocci unterschätzt, wie viele Feinde er sich schon unter der brasilianischen Plutokratie gemacht hatte. Die Bundespolizei wurde auf die Fährte gesetzt, woher denn die Faksimiles von Kontoauszügen des Hausmeisters kommen und das Schema Paloccis flog innerhalb von eineinhalbWochen auf. Als die Telefonate entdeckt wurden, mussten die beteiligten Personen allesamt das Handtuch werfen: Der Bankchef, der Sekretär Paloccis, der die Telefonate getätigt und die Unterlagen an die Época übermittelt hatte und schliesslich auch Palocci selbst.

Lula hatte nicht die geringste Lust, selbst in etwas hineingezogen zu werden, von dem er bestenfalls Kenntnis hatte (was er natürlich leugnet).

Bankgeheimnis

Das alles auf der Grundlage: In Brasilien ist das Bankgeheimnis geschützt. Nur mit einer richterlichen Verfügung dürfen die Banken Unterlagen über ein Bankkonto herausgeben. Also eine kriminelle Tat.

Da hat sich also gleich ein ganzes Sammelsurium von Straftaten auf Paloccis Konto angesammelt. Das heisst natürlich gar nichts. Bis heute ist Palocci wegen keiner dieser Taten angeklagt. Aber auch das kennen wir ja in Deutschland. Auch Lambsdorf und Kohl kamen davon, ebenso wie Esser und Ackermann.

Mafia-typische Verbrechen

Tatsächlich handelt es sich hier um eine Zusammenstellung von Verbrechen, wie sie u.a. für die Mafia typisch ist. Allerdings hat die Mafia typischerweise keinen leichten Zugang zu Nachrichtenmagazinen. Insoweit ist also eine Politiker-Mafia noch weit gefährlicher als die normale.

Deutlich wird aber an diesem Fall: Der kleine Mann, wenn die Daten seines Bankkontos leicht zugänglich sind, sei es für die Politikermafia, oder auch für andere Kriminelle, seien es Beamte oder solche, die „Freunde“ als Beamte haben, ist extrem verwundbar.

Politiker-Mafia

Dabei muss man keineswegs wirklich etwas zu verbergen haben. Einige mittlere Beträge, die zwar aussergewöhnliche Eingänge sind, aber in Wirklichkeit leicht erklärlich, können dazu ausreichen, unsereinen fertig zu machen im Auftrag von Leuten, deren Identität einem überhaupt nicht bekannt wird, so wie der kleine Hausmeister in Brasilien fast fertig gemacht worden wäre.

Die Möglichkeiten, die sich zu kriminellen Taten eröffnen, wenn über eine Million Bundesbürger (von denen ganz sicherlich auch ein paar kriminell sind) nach Belieben Zugriff zu allen unseren Konten haben, sind Legion. Vom „Fertigmachen“ über Erpressungen bis hin zu „Schutzgeldzahlungen“

Vielleicht sind diese Möglichkeiten, verhindern zu können, dass ein „Kleiner Mann“ eventuell gegen einen aussagt, sogar entscheidend gewesen, als unsere allseits geliebten Politiker dieses Gesetz beschlossen haben.


Veröffentlicht am 8. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 von 'Der gläserne Normalbürger'

Donnerstag, 8. November 2007

China, die neue Supermacht - oder doch nicht?

Verkauft China seine Dollars?

Von Karl Weiss

Eine Anzahl von Meldungen aus den letzten beiden Wochen legen nahe: China ist bereits zu einer Supermacht herangewachsen und beginnt nun in den Wettbewerb mit der vorher einzigen Supermacht, den USA, zu treten.

Zuerst, noch im Oktober, ging die Meldung um die Welt: Im September hat China Deutschland bereits als Exportweltmeister ausgestochen. Zwar wird Deutschland in der Gesamtrechnung der Exporte für 2007 wahrscheinlich noch einmal die Nase vorn haben und wieder Exportweltmeister sein, aber für das kommende Jahr ist bestenfalls ein zweiter Platz drin.

Wirtschaftsmacht China

Dann kam die nächste: Voraussichtlich wird China im kommenden Jahr nach dem PPP-Vergleich (siehe auch diese beiden Dossiers hier und hier)
bereits das höchste Sozialprodukt auf der Welt haben und sowohl die USA alleine als auch die EU als Ganzes überholt haben.

Auch wenn China nach dem Wechselkurs-Vergleich noch deutlich hinter den USA im GNP (Gross National Product) liegt, so ist doch die Dynamik der chinesischen Wirtschaft im Moment eine Vielfache der US-Wirtschaft und das Gleichziehen erscheint so nur eine Frage der Zeit. Zudem ist der ständig fallende Wert des Dollars gegen alle anderen Währungen ein Faktor, der die Bedeutung der Wirtschaftsmacht USA beständig verringert.

Dann kamen zwei Nachrichten vom 6.11.: PetroChina, das am Vortag an die Börse ging, wurde bereits am ersten Tag zum größten Unternehmen der Welt mit einem Aktien-Gesamtwert von über 1 „Trillion“ (das ist nach deutscher Zählweise eine Billion, also 1000 Milliarden) Dollar. Am gleichen Tag auch eine andere Meldung: Es wurde ein „Rotes Telefon“, eine Direktleitung von Washington nach Peking gelegt, damit sich die Präsidenten im Zweifelsfall direkt unterhalten können.

All dies belegt: Die Zeit, als die USA alleinige Supermacht waren, sind vorbei. Wir haben wieder die Situation von zwei Supermächten und einer Anzahl von Grossmächten, wie vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, nur diesmal mit China als zweiter Macht.

Macht der Supermacht USA begrenzt

Dazu kommt, die Basis der bisher einzigen Supermacht USA ist auch in anderer Hinsicht angeschlagen. Zwar hat man noch die grösste Wirtschaft der Welt, zwar hat man noch die Weltleitwährung, zwar werden fast alle Erdölkontrakte noch in Dollar ausgefertigt, zwar ist die USA weiterhin die bei weitem stärkste Militärmacht auf der Welt und niemand kann es wagen, sich mit dieser Supermacht auf gleicher Augenhöhe militärisch anzulegen, aber der Einfluss der USA auf alle Abläufe auf der Welt, der bis zum Afghanistan- und Irak-Überfall in praktisch allen Fällen ausschlaggebend war, ist heute begrenzt, wenn auch immer noch gross.

Die Faszination, die das „strahlende Amerika“ mit seinen Filmen und seinem Pioniergeist in praktisch jedem Land ausübte, ist verblasst. Die Absurditäten der militärischen Überfälle auf arme Länder mit Folter und Massakern, nur notdürftig kaschiert unter dem Mäntelchen „Demokratie bringen“, haben Millionen und Abermillionen von kritischen Menschen überall auf der Welt zu „US-Skeptikern“ gemacht und das hat weit tiefergreifende Auswirkungen, als es die Strategen in Washington vorausgesehen hatten und wahrhaben wollen.

Ein Beispiel war die Abstimmung über die Kuba-Sanktionen letzte Woche in der UN-Vollversammlung. Die US-Sanktionen gegen Kuba wurden mit 180 Stimmen gegen 4 bei einigen wenigen Enthaltungen verurteilt und die USA aufgefordert, sie einzustellen. Die vier Stimmen dagegen waren die der USA, Israels sowie von zwei winzigen US-Protektoraten im Pazifik, die rein formal als eigenständige Länder fungieren.

Zwar hatte diese Abstimmung keinerlei reale Bedeutung, weil die US-Regierung sich natürlich einen feuchten Kehricht um eine solche Verurteilung schert, aber sie war doch gleichzeitig ein Menetekel: USA und Israel sind isoliert auf der Welt. Soweit sie noch Anhänger haben, dann nur wegen tatsächlicher Abhängigkeiten oder wegen ideologischem Gleichklang.

„Business as usual“

Natürlich herrscht in Washington „business as usual“, aber langsam wird die Tatsache, dass man Gesellschaft bekommen hat auf der Ebene „Supermacht“, sich langsam auch ins Bewusstsein des offiziellen Washington einschleichen.

Dabei sind die beiden neuen Supermächte in einer speziellen und engen Weise miteinander verbunden, ja sogar aneinandergekettet, die einen gewaltigen Unterschied zum Zustand der zwei Supermächte USA und Sowjetunuion ausmacht, wie er bis etwa 1990 herrschte. Das ganze chinesiche Währungssystem und damit auch die ganze Wirtschaft sind nämlich basiert auf einer imensen Anhäufung von Dollars und Dollarbonds im chinesichen Staatsschatz.

Wirtschaftsmacht China 1

Jeder Fall des Dollar schwächt auch China und China hat das allergrösstes Interesse, den Dollar so stark wie möglich bleiben zu lassen und ihn weiterhin als Weltleitwährung zu haben. Andererseits will China aber selbst Supermacht werden und das geht nur, wenn man etwas von den USA abknapst.

Damit steht der Wirtschaftkoloss China vor einer praktisch unlösbaren Aufgabe: Einerseits die seiner wirtschaftlichen Stärke angemessene internationale Stellung einzunehmen, was ja im wesentlichen auf Kosten der Vereinigten Staaten gehen muss, auf der anderen Seite aber die Kraft der Wirtschaft der USA, wenn möglich, unverändert lassen, um den Dollar als Basis Chinas nicht zu schwächen.

Wahrscheinlich wird allerdings die tatsächliche Entwicklung den Chinesen gar nicht viel Spielraum lassen. Wenn, wie vorauszusehen, die Wirtschaft der USA unweigerlich in eine Krise schlittert, wenn der Dollar weiterhin beständig an Wert verliert, wenn die Kaufkraft des Kunden „US-Markt“ angeschlagen wird, dann wird China mitleiden, ob es will oder nicht.

Wohin das im Einzelnen führt, kann man nicht sagen.

Sieht man das Ganze aus der Sicht der US-Regierung, so ist die Drohung riesig und man möchte nicht in deren Haut stecken. Nicht nur, dass der chinesische Drache das Haupt erhebt, er hat auch die Hand auf einer Anzahl von Dollars und Dollar-Bonds, die ausreicht, die USA in den Bankrott zu treiben, wenn man will.

Würde China jetzt beginnen, massiv Dollars und Dollar-Bonds zu verkaufen, ginge der Dollar und der Wert seiner Bonds in den Keller – und das könnte heissen ins achzehnte Untergeschoss. Die gesamte Wirtschaftsmacht USA wäre stark angeschlagen und von einer Supermacht könnte keine Rede mehr sein.

Wie man am Beispiel der Sowjetunion gesehen hat, muss hinter einer grossen Militärmacht immer auch eine grosse Wirtschaftsmacht stehen, sonst ist es aus mit der Rolle als Supermacht.

Gleichzeitig würde aber ein völliger Verfall des Dollars die Basis der chinesischen Wirtschaft bis ins Mark erschüttern. Das wäre dann auch schon das Ende der eben errungenen Position der zweiten Supermacht.

Das Ergebnis könnte in diesem Fall eine polyzentrische Welt werden, in der eine Anzahl grosser Mächte um die Vorherrschaft kämpfen.

Es könnte aber auch sein, dass China es doch schafft, sich von der Bindung an den Dollar zu lösen, ohne seine extreme wirtschaftliche Dynamik zu verlieren. Dann könnte wieder ein anderes Szenario aufscheinen: Das mit der einzigen Supermacht China.


Veröffentlicht am 7. November 2007 in "Nachrichten-heute"

Originalartikel

Mittwoch, 7. November 2007

Brasilien: São Paulo ist Meister

Fussball: Brasilien und Südamerika

Von Karl Weiss

Bereits 5 Spieltage vor Schluss ist der São Paulo F.C. nun auch rechnerisch Meister der A-Serie der brasilianischen Fussballmeisterschaft. Mit einem Sieg gegen Sport Recife im heimischen Morumbi-Stadion mit Anrecht auf eine Freistoß-Tor des Torhüters Sene wurde endgültig abgesegnet, was bereits seit dem Sieg gegen den damaligen Haupt-Verfolger Cruzeiro Belo Horizonte klar war: Der Club aus der größten Stadt südlich des Äquators hat mit Abstand die beste Saison hingelegt.

Das Geheimnis der Mannschaft ist die Abwehr und der Torhüter. Dies wird deutlich, wenn man die Zahl der geschossenen und erhaltenen Tore ansieht. In der aktuellen Tabelle vom Abend des 4. November 2007, mit 3 Spieltagen ausstehend, hat São Paulo nur 13 Tore in der ganzen Saison hinnehmen müssen und 14 Punkte Vorsprung vor dem Zweiten. Der zweitbeste in dieser Spalte ist Fluminense Rio de Janeiro, heute Sechster, mit 34 Gegentoren!

Obwohl Torhüter Rogerio Sene, der Freistöße schießen kann wie sonst (fast) nur noch Ronaldinho, schon nicht mehr der jüngste ist, gehen Gerüchte um ein Angebot aus Europa für ihn um. Da allerdings nach allgemeiner Kenntnis Mailand keinen dritten großen Club hat, sind seine Chancen für einen lukrativen Europa-Vertrag wohl gering. (Anmerkung: Die beiden anderen überragenden brasilianischen Torhüter, Dida und Julio Cesar, spielen bei den beiden mailändischen Vereinen A.C. respektive Inter.)

Der Angriff des Meisters dagegen ist nur durchschnittlich: Mit 51 erzielten Toren bleibt man hinter dem besten Sturm, dem von Cruzeiro, jetzt Dritter (71), hinter Náutico Recife, Fünfzehnter (61), Botafogo Rio de Janeiro, Achter (56), Santos, heute Zweiter (52), Flamengo Rio de Janeiro, Vierter (52), Sport Recife, Dreizehnter (52), Atlético Mineiro Belo Horizonte, Vierzehnter (52 und gleichauf mit einer Anzahl anderer Clubs, darunter dem Elften, Figuerense Florianópolis.

Der Meister in seiner besten heutigen Besetzung kann auf internationalem Niveau absolut mithalten, auch wenn keine einziger der Spieler über das Land hinaus bekannt ist. Das wurde belegt, als sich São Paulo vor kurzem in der Copa Sulamericana gegen Libertadores-Sieger Boca Juniors Buenos Aires durchsetzte. Man könnte heute auf gleicher Augenhöhe einen F.C. Bayern München, Barcelona, A.C. Mailand oder Real Madrid begegnen.

Damit ist São Paulo gleichzeitig auch Rekordmeister mit 5 Meisterschaften. Brasilianische Meisterschaften, bis vor vier Jahren noch als Turniere ausgetragen, gibt es erst seit 1971.

Allerdings gibt es eine Polemik über das Jahr 1978, in dem 13 Vereine eine eigene „Gegenliga“ aufmachten und ihren eigenen Meister kürten, damals Flamengo. Der „offizielle“ Meister des Fussballverbandes war dagegen Sport Recife. So kommt es, dass der Verband für Flamengo nur 4 Meisterschaften zählt, während alle Anhänger von Flamengo wissen, man hat 5 Meisterschaften gewonnen und São Paulo hat jetzt lediglich aufgeholt.

Was jetzt noch offen ist und an den letzten drei Spieltagen für viel Aufregung sorgen wird, ist, wer sich mit den Plätzen zwei, drei und vier für die Libertadores des nächsten Jahres qualifizieren wird, wer in der zweiten Jahreshälfte an der Copa Sulamericana teilnehmen darf (Plätze 5 bis 11) und wer in den sauren Apfel beissen muss und absteigen.

Im Moment sind es Santos, Cruzeiro und Flamengo, mit nur vier Punkten Abstand zwischen ihnen, die auf den Libertadores-Plätzen stehen. Dabei ist Flamengo allerdings nur durch das Torverhältnis von zwei Verfolgern getrennt, Palmeiras São Paulo und dem Lokalrivalen Fluminense.

Im Abstieg steht bereits fest, América Natal und Juventude Caxias do Sul müssen im nächsten Jahr in der B-Serie antreten. Die beiden anderen Abstiegsplätze sind aber heftig umkämpft.

In einer Energieleistung hat Paraná Curitiba, das fast schon abgeschlagen auf dem drittletzten Platz lag, durch mehrere Siege, zuletzt gegen den Mitkandidaten Goiás Goiánia, Anschluss gefunden und ist heute Punktgleich mit Goiás, das nun auf dem viertletzten Platz liegt. Corinthians São Paulo, vor zwei Jahren noch Meister, nach Flamengo der Verein mit der größten Anhängerschaft in Brasilien, konnte am letzten Sonntag mit dem Ausgleich in der 92. Minute einen wertvollen Punkt gegen den Tabellen-Neunten, Atlético Paranaense Curitiba erringen und liegt jetzt einen Punkt vor dem Abstiegsplatz. Aber es ist noch nichts entschieden.

Die beiden anderen Abstiegsplätze werden zwischen Náutico, Corinthians, Goiás und Paraná ausgetragen, wobei es am 11.11. noch zu einem 6-Punkte-Spiel zwischen Goiás und Corinthians auf der Serra Dorada in Goiás kommen wird.

Die besten Chancen zu entkommen hat wohl Náutico, mit den meisten Punkten, mit zwei Heimspielen, u.a. noch gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten América. In höchster Not ist Paraná, das noch zwei Auswärtsspiele hat, die geringste Punktzahl und das Heimspiel gegen den Zweiten Santos. Zwischen Goias und Corinthians dürfte der viertletzte Platz vergeben werden. Dieses Duell kann Goiás bereits am kommenden Sonntag in der direkten Begegnung für sich entscheiden. Sollte dem Meister in Unentschieden Corinthians (bereits 12 Unentschieden in dieser Saison) aber in Goiánia wieder ein Unentschieden gelingen, ist alles offen.

Inzwischen wurden auch die nächsten Spiele in der diesjährigen Copa Sulamericana ausgetragen.

Die beiden letzten brasilianischen Vereine sind bereits ausgeschieden. Vasco Rio de Janeiro konnte erwartungsgemäss die 2: 0 – Niederlage in Mexiko-Stadt gegen America nicht wettmachen, gewann nur 1: 0 und schied aus. São Paulo musste dagegen büssen, dass das entscheidenden Spiele gegen die Millionarios aus Kolumbien mit einer Ersatzmannschaft bestritten werden musste, weil man gerade in einer kritischen Phase in der Meisterschaft war und die brasilianische Meisterschaft Vorrang hatte. Zu Hause verlor man 1: 0 und auf der Höhenlage von 2500 m in Bogota sogar 2: 0 und war damit auch draussen.

In den anderen beiden Viertelfinalen setzten sich die beiden verbliebenen argentinischen Vereine durch. Arsenal konnte überraschend mit einem 3:1-Auswärtssieg Chivas aus Mexiko ausschalten, während River Plate Buenos Aires trotz der Verlegung der Spiele mit dem uruguayanischen Vertreter Defensor Montevideo auf Zeitpunkte nach allen anderen Spielen mit einen 2:2-Unentschieden auf der anderen Seite des Rio de la Plata ein gutes Ergebnis erzielen, das zu Hause dann ein 0:0 –Unentschieden wegen der Auswärtstore zum Weiterkommen ausreichen liess.

Im Halbfinale treffen jetzt die beiden argentinischen Vertreter aufeinander, mit Hinspiel in Buenos Aires am 7.November und dem Rückspiel in Sarandí am 14. River Plate ist Favorit. Es wird also auf jeden Fall ein argentinischer Vertreter im Endspiel stehen.

Im zweiten Halbfinale trifft America Mexiko-Stadt auf die kolumbianischen Millionários, was eigentlich kein Problem für den mexikanischen Meister darstellen dürfte. Die Höhenlage in Bogota, die dem kolumbianischen Club immer einen Vorteil gab, greift ja gegen den Verein aus der mexikanischen Hauptstadt nicht, denn die liegt noch höher. Zudem ist das Rückspiel in Mexiko.

Damit sind zwei Endspiele zwischen River Plate Buenos Aires und America Mexiko-Stadt am 29. November und 5. Dezember zu erwarten. Favorit ist America, zumal es das Rückspiel wieder in der Höhenlage in Mexiko-Stadt haben würde.


Veröffentlicht am 7. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

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