Donnerstag, 15. April 2010

Katholische Kirche gegen die Menschheit

Das schlägt dem Fass den Boden aus

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Was sich die Katholische Kirche da leistet, geht wirklich langsam auf keine Kuhhaut mehr. Da wird das allgemeine Unwohlsein wegen der Behandlung der Fälle von Vergehen gegen Kinder in katholischen Institutionen und von katholischen Würdenträgern als eine „hasserfüllte Medienkampagne“ gegen die Kirche verunglimpft, da wagt es der Augsburger Bischof Mixa die eidesstattlichen Erklärungen seiner Opfer als „bösartige Erfindungen“ zu bezeichnen, die seine Reputation untergraben sollen. Da gibt man sich als Opfer, obwohl jeder denkende Mensch sehen kann, es handelt sich um die Täterorganisation.

Bischof Mixa und Kinder
Hier kann man den grossartigen Bischof Mixa im Kreis von Kindern sehen.

Inzwischen sind alle Foren, alle Diskussionsgelegenheiten voll von Anklagen von Katholiken gegen die angebliche Kampagne gegen die Kirche. Man kann heute bereits anhand der Anzahl von Leserbriefe und Einträge von kirchenfreundlichen Diskussionsbeiträgen in Foren und Diskussions-Seiten von einer von der Kirche gesteuerten Kampagne sprechen gegen die Personen, die mit ihren Erinnerungen an Vergewaltigungen und Prügel-Orgien an die Öffentlichkeit gegangen sind und nun von Katholiken „in der Luft zerrissen“ werden.

Nein, liebe Katholiken, diese Menschen sind die Opfer, nicht eure Kirche! Nein, liebe Katholiken, es gibt keine öffentliche Kampagne gegen die Kirche, sondern das unverständliche Staunen der Öffentlichkeit über das Verhalten einer Organisation, die sich als „heilig“ bezeichnet. Nein, liebe Katholiken, es geht nicht darum, dass Vergehen einzelner Menschen nun der ganzen Organisation angekreidet werden! Es geht, liebe Katholiken, um die REAKTION der Kirche auf die Fälle von brutalen Prügelorgien und von Vergewaltigungen von Kindern und abhängigen Jugendlichen.

Die Kirche hätte es nicht bei leeren Worten belassen dürfen, sie hätte sich aktiv auf die Seite der Opfer stellen müssen und nicht auf die ihrer sündigen Würdenträger. Das ist die Reaktion von autoritativen Regierungen, von verbrecherischen Mafia- und anderen Organisationen, wenn das Motto ist: „Right or wrong, our country“ oder „...our men“.

Sie hätte die Kinderschänder in ihren Reihen der weltlichen Justiz ausliefern müssen und nicht mit hohen Geldsummen und gerissenen Rechtsanwälten die Opfer zum zweiten Mal zum Opfer werden lassen dürfen. Wenn die Kirche als „heilig“ angesehen werden will (und sie lässt ihre Anhänger ununterbrochen wiederholen, sie sei „heilig“), dann durfte sie nicht die Fälle unter Geheimhaltung halten, nicht die Opfer mit Verleumdungsklagen bedrohen, nicht ihre Macht und ihr Geld einsetzen, um das Schweigen der Opfer zu erkaufen.

Missbrauchtes Vertrauen

Fälle wie die in diesem Artikel geschilderten („Ist der Papst der Antichrist?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/5588064/ ), in denen Privatdetektive gezahlt werden, um Opfer einzuschüchtern, hätten nie passieren dürfen und als es offenbar wurde, hätten die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden müssen (darum heißen sie „verantwortlich“).

Der Fall des US-Priesters Murphy, der bis zu 200 gehörgeschädigte Kinder vergewaltigt haben soll (hier steht nur deshalb nicht „vergewaltigt hat“, weil die Kirche über Jahrzehnte eine weltliche Untersuchung der Untaten dieses Herren verhindert hat – unter persönlicher Verantwortung von Kardinal Ratzinger, der heute Papst ist), wurde in unverantwortlicher Weise vor den weltlichen Autoritäten geheimgehalten, bis der Priester Jahrzehnte später todkrank war und man es als einen Akt der Barmherzigkeit auslegen konnte, ihn nicht mehr der weltlichen Justiz zu übergeben.

All dies, was man mit vollem Recht der Kirche als Institution vorwerfen kann, projiziert sich wie in einem Brennspiegel nun im Fall des Augsburger Bischofs Mixa. All die Unbarmherzigkeit, all die Hinterhältigkeit der Kirche gegen über den Opfern ihrer Würdenträger wird hier deutlich und genauso wird deutlich, es handelt sich um ungeheuerliche Vorwürfe eines Mannes, der niemals hohe Ämter in einer „heiligen“ Kirche hätte erreichen dürfen, gegen seine Opfer.

Obwohl inzwischen 7 (oder 9?) eidesstattliche Erklärungen vorliegen, die beweisen, der damalige Stadtpfarrer von Schrobenhausen, Mixa, war ein brutaler Schläger von Kindern, eventuell sogar ein kranker Sadist, leugnet er und klagt seine Opfer der „Verleumdung“ und „Diffamierung“ an. Da müsste eine „heilige“ Kirche eingreifen und diesen Mann aus dem öffentlichen Verkehr ziehen und ihn in einem Kloster, in dem nicht gesprochen wird, ein wenig darüber nachdenken lassen, was man den Opfern antun kann oder nicht – aber nichts dergleichen.

Nur um dies noch einmal zu erwähnen, wenn bestimmte Taten durch 7 Zeugen belegt sind, wenn diese Zeugen auch noch bereit sind, eidesstattliche Erklärungen abzugeben (, die Mixa bisher nicht für nötig hatte abzugeben), so besteht kein vernünftiger Zweifel mehr, dass der Täter die Taten begangen hat. Es wurden schon viele, viele, Mörder zum Tode verurteilt mit viel weniger als sieben Zeugen seiner Taten, oft sogar mit nur einem Zeugen.

Wenn man Mixa nun weiter machen lässt und seinen Sprecher nun sogar noch ungestraft sagen lässt, es handele sich um „Anschuldigungen aus den Halbdunkel“, so muss man allen Ernstes nach dem Geisteszustand der Oberen in dieser Kirche fragen einschließlich des Papstes.

Korpsgeist wäre das letzte, was man als vernünftiger Mensch nun der Katholischen Kirche raten dürfte, aber genau das ist es, was festzustellen ist. Was schon bei Polizeieinheiten, bei Militärs, bei kriminellen Organisationen als inakzeptabel angesehen wird, wenn es auch immer wieder zu beobachten ist, kann man beim besten Willen nicht einer Organisation zugestehen, die sich immer wieder als „heilig“ bezeichnen lässt und ihren obersten Repräsentanten sogar in seinen offiziellen Äußerungen als „unfehlbar“.

Eine Organisation, die den überführten Prügel-Mixa nicht in seine Schranken verweist, die seine gutgläubigen Anhänger dazu anstiftet, mit hasserfüllten Tiraden gegen ‚Ungläubige’ und ‚Andersgläubige’ die Leserbriefspalten, Foren und Diskussionsrunden zu füllen, anstatt in sich zu gehen, kann nicht mehr wirklich für voll genommen werden, geschweige denn, dass man einer solchen Organisation zugestehen könnte, sie könnte ein Leitbild sein. Man wird im Gegenteil versuchen müssen, genau nicht diesen Götzenbildern anzuhängen, sondern seine eigene Vernunft walten zu lassen.

Denn diese Organisation hat offenbar längst Ihre Verpflichtung gegenüber Jesus vergessen, der gesagt hat: "Wer einem dieser Kleinen, die an mich glauben, ein Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er versenkt wäre in der Tiefe des Meeres."

Zusatz zum Artikel

Passenderweise hat sich kurz nach Erscheinen dieses Artikels auch "telepolis" mit diesem Thema beschäftigt. Hier, was dort am 17. 4. 2010 geschrieben steht:

Kardinalsbelobigung für Vergewaltigungs-Vertuschung

Einem Bischof, der einen pädophilen Priester trotz Wissens über mehrere Missbrauchsfälle nicht anzeigte, wurde dafür von einem hohen vatikanischen Würdenträger brieflich gratuliert

Vor 10 Jahren verurteilte ein französisches Gericht den katholischen Geistliche René Bissey wegen mehrfacher Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch zu 18 Jahren Gefängnis. Bissey, so war bei den Ermittlungen herausgekommen, hatte sein Unwesen nur deshalb so lange treiben können, weil ihn der damalige Bischof der westfranzösischen Diözese Bayeux-Lisieux zwar von seinen Taten wusste, aber nicht entsprechend dagegen einschritt. Darauf hin zeigten die Eltern mehrerer Opfer auch diesen an - und auch ihn befand ein Gericht für schuldig und sprach eine Bewährungsstrafe in Höhe von drei Monaten aus.

Nun wurde über die Zeitschrift Golias bekannt, dass der erst im vorigen Monat in Pension gegangene Bischof Auguste Gratien Pican für sein Schweigen ein Belobigungsschreiben des vatikanischen Präfekten der Kongregation für den Klerus erhielt. In dem auf den 8. September 2001 datierten Dokument gratuliert der als konservativer Hardliner bekannte Kolumbianer Darío Castrillón Hoyos[5] dem Franzosen und teilt ihm mit, er freue sich "einen Mitbruder im Bischofsamt zu haben, der vor den Augen der Geschichte und aller anderen Bischöfe der Welt das Gefängnis dem Verrat an einem ihm unterstellten Priester vorzieht". Aufgrund der "geistigen Vaterschaft" zwischen einem Bischof und seinem Priester, so Hoyos, habe Pican moralisch ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden, weshalb er "recht gehandelt" habe und anderen als Vorbild empfohlen würde.

Auch in den USA macht der katholische Klerus weiterhin Negativschlagzeilen: Dort riefendie drei Bischöfe von Connecticut ihre Gläubigen zum Widerstand gegen die geplante Aufhebung der bisher 30jährigen Verjährungsfristen bei Kindsmissbrauch auf. In einem bei Gottesdiensten verlesenen gemeinsamen Brief begründen sie dies unter anderem damit, dass solch eine Gesetzesänderung "alle kirchlichen Institutionen gefährden" würde. Am anderen Ende des Landes, in Alaska verklagen Eskimos währenddessen eine ganze Reihe von Ordenspriestern. Ihnen zufolge erklärt sich die auffällige Häufung von Kindsmissbrauch in ihrer Heimat nur dadurch, dass ihre Gemeinden gezielt als Entsorgungsplätze für Pädophile genutzt wurden.

Mittwoch, 14. April 2010

Es gibt noch Richter in den Vereinigten Staaten

Bundes-Richter erklärt Bushs Abhörpraxis für illegal

Von Karl Weiss

Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren mit den USA. Obwohl die Degenerierungserscheinungen laufend fortschreiten, gibt es doch immer noch aufrechte Menschen in den USA, die nicht völlig von Hass, Gewalt und Unterdrückung begeistert sind und sogar solche, die noch Wert auf bestimmte demokratische Rechte legen, z.B. das Recht auf eine Privatsphäre, die nur nach richterlicher Genehmigung angetastet werden darf.

11. September 2001

Nach den Anschlägen des 11. September in den USA waren in der Praxis eine ganze Reihe von demokratischen Rechten in den USA faktisch gestrichen worden, zum Teil durch das Gesetz „Homeland Protection Act“ und zum anderen Teil durch einfache Anordnung durch den Präsidenten Bush.

Zum letzteren gehörte ein umfangreiches Abhörprogramm, das durch den Inlands-Geheimdienst N.S.A. durchgeführt wurde. Viele Personen und Gruppen, die in Opposition zur Bush-Regierung standen, wurden ebenso ohne richterliche Zustimmung abgehört wie jegliche islamische Organisation und viele Personen islamischen Glaubens.

Die Abhörmethoden gingen dabei von geheimen Mikrofonen und Video-Kameras, die Räumen von Organisationen und in Wohnungen angebracht wurden zum Abhören von Telefonen und dem Überwachen des E-Mail-Verkehrs.

Bush

Nun, heute sind viele Jahre des illegalen Abhörens vergangen und die Ergebnisse sind: Null!

Es gibt nicht eine einzige Organisation innerhalb der Vereinigten Staaten, nicht eine einzige Person, die durch diese Bespitzelung als Terrorist oder terroristische Organisation erkannt und ausgehoben wurde. Nicht ein einziges Gerichtsverfahren gegen in den USA Ansässige wegen des Verdachts der terroristischen Aktivitäten wurde in den 8 ½ Jahren seitdem durchgeführt. Der einzige Prozess, der überhaupt durchgeführt wurde, war gegen einen am Flughafen bei der Einreise festgenommenen Ausländer – als kein Ergebnis der inneramerikanischen Abhörwut.

Bush und Chenney hatten immer behauptet: Die USA stünde ja im Krieg („Krieg gegen den Terrorismus“) und in Kriegssituationen habe der Präsident absolute frei Hand für alles, was er für die Sicherheit des Staates nötig hält.

Nun hat der US-Bundesrichter Vaughn R. Walker die Abhörpraxis in einem konkreten Fall für gesetzeswidrig erklärt, weil sie gegen ein Gesetz verstößt, das für Abhöraktivitäten auf diesem Niveau immer eine richterliche Erlaubnis vorschreibt.

Die Bush-Regierung hatte 8 Jahre lang illegal und massenhaft abgehört – und das ohne richterliche Erlaubnis und ohne Ergebnis in der angegeben Richtung. Natürlich hat die Regierung so ein umfangreiches Mosaik aller oppositionellen Gruppen zusammenstellen können, das im Grunde jegliche oppositionelle Aktivität wie in einer Diktatur als staatsfeindlich brandmarkt.

Hat nun die Obama-Regierung von dieser Praxis Abstand genommen, sie verurteilt und sie vor Gericht gebracht? Nein! Zwar behauptete Obama, die Bespitzelung nicht fortgeführt zu haben – was allerdings niemand nachprüfen kann -, hat aber gleichzeitig versucht, in jedem Einzelfall eine gerichtliche Untersuchung dieser Praxis zu verhindern.

Als Argument wurde jetzt wie auch bei der vorherigen Regierung vorgebracht, die richterliche Untersuchung dieser Praxis würde Staatsgeheimnisse der USA eröffnen und das dürfe aus Sicherheitsgründen nicht geschehen.. Das ist ganz offensichtlich an den Haaren herbeigezogen, aber ein großer Teil der mit solchen Fällen beschäftigten Richtern hat dies Argument anerkannt, sich also wie in einer Diktatur der Regierung gebeugt. Dadurch wurde in irgendeiner Instanz immer ein „regimeergebener“ Richter angetroffen, so dass über diese ganze Zeit nicht ein einziger Fall wirklich zur richterlichen Untersuchung führte.

Erst jetzt, nach 8 ½ Jahren, hat sich ein Bundesrichter in San Franzisco gefunden, der in klaren Worten der Regierung ins Stammbuch geschrieben hat: Diese Behauptung von den Staatsgeheimnissen und der Gefährdung der Staatssicherheit ist ein Missbrauch und eine Übertretung der Kompetenzen der Regierung.

Im konkreten Fall handelte es sich um das Abhören der Räume und der Telefone sowie das Überwachen des E-Mail-Verkehrs einer islamischen Wohltätigkeits-Organisation mit dem Namen Al Haramain, die im Bundestaat Oregon tätig war.

Einer der Anwälte, der für jene Organisation gegen die Überwachung geklagt hatte, pries die Entscheidung des Richters in den höchsten Tönen: „Der Präsident, wie jeder andere Bürger, muss sich an die Gesetze halten. Ob die vom Kongress beschlossenen Gesetze eingehalten werden, kann nicht im Ermessen des Präsidenten liegen. Der Richter hat die Auslegung der Exekutivgewalt durch Bush und Chenney zurückgewiesen.“

Der Fall des Abhörens von Al Haramain war öffentlich geworden, weil versehentlich ein geheimes Dokument über diesen Fall des Abhörens veröffentlicht worden war. Obwohl dieses Dokument nicht als Beweis verwendet werden durfte, konnten die Anwälte die Tatsache der Überwachung beweisen. Der Richter entschied nun, dass die Organisation gesetzwidrig überwacht wurde und damit Anspruch auf eine Wiedergutmachungszahlung hat.

Allerdings kann die Regierung noch in die nächste Instanz gehen.


Veröffentlicht am 13. April 2010 in der Berliner Umschau

Samstag, 10. April 2010

USA: ‚Eine Krise von Vergewaltigungen Jugendlicher in unseren Gefängnissen’

Ein offenes Geheimnis – und die Gesellschaft schweigt

Von Karl Weiss

Die US-Gesellschaft, schon geprägt von Gewalt seit den Zeiten der ersten europäischen Einwanderer, die Indianer ausrotteten, wird nun, da das Zeitalter des Kapitalismus zu Ende geht, das von den USA geprägt wurde wie von keinem anderen Land, zu einer immer gewaltsameren und hasserfüllten Gesellschaft, die brutalste Gewalt, sexuell und nicht sexuell, gegen Jugendliche und junge Männer und Frauen hinter ihren Gefängnismauern als normal, ja eventuell sogar als wünschenswert hinnimmt.

Zeichnung von der Übergabe der mit dem Pockenvirus infizierten Decken an die Indianer

In einem Artikel der New York Times wird zum Beispiel vom 16 Jahre alten Rodney berichtet, der wegen Brandstiftung sofort zu Gefängnis ohne Bewährung verurteilt wurde (Man vergleiche die Verurteilungen von Priestern in Deutschland, die zig Kinder vergewaltigt haben: Alle erhalten Bewährung). Er wurde nicht in einer Jugendstrafanstalt untergebracht, sondern in einem Erwachsenengefängnis, eine Praxis, die immer mehr um sich greift in den USA, ebenso wie das Verurteilen von Kindern zu Gefängnis.

Bereits innerhalb der ersten Woche im Gefängnis wurde er von Mitgefangenen vergewaltigt („sodomized“: der US-englische Begriff für homosexuelle Vergewaltigung). Da über ein Drittel der US-Gefängnis-Insassen HIV-positiv sind, musste vermutet werden, er sei bereits angesteckt worden. Er beantragte daraufhin, in eine geschützte Institution verlegt zu werden, was ihm verweigert wurde. In den darauffolgenden Monaten wurde er von Mitgefangenen wiederholt verprügelt, musste ihnen immer wieder zu oralem Sex zur Verfügung stehen (auch eine Art von Vergewaltigung) und auch noch ausgeraubt. Danach konnte er die ständige Furcht, den Horror, in dem er lebte, nicht mehr aushalten: Er erhängte sich.

Detainees Guantánamo

Dies ist kein Einzel- und schon gar kein Ausnahmefall. Die Statistik zeigt: „Juvenils“ (das sind Gefangene unter 18 Jahren) habe statistisch ungefähr die doppelte Chance, im Gefängnis vergewaltigt zu werden als Erwachsene. Das gilt sowohl für Jungen als auch für Mädchen. Die Vergewaltiger sind oft Mitgefangene, aber noch häufiger die Gefängnis-Aufseher.

Eine offizielle Kommission, die solche Fälle untersuchte, kam zu dem Schluss: „Wir stehen angesichts einer Krise von Vergewaltigungen von Minderjährigen in unseren Gefängnissen.“

Nicholas D. Kristof, ein „Golden Globe“-Preisträger unter den Journalisten, berichtet in seinem Artikel zu diesem Thema, dass einer der Gründe ist, warum so viele Vergewaltigungen in den Gefängnissen – und speziell von Wärtern – stattfinden, dass man in den USA dazu übergegangen ist, auch Frauen als Wärter in Männer-Gefängnissen einzusetzen und umgekehrt. Über 10% der Jungen in Jugendstrafanstalten berichten über sexuelle Kontakte mit Aufseherinnen. Unter den Mädchen in Jugendstrafanstalten sagten 5%, bereits in sexuelle Aktivitäten mit männlichen Aufsehern verwickelt gewesen zu sein. Die Begriffe "sexuelle Kontakte" und "sexuelle Aktivitäten" sind die direkten Übersetzungen des Artikels. Der korrekte Begrif für jegliche Art von Sex zwischen Wärter(innen) und Insassen ist Vergewaltigung.

In den weiblichen Gefängnissen sind heute bereits eine Mehrheit der Aufseher männlich.

Insgesamt gibt es sogar mehr Fälle von Übergriffen weiblicher Aufseher als von männlichen.

Einer von acht Jugendlichen, die in Jugend- und anderen Gefängnissen sind, wurden im Jahr 2009 vergewaltigt. Das ist das Ergebnis einer Studie des US-Justizministeriums. Dort wurde auch berichtet über Fälle, in denen männliche Aufseher Mädchen beim Duschen beobachteten, während in anderen weibliche Jungen beim Duschen „beaufsichtigten“.

Die Kommission, die diese Fälle berichtete, nennt auch ein Gefängnis, in dem die Häftlinge routinemäßig durchsucht werden und dabei vor weiblichen Aufsehern ihre Hinterbacken öffnen müssen. Als einer dies verweigerte und darauf bestand, dies nur vor männlichen zu tun, wurde ein „Taser“ angewandt, um ihn „stillzustellen“.

Elektroschocker "Taser"

Die Kommission hat Vorschläge für Änderungen gemacht, aber nichts davon wurde bisher angegangen. Man scheint in der US-Regierung und dem Rechtswesen gut mit diesen Übergriffen leben zu können. Es braucht wohl nicht mehr ausdrücklich erwähnt zu werden, dass alle diese Vergewaltigungen, seien sie durch Aufsichtspersonal oder durch andere Insassen, immer und grundsätzlich straffrei bleiben.

Auch dies ist eine der Auswirkungen der „Zero-Tolerance-Policy“ die in weiten Teilen der USA angewandt wird. Ihr letztendliches Ergebnis war, dass nun auch kleinere Transgressionen, die früher mit einer Verwarnung, einer Geldstrafe, Arbeit in wohltätigen Organisationen oder einer Bewährungsstrafe geahndet wurden, nun bereits im Regelfall mit Gefängnis ohne Bewährung bestraft werden. Dadurch wird ein ins Gewicht fallender Teil der Bevölkerung ins Gefängnis gebracht (so ist einer von acht schwarzen männlichen US-Amerikanern im Gefängnis).

Die schweren Delikte, wie Mord, Todschlag, bewaffneter Raubüberfall oder Vergewaltigung sind dadurch dort aber eben nicht zurückgegangen. Wir sollten uns ernsthaft überlegen, ob wir wirklich unseren Politikern wie damals Schill (der heute kokst) oder heute Roland Koch folgen sollten, die diese Maßnahmen auch in Deutschland einführen wollen.

Schill beim Koksen

Überhaupt ist es die Frage, ob wir weiterhin alles sklavisch nachahmen sollten, was aus den USA kommt. Wollen wir wirklich eine Gesellschaft voller Gewalt, Missgunst, Rachsucht und Hass?


Veröffentlicht am 9. April 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 9. April 2010

Steuerzahlerbund manipuliert

Wie man die ‚Steuern‘ hochrechnet

Von Karl Weiss

Deutschland habe die höchste Steuerlast aller OECD-Länder (das sind die entwickelten Länder), wird in einer Pressemitteilung des Bundes der Steuerzahler behauptet. Da stutzt natürlich jeder, der schon einmal in einem der skandinavischen Länder gewesen ist. Der Trick ist einfach: Der Steuerzahlerbund hat einfach „und Abgaben“ mit unter Steuern subsummiert. Ebenso hat er die Mehrwertsteuer mit einbezogen – und dann wieder doch nicht.

Ja, so kann man die Öffentlichkeit an der Nase herumführen. Man wechselt acht mal die Grundvoraussetzungen in den errechneten Beispielen und mischt dann die 8 Ergebnisse kräftig durch. So kann man dann mindestens eines finden, welches das gewünschte Ergebnis zeigt.

Einmal wird behauptet, einem normal verdienenden Ehepaar mit zwei Kindern würden in Deutschland 42,8 % Steuern und "Abgaben" und Mehrwertsteuern abverlangt. Der Durchschnitt der OECD-Länder sei nur bei 34,3 Prozent. Hmmm, haben Sie den Trick bemerkt?

Ja natürlich, da wurden alle Sozial- und Krankenversicherungen mit einberechnet. Vergleicht man mit dem OECD-Durchschnitt, der natürlich hauptsächlich vom bei weitem größten OECD-Land USA geprägt wird, kommt man da natürlich auf Äpfel und Birnen.

In den USA zahlt niemand einen Krankenkassenbeitrag, der direkt vom Einkommen abgezogen wird, aber vom Steuerzahlerbund als „Abgabe“ eingebaut wird. Der US-Bürger muss, um krankenversichert zu sein, stattdessen eine private Krankenversicherung abschließen, die ihm weit teurer kommt als dem Deutschen die Krankenkasse. Nur ist dies eben keine „Abgabe“ nach Definition des Steuerzahlerbundes.

Westerwelle

Das gleiche gilt für die Rentenversicherung. In den USA gibt es kein öffentliches Rentenversicherungssystem. Wer im Alter nicht verhungern will, muss von seinem Einkommen über die Jahre eine Menge Geld abzwacken, um dann am Ende eine kleine Rente, eine Auszahlung der Lebensversicherung oder Immobilien zu haben, die sich vermieten lassen. Das zählt der Steuerzahlerbund natürlich nicht, denn das sind ja keine „Abgaben“!

Pfau

Und so geht es weiter mit der Arbeitslosenversicherung, der Pflegeversicherung, der Solidaritätsabgabe (das ist nun mal wirklich eine Abgabe) usw. Dazu kommt dann noch: Die USA haben keine Mehrwertsteuer. Zwar wird in den einzelnen Staaten eine generelle Steuer auf jeden Verkauf erhoben, meistens 10%, aber das ist ja keine Mehrwertsteuer.

So kommt man dann auf das phantastische Ergebnis: in den USA zahlt man nur etwa 15 bis 20% Steuern, während man in Deutschland vom bösen Staat mit 42,3% Steuern (und "Abgaben" und Mehrwertsteuer) belegt wird.

Nur würde man beim direkten USA-Deutschland-Vergleich den Braten riechen. Also macht man den nächsten Trick und versteckt die Zahlen der USA und anderer Länder ohne öffentliche Vorsorgesysteme und ohne Mehrwertsteuer im „Durchschnitt der OECD-Staaten“.

Da müsste man mal die Gegenrechnung aufmachen, ob der Unterschied zwischen Deutschland und dem Durchschnitt der OECD-Länder von 42,8 minus 34,3 = 8,5 % des Brutto in irgendeinem jener Länder ausreicht, um einen Krankenversicherungsschutz, eine Altersversorgung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Pflegeversicherung zu haben und dazu noch die Mehrwertsteuern (die keine sind) zu zahlen für alles, was man kauft.

Dann wird die nächste Rechnung aufgemacht: Angeblich zahle ein lediger Alleinverdiener in Deutschland 53,6 % seines Brutto-Einkommens an den Staat (ist da wieder die Mehrwertsteuer drin versteckt – oder diesmal nicht – ohne das zu erwähnen?). Da kann man sich schon vorstellen, da hat man nun nicht mehr einen durchschnittlich Verdienenden genommen. Außerdem hat man da offensichtlich keine Abschreibungsmöglichkeiten angewandt – ganz zu schweigen davon, dass jemand mit einem so hohen Einkommen leicht einen Teil des Geldes unversteuert ins Ausland schaffen kann. Es wäre doch einmal interessant, eine reale wirklich lebende Person in Deutschland zu finden, die tatsächlich 53,6% Steuern zahlt.

Das wäre doch einmal eine Aufgabe für den Bund der Steuerzahler, diese reale Person zu finden. Der Bürger-Journalist, als er noch in Deutschland arbeitete und recht gut verdiente, kam einmal für einen Monat fast an diesen Prozentsatz heran. Doch dann kamen schon die Abschreibungsmöglichkeiten. Man musste natürlich eine zusätzliche Altersversorgung abschließen, die man abschreiben konnte und dann eine Wohnung in einem Sanierungsgebiet kaufen, auf die hohe jährliche Abschreibungen anfielen usw. usw.

Welche Interessen vertritt dieser Steuerzahlerbund eigentlich, dass er solche Zahlenspiele nötig hat? Wer steckt da dahinter? Die FDP?


Veröffentlicht am 7. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 8. April 2010

Anheuser Busch & InBev - Wie ein Konzern zerstört wird

‚Sharholder-Value‘ ist kein Wert

Von Karl Weiss

Ein klassisches und kaum zu übertreffendes Beispiel für den an Wahnsinn grenzenden Unsinn der Neoliberalen-Ikone „Sharholder-Value“ ist die in Deutschland kaum zur Kenntniss genommene Übernahme von Anheuser-Busch (A.-B.) durch den Belgisch-Brasilianischen Braukonzern InBev (International Beverages), der nun der grösste Bierbrauer der Welt ist.

Bier

Das Ganze begann in Brasilien, wo die Brauerei Brahma vor etwa 25 Jahren die neue Marke ‚Skol‘ herausbrachte, mit der es ihr gelang, an die Spitze der Beliebtheit der Biere in Brasilien zu kommen, während die eigene vorherige Marke ‚Brahma’ den zweiten Platz einnahm. Als nächstes kaufte man, nach diesem Erfolg voller Barmittel, den verbliebenen wichtigsten Konkurrenten ‚Antartica’. Damit hatte man die drei grössten Brasilianischen Biere und konnte den Markt diktieren (So werden Bars und Getränkevertriebe zum Beispiel nicht mit diesen drei meist verlangten Marken beliefert, wenn sie nicht unterschreiben, keine der Konkurrenz-Biermarken zu verkaufen). Die Coca Cola versuchte, mit der Marke ‚Kaiser‘ in diese Phalanx mit einer riesigen Werbekampagne einzudringen, die praktisch die ganzen Neunziger Jahre gefahren wurde („Kaiser ist ein grosses Bier“), aber die drei von der Brahma-Stelle blieben an der Spitze. Im neuen Jahrtausend versuchte eine vorher kaum bekannte Marke, ‚Scin’ (‚Scincariol’), mit einer ebenfalls gross angelegten Werbe-Kampagne die drei Grossen anzugreifen, aber außer ein paar Monaten von höheren Verkäufen als der dritte, ‚Antartica’, versandete auch diese Kampagne und die Dominanz besteht bis heute.

Brasilien (topographisch)

Nur um einen Eindruck zu geben: Heute wird eine Alu-Dose mit 350 ml von ‚Skol’ für etwa 1,60 Reais verkauft, jene mit ‚Brahma’ für 1,45, jene von ‚Antartica’ für 1,20, während sich Marken wie ‚Kaiser, ‚’ Scin’ oder die aufstrebenden ‚Sol’ oder ‚Itaipava’ mit 1,10 bis 1,05 zufrieden geben müssen. Noch kleinere Marken verkaufen unter 1 Real. Dabei kann höchstens ein ausgesprochener Bierkenner diese Marken mit verbundenen Augen am Geschmack unterscheiden.

Der nächste Akt war die Vereinigung der grössten belgischen Brauerei (Hauptmarke ‚Stella Artois‘), die eine starke Stellung nicht nur in Belgien hatte, einem klassischen Biertrinker-Land, sondern auch in Frankreich, England, den Niederlanden und Teilen Deutschlands, mit der Brahma-Brauerei und die Gründung der AmBev. Entgegen dem anfänglichen Eindruck, die Belgier hätten die Brasilianer aufgekauft, wurden der Präsidentenposten und sechs der wesentlichen Managerposten mit Brasilianern aus der Brahma-Küche besetzt, auch wenn der Sitz in Belgien war. Teil der AmBev/In Bev wurde dann inzwischen auch die deutsche Marke ‚Becks’.

Das brasilianische Team ist ganz ohne Zweifel völlig unbrasilianisch und eine der wohl aggressivsten und rücksichtslosesten Gruppe von Managern, die der Getränke-Weltmarkt, und sogar der Markt überhaupt je gesehen haben. Dies stellten sie unter Beweis bei der feindlichen Übernahme von Anheuser-Busch im Jahr 2008, dem US-Marktführer mit den Marken ‚Budweiser‘, ‚Bud Light‘ und ‚Michelob‘, und bei der anschliessenden versuchten Umgestaltung des US-Konzerns in eine Dividenden–Quelle der ersten Kategorie.

Anheuser-Busch war eine jener traditionellen Firmen, die aus dem 19.Jahrhundert kamen, sehr erfolgreich waren, aber dann den „Biss“ verloren und sich ein wenig verloren hatten, mit riesigen Investments in Themen-Parks, in chinesischen Bierbrauereien, in unglaublich aufwendigen Werbekampagnen, in extremen Privilegien für die eigenen Manager und im gleichzeitigen Übersehen der tatsächlichen Trends im Bier-Markt.

Zum Zeitpunkt der Übernahme 2008 verkaufte A.-B. 48,9% der Fass-Biere in den USA und verkaufte 11 „Billion“ (Milliarden) Flaschen Bier. Das machte die Brauerei zur grössten in den USA, aber die Miller und Coors waren auf den Fersen.

Um nur einen Eindruck zu geben: Die Hauptmarke ‚Budweiser‘ war noch vor 25 Jahren mit über 40% des US-Marktes der absolute Spitzenreiter. Zum Zeitpunkt der Übernahme war diese Beteiligung auf 9% geschrumpft. Allerdings hatte A.-B. selbst einen grossen Anteil an diesem Wandel. Heute ist ‚Bud Light‘ die grösste Einzel-Marke in den USA und die neuere A.-B.-Marke ‚Michelob‘ ist auch schon grösser als ‚Budweiser‘.

Kurz: Die Aktionäre von A.-B. waren nicht so sehr zufrieden, die Aktie gab nie zu Freudensprüngen Anlass, während es ein einziges Meer der Freuden gewesen sein muss, bei Anheuser-Busch Manager gewesen zu sein. Die oberen Chargen waren nur in Jets der firmeneigenen Flotte von Flugzeugen unterwegs, die schon den Namen Bud-Air erhalten hatte.

Grosszügige Altersabsicherung, Lebensversicherungen von der Firma und ähnliches waren an der Tagesordnung. Ausserdem war diese Brauerei eine der sichtbarsten Firmen in den USA: Ihre riesigen Werbekampagnen waren berühmt. Die besten Werbeagenturen rissen sich um den Busch-Account. Jedes Jahr wartete alles gespannt auf die neue Werbung zum „Super-Bowl“ (Endspiel der American Footbol-Liga) von ‚Bud’, die Jahr für Jahr zur besten gekürt wurde. Die Olympischen Winterspiele wurden immer exklusiv als einziges Bier gesponsort, man hielt sich eigene Frauen-Fußball-(Soccer)-Vereine, ein prächtiges Pferdegestüt mit speziellen Brauerei-Pferden und die Busch-Gardens, riesige Themen-Parks, waren in vielen Teilen der USA ein Begriff.

Übrigens: Diese Busch-Familie hat nichts mit den Präsidenten-Bushs zu tun. Sie hatten auch das c nicht aus dem Namen gestrichen wie fast alle deutschstämmigen Amerikaner dieses Namens, als es in den Weltkriegen nicht angebracht war, aus Deutschland zu stammen.

Was die Trends im Bier-Markt in den USA betrifft: Es gibt einen allgemeinen Trend zu kleinen Marken von (scheinbaren oder echten) Hinterhof-Brauereien, die es in Tausenden von Geschmacks–Nuancen gibt. A.-B. hatte keine erfolgreiche Marke dieser Art kreiert.

Da trat also nun im Jahr 2008 InBev mit einem Angebot von insgesamt 46 „Billionen“ (Milliarden) Dollar an, um A.-B. feindlich zu übernehmen. Die Familie Busch wehrte sich mit allen erdenklichen Mitteln, es wurde sogar eine grosse Investment-Bank engagiert, um das Angebot abzuwehren, aber die Aktionäre hatten das letzte Wort. Sie nahmen das Angebot von InBev an und die Buschs mussten sich mit den Brasilianern einigen.

Im November 2008 war die Einigung perfekt und nun wurde A.-B. Teil der Gruppe InBev. Damit hatten sich zwei der vier grössten Bierbrauerkonzerne zusammengeschlossen und waren nun die grösste Brauer-Firma der Welt, knapp vor dem vorherigen Spitzenreiter SABMiller, der in London sitzt.

Allerdings hatte sich die InBev mit der Ausgabe von 46 Milliarden US-Dollar für die Übernahme der A.-B. gewaltig übernommen. Man hatte einen wesentlichen Teil dieser immense Summe zwar von einem Konsortium von Banken geliehen bekommen, um diesen Coup zu landen, aber die nun fälligen Rückzahlungen und Zinsen hätten den neuen, großen Konzern für viele Jahre fast bewegungsunfähig gemacht. So hatten denn die Banken auch Bedingungen gestellt für die Gewährung dieses Jumbo-Kredits: Massive Einsparungen im ganzen Konzern, um schnell vorzeitige Rückzahlungen tätigen zu können.

46 Milliarden US-Dollar scheinen uns heute nicht viel Geld zu sein, denn wir haben gesehen, dass selbst eine kleine, völlig unwichtige Bank wie die IKB mit genau solchen Summen von der Bundesregierung „gerettet“ wurde – natürlich alles aus unseren Steuergeldern - und das ging so fix wie man ein Glas Bier trinken kann. Unser Verhältnis zu großen Summen von Geld ist gestört.

Der Rettungs-Plan

In der Wirklichkeit, da wo man nicht einfach 100 Milliarden mit Finanztransaktionen verliert oder gewinnt, in der realen Welt, wo man Güter aus Rohstoffen produzieren muss, die man dann verkaufen kann und das gegen Konkurrenten auf dem Markt, in dieser Welt sind 46 Milliarden Dollar ein Heidengeld.

So war denn auch die Tinte unter dem Vertrag der Übernahme noch nicht trocken, als das brutale Brasilianer-Team bereits Massenentlassungen ankündigte: Allein in den USA bei A.-B. wurden etwa 6% der Belegschaft unmittelbar entlassen, dazu eine große Zahl von Beratern. Auch in Belgien gab es Massen-Entlassungen (und heftige Proteste dagegen).

Gleichzeitig wurden den neuen Top-Managern höchste Zig-Millionen-Boni versprochen, wenn sie es schaffen würden, das Verhältnis von Schulden zu Einkommen innerhalb von 5 Jahren zu halbieren.

So wurden dann logischerweise gleich weitere Maßnahmen geplant und durchgeführt, die sparen bzw. Geld in die Kassen bringen würden:
  • Die Busch-Gardens, die größte Themenpark-Organisation der Vereinigten Staaten, wurde verkauft, was schon einen Milliardenbetrag einbrachte, allerdings auch eine US-Ikone zerstörte. Das Freibier in den Parks wurde auch gestrichen.
  • Ein wesentlicher Teil der Anteile an chinesischen Brauereien wurde verkauft. Damit hat man sich allerdings aus dem zweifellos schnell wachsenden chinesischen Bier-Markt verabschiedet. Wo will man Wachstum suchen?
  • Allen hohen Managern wurden die persönlichen Assistenten und Sekretärinnen gestrichen.
  • Es wurde angekündigt: Ab 2012 wird die Firma nicht mehr in die Pensionskasse für die Angestellten einzahlen. Damit sind die Altersversorgungen, speziell für jüngere Mitarbeiter, praktisch gestrichen (in den USA gibt es keine obligatorische Rentenversicherung).
  • Die Löhne und Gehälter wurden gekappt. Es sollte ein Niveau von zwischen 80 und 100% des Durchschnitts für entsprechende Tätigkeiten in den USA erreicht werden. Tatsächlich sind heute die Löhne schon unter diese 80% gefallen.
  • Die Manager müssen sich statt eigener repräsentativen Büros nun mit Großraumbüros zufrieden geben.
  • Die Zahl der ausgegebenen Firmen-Blackberries wurden von 1200 auf 720 reduziert.
  • Die Frist für die Bezahlung von Lieferanten-Rechnungen wurde von 30 Tagen auf 120 Tage erhöht.
  • Die Budgets für die einzelnen Abteilungen müssen in jedem Jahr vom ersten Pfennig an neu begründet werden (Zero-Based Budgeting).
  • Die gesamte Flotte von Firmen-Jets wurde verkauft und man reist nun in Flugzeuge in der Touristenklasse.
  • Die vorherige Praxis, den Beschäftigten eine Lebensversicherung zu bezahlen, wurde eingestellt ab dem Jahr 2010.
  • Die vorherige Praxis, entlassenen Mitarbeitern Ausgleichszahlungen zu garantieren, wurde eingeschränkt.
  • Die aufwendigen Werbekampagnen wurden auf ein Minimum zusammengestrichen. Die eigenen Abteilungen für Anzeigen und Werbefilme wurden aufgelöst. Die meisten Verträge mit Werbeagenturen wurden gekündigt. Ob der Verzicht auf Werbung wirklich auf längere Sicht zu höheren Einnahmen führt, bleibt dahingestellt.

Für 2010 wurden bereits erneut Entlassungen angekündigt. Tatsache ist nämlich, dass die Bierverkäufe der InBev in den USA zurückgegangen sind. Dies wird allerdings auf die Krise zurückgeführt. Ob alle anderen Anbieter ebenfalls Rückschläge hinnehmen mussten, ist nicht bekannt.

Ein brasilianisches Magazin feiert die brasilianischen Top-Manager der InBev als die erfolgreichsten Brasilianer im Ausland. Was genau aber ist nun der Erfolg?

Die Aktien der InBev sind nach dem Einbruch durch die Übernahme deutlich gestiegen und werden nach dem Ende der Vorab-Rückzahlungen an die Banken wohl auch anständige Dividenden abwerfen. Es wird allerdings wohl eine Zeit dauern, bis die Dividenden der A.-B. wieder erreicht sein werden.

New Yorker Börse

D.h., man folgt genau den Komponenten der „Shareholder-Value“-Ideologie, ohne für lange Zeit überhaupt wirklich viel Wert für die Aktien-Inhaber zu schaffen. Nur die Banken haben hohe Zinseinnahmen.

Nun fragen Sie sich einmal, geneigter Leser: Was wurde nun wirklich an Positivem geschaffen mit dieser Wahnsinnsübernahme und den vielen Arbeitslosen, die sie gekostet hat?

Gibt es irgendeinen positiven Aspekt, wenn man einmal vom Ego der brasilianischen Manager absieht, das sicherlich ein neues Höchstniveau erreicht hat?

Das ist Kapitalismus in seiner Endphase.


Veröffentlicht am 8. April 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 6. April 2010

Dollar: Erste Absprung-Erscheinungen

Ist der Dollar nicht mehr der Herr der Welten?

Von Karl Weiss

In Idaho, einem kleinen US-Bundesstaat, wurde ein Gesetz mit nur einer Gegenstimme angenommen, das es den Bürgern des Staates erlaubt, ihre Steuerschulden nicht mehr in Dollar, sondern in „Silver Medaillons“ (kleinen Silbermünzen), zu zahlen, die vom Staat speziell zu diesem Zweck herausgegeben werden sollen.

Dollarnoten

Nun, das ist noch keine Tendenz des Ausstiegs aus dem Dollar, aber bereits das Anzeichen erster Erscheinungen des Absprungs aus der Spekulanten-Ikone „Greenback“, und das innerhalb des eigenen Landes.

Über Jahrzehnte, ja praktisch seit dem 2. Weltkrieg, ist der Dollar mit seinen US-Staatsanleihen („Dollar-Bonds“) der „safe haven“, der sichere Hafen, wenn man sein Geld vor allem vor Verlusten schützen will.

Die Anleger mit Millionen und sogar Milliarden in der Tasche, üblicherweise Spekulanten genannt, verhalten sich daher aus alter Treue oder auch schlicht aus Unwissenheit so, als ob der Dollar heute nicht gefährdet wäre. Wenn Griechenland ein Pleite-Kandidat ist, dann umso mehr die USA. Die Zahlen des Dollar-Landes sind schlechter als die griechischen.

Dollar Gasp

Vor allem ist es die Geschwindigkeit des Anstiegs der US-Staatsschulden, nicht nur die der Regierung in Washington, sondern auch die der Bundes-Staaten, der Sozialkassen und der Gemeinden, die Anlass zu der Annahme gibt, der Dollar werde das Jahr 2020 nicht mehr lebend erblicken. Die meisten Fachleute meinen sogar, so lange werde es nicht mehr dauern.

Natürlich würde eine kräftige Erholung der realen US-Wirtschaft, wenn die Produktion auf Vorkrisenniveau steigen, die Steuereinnahmen wachsen und der Konsum wieder anziehen würde, solche Befürchtungen bald gegenstandslos werden lassen, aber nichts dergleichen ist in Sicht.

Zwar steigt das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) der USA wieder an, doch diese Zahlen sind durch Finanzderivate künstlich aufgebläht. Damit stellen sie sogar die Gefahr neuer, schwerer finanzieller Probleme dar und nicht die Hoffnung auf einen Aufschwung.

Die Arbeitslosigkeit verharrt dort, wo sie ist, der Konsum, die Häuserkäufe, die Löhne, nichts deutet auf den Beginn eines neuen Aufschwungs hin. Ohne diesen aber wird die Staatsverschuldung bald nicht mehr bezahlbar sein, denn dazu müssten die Steuereinnahmen steigen und nicht fallen.

So werden zu einem bestimmten Zeitpunkt die ersten, die das begriffen haben, aus dem Dollar fliehen müssen, so wie der Staat Idaho dies jetzt in ersten Ansätzen tut.

Wahrscheinlich werden die chinesische und die japanische Zentralbank diejenigen sein, die dann versuchen werden, den Dollar zu verteidigen, denn sie haben ihre Staatsschätze fast vollständig in Dollar-Bonds angelegt, aber ab einem bestimmten Moment werden sie dann umschalten müssen auf: Verluste verringern! Ab diesem Moment wird es kein Halten mehr geben für Dollar und Dollar-Bonds, sie werden unweigerlich den Bach hinunter gehen.

Einige wollen die aktuelle kleine Erholung des Euro sogar bereits auf Umschichtungen so mancher Vermögen von Dollar auf Euro erklären und nicht mit der Griechenland-Hilfe.

Wie auch immer, es wird interessant werden. Vermutlich lohnt es sich, immer mal wieder den Dollarkurs im Vergleich zu anderen Währungen zu beobachten und die Zinsen, die man für Dollar-Bonds bekommt. Wer im richtigen Moment gegen den Dollar wettet im internationalen Spielkasino der Finanzwerte, kann ein Vermögen machen (so er denn schon ein Vermögen hat).

In den USA sind Leerverkäufe weiterhin erlaubt, also das Wetten gegen eine Währung (oder andere Finanztitel), ohne diese überhaupt zu haben. Auch in Europa wird bis auf weiteres erst nachgedacht über das Verbot.


Veröffentlicht am 6. April 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 5. April 2010

Noch ein Tabuthema: Vatikan und Mafia

Mafia-Organisation Vatikan?

Von Karl Weiss

Einige Themen dürfen in den Medien nicht erwähnt werden, oder wenn, dann nur in der Form „Verschwörungstheorien! Absurde Erfindungen!“. Eins davon ist der Zusammenhang des Vatikan mit der italienischen Mafia und die eigne Mafia-Tätigkeit der katholischen Kirche. Hierzu ist gerade ein Buch erschienen. Es heißt „Vatikan AG“ und ist vom italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi. Es wird in den Medien schlicht ignoriert. Aber da gibt es in einem kleinen Winkel ganz oben im Norden Bayerns noch ein Dorf, das Resistenz zeigt: Hilpoltstein. Die Hilpoltsteiner Zeitung, anscheinend ein Ableger der „Nürnberger Nachrichten“, hat ein Interview mit dem Autor über sein Buch veröffentlicht.

Man höre und staune: Asterix und Obelix leben! (Entschuldigt bitte, Bewohner von Hilpoltstein; ich weiß sehr wohl, dass Hilpoltstein kein Dorf ist, sondern eine kleinere Stadt, aber ich musste das Wort Dorf verwenden, um die Assoziation mit Asterix und Obelix zu wecken)

Was der Signore Nuzzi da über das Buch und seinen Inhalt sagt, ist allerdings starker Tobak. Hier einige Ausschnitte aus dem Interview:

„Unter dem Deckmantel karitativer Stiftungen hat das vatikanische Finanzsystem enorme Summen von Gläubigen, die ihrer Kirche Geld stifteten, auf ominöse Konten geleitet, um damit vor allem schmutziges Geld zu waschen.“

„...gibt es eine Gemeinsamkeit zwischen allen Repräsentanten der katholischen Kirche, an der Benedikt XVI. festhält: der Mantel des Schweigens wird über alles gelegt. Damit einher gehen Erpressungen, Korruption und Geldwäsche.“

„Finanztransaktionen, mit deren Hilfe viele Monsignori nach dem Zusammenbruch der Democrazia Cristiana in den 90er Jahren die Entstehung einer neuen »Großen Partei der Mitte» betrieben und dabei sogar Mafiagelder wuschen. Schon in den 80er Jahren hatte es Finanzskandale um die Banca Privata Italiana gegeben, in die auch die katholische Kirche verwickelt war. Der 33-Tage-Papst Albino Luciani starb 1978 auf mysteriöse Weise, der Banker Michele Sindona kam ins Gefängnis und verendete in seiner Zelle an einem mit Zyankali vergifteten Espresso. Um alle diese Vorgänge gab es eine unüberwindbare Mauer des Schweigens. Auch zwischen 1993 und 1994 gab es merkwürdige Selbstmorde.“

„Hinzu kommt das Verschleierungssystem. Gelder, die auf kriminelle Machenschaften zurückzuführen sind und zur Verwahrung bei der Vatikanbank vorgelegte Wertpapiere wurden an andere Banken weitergeleitet. Mehrere Milliarden blieben für die Staatsanwaltschaft bisher unauffindbar.“

„Nach Gesprächen, die ich für mein Buch mit Massimo Ciancimino, den Sohn des Bürgermeisters von Palermo und Sprecher des Andreotti-Flügels innerhalb der Democrazia Cristiana Siziliens, geführt habe, entschloss er sich zur Zusammenarbeit mit der Justiz. (...) Ciancimino junior erzählte, dass er seinen Vater in den 80er und 90er Jahren mehrfach in die Vatikanbank begleitete, wo die Familie Konten und Schließfächer unter Tarnnamen besaß. In einem Verfahren wegen Geldwäsche und falscher Deklarierung der so genannten Vermögenswerte seines Vaters wurde er zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Seine Aussagen über Zusammenhänge der Attentate auf die Anti-Mafia-Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, die beide ermordet worden sind, waren für die Justiz sehr erkenntnisreich.“

„Rund 20 Prozent [der Schmiergelder liefen über die Vatikanbank]. Massimo Ciancimino sagte mir wörtlich: »Alle Transaktionen zugunsten meines Vaters liefen über die Konten und Schließfächer der Vatikanbank.»“

„...dass [der damalige Ministerpräsident der Christdemokraten] Andreotti das Geheimkonto 001-3-14774-C bei der Vatikanbank hatte, auf das regelmäßig Zahlungen eingingen, allein zwischen 1987 und 1992 umgerechnet 26,4 Millionen Euro. Insgesamt liefen mehr als 60 Millionen Euro über dieses Konto. Geführt wurde es von Monsignore Donato de Bonis, einem Prälaten, »im Namen von Giulio Andreotti». Beträge von diesem Konto gingen als Stipendien und Schenkungen an Nonnen und Mönche, Körperschaften, Orden und Missionen. Die meisten Gelder waren aber keineswegs für wohltätige Zwecke bestimmt, sondern in der Kirchenbank gewaschenes [Mafia-] Schmiergeld.“

Woher der Autor all diese Erkenntnisse hat? Nun, zum einen aus jene Gesprächen mit dem Sohn des Mafia-Bürgermeisters und zum anderen aus Dokumenten, die Kardinal Dardozzi, 20 Jahre lang ein leitender Vertrauter der Päpste, hat veröffentlichen lassen nach seinem Tod, denn er schämte sich der Taten seiner Kirche. Der Kardinal glaubte wohl, die Veröffentlichung würde weite Aufmerksamkeit erregen, aber er hatte die Mafia-Eigenschaft der bürgerlichen Medien unterschätzt.

Aber im Zweifelsfall gibt es immer noch ein kleines Dorf, das Widerstand leistet.

Gianluigi Nuzzi: »Vatikan AG». Ecowin Verlag, Salzburg, 336 Seiten, 22,50 Euro.

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 1. April 2010

Das wars also, katholische Kirche

Hinter den frommen Worten erscheint die wahre Fratze

Von Karl Weiss

Endlich hat sich der Papst zu einem Teil der Kindersex-Skandale in der katholischen Kirche geäußert. Doch außer den offiziellen Teilen der Kirche selbst ist niemand zufrieden mit dieser Stellungnahme. Nach der unzureichenden Stellungnahme kam nun die wahre Fratze des Katholizismus zum Ausdruck, da der Augsburger Bischof Mixa von fünf ehemaligen Heimkindern des gewalttätigen Verprügelns angeklagt wird. Die Diözese reagiert: Es werden strafrechtliche Schritte gegen die „Verleumdungen“ angekündigt.

Stopp-Schild

Hier ein Auszug aus dem Artikel über Reaktionen zu den Prügelvorwürfen, erhoben in fünf eidesstattlichen, von einander unabhängigen Erklärungen: „Die Vorwürfe, Mixa habe in Schrobenhausen Kinder geschlagen, bezeichnet das Bistum Augsburg in einer schriftlichen Stellungnahme als "absurd, unwahr und offenbar in der Absicht erfunden, den Bischof persönlich zu diffamieren".“

Es sei in diesem Zusammenhang erinnert: Wenn eine Tat von fünf Zeugen bestätigt wird, steht in einer z.B. strafrechtlichen Beurteilung nicht mehr die Tatsache der Tat in Frage, bestenfalls Nebenfragen wie Verjährung, geistige Zurechnungsfähigkeit des Täters, mildernde Umstände usw.

Dass die Stellungnahme des Papstes außerhalb des „harten Kerns“ der Katholiken nicht als ausreichend angesehen wurde, liegt nur zum geringsten Teil daran, dass er sich praktisch ausschließlich auf Fälle in Irland bezieht und damit bestenfalls die Spitze des Eisbergs berührt. Viel entscheidender ist, dass alle Aussagen wohlfeil sind. Betroffenheit, das Gefühl von „Schande“ und moralische Verurteilung der Täter kann man leicht im Munde führen, doch für den Verantwortlichen einer Riesen-Organisation, in der sich Fälle sexueller Aggression, Verprügeln und Vergewaltigung von Kindern häufen und Vertuschen und Negieren an der Tagesordnung ist, erwartet man Substantielles:

Zum Beispiel eine Analyse, warum gerade diese Kirche in so viele Fälle verwickelt ist und Konsequenzen daraus. Zum Beispiel eine Angebot an alle Opfer, Wiedergutmachungs-Zahlungen zu leisten. Zum Beispiel das Angebot mitzuarbeiten an Anlaufstellen für Opfer, die überall zu schaffen wären, die mit Personen außerhalb der Sphäre der Täter besetzt sind. Zum Beispiel, wie in Zukunft das Bedrohen, Vertuschen und Negieren verhindert werden soll usw. usw.

Deutschland: Köln

Doch nichts dergleichen! Konsequenzen, vor allem Konsequenzen müsste die katholische Kirche nun ziehen, aber da ist nur Fehlanzeige. Der hauptsächliche Punkt, der die Opfer und Hilfsorganisationen auf die Palme bringt, ist die Vertuschung und Geheimhaltung und das aggressive Drohen mit strafrechtlichen Schritten wegen „Verleumdung“ bzw. „Diffamierung“, wie jetzt wieder, wenn entsprechende Fälle denn wirklich bekannt werden. Die Katholische Kirche bestand immer darauf, zunächst eine interne Untersuchung durchzuführen. Erst wenn diese die Übergriffe bestätigt hat, sind die Kleriker bereit, eventuell auch an die Gerichtsbarkeit zu gehen, Polizei und Staatsanwaltschaft einzuschalten. Das war so und das wurde erneut bestätigt im Brief vom Papst.

Nur – die internen Untersuchungen kommen eben fast immer zu dem Schluss, die Anklagen seien nicht bewiesen und dabei bleibt es. Sieht man immer nur den Einzelfall, ist ein solcher Übergriff praktisch nicht zu beweisen, wenn der Täter leugnet – und das tut er mit Sicherheit, wenn die Taten erst kurz zurückliegen. Die Täter können bei ihren Untaten ja meist dafür sorgen, dass sie mit dem Opfer allein sind. Es ist kein Fall bekannt, in dem jemand flagranti beim sexuellen Übergriff erwischt wurde.

Deutschland - München

Die einzige Chance für die Opfer ist fast immer, speziell in Erziehungs- und Kinderbetreuungs-Organisationen, dass der Täter das tut, was von fast allen berichtet wird: Sie vergehen sich an mehr als einem Kind.

Deshalb sind neutrale Anlaufstellen so wichtig: Spätestens beim zweiten Opfer desselben Täters, das sich meldet, kann der sich nicht mehr so einfach mit Leugnen aus der Affäre ziehen. Dann ist es eben entscheidend, dass die Anlaufstelle neutral ist und nicht so tut, als ob zwei Anklagen unabhängig von einander nicht bereits einen schweren Tatverdacht darstellen. Wenn jetzt das Bistum Augsburg trotz fünf eidesstattlicher Erklärungen der ehemaligen Heimkinder so tut, als sei das kein Beweis, ist das charakteristisch: Die ehemaligen Verprügelten oder sexuell Angegriffenen werden mit der ganzen Wucht einer milliardenschweren Kirche konfrontiert, die ihren Reichtum für aggressive Anwälte einsetzt und beweise, die vor jedem Gericht ausreichen, ignoriert bzw. als Diffamierungen bezeichnet.

So werden, wie schon tausende Male vorher, die Opfer zurückgeworfen in ihre Hilflosigkeit gegenüber der übermächtigen Großorganisation, die schon viele in den Selbstmord getrieben hat.

Natürlich gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen sexuellen Aggressionen bzw. Vergewaltigungen einerseits und dem Verprügeln andererseits, aber das Gefühl der Erniedrigung und der Rechtlosigkeit vereint beide Arten von Opfern.

Das haben die innerkirchlichen Untersucher eben immer getan und tun es nun erneut. Obwohl immer Anklagen bestanden, wurde immer abgewiegelt: Es gebe keine Beweise. Nun, da in den meisten Fällen bereits Verjährung eingetreten ist, kann man leicht sagen, man fühle Scham.

Missbrauchtes Vertrauen

Auch der Gebrauch des Wortes „Reue“ durch den Papst ist etwas außergewöhnlich. Reue kann man nach katholischer Lehre nur für eigene Sünden, eigene Verfehlungen spüren. Will der Papst damit eigene Sünden in diesem Zusammenhang zugeben? Eventuell den Fall des US-Priesters Murphy, der über 200 Kinder einer Gehörlose-Schule sexuell angegriffen haben soll, in dem von der New York Times die persönliche Verwicklung von Ratzinger aufgedeckt wurde?

Wie immer, bleiben solche Fragen ungeklärt.

Corcovado von Botafogo aus

Dagegen sind die Äußerungen des Vatikans über die Veröffentlichungen in den Medien von Empörung erfüllt und völlig eindeutig: Die Kirche ist Opfer, nicht Täter! Man wird mit Vorwürfen überhäuft, während doch keineswegs nur in katholischen Einrichtungen sexuelle Gewalt gegen Kinder ausgeübt wird!

Aha, wenn auch andere Morde begehen, dann ist mein Mord weniger verwerflich? Wer Dreck am Stecken hat, sollte nicht so leichtfertig andere anklagen, oder?

Aber es scheint, dass diese Kirche noch nicht einmal verstanden hat, was eigentlich in der Hauptsache der ‚Dreck am Stecken’ ist.

Sie meint, die Öffentlichkeit würde sie anklagen, diese Übergriffe gewissermaßen verursacht zu haben. Ja, es gibt die Diskussion um das Zölibat, die Zwangs-Nicht-Sexualität der Priester und viele meinen, dadurch wären manche Priester so notgeil, dass sie sich an Kindern vergehen.

Aber dies ist nicht der Kern der Vorwürfe. Der Kern ist vielmehr, dass die Kirche nicht wahrhaben will, dass es solche Fälle in ansehnlicher Zahl gibt und dass sie dazu stehen müsste, den Opfern zur Seite stehen, die Täter der Justiz übergeben, die Einschüchterung und Bedrohung der Opfer einstellen und aufhören müsste zu verdecken und zu verharmlosen.

Doch praktisch alle Opfer berichten immer wieder das Gleiche, damals und heute, ohne Unterschied: Die Kirche negiert, solange dies möglich ist. Sie schüchtert Opfer ein mit Drohungen von strafrechtlichen und zivilrechtlichen Klagen, mit extrem teuren und aggressiven Rechtsanwälten im Rücken. Wenn die Vorwürfe erhärtet sind, versucht sie Geheimhaltungsverträge mit Abfindungen für die Opfer abzuschließen, um die Fälle nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen. Lässt sich nicht mehr verhindern, das die Staatsanwaltschaft etwas davon erfährt, gibt sie extrem aggressiven Rechtsschutz für die Täter und bezahlt teuerste Rechtsanwälte, um geringe Strafen zu erreichen – was auch meistens gelingt. In Deutschland zum Beispiel ist nach Aussagen einer Opfer-Hilfs-Organisation noch nie ein Priester-Täter zu einer Strafe ohne Bewährung verurteilt worden, auch wenn er sich an zig Kindern sexuell vergangen hat.

Bischof Mixa und Kinder
Hier ein aktuelles Foto von Prügel-Mixa mit Kindern

Zur Beschäftigung von Privatdetektiven durch die katholische Kirche zur Einschüchterung von Opfern siehe auch diesen Artikel: „Ist der Papst der Anti-Christ?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/5588064/ )

Da ist es auch eine sehr fragliche Aktion, nun mit einer sogenannten Missbrauchs-Hotline unter kirchlicher Oberaufsicht vorzupreschen. „Unter der Nummer (08 00) 120 10 00 kümmern sich geschulte Berater und Therapeuten um alle, die solche Übergriffe in katholischen Einrichtungen erlebt haben.“ heißt es in der kirchlichen Ankündigung. Nach allen Erfahrungen, welche die Opfer mit der Kirche als Verantwortliche für die ihre Klagen gemacht haben, werden sie kaum je bei einer kirchlichen Institution anrufen, um Hilfe zu bekommen. Im Gegenteil, sie werden befürchten, diese Anrufe würden aufgenommen und bei Prozessen gegen sie wegen "Diffamierung" verwendet.

Und man kann das den Opfern nicht übel nehmen, vielleicht ist diese Hotline wirklich zur Verbesserung der Abwehr gegen Anklagen gedacht und nicht zur Hilfe für Opfer. Doch selbst wenn man trotz aller Erfahrungen davon ausginge, die Kirche habe lautere Absichten mit ihrer Hotline, riecht das Ganze etwas nach „Wir haben doch etwas getan“.

Tatsächlich brauchen die Opfer – und vor allem jene, die jetzt, in diesem Moment, sexuell angegriffen oder verprügelt werden – eine Hotline. Aber das muss eine sein, in der absolute Geheimhaltung gegenüber den Täter-Organisationen garantiert wird, in der die Identität der Opfer den Täter-Organisationen bis zur Erhebung der Anklage vor einem ordentlichen Gericht nicht offenbart wird, die lokale therapeutische Betreuung organisieren kann (und dazu mit Mitteln ausgestattet ist), die Kindern Zufluchtsorte anbieten kann, damit sie aus den Klauen von Sexualtätern und Prügel-Monstern befreit werden können und nicht zuletzt eine Hotline, die einen effektiven juristischen Beistand gegen die übermächtige und reiche Kirche garantieren kann.

All dies ist bei einer kirchlichen Hotline nicht denkbar.

So muss man immer wieder fragen: Ist diese Kirche betroffen, oder heuchelt sie nur Betroffenheit? Ist sie wirklich bereit, sich zu ändern oder macht sie nur Worte, um zu verdecken, wie alles beim Alten bleibt?


Veröffentlicht am 1. April 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 31. März 2010

Steigert Kurzarbeit die Arbeitskosten?

Wie man eine Schimäre erfindet

Von Karl Weiss

Am 30. März, zwei Tage zu früh für einen Aprilscherz, mussten die Deutschen mal wieder lesen, wie man sie zu veräppeln versucht. Eine Meldung, die in fast allen Zeitungen und Magazinen gedruckt wurde und am Fernsehen in den Nachrichten kam, offenbar vom Arbeitgeberverband lanciert: Die Arbeitskosten in Deutschland würden angeblich steigen, die Kosten des Faktor Arbeit seien 2009 um 4,1% in der Privatwirtschaft gestiegen und in der Industrie sogar um 5,1%. Im EU-Vergleich sei dies eine der größten Steigerungen. Das ist natürlich ein Riesenhaufen Bullshit!

Stahlindustrie

Nun mag der deutsche Michel gestutzt haben, denn er kann sich schon nicht mehr an ein Jahr erinnern, in dem er wirklich mehr zur Verfügung hatte. Bekanntlich sind sowohl die Lohnsummen als auch die Reallöhne seit 2000 Jahr für Jahr gesunken, im Jahr 2009 sogar so stark, dass selbst die Brutto-Löhne niedriger lagen als im Jahr zuvor, was vorher noch nie geschehen war.

Statistik Reallöhne

Wie kommt da also jemand auf diese Zahlen mit erhöhten Lohnkosten?

Nun, das sind natürlich Taschenspielertricks, so lächerlich, dass man sie diesen Leuten um die Ohren schlagen müsste. Aber die gehorsamen Redakteure bringen die Meldung, als ob sie irgendeine Art von Wahrheit darstellen würde.

Wie geht nun der Taschenspielertrick? Nun, zunächst einmal berücksichtigt man nicht die Inflation und tut so, als ob eine Lohnsteigerung, die von der Inflation aufgefressen wird, Arbeitskostensteigerung hervorrufen. Das ist natürlich Quatsch. Für die Unternehmen kommt ja (im Schnitt) das mehr herein, was die Inflation darstellt, denn es sind ja eben jene, die durch Preiserhöhungen die Inflation verursachen. In Wirklichkeit rechnen natürlich alle Unternehmen, wenn sie nicht gerade Leute täuschen wollen, mit preisbereinigten Werten.

So ist es typisch, dass die Angaben über angebliche Arbeitskosten in „Euro pro Stunde“ angegeben wurden. Nur ist aber „Euro pro Stunde“ überhaupt nichts, was als „Arbeitskosten“ ausgegeben werden könnte. So haben zum Beispiel deutsche Arbeitnehmer im Schnitt die doppelte Produktivität wie etwa die polnischen. Hätten also diese deutschen Arbeiter das doppelte an Euro pro Stunde wie die polnischen, so hätte der Unternehmer immer noch die gleichen Lohnstückkosten.

Alt-EU der 15: Entwicklung Arbeitskosten von 2000 bis 2008

Ebenso kann man „Euro pro Stunde“ nicht als Arbeitskosten ansehen, weil ja nichts darüber ausgesagt wird, wie viele Arbeitnehmer denn diese „Euros pro Stunde“ bekommen. Hat ein Unternehmen zum Beispiel die Hälfte der Mitarbeiter entlassen und der Rest bekommt um 4% mehr Euro pro Stunde, so sind natürlich die Arbeitskosten des Betriebs fast um die Hälfte gesunken, nicht gestiegen.

Worauf sich die Zahlen bei diesem Taschenspielertrick aber speziell beziehen im Fall von 2009, ist die Kurzarbeit. Bei Kurzarbeit wird ja etwas mehr bezahlt als die tatsächlich verkürzte Arbeitszeit, weil es ein Gesetz in Deutschland gibt, das Kurzarbeit mit geringfügigen Erleichterungen für die betroffenen Arbeitnehmer versieht. Man bekommt nicht ganz soviel abgezogen, wie es der Verminderung der Arbeitszeit entspricht. Ein Teil dieser „Ausgleichszahlung“ wird dabei vom Staat übernommen.

Nun wurde 2009 in Deutschland in so vielen Betrieben (und ganz speziell in der Industrie) kurz gearbeitet, dass diese Ausgleichszahlung, bezogen auf „Euro pro Stunde“, eine geringe Erhöhung pro Arbeitnehmer ergibt. Allerdings haben die Arbeitgeber bei diesen Berechnungen vergessen, den ihnen vom Staat ersetzten Teil der Ausgleichszahlungen von ihren angeblichen „Arbeitskostensteigerungen“ abzuziehen. Der tatsächliche Effekt auf die Einkommen der Arbeitnehmer war durch die weitverbreitete Kurzarbeit aber negativ, obwohl es in der einen oder anderen Branche noch nominale Lohnerhöhungen gegeben hatte. Im zweiten Quartal 2009 zum Beispiel waren die Reallöhne in Deutschland 2,1% geringer als im Jahr vorher.

Also ein dreifacher Trick, um Leute für dumm zu verkaufen. Nur gut, dass wir nicht so doof sind, wie die denken.


Veröffentlicht am 31. März 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 29. März 2010

Das Spielcasino ist schon wieder eröffnet!

Riesige US-Gewinne – erneut aus „Finanzderivaten“

Von Karl Weiss

Glaubte man noch gerade eben, die Regierungen, speziell die der USA, hätten doch gelernt aus den Ursachen der Finanzkrise und hätten das Casino der „Finanzderivate“ geschlossen, so sieht man sich nun getäuscht. Die gleichen Banken, denen schon vorher aus der Bredouille geholfen werden musste, weil man erklärte, sie seien „zu groß, um Pleite zu gehen“, sie hätten das gesamte Finanzsystem mit sich gerissen, zocken bereits wieder mit Milliarden-Finanz-Derivaten und machen, jedenfalls noch, Riesen-Gewinne damit. Wie das weiter geht, hat man im Jahr 2008 gesehen.

Der Rettungs-Plan

Es ist erst eineinhalb Jahre her, dass dies das letzte Mal schief ging. Die Banken in den USA schnürten Bündel von Finanzanlagen zu sogenannten Finanz-Derivaten, viele Banken, nicht nur in den USA, (was glauben Sie, wo die 25% Profit auf Kapital der Deutschen Bank herkamen?) machten damit den großen Reibach, solange die Preise von Häusern und Wohnungen ständig stiegen. Beginnend 2006, begannen dann die Preise zu fallen und wer sich nicht rechtzeitig von diesen Derivaten trennte, hatte plötzlich Milliarden-Verluste.

Nur haben die großen US-Banken, so wie auch die Deutsche Bank, keinerlei Angst, dass dies wieder passiert, denn sie müssten ja erneut von den Staaten mit Beträgen von Hunderten von Milliarden „gerettet“ werden, weil sie ja „zu groß sind, um Pleite zu gehen“ (damit die Deutsche Bank nicht pleite ging, musste die Hypo Real Estate gerettet werden). Tatsache ist, müssten die USA und Deutschland, so wie beim ersten Mal, erneut mit Beträgen von Hunderten von Milliarden Dollar bzw. Euro solchen Banken unter die Arme greifen, wären sie selbst definitiv pleite.

Diese Aussicht scheint aber weder US- noch Deutsche Regierung zu schrecken. Wie sagte ein Kommentator bereits beim letzten Mal? Solche Beträge in einen Banken-Bailout zu stecken, das ist, wie wenn man das Steuer herumreißt, um nicht in den Abgrund zu fahren und nun stattdessen auf die Wand zu rast.

Nun zu den nackten Fakten:
Im 4. Quartal 2009 konnten die großen Banken der USA (saisonbereinigt und aufs Jahr hochgerechnet) mit Finanzderivaten und anderen riskanten Anlagen 414,1 Milliarden Dollar an Profit einstecken. Das liegt nur noch um etwa 7,5 % unter dem Allzeithoch. Das war im 2. Quartal 2006, als 447,5 Milliarden Dollar erzielt wurden. Das nominale Volumen der Finanzderivate der US-Banken steig im 4. Quartal 2009 auf insgesamt etwa 213 Billionen US-Dollar!! Das ist der höchste Wert in der Geschichte der USA.

Gewinne US-Finanzindustrie 1980 bis 2010

Im Blog „Wirtschaftsquerschuss“ wird dazu kommentiert, hier: (http://wirtschaftquerschuss.blogspot.com/2010/03/us-finanzindustrie-macht-satte-gewinne.html )

„Die fulminante Erholung der Gewinne im Finanzsektor belegt, dass die Maßnahmen des Staates und der Notenbank zur Lösung der Wirtschafts- und Finanzkrise, vor allem eines erreichten - die Zementierung der Fehlentwicklungen und nicht deren Bereinigung! Eine potentielle Stabilisierung bzw. leichte Erholung der US-Wirtschaft täuscht nicht darüber hinweg, dass strukturell kein Problem der US-Wirtschaft behoben wurde. Besonders drastisch verdeutlichen dies die Daten zum US-Immobilienmarkt, denn trotz gewaltiger Infusionen liegt der Markt weiter am Boden!“

Diese letzte Bemerkung bezieht sich auf folgenden Fakt: Die Verkäufe von neu gebauten Häusern/Wohnungen haben in den USA im Februar 2010 ein neues Allzeittief erreicht. Die tiefe Krise am Immobilienmarkt in den USA ist also keineswegs beendet.

USA Verkäufe neuer Häuser 1963 bis 2010

Und nun das Beste der ganzen Story:

96,9% der oben schon erwähnten Gesamtsumme der Derivate werden von den 5 Top-Banken der USA gehalten: JP Morgan Chase Bank, Goldmann Sachs, Bank of America, Citigroup und Wells Fargo. Das sind haargenau jene, die „zu groß sind, um Pleite zu gehen“.

So, und jetzt urteilen Sie selbst!


Veröffentlicht am 29. März 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 25. März 2010

Weiter so! Weiter so!

Macht um Gottes willen weiter so wie vorher!

Von Karl Weiss

Nun kriechen sie wieder aus den Unterständen. Werden wieder frech. „Weiter so wie vor der Krise!“ schreien sie, „Macht um Gottes willen weiter so wie vor der Krise“. Die neo-liberalen (einige sagen „marktradikalen“) Hetzer, die weltweit die Ökonomie vor der Krise bestimmt haben, sind wieder losgelassen. Zwar weiß inzwischen schon jedes Kind: Die Maximen des Neo-Liberalismus (Marktradikalismus) haben nicht nur angesichts der Krise versagt, sondern auch wesentlich zur Tiefe der gegenwärtigen Krise beigetragen, aber das kann man ja einfach zynisch leugnen, nicht wahr? Ein Paar kleine Notlügen, und schon stimmt die Landschaft wieder.

Eurokarikatur

Ein klassisches Beispiel für dieses Gesocks, an deren Händen das Blut von Millionen verhungerter Kinder klebt, ist der Kommentar eines gewissen N. Piper in der „Süddeutschen“ vom 21. März 2010 unter dem Titel „Deutsche Stärke und Last“ und der Gastbeitrag von Dohnanyi (ja, der SPD-Dohnanyi) am gleichen Tag in der gleichen Zeitung unter dem Titel „Eau de Sindelfingen“. Zwei solche Artikel am gleichen Tag, das ist Intensiv-Kur.

Was Piper unter „deutscher Stärke“ versteht, ist das völlige Ausklammern des deutschen Binnenmarktes und das alleinige Setzen auf Exporte, wie es seit der Schröder-Regierung hierzulande exerziert wurde. Er meint, dies stelle eine Stärke der deutschen Wirtschaft dar.

New Yorker Börse

Nur war es in Wirklichkeit die Ursache der erhöhten Anfälligkeit der deutschen Wirtschaft. In keinem anderen größeren Land der EU oder OECD ging das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) so stark zurück im Jahr 2009 wie in Deutschland, nämlich um etwa 6%. Dabei waren es in Wirklichkeit mehr als 6%, wenn man den Vorkrisenstand vergleicht, denn das letzte Quartal 2008 war ja schon Krise.

Viel schlimmer aber noch, Deutschland hat überhaupt keine Aussichten in irgendeinem absehbaren Zeitraum wieder ein erwähnenswertes wirtschaftliches Wachstum zu erreichen, denn der Export wird eben trotz aller Gesundbeterei nicht wieder auf die alten Höhen kommen. Das hat einen einfachen Grund: Zwei Drittel des deutschen Exports gingen in die EU! (Dohnanyi, der Durchblicker, schreibt allen Ernstes „Nur zwei Drittel“; da merkt man schon, der hat jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren.)

D: Exportvolumen in % gegen Vorjahresmonat
Deutschland: Exportvolumen in Prozent gegen Vormonat

Die anderen EU-Länder stecken nämlich in einer schweren Krise (schon davon gehört, Herr Dohnanyi? Oder lief die auch an Ihnen vorbei?) und können beim besten Willen nicht mehr so viel aus Deutschland importieren. Andererseits haben sie die gleichen Probleme wie Deutschland, wieder zu irgendwelchen erwähnenswerten Wachstumsraten zu kommen und würden sich freuen, wenn Deutschland mit einer Belebung der Binnen-Nachfrage wirklich zu einem „Motor Europas“ (Zitat aus dem Dohnanyi-Artikel) werden würde und nicht nur in der Einbildung eines abgewrackten Politikers.

[Kleine Abschweifung: Die Zeit Dohnanyis als Erster Hamburger Bürgermeister war ein so vollkommenes Desaster, dass seitdem nur noch CDU-Bürgermeister Hamburg regieren. Er regierte so neo-liberal und machte CDU-Politik, dass die Bürger entschieden, dann doch lieber gleich das Original zu wählen – eine Story, die verdächtige Ähnlichkeit mit der eines Herren mit Namen Schröder hat. Soweit zu abgewrackten Politikern.]

Deutschland: Jugendarbeitslosigkeit gegen Vorjahr

Interessant, dass beide Kommentatoren nicht ein Wort zur Krise verlieren, zu ihren Ursachen und wie man herauskommen könnte, denn sie haben natürlich nicht die geringste Ahnung. Soweit die Krise vorkommt, so nur als Ereignis von außen, wie ein Erdbeben. Kommt vor, danach räumt man auf und macht weiter wie vorher. Dass diese Krise in ihrer jetzigen Form, die keinerlei Ausweg bietet, eng mit genau ihrer Ideologie zusammenhängt, dürfen beide natürlich nicht merken, sonst müssten sie ja ihre Überzeugungen ändern – und da sei Keynes vor!

So wird statt dessen die Wirklichkeit ein wenig geändert. So behauptet Piper zum Beispiel, „in den vergangenen Jahren (...) die Arbeitslosigkeit ist gesunken...“. Nun das ist von ihm genauso frech gelogen wie die gleiche Aussage von Frau von der Leyen vom gleichen Tag. Nein, die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist nicht gesunken nach Hartz IV. Man hat lediglich einen wesentlichen Teil der Arbeitslosen aus der Statistik genommen, um diese Lüge verbreiten zu können. Weiterhin, wie seit dem Jahr 2006, sind etwa 6 Millionen in Hartz IV (wie soll da die Arbeitslosigkeit 3 Millionen betragen, hä?) und die Gesamtzahl der Arbeitslosen, die arbeiten würden, wenn es Arbeitsplätze gäbe, liegt irgendwo bei 10 Millionen.

Statistik Reallöhne

Die andere Lebenslüge, die man immer wieder erzählen muss, wenn man Neo-Liberaler ist, drückt Piper so aus:

„Es ist zwar nicht möglich, mit Lohnerhöhungen Wachstum zu schaffen, wohl aber mit der Förderung privater Investitionen. Dies ist derzeit nicht sonderlich populär, denn dabei geht es um viele Reformen, die heute als "neoliberal" gelten: ein flexiblerer Arbeitsmarkt, weniger Bürokratie, Begrenzung der Sozialausgaben.“

Ja, ja, er schreibt das wirklich, am 21. März 2010 und nicht am 21. März 2000! Die letzten zehn Jahre haben nicht stattgefunden. Er erwähnt auch noch ausdrücklich, dass diese Rezepte „nicht sonderlich populär“ sind. Ja, warum denn wohl, Herr Piper? Weil sie in den letzten zehn Jahren von Grund auf widerlegt wurden! Sind Sie gerade aus einem zehnjährigen Dauerschlaf aufgewacht? Es war genau nicht dies, was passierte, als man diese Rezepte verfolgte unter Schröder und Fischer.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 bis 2008 mit Trendlinie

Das Ergebnis dieser 10 Jahre Extrem-Neo-Liberalismus (Marktradikalismus) in Deutschland:

- 25% der Kinder leben in Armut, 10% sogar in absoluter Armut.

- 10 Millionen Deutsche sind aus dem sozialen Leben ausgeschlossen,

- 6 Millionen dürfen ihr Dorf oder ihren Stadtteil nicht verlassen, ohne sich vorher eine Genehmigung zu holen.

- Die Suppenküchen von heute, „Tafeln“ genannt, sind inzwischen über 1000 an der Zahl und versorgen bereits einen ins Gewicht fallenden Teil der Bevölkerung.

- Weniger als 20% der jungen Leute bekommen einen fixen Vollzeitjob auf mindestens Tarif-Niveau nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium.

- Viele Studiumsabgänger müssen sich als unbezahlte Praktikanten verdingen.

- 10 % der Jugendlichen sind völlig von jeder Ausbildung abgeschnitten.

- Über 50 bekommt praktisch niemand mehr einen Arbeitsplatz, nicht einmal einen prekären.

- Für die anderen gibt’s dagegen fast nur noch prekäre.

- Wenn es so weiter geht, gibt es in 15, 20 Jahren in ganz Deutschland keinen fixen Vollzeit-Arbeitsplatz mit mindestens tariflicher Bezahlung mehr.

- Deutschland hat die geringsten (Pro-Kopf)-Ausgaben für Bildung aller entwickelten Länder.

- Deutschland ist so hoch verschuldet wie noch nie in der Geschichte.

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen
Dies ist die Statistik, die alle Behauptungen der Marktradikalen widerlegt. Man kann deutlich erkennen, wie exakt ab Januar 2005, als Hartz IV eingeführt wurde, die Reallöhne beginnen nach unten zu wandern (und dies sind die Zahlen pro Arbeitnehmer. Nimmt man die Lohnsumme, ist der Abstieg noch schneller.), bereits früher setzt das Hoch der Einnahmen aus Vermögen und Unternehmen ein. Führt dies zu erhöhten Investitionen? Natürlich Nicht! Die Investitionen erreichen erst zum Ende des betrachteten Zeitraums überhaupt das Niveau von 2000!

Vor kurzem war der Bürger-Journalist auf Besuch in Deutschland und er hat sie gesehen: Ausgezehrte Gestalten saßen in eisiger Kälte mit völlig unzulänglicher Kleidung auf dem Boden in der Stadt und bettelten. Nicht dass der Bürger-Journalist an solche Anblicke nicht gewohnt wäre, er lebt schließlich in Brasilien, aber in Deutschland ist das nicht das, was früher die Innenstädte belebte. Drückt man alle nach unten, kommt ganz unten der Mensch auf dem absoluten Null-Punkt heraus. In Brasilien erfrieren diese Ärmsten der Armen wenigstens nicht, doch Dohnanyi und von der Leyen rechnen natürlich damit: Sehr viele solcher Gestalten wird es nicht geben, denn die Kälte fordert ihren Tribut.

Die Entwicklungslandisierung Deutschlands schreitet voran. Und das nennen Sie „ökonomische Stärke“, Herr Piper? Das nennen Sie „starkes Deutschland“, Herr Dohnanyi? Sie versteigen sich sogar zum Bonmot der Woche: „Stärke macht neidisch.“ Seit wann ist ein Entwicklungsland stark???

Und was ist mit der Behauptung, es sei nicht möglich, mit Lohnerhöhungen Wachstum zu schaffen, Herr Piper? Können Sie nicht zwei und zwei zusammenzählen? Oder gibt das bei Ihnen drei? Lohnerhöhungen, speziell im unteren Bereich, schaffen Nachfrage und zahlen Steuern, Nachfrage schafft Konsum, Konsum erfordert Güter, erforderliche Güter schaffen Produktion, Produktion schafft Arbeitsplätze, Arbeitsplätze schaffen Lohn, Lohn schafft Konsum und zahlt Steuern usw. usw.

Deutschland - Brutto-Inlandsprodukt - 2000 bis 2008 Quartale gegen Vorquartale

Sie meinen, das sei graue Theorie? Dann kommen Sie nach Brasilien. Hier wurde unten, bei den Ärmsten, Geld reingeschoben und ein wenig weiter oben, durch Lohnerhöhungen im unteren Bereich. Ergebnis: Brasilien ist eines der wenigen Länder, das bereits 2009 das alte Niveau im BIP wieder erreicht hat und das erneut deutliches Wachstum aufweist, also die Krise definitiv überwunden hat. Hören Sie? Lohnerhöhungen funktionieren!

Und Herr von Dohnanyi (Ja, man muss eigentlich das „von“ dazuschreiben, damit man weiß, das ist eine Familie, die bereits seit dem Mittelalter Menschen unterdrückt und ausbeutet.), sie schreiben „Sollen wir nun Parfüm produzieren, bloß weil unsere Ingenieure zu erfolgreich sind?“ und spielen damit auf Frankreich an, das angeblich nur Parfüm exportiert. Ist das Alterssenilität? Haben Sie schon einmal etwas von Peugeot/Citroën und Renault gehört? Peugeot war über viele Jahre Klassenbester in der ADAC-Pannen-Statistik und exportierte mehr Autos nach Deutschland als alle anderen. Kennen Sie vielleicht einen der größten Ölkonzerne der Welt, Total, mit Sitz in Frankreich, das Jahr für Jahr mit Exxon Mobil, Chevron-Texaco, BP und Shell um Platz 1 kämpft? Können Sie vielleicht eine deutsche Gruppe nennen, die da auch nur nahe kommt? Wo leben Sie, Herr von Dohnanyi?

Und wenn unsere Ingenieure so erfolgreich sind – und das fragt Sie ein deutscher Ingenieur -, warum bekommen sie dann keine Spitzenlöhne? Was ich zum Beispiel als Ingenieur in einem Monat bekommen habe, als ich noch in Deutschland arbeitete, das bekommt ein mittlerer Banken-Manager (dem anschließend der Steuerzahler beispringen muss,) an einem Tag!

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Also wenn man damit argumentieren kann, ist der deutsche Ingenieur ein Ausdruck der „Stärke Deutschlands“, aber wenn’s ans Bezahlen geht, dann ist er ein Ausdruck der Unwichtigkeit der realen Welt im Vergleich zur Finanzwelt. Habens Sie’s noch alle, Herr von Dohnanyi?

Und schließlich kommt dann noch die Grundlüge von allen im Beitrag von Piper: „Weil die deutschen Löhne kaum gestiegen sind...“ Wo haben Sie denn das her, lieber Piper? In welcher Statistik steigen deutsche Löhne, wenn auch „kaum“? Nun, die Tatsachen sehen anders aus: Die deutschen Reallöhne sind seit dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 um 0,8% gefallen - in 8 Jahren nur Negative. Im letzten Jahr sind die Löhne sogar so stark gefallen, dass selbst die Brutto-Löhne zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein Minus gegenüber dem Vorjahr auswiesen.

Seit der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 ist der Einzelhandelsumsatz in Deutschland (preisbereinigt) Jahr für Jahr gefallen! Woher kommt das wohl, Herr Piper?

Gleichzeitig zeigt uns die Statistik: Ab dem Jahr 2005 beginnt ein unglaublich steiler Anstieg der Einkommen aus Unternehmen und Vermögen, der genau zeigt, wo all dies eingesparte Geld hinlief: Zu den Unternehmen und den Vermögenden. Und da, Herr Piper, setzt jetzt ihre Argumentation an. Dies Geld hätte nach ihrer Ansicht zu „privaten Investitionen“ verwendet werden müssen, wenn ihre Theorie richtig wäre. Nun, die Kurve der privaten Investitionen zeigt keinerlei wesentlichen Anstieg ab dem Jahr 2005, lediglich saisonale Schwankungen und bricht dann mit Beginn der Krise völlig ein.

Wozu also wurde all das viele Geld verwendet, das an den Löhnen gespart wurde und an die Unternehmen und Vermögenden lief? Nun, das wissen wir heute ganz genau. Diese Gelder, Hundert von Milliarden Euro, wurde im Spielkasino der Finanz-Derivate gesetzt! Dass da Einige schwer verloren und dann anschließend mit Steuergeldern gerettet werden mussten, zeigt, um was es geht.

Was bleibt also übrig von den „Argumenten“ der Neo-Liberalen? Sie wollen mehr von den Werten haben, die wir schaffen, wir sollen uns gefälligst mit weniger Lohn zufrieden geben, damit sie weiter im Finanzmarkt zocken können!

Wollen wir uns das wirklich weiter gefallen lassen??


Veröffentlicht am 24. März 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 24. März 2010

Wirtschaftliche Katastrophe für die Euro-Staaten

Also was denn nun in Südeuropa?

Von Karl Weiss

Die südeuropäischen Euro-Staaten sollen vor der Pleite stehen. Was tun? In einem Artikel in ‚telepolis’ von Rainer Sommer wird die ökonomische Problematik der südeuropäischen Staaten Griechenland, Portugal, Spanien und Italien diskutiert, die der Autor schlicht als „Club-Med-Staaten“ zusammenfasst. Er kommt zu dem Schluss: Die jetzigen Empfehlungen laufen auf jahrzehntelange Schrumpfung hinaus mit einer völligen Verarmung fast der gesamten Bevölkerung. Am Ende stünde die wirtschaftliche Katastrophe der gesamten Euro-Zone.

Eurokarikatur

Mit anderen Worten: Würden die „Club-Med-Staaten“ tatsächlich konsequent durchführen, was von ihnen verlangt wird, massivste Ausgabenstreichungen und Lohnkürzungen, Verkäufe von Staatseigentum und exzessive Steuererhöhungen, würde dies für diese Staaten – und damit für die ganze Euro-Zone - zu einer ökonomischen Katastrophe führen, erklärt der Autor in diesem Artikel.

Seine Logik ist offensichtlich:

„Denn wenn der geplante massive Rückgang der staatlichen Nachfrage nicht durch hohe Unternehmensinvestitionen und höheren Konsum sowie eine Verbesserung der Außenbilanz kompensiert würde, hätten die „Club-Med-Staaten“ zwangsläufig mit ebenso massiv einbrechenden Wachstumsraten zu rechen.

Dann würde sich das Investitionsklima weiter verschlechtern und auch das Angstsparen sicherlich zunehmen. Die Folgen wären dann wohl eine schwere Pleitewelle bei privaten Schuldnern sowie eine weiterhin stark steigende Arbeitslosigkeit, was auf höheren Sozialausgaben und sinkende Steuereinnahmen hinauslaufen und wohl dafür sorgen würde, dass die hochgesteckten Budgetziele keinesfalls erreicht werden könnten.“

Es wird deutlich: Die Katze beißt sich in den Schwanz. Der rigorose Sparkurs würde mehr Unheil anrichten als Gutes tun. Vor allem aber kann er das Problem dieser Länder nicht lösen.

Die Vorstellung ist ja so: Deutschland und Frankreich zahlen in eine europäische Version des IMF ein, die „Club-Med-Staaten“ erhalten Hilfen, um ihre Schulden zu bezahlen und gehen auf extremen Sparkurs. Aber für diese südeuropäischen Staaten wäre das der Abschied von Wirtschaftswachstum für Jahrzehnte und die völlige Verarmung. Sie würden im übertragenen Sinne nach Afrika abgeschoben. Würden aber Deutschland und Frankreich dabei gewinnen? Natürlich nicht!

Diese beiden Staaten, die bisher noch nicht überschuldet sind, wären nach (heutigen Schätzungen von) Einlagen in jenen Fond von mindestens 1 Billion Euro (1000 Milliarden Euro) ebenfalls überschuldet sein und dann das Schicksal der südlichen Nachbarn teilen.

Aber: Könnte man nicht einfach den Euro abwerten? Auf 1 Dollar 10 oder sogar die Äquivalenz zum Dollar? Doch auch das wird nicht gut gehen. Sommer macht darauf aufmerksam, dass ja der Dollar einer der nächsten Anwärter auf einen Crash oder jedenfalls eine massive Abwertung ist. China und Japan, die beide praktisch ihren ganzen Staatsschatz in Dollar, bzw. US-Staatsanleihen (in Dollar) haben, werden zu einem bestimmten Zeitpunkt gezwungen sein, wesentliche Teile dieser Gelder in Euro umzuschichten, um die riesigen Verluste bei einer Dollarabwertung zu vermindern.

Da diese Geldmengen außerordentlich sind, hätte die ganze Euro-Zone nicht genug Geld, um soviel Dollar aufkaufen zu können, um die Dollarabwertung zu verhindern und den Euro schwach zu halten.

Mit einem hohen Eurokurs und ohne Wachstum, ja ohne Wachstumsaussichten für Jahrzehnte, wäre die wirtschaftliche Katastrophe für alle Euro-Staaten perfekt.


Veröffentlicht am 23. März 2010 in der Berliner Umschau

Karl Weiss - Journalismus

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