Erneute Ohrfeige für die bürgerlichen Parteien
Von Karl Weiss
Die Berichterstattung am Wahlabend der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist zum grossen Teil einfach zum Brüllen vor Lachen. Da werden den bürgerlichen Parteien in zwei aufeinanderfolgenden Wahlen innerhalb von 5 Jahren Ohrfeigen von Donnerschlagstärke verabreicht und die Berichterstattung kennt nur die Frage, ob der angebliche Wahlsieger von der CDU nun auch Ministerpräsident wird oder nicht.
Wahlen, die nur etwa die Hälfte der Wähler an die Urnen rufen können (diesmal etwa 53%, vor fünf Jahren sogar nur 44%), sind keine demokratischen Wahlen, die „Süddeutsche“ hat das Thema Wahlbeteiligung als einzige in einem Artikel aufgegriffen und spricht dort von „halber Demokratie“. [Berichtigung nach Mitternacht: Die Wahlbeteiligung nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis war nur 51,3 %, also alle weiteren Zahlen nach unten korrigieren! Ein weiteres Waterloo für die Demoskopen. Die können nicht einmal die Wahlbeteiligung richtig bestimmen.]
Ja, die bürgerlichen Parteien Union, SPD, Grüne und FDP haben bei den Wählern weithin „verschissen“, wenn ich mich mal so kräftig ausdrücken darf.
Sehen Sie sich nur die Zahlen an: Nach den letzten Hochrechnungen am heutigen Wahlabend sei die CDU auf etwa 32,5% gekommen, das macht bei der prognostizierten Wahlbeteiligung von 53% genau 17,2% der Wählerschaft aus!
Würden Sie sagen, eine 17-Prozent-Partei sei der Wahlsieger? Würden Sie sagen, mit 17% Wähler-Zustimmung sollte jemand Ministerpräsident werden?
Und die SPD? Sie liegt nach dieser Hochrechnung bei 21,5%, das macht also bei 53% Wahlbeteiligung 11,5 der Wählerschaft aus, die dort noch der angeblichen Volkspartei SPD zuneigen. Und selbst mit diesem Desaster-Ergebnis liebäugelt man noch mit der Ministerpräsidentschaft, die theoretisch möglich wäre, wenn sich die Linke (23,7% -> 12,6 der Wahlberechtigten) zu einer Rot-Roten Koalition als Juniorpartner durchringen können.
Was stellen sich diese abgewrackten Politiker eigentlich vor? Sie sind abgewählt! Keine einzige Partei hat auch nur 18% der Stimmen der Wahlberechtigten erhalten. Da ist eine Regierungsbildung (welche auch immer) ein schlechter Scherz!
Und die Linke muss sich doch nun wirklich langsam fragen, was sie falsch gemacht hat. In einer ihrer Hochburgen bekommt sie gerade mal 12,6% der Stimmen der Wahlberechtigten. Falls irgend jemand meint, sie müsse weiter nach rechts rücken, da steht schon die SPD und hat noch ein wenig schlechter abgeschnitten. Kann es also sein, dass der umgekehrte Weg angesagt ist?
Die Grünen feiern sich als Wahlsieger, weil sie auf 6,8% gekommen und in den Landtag eingezogen sind, nur das sind eben gerade mal 3,6% der Wählerschaft.
Nur eine Woche nach dem Super-Gau in Japan hätte sie doch weit mehr Stimmen bekommen müssen, wenn die Wählerschaft wirklich noch darauf vertrauen würde, mit den Grünen gäbe es den Atomausstieg. Die Grünen setzten auf das kurze Gedächtnis des deutschen Michel. Doch der weiss (meistens) noch sehr wohl: Es waren die Grünen, die 1998 mit Schröder in die Koalition gegangen sind, um Pöstchen zu ergattern und den versprochenen Atomausstieg verraten haben.
3,8% für die FDP, das macht also 2,0% der Wählerschaft, das ist nicht nur ein Desaster für Westerwelle und seine Partei, sondern auch für die Demoskopen. Die hatten nämlich in allen Wahlvorhersagen die FDP mit mehr als 5% gesehen. Ein weiterer Beweis: Demoskopen-Vorhersagen sind nicht viel besser als Kartenleserei! (Siehe hierzu auch diesen Artikel: „Riesige Mehrheiten für Guttenberg?“ http://karlweiss.twoday.net/stories/14651515/ )
Zusammengefasst: Es gibt keine „Volksparteien“ mehr in Deutschland, die grössenordnungsmässig (jede von ihnen) 35 oder mehr Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen locken. Heute hat der "Wahlsieger" schon ein Lachen auf den Lippen, wenn er noch von 17% der Wähler gewählt wurde.
Die Bevölkerung hat von den etablierten Parteien die Nase gestrichen voll, was bisher noch im wesentlichen durch die Nicht-Beteiligung an den Wahlen ausgedrückt wird. Es gibt einen generellen Linkstrend in der Bevölkerung, den die Linke aber nur wenig auf ihre Mühlen lenken kann, denn sie bekommt mehr und mehr ein bürgerliches Profil.
Die Piratenpartei, die im Bereich von 2% verharrt, hat es versäumt, aus ihrem Jugendlichen-Ghetto auszubrechen, indem sie sich ein klar linkes Profil gibt (und damit auch Rechte nicht mehr für die Partei sprechen lässt). Sie ist nicht in der Lage, den Linkstrend zu erkennen.
Der Bundesbürger weiss im Grunde schon, am Ende muss es nach ganz links gehen (die Mehrheit für den Sozialismus sagt ja alles), kann sich aber weithin noch nicht entschliessen, dies auch bereits in die Wahl einfliessen zu lassen.
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