EU-Agrarsubventionen auf dem Prüfstand

Wird das WHO-Treffen erneut scheitern?

Von Elmar Getto

Hier ein weiterer wichtiger Artikel von Elmar Getto zu den EU-Agrarsubventionen. Er erschien zuerst in "Rbi-Aktuell" am 11. November 2005.

In diesen Tagen wird der neue EU-Haushalt festgelegt, der größte Brocken wiederum der Agrarhaushalt. Gleichzeitig finden Vorgespräche zur nächsten großen Runde der Welthandelsorganisation in Hongkong statt, die eventuell wiederum an den Agrarsubventionen der reichen Länder scheitern werden. Was sind eigentlich diese Agrarsubventionen? Es war vorher schon klar, man brauchte nur noch die Beweise. Jetzt liegen sie vor: Die EU-Agrarsubventionen gehen im wesentlichen an Konzerne und Großagrarier. Sie tragen so gut wie nichts dazu bei, das Sterben kleinerer Bauernhöfe zu verlangsamen, in vielen Fällen sogar im Gegenteil.

Hier die Fakten:

Spanien:

Die 303 größten Empfänger von Subventionen aus dem EU-Agrarhaushalt erhalten über 398 Millionen Euro pro Jahr, das sind für jeden im Schnitt über 1,3 Millionen Euro. Die sieben Spitzenreiter erhalten zusammen 14,5 Millionen Euro. Das ist die gleiche Summe, die die 12 700 kleinsten Empfänger zusammen erhalten (Schnitt für diese im Jahr: 1142 Euro). 1000 Euro pro Jahr bewahrt keinen Kleinbauern vor dem Ruin.

Frankreich:

Dies ist das Land mit dem größten Anteil am EU-Agrarsubventionen mit 9,4 Milliarden Euro (21,4%) vom Gesamtkuchen von 44 Milliarden Euro. Lediglich 15% der französischen Empfänger erhalten 60% dieser Summe, also etwa 5,6 Milliarden Euro. Dagegen erhalten 70% der französischen Landwirte zusammen nur 17% der Subventionen.Die 12 größten Empfänger in Frankreich erhalten jeweils mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr. Die zwei größten jährlich allein 1,7 Millionen.

Großbritannien:

Einer der großen Empfänger dort ist die königliche Familie, die sowieso zu den reichsten der Welt gehört. Ebenso wird der Zucker-Großkonzern Tate & Lyle mit hohen Subventionen bedacht.

Dänemark:

Die europäische Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bedenkt in Dänemark vier Minister der Regierung mit Zahlungen, mehrere Parlamentsabgeordnete und die dänische EU-Kommissarin. Diese gehen in den Bereich von Millionen Euro.

Belgien:

In Belgien waren unter den Topbegünstigten die Bank Crédit Agricole, Nestlé, Campina und BASF.

Slowakei:

In der Slowakei wurde kürzlich berichtet, daß Landwirtschaftsminister Zsolt Simon Besitzer einer Firma ist, die 2003 und 2004 1,3 Mio. Euro an Subventionen erhielt.

Niederlande:

In den Niederlanden erhielt der Landwirtschaftsminister, Cees Veerman, 150.000 Euro an Subventionen. Frühere Berichte geben an, daß die größten Empfänger von Direktzahlungen und Exportsubventionen von 1999-2003 der niederländische Zweig von Mars, der Bierkonzern Heineken NV und der US-Tabak-Hersteller Philip Morris sind.

Es gibt keinen Zweifel, daß das Bild in allen anderen Mitgliedstaaten das gleiche ist, denn das Schema ist ja das gleiche.

Zusammengefaßt ergibt sich deutlich: Es werden 44 Milliarden Euro jährlich von den Geldern europäischer Steuerzahler unter dem irreführenden Markenzeichen Agrarhilfe im wesentlichen an mit den jeweiligen Politkercliquen engst verbundene Konzerne und Großagrarier weitergeleitet oder sogar an die Raffzahn-Politiker selbst.

Eine Überprüfung durch Vergleich der Listen der Empfänger mit denen der wichtigsten Spender der Monopolparteien würde zweifellos eine gute Zahl von Übereinstimmungen ergeben. Allerdings ist eine solche Überprüfung nun natürlich nicht mehr möglich, da ja seit Kohl jeder straffrei die Spenden verheimlichen und in schwarze Kassen leiten kann. Die Agrarkonzerne werden ja wohl nicht so unvorsichtig sein, die Spenden offiziell zu geben.

Sind die Großbauern die wesentlichen Empfänger großer Summen neben den Konzernen, so hat diese „Agrarpolitik" natürlich auch den genau umgekehrten Effekt wie angegeben: Die kleinen Bauern werden in der Konkurrenz mit den Großen noch weiter zurückgeworfen und müssen noch eher aufgeben als wenn es keine Agrarsubventionen gäbe.

Die Wirkung dieser Agrarsubventionen an die weltweit operierenden Konzerne ist aber für die Entwicklungsländer am katastrophalsten. Die Multis werfen subventionierten Lebensmittel zu Preisen auf die Märkte der Welt, bei denen die Bauern der Entwicklungsländer nicht mithalten können. Ein Großteil des Hungers in der Welt hängt mit diesen Agrarsubventionen zusammen. Gleichzeitig sind die Lebensmittel innerhalb der EU deutlich teurer als auf den Weltmärkten.

Wenn ihr Bürgermeister oder Stadtverordneter oder Landtagsabgeordneter oder Bundestagsabgeordneter oder sonstiger Teil der raffenden Politikerkaste also das nächste Mal davon spricht, für Ihr Anliegen sei kein Geld in den Kassen, es müsse gespart werden und tiefe Einschnitte seien unumgänglich, dann wissen Sie, wo dieses Geld geblieben ist (44 Milliarden Euro jedes Jahr!).

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