Die Wiedereinführung des Feudalismus in Stuttgart

Porsche lässt die Polizei für die Ausbeutungsoffensive eingreifen

Von Karl Weiss

Der wesentliche Fortschritt damals bei der bürgerlichen Revolution, bei der Einführung des Kapitalismus anstelle des Feudalismus, war die weitgehende Abschaffung der beliebigen Willkür, mit der die feudalen Herrscher ihre Untertanen drangsalieren konnten und der absoluten Macht, mit der Staatsgewalt jegliche oppositionelle Regungen gegen sie unterdrücken durfte. Die bürgerlichen Rechte wurden geschaffen. Dieser Fortschritt ist nun gefährdet. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland häufen sich widerrechtliche Übergriffe der Polizei im Dienste der menschenverachtenden Politikerkaste oder der Groß-Konzerne, die sie vertreten.

Der neueste Fall ist das Eingreifen der Polizei gegen Flugblattverteiler vor den Werkstoren des Fahrzeug-Monopols Porsche in Stuttgart.

Porsche fährt seit geraumer Zeit eine Ausbeutungsoffensive mit Arbeitsplatzabbau gegen seine Arbeiter, die auf immer mehr Antreiberei und weitgehende Restriktionen am Arbeitsplatz hinausläuft. Einer der aktiven Gewerkschafter bei Porsche, der dagegen Stellung nahm und speziell die Entlassung kranker Mitarbeiter anprangerte, ist Ulrich Schirmer.

Porsche wollte keine oppositionellen Stimmen und warf ihn kurzerhand aus dem Betrieb. Ulrich Schirmer aber nahm das nicht hin, sondern zog vor die Gerichte. Porsche hatte keine rechtlich haltbaren Gründe und unterlag in allen Instanzen. Nun musste der Konzern auch noch die letzte Niederlage hinnehmen: Eine Revision gegen das letzte Urteil wurde nicht zugelassen. Damit hat Porsche den gesamten Rechtsweg ausgeschöpft, um eine unliebsame Stimme im Betrieb loszuwerden und jede einzelne Instanz mit Pauken und Trompeten verloren. Trotzdem wird Ulrich Schirmer weiterhin die Rückkehr an seinen Arbeitsplatz verweigert.

Diese Methoden werfen ein charakteristisches Schlaglicht auf den Porsche-Chef Wiedeking, der sich gerne von der bürgerlichen Presse als „Neuerer“ und „moderner Manager“ feiern lässt. Da kommen von ihm schon mal solche Sprechblasen wie „Bei uns steht der Mitarbeiter ganz weit oben“. Er hat sogar ein Buch über sich selbst geschrieben, in dem er seine „Modernität“ lobpreist. Wenn das „modern“ ist, dann gute Nacht.

„Ein feudaler Fürst“ bezeichnet ziemlich genau das, was seine Methoden darstellen.

Doch damit nicht genug. Ein anderer Arbeiter und Gewerkschafter, der im Solidaritätskreis für Ulrich Schirmer mitmachte und mehrfach mithalf, die Belegschaft über die rüden Methoden der Porsche-Geschäftsleitung zu unterrichten, ist Siegmar Herrlinger. Auch er setzte sich gegen die Entlassung kranker Mitarbeiter ein. Auch diese Opposition wollten Porsche und Wiedeking nicht hinnehmen, auch er wurde entlassen, wobei man eine Auseinandersetzung Herrlingers mit dem Betriebsratsvorsitzenden als Vorwand nahm. Auch er hat inzwischen bereits seinen Prozess gegen Porsche gewonnen, ohne dass er an den Arbeitsplatz zurück gelassen wurde.

Damit hat der Solidaritätskreis von Porsche–Kollegen, Angehörigen sowie anderen Gewerkschaftern gegen die Entlassungen bei Porsche Zulauf bekommen. Die Gewerkschafter und Freunde versammeln sich regelmäßig, diskutieren die neuesten Erfolge gegen die Porsche-Willkür und informieren von Zeit zu Zeit auch die Porsche-Kollegen über die letzten Prozesse, die absurden „Argumente“ der Porsche-Fürsten vor Gericht, die bei den Richtern nicht durchdrangen und über die aktuellen Spenden für die Finanzierung der Prozesse (als Neben-Skandal im Skandal gibt die Stuttgarter IG Metall den entlassenen Vertrauensleuten keinen Rechtsschutz).

So war es auch vor kurzem, als wieder Flugblätter von Unterstützern des Solidaritätskreises am Werkstor verteilt wurden. Doch feudale Herrscher wie Wiedeking wollen keine Meinungsfreiheit. Nur ihre Meinung gilt. So ordnete er an, das Flugblattverteilen zu untersagen. Der Werksschutz kam zu den Verteilern und befahl, das Verteilen einzustellen, denn es würde in ein „laufendes Verfahren eingegriffen“, weil im Fall von Herrlinger noch höhere Instanzen angerufen werden können.

Das ist natürlich eine lächerliche Ausrede. In Wirklichkeit passte es der ‚königlichen Hoheit’ nicht, dass andere Meinungen als seine kundgetan wurden.

Die Verteiler ließen sich also nicht einschüchtern.

Promt holte seine Majestät die Büttel (heute üblicherweise Polizei genannt, aber wir werden gleich sehen, es waren wirklich Büttel).

Statt nun den Porsche–Leuten klar zu machen, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland räumt der Meinungsfreiheit einen hohen Rang ein und das Verteilen der Flugblätter ist deshalb das gute Recht des Solidaritätskreises, verbot die Polizei ebenfalls das Verteilen der Flugblätter. Der Polizeihauptkommissar nahm die Personalien der Verteiler auf, beschlagnahmte die restlichen Flugblätter und hätte die Verteiler fast noch abgeführt, wenn sich nicht eine Menge Porsche-Kollegen eingemischt und ihr Recht auf Information betont hätten, was den Büttel zum vorsichtigen Rückzug mit den beschlagnahmten Flugblättern veranlasste.

Die Polizei hatte eine noch schwächere Ausrede als der hochherrschaftliche Konzern: Die Verteiler würden öffentlichen Raum zu Werbezwecken nutzen und dafür hätten sie keine Erlaubnis. Die Aktion des Verteilens der Flugblätter wurde einfach von einer politischen Meinungsäußerung in eine gewerbliche Werbeaktion umgedeutet. Schlau, was? Oder doch nicht so sehr?

Inzwischen sind denn auch schon bei den Verteilern Bussgeldbescheide über mehr als 125 Euro pro Kopf wegen dieses „Deliktes“ eingetrudelt. Ein weiterer Rechtsbruch.

Elmar auf Stuttgarter Modemo Jan 06, Polizeifahrzeuge

Auf dem Bild kann ein anderer Struttgarter Rechtsbruch festgestellt werden. Es zeigt Elmar bei einem Redebeitrag auf der Stuttgarter Montagsdemo. Im Hintergrund kann man Polizeifahrzeuge erkennen. Aus ihnen wurde die ganze Zeit widerrechtlich gefilmt und fotografiert.

Doch nun kommt es noch dicker: Der Polizeieinsatz sowie die damit anfallenden Kosten wurden von der Stadt Stuttgart übernommen! Fürst Porsche muss gar nichts zahlen für den Einsatz in seinem Sinne. Ist natürlich auch verständlich, da es sich doch um einen wirklich armen Mann handelt und auch die Firma am Hungertuch nagt, wie man weiß.

Nur das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart spurt noch nicht so richtig im Sinne von König Wiedeking dem Prächtigen. Es hat es doch tatsächlich gewagt, dem Solidaritätskreis ein Schreiben zu schicken, in dem es bestätigt, das Verteilen von Flugblättern mit politischem Inhalt bedürfe keiner Sondergenehmigung und sei auch keine werbliche Sondernutzung öffentlichen Straßenraums.

Aber das aufmüpfige Ordnungsamt bringt Fürst Wiedeking sicherlich auch bald zur Raison! Denn wie sagte man so treffend im Feudalismus?

Order pariert oder krepiert!


Veröffentlicht in "Journalismus - Nachrichten von heute" am 26. Februar 2007

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