Der Linkstrend hält an

"Grosse Koalition" weiter geschwächt

Von Karl Weiss

Der eindeutige Linkstrend bei den Bundesbürgern, der sich in allen Wahlen in der Bundesrepublik in den letzten Jahren abzeichnete, hat sich unverändert auch in den Landtagswahlen von Hessen und Niedersachsen weiter manifestiert. Das Hauptergebnis der Wahlen ist ein weiteres Abwenden von den beiden Parteien der „Großen Koalition“, was die Schwierigkeiten dieser Regierung für den Rest der Amtszeit noch weiter erhöhen dürfte.

Die Wahlauswertungen der Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen werden üblicherweise nur an den prozentualen Ergebnissen der Parteien festgemacht sowie an der Zahl der Mandate, die sie erhielt. Das führt aber zu Einseitigkeiten, so wie die Ansicht, die SPD habe in Hessen einen „großen Sieg“ errungen.

Erst wenn man auch die absolute Stimmenanzahl berücksichtigt, die historischen Fakten und die Bewegung in der Wahlbeteiligung, kann man zu Schlüssen über die Entwicklung der Stimmung in Deutschland kommen.

Seit Hartz IV

Tut man dies in Bezug auf die beiden Landtagswahlen vom Sonntag, kommt man zu einer klaren Einschätzung: Die Wähler haben, wie auch schon bei den vorherigen Landtagswahlen und bei der letzten Bundestagswahl, vor allem die beiden „Großen Volksparteien“ in offensichtlicher Weise abgestraft – und das ist nicht ein vorübergehender Trend, sondern eine Grundstimmung, die sich durch alle Wahlergebnisse der letzten Jahre seit Hartz IV zieht.

Dabei gibt es im wesentlichen keinerlei Tendenz, nach rechts zu gehen. Die Parteien am rechten Rand haben sogar noch einen Teil ihrer früheren Stimmen verloren. In Hessen, wo Koch einen Rechtsaussen-Wahlkampf geführt hat, wurde er abgewatscht wie noch kaum vorher ein Politiker in der Bundesrepublik in einer Wahl.

Mit anderen Worten: Es gibt einen generellen Linkstrend in der Wählerschaft. Der drückt sich aus:
  • In einer massiven Schwächung der rechten „Volkspartei“ CDU, die in beiden Ländern massiv Wählerstimmen verlor (keineswegs nur in Hessen!): 324 114 wählten in Hessen nicht mehr die CDU und 469 368 in Niedersachsen.
  • In einer Schwächung der SPD, die nun schon über viele Jahre in dieser Weise vor sich geht. In Niedersachsen, wo die SPD ihren grössten Einbruch bereits bei der letzten Landtagswahl hinnehmen musste, gelang es ihr, noch weiter Wähler zu verlieren und kam zum schlechtesten Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. In Hessen konnte die SPD zwar nicht nur Prozente, sondern auch Wähler dazugewinnen, aber nur in untergeordnetenm Masse bei den Arbeitern (lediglich 1% mehr Arbeiterstimmen). Damit drückt sich hierin keine Umkehr des Trends aus, sondern nur der indirekte Effekt des „ Abstrafens“ von Koch. Sowohl Hessen als auch Niedersachsen waren historische Hochburgen der SPD. Nun hat sie in Hessen lediglich das zweitschlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik geschafft.
  • In der ständig weiter wachsenden Schar der Nichtwähler. In Niedersachsen brach nach einer niedrigen Wahlbeteiligung beim letzten Mal diesmal erneut die Beteiligung um weitere 10% ein und erreichte den historischen Tiefstand von 57%. In einer typischen Arbeiterstadt wie Wolfsburg fiel sie sogar auf 50%.
  • In einer zusätzlichen Abkehr auch von den beiden liberalen Parteien FDP und Grüne. In ihrem Haupt-Stammland Hessen verloren die Grünen 70 000 Wähler bzw. 2,6 Prozentpunkte. In Niedersachsen verloren beide Parteien Wählerstimmen - trotz prozentualen Zuwächsen.
Die Linke 2008
  • In einer in diesem Ausmass unerwarteten Stärkung der Partei „Die Linke“. Nach den Erfolgen der Linkspartei in Landtagswahlen im Osten war sie als reine Ostpartei abgetan worden. Nach dem Einzug in die Bremer Bürgerschaft erklärte man, sie werde bestenfalls in den Stadtstaaten im Westen Fuss fassen können. Nun sind alle diese Prognosen über den Haufen geworfen. Inzwischen müssen selbst die hartleibigsten Kritiker schon zugestehen: Die Linke wird in eine Reihe von Flächenstaaten auch im Westen ins Parlament einziehen und damit die Zahl der weithin in den Parlamenten vertretenen Parteien auf fünf erhöhen. Es braucht kaum ausdrücklich erwähnt zu werden: In absoluten Wählerzahlen hat bei weitem die Linke gewonnen.
Interessant dabei, auch das Monopolkapital teilt diese Einschätzung: Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Jürgen Thumann warnte noch am Wahlabend:

"Ich betrachte die aktuelle Entwicklung mit allergrößter Sorge ... die Politik muss aufhören, ... über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung zu reden. Der Linksruck in Deutschland setzt sich fort."

Nun, wir können Thumann die letzten Hoffnungen nehmen. Auch wenn sich die Politkerkaste von ihm den Mund verbieten lässt und nie wieder über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung sprechen wird, werden die mündigen deutschen Bürger sich nicht das Denken von ihm verbieten lassen.

Wie schon ein altes deutsches Volkslied aus dem Widerstand gegen die (damals feudale) Obrigkeit sagt: „Die Gedanken sind frei!“

Hier der Text des Liedes, das etwa aus dem Jahr 1790 stammt und das 1842 von Hoffman von Fallersleben bearbeitet wurde (ja, genau jener, der „Das Lied der Deutschen“ schuf, dessen dritte Strophe heute unsere Nationalhymne ist), als Hymne an den aufgeklärten deutschen Bürger:

(Wer die Melodie eventuell nicht kennt, man kann das Lied auf einem Video auf dieser Seite gesungen hören.)


Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten,
sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich denk' was ich will und was mich beglücket,
doch alles in der Still', und wie es sich schicket.
Mein Wunsch, mein Begehren kann niemand verwehren,
es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei: Die Gedanken sind frei!

Und sperrt man mich ein in finstere Kerker,
das alles, das sind vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei, die Gedanken sind frei!

Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen
und denken dabei: Die Gedanken sind frei!



Veröffentlicht am 4. Februar 2008 in der Berliner Umschau, hier um den Text des Liedes ergänzt

Originalartikel
Winfried aus Chemnitz - 8. Feb, 20:39

Nicht Links - aber ein Werte Trent

Die Leute wählen immer weniger Links oder Rechts weil sie die politischen Richtungen mögen sondern sie kämpfen schon gegen den Staat, obwohl sie selbst
Demokratien sind!

Sie halten die Vertreter des Staates für gekauft und für Würdelos!

Wenn wir nicht schnell die Parteiendemokratie hin zu einer besseren Parlamentsdemokratie hin ändern - Bürgerentscheide zu einem wichtigen Medium werden - dann bricht unter diesem "Biegevorgang" das System eines nicht zu fernen tages schnell in sich zusammen.

Wenn Links in der Regierung ist - dann haben sie nur eine große Chance und danach ist die Linke tot weil andere die Werte für sich in Beschlag nehmen werden!

Hört also auf in Links und Rechts zu denken - denkt meinetwegen in Demokratisch und Antidemokratisch - wobei Demo das Volk ist - die Mehrheit des Volkes!

Auch die stetige DDR artige Propagandaberieselung wird daran nicht viel ändern, gerade hier im Osten ist man dagegen Imuner als anders wo.

Wir wissen auch wessen Kinder die Leute sind - die sich Pro oder Anti nennen.

sachmed - 18. Apr, 10:31

worthülse demokratie

dem beitrag meines vorredners kann ich mich nicht anschließen. so ein gesäusele von demokratie ist zu allgemein und wird manipuliert.
diese floskeln demokratie und freiheit hängen mir zu den ohren heraus.
wer soll sie denn machen, die demokratie? die meisten parteien sind neoliberal, dass heißt sie vertreten die macht sprich marktwirtschaft. nur die linkspartei lässt sich nicht kaufen- bis her!
ich las in der umschau einen beitrag, den ich interessant fand, nämlich, dass die linkspartei erstmal keine bündnisse eingehen darf, sonst müsste auch sie sich bis zur unkenntlichkeit verbiegen.
besser wäre es auf über 30 prozent zu kommen, damit sie richtungsweisend handeln könnte und sicher auch volksentscheide durchsetzen könnte.
jedenfalls hoffe ich, dass sie in der lage wäre, etwas zu bessern. ich finde nur, dass der linkstrend noch lange nicht ausreicht. in einer umfrage bei sat 1 hat die cdu über 40 prozent. das ist echt zum kotzen. die leute müssen wohl noch viel ärmer werden, ehe sie sich trauen links zu wählen.enthaltsamkeit bringt's da leider nicht.
bis dahin lassen sie sich doch immer wieder von cdu und spd, grünen und fdp verschaukeln. ist sie nicht hübsch unsere kanzlerin...hauptsache die haare liegen. das ist doch schon komik pur. und das angstwort kommunistisch wird hier systematisch eingesetzt, um das volk gefügig zu halten. das wort sozialistisch, oder ehemaliger sozialistischer block gibt es hier gar nicht. die tun so, als wäre die ddr kommunistisch gewesen. die ist aber schon am sozialismus gescheitert. aber sozial und sozialistisch klingen so harmlos und sympathischer als kommunismus...hu! den will doch gar keiner, aber soziale Lebensverhältnisse schon!

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