Sind alle Muslime Islamisten?
Von Karl Weiss
Nach der Propaganda , die nicht nur die Bild, der Spiegel und bestimmte Blogs wie PI dominiert, sind alle Muslime potentielle Terroristen, Radikale, Massenmörder. Sie hassen die „westlichen Werte“, sind gegen die Gleichberechtigung der Frau und für das Hände-Abhacken. Auch offizielle Stellen wie der Bundesinnenminister legen solche Schlussfolgerungen nahe. Es wird sogar die Mär verbreitet, der Koran sei eine Anleitung zum Terror.
Nun hat aber das weltweit angesehene Umfrage-Institut Gallup eine Massenumfrage unter Muslimen gemacht, die ein ganz anderes Bild zeigt und die Propaganda als Lüge entlarvt. Es handelt sich nicht um eine der typischen Meinungsumfragen, bei denen von wenigen hundert oder Tausend Antworten auf die Gesamtheit geschlossen wird – was absolut umstritten ist - , sondern um eine echte Umfrage unter insgesamt etwa 50 000 Muslimen in 35 überwiegend islamischen Ländern.
Die Ergebnisse: Nur etwa 7% der Befragten werden als „politisch radikalisiert“ eingestuft, das meint also, sie unterstützen die Berechtigung von Terroranschlägen. Die anderen 93% dagegen nennt Gallup „politisch moderat“, d.h. sie lehnen Terror als politisches Mittel ab.
Diese Zahlen werfen natürlich gleich die Frage auf, wie würden diese Prozentzahlen aussehen, wenn man zum Beispiel Israelis befragen würde. Uri Avnery hat gerade eben berichtet, es gäbe in israel eine breite Unterstützung für gezielte Morde an politischen Gegnern, also Terrorismus. Das bezieht sich natürlich auf die privilegierte nicht-arabische Bevölkerung in Israel, die arabischen Israelis ohne jegliche bürgerlichen Rechte sehen das wohl anders.
Auch wäre es interessant, solche Prozentzahlen zu haben über Umfragen unter den extremistisch-christlichen Rechtsaussen in den USA. Was da wohl für Quoten der Zustimmung von Terror gegen die "Terroristen" herauskämen?
Auch die Mär, der Islam lehre seinen Anhängern den Hass auf das „westliche Wertesystem“, wird widerlegt: Dieses System und ein „faires politischen System, Demokratie und Menschenrechte“ werden als das genannt, was man am Westen am meisten bewundert, gleich nach der Technologie. Außerdem sehen die Muslime in ihrer überwiegenden Mehrheit keinen Gegensatz von Demokratie und ihren religiösen Werten.
Sehr interessant auch die Einstellung zur Gleichstellung der Frau: 85 Prozent aller Befragten im Iran, 90 Prozent in Indonesien und 61 Prozent in Saudi-Arabien treten für die gleichen Rechte für Männer und Frauen ein.
Ganz anders sehen allerdings die Ergebnisse aus, wenn es um die Einschätzung der US-Politik geht. Die weit überwiegende Mehrheit nimmt der US-Regierung nicht ab, ihre Überfälle auf islamische Länder seinen darin begründet, dass man die Demokratie bringen wolle. Auch von den politisch gemässigten antworten 67%, die USA sei eine „aggressive Macht“.
Das zeigt, die überwältigende Mehrheit der Muslims ist nicht nur vernünftig, sondern kann auch unterscheiden. Der US-Regierung wirklich abzunehmen, es ginge ihr darum, Demokratie nach Afghanistan, in den Irak und demnächst vielleicht in den Iran zu bringen, wäre ja verblendet – und das sind die Muslime eben in ihrer grossen Mehrheit nicht.
So sind denn auch die Eigenschaften, die man am meisten mit der offiziellen USA verbindet bei den Muslimen: Rücksichtslosigkeit, wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt, Aggressivität (...) und moralische Dekadenz
Vernünftige Menschen hatten schon ähnliches vermutet, aber nun ist es konkret bewiesen: Es gibt sie nicht, die behauptete generelle muslimische Weltverschwörung. Die meisten dort sind Menschen wie du und ich, vergleichbar Menschen mit religiösen Anschauungen und Überzeugungen in den westlichen Ländern.
Was Henryk Broder und Konsorten da zusammenstöpseln, ist schlicht und einfach 'bullshit', um mit unseren amerikanischen Freunden zu sprechen.
Veröffentlicht am 29. Februar 2008 in der Berliner Umschau
Originalartikel