Amazonas-Urwald zum Abschuss freigegeben

Brasiliens Umweltministerin Marina Silva tritt zurück / Bis zu 40 Prozent des Regenwalds vor Abholzung

Von Karl Weiss, Belo Horizonte

Am vergangenen Dienstag hat die brasilianische Umweltministerin Marina Silva endgültig das Handtuch geworfen und ist zurückgetreten. Jetzt ist der Weg frei, auch noch die letzten Hemmungen abzulegen im Abbrennen und Abholzen des weltgrößen Regenwaldes im Amazonasbecken(„die Lunge der Menschheit“). Der parlamentarische Führer der brasilianischen Grossagrarier hat dies - wenn auch in verschleierter Form – bereits angekündigt.

Amazonas

Die Umwelt-Ministerin Marina Silva war eine der Ikonen der Regierung Lula in Brasilien. Sie kam aus Amazonien, sie war Begleiterin von Chico Mendez in seinem Kampf gegen die Grossagrarier und Holzkonzerne und für die Rechte der Kleinbauern und den Schutz des regenwaldes, bevor er im Auftrag von einem von ihnen ermordet wurde. Sie hat es von einer Analphabetin zu einer gebildeten Ministerin geschafft. Sie schien für die international Umwelt-Bewegten die Garantie zu sein, die Vernichtung des Regenwaldes würde gebremst werden.

Wenn man also später einmal im Rückblick ein Datum festlegen will, wann es endgültig klar wurde, das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, wird nicht mehr aufzuhalten sein, dann könnten einige der wenigen Überlebenden auf die Idee kommen, es könnte der 13. Mai 2008 gewesen sein.

Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände

Nach 6 Jahren des Kampfes für diese Ziele (Marina Silva war Umwelt-Ministerin seit dem ersten Amtsantritt Lulas; der Berichterstatter nimmt an, sie habe gekämpft, wirklich zu sehen war von außen nie etwas) und nachdem sie wieder und wieder zwar als Gallionsfigur genutzt wurde, sich aber nie durchsetzen konnte, hat sie nun aufgegeben. Die Wut, mit der sie das Handtuch geworfen hat, kann man an der Art und Weise ablesen, wie sie ihren Rücktritt inszenierte. Sie liess ihr Rücktrittsschreiben im Büro des Präsidenten abgeben, der aber damit beschäftigt war, unserer Merkelin die Aufwartung zu machen und deshalb nicht da war. Gleich danach gab sie eine Presse-Erklärung über ihren Rücktritt heraus und stellte somit sicher, Lula würde durch die Medien davon erfahren.

Nicht dass sich wirklich viel ändern würde mit ihrem Abgang. Auch in diesen 6 Jahren wurde die Vernichtung des Amazonasregenwaldes bereits fast ununterbrochen beschleunigt. Zwar gab es ein Jahr mit einem geringfügigen Rückgang der neu vernichteten Fläche, aber das lag an den extrem niedrigen Agrarpreisen. Jetzt, mit erhöhten Preisen für Soja und Fleisch und mit weiterhin himmelstürmenden Preisen für Tropenholz, sind endgültig alle Dämme gebrochen. Es locken Millionen und Abermillionen von leichten Profiten!

Brasilien (topographisch)

Falls die Ministerin noch ein Hindernis war, so ist auch dies jetzt beseitigt. Der neue Minister Minc hat bereits verlauten lassen, er werde die „Bürokratie“ für Umwelt-Zulassungen verringern. Nachtigall ick hör dir trapsen!

Dass die Ministerin doch noch eine gewissen Barriere darstellte und es nun noch schlimmer wird, geht auch aus einem Interview mit dem brasilianischen Bundestagsabgeordneten Valdir Colatto hervor. Dieser ist der Führer der „Frente Parlamentar da Agropecuária“, das sind die mit den Grossgrundbesitzern verschmurgelten Abgeordneten, etwa ein Drittel des Hauses, quer durch alle Parteien.

Regenwald

Er sagte in bemerkenswerter Offenheit zum Rücktritt, „die Ministerin erlitt die Konsequenzen der Reaktion des ‚produktiven Sektors‘“. Er bezeichnet als ‚produktiver Sektor‘ die Grossgrundbesitzer, die intensive Raubbau-Landwirtschaft betreiben.

Das Banner des Kampfes gegen die Vernichtung des Regenwaldes, so sagt er, sei eine ideologische Position, die lediglich vorgeschoben sei. Das wirkliche Ziel dieser Umweltschützer sei, in einem Land zu leben, in dem es nur Umweltschutz gebe, in dem nicht produziert würde und es überhaupt keine ökonomischen Aktivitäten gäbe.

Regenwald-Abholzung Brasilien

Er weist in dem Interview darauf hin: Es gibt in Brasilien offiziell das Gesetz mit der Nummer 4771, das erlaubt, 40% des Amazonas-Urwaldes zu vernichten. Er sagt, bisher seien erst 7% vernichtet (diese Zahl ist ‚leicht geschönt‘), also seien alle Aktivitäten des Abbrennens und Abholzens erlaubt.

Vom neuen Minister verlangt Colatto: „Er soll die Situation verstehen und die notwendigen Planungen durchführen, damit diese Frage [des Umweltschutzes] nicht auf den Privatbesitzer zurückfällt und den Schlaf derer raubt, die nichts anderes wollen als produzieren und als Gesetzesbrecher dargestellt werden.“
Kurz zusammengefasst: Der Amazonas-Urwald ist zum Abschuss freigegeben.

Alle Experten sind sich einig: Wenn das Amazonasgebiet zu einer Steppe und/oder Wüste geworden ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Klimakatastrophe aufzuhalten, die dann zur Vernichtung der Menschheit, wie wir sie kennen, führen würde.

Veröffentlicht am 17. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel
Magic Light - 17. Mai, 20:15

Erfreuliche Nachricht, das Eis an den Polkappen hat wieder deutlich zu genommen. Einige Wissenschaftler haben Erklärungsnotstand.

Schlechte Nachricht, wer bitte soll denn alle diese Missstände ändern?

Alles auf diesem Planeten ist doch sekundär wenn es keinen Profit bringt,
das ist leider die Realität, es ist wie die Korruption, sie ist auch überall
gegenwärtig, je abgeklärter man wird, je mehr sieht man.

Aber nachdem ich nun weiss, dass ich auch abholzen könnte/darf, sollte ich mir vielleicht überlegen zum Preis von 1 Cent pro m2 eine grössere Fläche
Urwald zu kaufen, bevor es ein anderer tut?

kranich05 - 18. Mai, 10:28

We feed the world

Daß der Rücktritt erfolgte, unmittelbar bevor die Umweltweltmeister Deutschland/EU/Merkel ihre Biospritinteressen durchsetzten, finde ich besonders bemerkenswert.
http://opablog.twoday.net/stories/4929947/

Magic Light - 18. Mai, 14:38

We feed the World, einfach unfassbar was da abgeht und keine Rettung in Sicht.
Sklaventum herrscht weiter, nur in einer anderen Form. Die Grausamkeit in
dessen Folge bzw. das unwürdige Dasein macht den Mensch zur schöpferisch
sinnlosen Kreatur. Solche Filme sind auch erhältlich via google video od.
nuoviso.de, auch über die bitTorrent Systeme.

Aber auch direkt vor den Toren der USA wie in Haiti; da essen/kaufen/verkaufen die Leute schon eine Art Hamburger/Pfannkuchen, gemacht aus 99% "Lehm", Pflanzenbutter und Salz, die auf den sonnigen Dächern getrocknet werden und dann verkauft bzw. den Magen etwas füllen. Besser das im Magen als nichts, sagen sie.
Karl Weiss - 22. Mai, 22:09

Kein Zusammenhang

Hallo Kranich 05,

was 'opablog' da schreibt, wurde bereits in diesem Artikel widerlegt: http://karlweiss.twoday.net/stories/4918257/

Es gibt den Zusammenhang von Kaitalismus mit den sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen in der Grosslandwirtschaft Brasiliens und es es gibt den Zusammenhang vom Kapitalismus mit dem armen Bauern, der direkt vor riesigen Sojafeldern Hunger leiden muss in Brasilien, aber es gibt keinen Zusammenhang von Biosprit mit diesen sozialen Phänomenen.

Soja wird - bisher jedenfalls - nicht in nennenswerten Umfang zur Herstellung von Bio-Diesel verwendet, ja es gibt überhaupt keinen nennenswerten Umfang von Bio-Diesel.

Es muss auf jeden fall verhindert werden, dass Soja zur Herstellung von Bio-Diesel verwendet wird, wenn einmal in nennenswertem Umfang Bio-Diesel hergestellt wird, aber deshalb müssen die Folgen des Kapitalismus doch diesem zugeschrieben werden und nicht anderen Erscheinungen.

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https://karlweiss.twoday.net/stories/4932173/modTrackback

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