Brasilien jenseits von Fußball und Samba, Teil 8: Mata Atlântica - der atlantische Regenwald

Teil 8: Landschaften Brasiliens: Mata Atlântica - Der atlantische Regenwald

Von Elmar Getto

Nach dem Artikel über den Amazonas-Urwald im sechsten Teil der Reihe wollen wir uns nun einer weiteren tropischen Landschaft Brasiliens zuwenden, die für die Menschen in Brasilien eine weit größere Bedeutung hat: Dem Gebiet der ‚Mata Atlântica’ (Atlantischer Regenwald, Atlantik-Dschungel), einem Wunder der Natur, in dessen Bereich mehr als die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung lebt.

Brasilien (topographisch)

Die ‚Mata Atlântica’ war zur Zeit des Beginns der Eroberung Brasiliens (schönfärberisch ‚Entdeckung’ genannt) im Jahre 1500 – und ist es in Teilen noch heute – schlicht und einfach das Habitat mit der größten Artenvielfalt, das es auf der Erde gibt. Es handelt sich um einen tropischen und subtropischen Regenwald, der sich vom Norden (heutiger Staat Ceará) bis in den Süden (heutiger Staat Santa Caterina) Brasiliens hinzog, entlang der Atlantikküste über Tausende von Km und der 50 bis 450 Kilometer in das Landesinnere hineinreicht, nach dem Amazonasgebiet die zweitgrößte Landschaft Brasiliens mit etwa 1 300 000 Quadratkilometer Ausdehnung, das entspricht 15% des brasilianischen Territoriums.

Nachdem diese Landschaft fast die ganze Küste Brasiliens einnimt, war sie die erste, die in Besitz genommen wurde von den ach so christlichen Europäern. Sie blieb bis heute das Gebiet, in dem die meisten Brasilianer leben, etwa 100 Millionen der 170 Millionen.

Die ‚Mata Atlântica’ war das, was jeden der Eindringlinge bezauberte und was sie (alle Beschreibungen stimmen darin überein) den Begriff ‚paradiesisch’ gebrauchen ließ.

Regenwald

Hören wir noch einmal, was Americo Vespucci über die Mata Atlântica schrieb:

„Einige Male steigerte ich mich hinein in den Duft der Bäume und der Blumen und den Geschmack dieser Früchte und Wurzeln, so sehr, daß ich bei mir dachte, ich sei im Paradies auf Erden. Und was soll ich sagen über die Vielfalt der Vögel, die Farbenpracht ihrer Gefieder und Gesänge, wie viele es sind und von welcher Schönheit? Ich will gar nicht weiter sprechen, denn ich befürchte, ihr werdet mir nicht glauben.“

Mit diesen und anderen Beschreibungen der Mata Atlântica und des – im wahrsten Sinne des Wortes paradiesischen – Lebens vieler Indio-Stämme, die man antraf, gelang es ihm, das Interesse Europas für den neuen Kontinent zu wecken und, ganz nebenbei, für sich den Nachruhm der Benennung eines Kontinentes mit seinem Namen zu errringen.

Wie kommt es, daß sich gerade entlang der brasilianischen Küste ein solches Wunderwerk der Natur entwickeln konnte? Es gibt hier eine Anzahl von Bedingungen, die an anderen Orten nicht angetroffen werden:

Amazonas

- Der nördliche Teil des Südatlantiks ist von einem Süd-Ost-Wind geprägt, also einem, der aus der Richtung Afrika herúberweht, der eine ausgeprägte Meeresströmung auf die ‚Spitze’ des südamerikanischen Kontinents zu verursacht. Der größte Teil der warmen Meeresströmung wird dort nach Norden abgeleitet und fließt in die Karibik und dann in den Golf von Mexiko. Dort hat die Strömung nur einen Ausweg, die schmale Öffnung von etwa 100 km zwischen Florida und Kuba, wo sie die stärkste bekannte Meereströmung bildet, den Golfstrom, der uns in Europa viel Feuchtigkeit, aber auch deutlich höhere Temperaturen beschert, als es für die geographische Höhe typisch wäre.

Der andere Teil der Strömung wird aber nach Süden abgelenkt und bringt der Ostküste Südamerikas eine warme Strömung und damit eine warme und feuchte Witterung. Auf diese Art und Weise werden die tropischen Gebiete an der Küste nach Süden weit in subtropische geographische Höhen hinein ausgedehnt.

- Zur Bildung eines Regenwaldes müssen etwa 2 000 mm Regen pro Jahr fallen (in Deutschland haben wir in etwa 500 mm pro Jahr). Für Zulieferung von Feuchtigkeit sorgen einerseits diese warme Meeresströmung und andererseits die das ganze Jahr über von Süden heranziehenden Fronten kalter Luft. Zwischen dem Südpol und der Mitte und dem Norden des südamerikanischen Kontinents gibt es keinen Riegel von Bergen, der das Fortschreiten dieser Kaltfronten aufhalten könnte. Dazu kommt, dass die Anden mit Gipfeln von über 5000 Metern Höhe einen Riegel in Nord-Süd-Richtung bilden und ein Ausweichen der Kaltfronten nach Westen verhindern, ebenso eine ins Gewicht fallende Beeinflussung durch das Wetter im Pazifik. Diese Fronten treffen auf der Höhe des ‚atlantischen Dschungels’ auf die aufgeheizten tropischen Luftmassen aus dem Inneren Südamerikas und verursachen Regen – oder besser gesagt tropische Sturzbäche.

- Während das riesige Gebiet des Amazonas-Urwaldes seinen Regen selbst erzeugt – er ist ja eine riesige ‚Maschinerie’ des Verdampfens von Wasser (der Amazonas-Regenwald verdampft pro Jahr etwa 7 'trillions of tons' Wasser) - , konnten die Reste des atlantischen Regenwaldes nur aufgrund dieser äußeren Belieferung mit Feuchtigkeit überleben, denn dieser Regenwald hat keine ausreichende Ausdehnung für einen internen Kreislauf.

Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände

Das bedeutet gleichzeitig, daß der Amazonas-Regenwald, wenn er erst einmal zu großen Teilen vernichtet sein wird, seinen eigenen Regen nicht mehr erzeugen kann und der Rest damit auch verschwinden wird. Das Gebiet wird versteppen und zur Wüste werden.

Regenwald-Abholzung Brasilien

- Zu den speziellen Bedingungen der Mata Atlântica gehört auch, daß das küstennahe Terrain Brasiliens über weiteste Strecken stark hügelig und gebirgig ist. Der ganze mittlere bis südliche Teil Brasiliens stellt eine riesige hügelige Platte von Granit und Gneis dar, die zum Landesinneren geneigt ist und nahe dem Meer einen Steilabfall hat, der üblicherweise zwischen Fünfhundert und Tausend Meter Höhenunterschied ausmacht. Dieser Steilabfall läßt an manchen Stellen nur noch 100 Meter und einen Strand frei, an anderen Stellen haben sich große Anschwemmgebiete gebildet, wie im Staat Rio de Janeiro, und der Steilabfall liegt bis zu 70 oder 80 km im Landesinneren. Wie überall, sind Steilabfälle in der Nähe des Meeres DIE Wolkenfänger und so garantieren die Bedingungen an diesen Hängen eine extrem häufige Nebelsituation und Luftfeuchtigkeiten von zwischen 90 und 100% das ganze Jahr über, die idealen Bedingungen, nicht nur Regenwald, sondern artenreichsten Regenwald zu bilden.

São Paulo, grösste Stadt der südlichen Hemisphere

Wenn die Bewohner des Groß-Bereichs São Paulo (immerhin etwa 20 Millionen) zum Strand wollen oder zum Hafen nach Santos, müssen sie einen dieser Steilabfälle hinunter, der in diesem Fall etwa 800 m hoch ist, wofür es heute bereits 4 mehrspurige Autobahnen gibt, zwei aufwärts und zwei abwärts. Dort ist die Nebelbildung, speziell im oberen Teil des Steilabfalles, so häufig und der Nebel manchmal so dicht, daß die Zahl der Unfälle nur mit einer Methode verringert werden konnte: Wenn der Nebel eine bestimmte Dichte überschreitet, stoppt die Polizei den Verkehr und stellt Konvoys zusammen, die – mit Polizeiautos am Anfang und Ende, in gleicher Geschwindigkeit fahren.

- Die hügelige und gebirgige Struktur der meeresnahen Bereiche des mittleren und südlichen Brasiliens sorgt auch dafür, daß die Mata Atlântica die vielfältigsten Ansichten bietet. Auf Bergkuppen ist manchmal nur Buschwerk vorhanden, an den Berghängen ist sie meist weniger dicht, weil oft Bäume umstürzen und in den Tälern bildet sich ein undurchdringlicher Dschungel aus. Die ausgesprochenen Urwaldriesen fehlen deshalb auch in ihr. Die höchsten Bäume erreichen ‚nur’ 30 bis 40 Meter an Höhe.

- Eine weitere Bedingung für die Vielfältigkeit in der Mata Atlântica ist die lange Nord-Süd-Ausdehnung. Während im Norden, im rein tropischen Gebiet, alle Pflanzen daran angepaßt sein müssen, daß keinerlei jahreszeitliche Temperaturunterschiede auftreten, gibt es im Süden einen ausgeprägten Winter und es kommt schon einmal zu Temperaturen um den Gefrierpunkt. Hier gibt es Gewächse, die im Winter für einige Wochen die Blätter abwerfen und dann im Frühling zu blühen beginnen, bevor die Blätter wieder wachsen, so wie z.B. einer der beeindruckendsten Bäume dieser Region, der Ipê, den es in einer strahlend gelb und einer pupur blühenden Form gibt.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden 93% der ursprünglichen Tropenwaldfläche der Mata Atlâtica vernichtet, statt der ursprünglich auf 5 bis 10 Millionen Spezies geschätzten Anzahl der Arten machte sich die einzige Spezie homo sapiens sapiens breit, wobei allerdings von sapiens (‚klug’) nicht viel zu bemerken war.

Es wurde rücksichtslos abgeholzt und abgebrannt, die Indios wurden vertrieben, versklavt oder abgeschlachtet. Man begann, auf dem unfruchtbaren Boden, der nach dem Abholzen blieb, Anbauversuche zu machen und das Land schließlich brachliegen zu lassen und der Erosion preizugeben, wenn sich das als vergeblich Unterfangen erwies. Nach den ersten Versuchen wurden daraus keine Lehre gezogen. Es wurden vielmehr diese Anbauversuche Jahrhunderte (!) fortgeführt, bis fast aller Regenwald den ‚klugen Menschen’ zum Opfer gefallen war. Es gelang lediglich mit eingeführten Grassorten wenigstens eine Viehweide aufzubauen, auf der man - ebenfalls eingeführte - Rinder halten konnte, aber bis heute gibt es nur in begrenzten Gebieten eine lohnende landwirtschaftliche Betätigung auf der früheren Mata-Atlântica-Erde.

Die einzig erkennbaren Ziele der Eroberer waren persönliche und kolonialstaatliche Bereicherung und Machtgewinn, während offiziell und nach außen hin andauernd das hehre Ziel, den katholisch-christlichen Glauben zu den Indios zu bringen, als angebliche Motivation der Expeditionen wie eine Reliquie vor sich hergetragen wurde.

Würden doch sonst die armen Seelen der Indios für immer verloren sein. Als dann der Papst entschieden hatte, daß Indios keine unsterbliche Seele haben und daher - wie alle anderen ‚Tiere’ – versklavt und abgeschlachtet werden durften, war dieser Grund für die Eroberung eigentlich weggefallen. Dies tat den Aktivitäten der Kolonialisten aber keinerlei Abbruch. Sie verstärkten sie vielmehr, hauptsächlich weil sie immer noch auf der Suche nach ergiebigen Goldvorkommen waren – eine Suche, die sich nicht allzu lange danach ja als erfolgreich erwies (siehe auch den 5. Teil der Reihe: Brasilien und Gold)

Die Parallelen zur heutigen Zeit und zum Einfall der US-Truppen im Irak sind verblüffend. Hier wie dort die Macht- und Bereicherungsziele als wahre Gründe, hier wie dort die militärische Überlegenheit, hier wie dort das Vorschieben scheinbar hehrer Begründungen für die Eroberung, hier wie dort der ständig betonte christliche Hintergrund der Kommandeure der Überfallstruppen, hier wie dort eine (Schein-)Begründung, die sich als nicht haltbar erwies, was – hier wie dort – natürlich zu keinerlei Änderung der Politik führte.

Irak-Krieg 2

Hier wie dort das Foltern und brutale Abschlachten der heimischen Bevölkerung. Hier wie dort einer der wichtigsten Bodenschätze als Hauptantriebsfeder.

Obwohl mit Sicherheit seit damals viele Spezies des atlantischen Regenwalds ausgestorben sind, wahrscheinlich sogar die Mehrzahl, die nie mehr auch nur beschrieben werden können, ist auch das verbliebene kleine Areal, bestehend aus kleinen bis mittleren, unzusammenhängenden Stücken, im ganzen etwa 94.000 Quadratkilometer (etwa 7,3% der ursprünglichen Fläche), immer noch ein wahres Wunderwerk der Natur. An Zahl der vorkommenden Baum-Arten ist er weiterhin die artenreichste der Welt.

Es leben darin immer noch mehr als 10.000 Spezies von Pflanzen, davon 50% ‚endemisch’, also nur hier vorkommend. An Tieren gibt es immer noch 1.600.000 Arten, der größte Teil, wie immer, Wirbellose. 261 Arten von Säugetieren bevölkern immer noch die Restgebiete des atlantischen Regenwaldes, davon 73 endemische. Die Vögel machen noch 620 Spezies aus, davon 160 endemisch. Allein an Amphibien gibt es 260 Arten, 128 endemisch.

Vier der fünf Riesenstädte Brasiliens (São Paulo, Rio de Janeiro, Salvador und Recife/Olinda) liegen im Gebiet des atlantischen Dschungels, so wie auch alle Landeshauptstädte der Küstenländer.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

So unglaublich es erscheinen mag, aber es gibt noch ein schönes Stück des ‚atlantischen Dschungels’ mitten in der Millionenstadt Rio de Janeiro, der Stadt, in der Verbrechen und Drogenhandel herrschen, wo man nächtens die Maschinenpistolen-Garben der Fraktionskämpfe hört, wo eine unterbesetzte, unterbezahlte und manchmal entmenschte Polizei ohne Aussicht auf Erfolg versucht, dem Einhalt zu gebieten oder jedenfalls dies vorzugeben – mitten in dieser Stadt hat sich ein Stück des Paradieses erhalten, heute als ‚Nationalpark Tijuca’ geschützt.

Der liegt nicht am Rande, sondern mitten in der Stadt und umfaßt eine Fläche von 37 Quadratkilometern. Die meisten Großstädte wären schon froh, wenn sie soviel Grünfläche hätten, aber ein Stück erlesensten, (fast) unberührten Regenwaldes, das ist einmalig.

Zuckerhut von der Botafogo-Bucht aus

Ein „Muß“ für jeden Besucher von Rio, wichtiger als der obligatorische Abstecher mit der Gondelbahn auf den Zuckerhut. Dort hat man Recht auf Wasserfälle, sichere Pfade durch den Urwald, Aussichtskanzeln, eine Kapelle, ein Museum, Restaurants im Urwald und den höchsten Berg Rios, mit mehr als 1000 m recht beachtlich für eine Stadt am Meer. Geführte Wanderungen vermittelt einem jedes Hotel in der Stadt, wer nicht viel laufen kann, nimmt einfach ein Taxi und sagt „Floresta da Tijuca – a cachoeira“ und schon wird man zum einem in mehreren Stufen 90 Meter hohen Wasserfall mit einem Restaurant daneben gebracht und kann auch noch ein paar Meter gehen, wenn man will. Den Taxipreis läßt man den Hotelportier für einen aushandeln. Nicht vergessen, sich ein Quittung geben zu lassen. Auf der Rückfahrt besteht man darauf, den gleichen Preis zu zahlen. Wird der Taxifahrer pampig, ruft man die Leute vom Restaurant zu Hilfe, die das Taxi gerufen haben, oder einen Brasilianer, der English spricht.

Corcovado von Botafogo aus

Auch der Brasil-Baum, der dem Land den Namen gab, ist ein Baum der Mata Atlântica. Bereits die ersten Portugiesen, die in der Nähe der heutigen Stadt Porto Seguro den Boden des neuen Kontinents betraten, fanden unter all den unbekannten Bäumen auch diesen, ihnen bekannt vorkommenden und berichteten über ihn. Wahrscheinlich wurde sogar schon ein Stück dieses Holzes mit nach Portugal genommen.

Ein Baum mit diesem Namen kam nämlich in „Hinterindien“ (Indonesien) vor und aus seinem Holz wurde der einzige gute rote Textilfarbstoff der damaligen Zeit gewonnen. Sein Holz wurde mit etwa einem Zehntel des Preises von Gold bezahlt. Tatsächlich erwies sich das brasilianische Brasil-Holz auch hierfür als geeignet. So begann Portugal, aus Mangel anderer wertvoller Stoffe, Brasilholz aus der neuen Kolonie abzutransportieren. Bereits etwa 100 Jahre nach dem Beginn der Eroberung meldeten die Expeditionen, daß alle küstennahen Brasilbäume bereits abgeholzt waren und man sich weit ins Landesinnere vorwagen mußte, um noch einige zu finden.

Im Grunde waren sich die Menschen der damaligen Zeit schon im klaren darüber, was sie taten, wenn sie den atlantischen Regenwald abbrannten und abholzten. Zumindest gab es aufgeklärte Personen, die darauf aufmerksam machten.

Im National-Museum der Schönen Künste in Rio de Janeiro kann man ein Gemälde aus dem Jahre 1843 des französisch-brasilianischen Malers Félix Emile Taunay, der seit 1816 in Brasilien lebte, bewundern (oder jedenfalls ansehen) mit dem Titel: „Ansicht eines unberührten Waldes, der zu Kohle verwandelt wird“. Auf der rechten Seite des Bildes die fein künstlerisch ausgeführte Ansicht eines Stückes ‚Mata Atlântica’, auf der linken Seite des Bildes ein Abhang, an dem der ganze Wald bereits abgeholzt ist, das Holz als Brennholz aufgestapelt ist und die verbliebenen Stümpfe niedergebrannt werden. Die Anklage des Bildes ist beeindruckend und frappierend, wenn man bedenkt, daß die erste größere ‚grüne’ Bewegung zu diesem Zeitpunkt noch etwa 130 Jahre brauchen würde, um in der Geschichte aufzutauchen.

Der Künstler hatte eine enge Verbindung mit der Philosophie, die in Deutsch „Aufklärung“ genannt wird und in unmittelbarem Zusammenhang mit der französischen Revolution steht. Sein Vater, der berühmte neo-klassizistische Maler Nicolas Antoine Taunay („der David der kleinen Formate“), überlebte die bewegtesten Jahre der französischen Revolution in einem Haus auf dem Lande, das er Jean Jaques Rousseau („Zurück zur Natur!“) abgekauft hatte. Dort wurde Félix auch geboren. Mit der ganzen Familie übersiedelte Nicolas Taunay 1816, nach der Niederlage Napoleos, nach Brasilien, weil Anhänger des Korsen in diesem Moment in Frankreich schwierige Zeiten erlebten – und Taunay konnte seine Bewunderung für Napoleon nicht abstreiten, denn er hatte ihn in vielen Gemälden verherrlicht. Gleichzeitig fühlte der portugiesische Hof, der (vor Napoleon!) nach Brasilien geflüchtet war, die Abwesenheit von ein wenig Kultur und lud französische Künstler ein, nach Brasilien zu kommen (die sogenannte „französische Mission“).

Nicolas Taunay legte sich in Rio de Janeiro ein Stück Land mit einem Haus zu, das exakt in dem oben beschriebenen unversehrten Teil des atlantischen Regenwalds gelegen war, und zwar genau das Stück mit dem Wasserfall, neben dem heute (anstelle des damaligen Hauses der Taunays) ein Restaurant steht, das oben den weniger gut zu Fuß befindlichen Touristen empfohlen wurde. Wenn man dort heute ankommt, wird man noch mit einem Parkplatzschild an den Namen der früheren Besitzer des Ortes erinnert: „Estacionamento Taunay“. Dort wohnte lange Jahre auch sein Sohn Félix, auch nachdem Vater und Mutter Taunay im Jahre 1821 nach Frankreich zurückgekehrt waren. Félix Taunay hatte also in mehrer Hinsicht ein spezielles Verhältnis zu diesem reichen Urwald und so verwundert uns sein Eintreten für ihn mit einem dramatischen Gemälde nicht.

Es gibt umfangreiche Möglichkeiten für den Touristen, den atlantischen Dschungel kennenzulernen, neben den oben schon beschriebenen innerhalb von Rio de Janeiro. Der einfachste Fall ist der, einfach im Auto von São Paulo an die Strände zu fahren – da kommt man automatisch durch den Regenwald am Abhang zum Meer. Es gibt aber auch Trekking-Touren, die man schon in Deutschland buchen kann oder auch direkt in Brasilien. Sie gehen vor allem durch das noch recht ansehnliche übriggebliebene Stück an der Grenze zwischen den Staaten São Paulo und Paraná und an der Küste von Paraná.

Ein Spektakel für jeden ist die Eisenbahnfahrt mit der Bahn von Curitiba (Hauptstadt des Bundestaates Paraná, südlich von São Paulo) nach Paranaguá am Meer, die den dortigen Steilabfall durch den Regenwald hinunter führt.

Wer es etwas beschaulicher haben will, kann einfach einen Strandurlaub in Ubatuba machen (Bundesstaat São Paulo), drei Autostunden von São Paulo, wo man noch für Preise in einer Pension (Pousada) unterkommen kann, die dem mit schweren Euro Angereisten auch fast noch paradiesisch vorkommen. Mit einem Leihauto unterwegs (der internationale Führerschein wird anerkannt, Leihauto ist auch billig) kann man von dort Strände in Richtung Parati besuchen, hinter denen unmittelbar der Regenwald beginnt und kann auch ein wenig hineingehen, wenn man will. Noch schöner sind Bootsausflüge (man bucht ein eigenes Boot mit Führer oder schreibt sich für einen Ausflug mit einem größeren Segelschiff ein), die einen zu Stränden bringen, die nur von See zugänglich sind. Man kann auch noch an ein paar Korallenriffen halten, falls jemand schnorcheln will.

Das schönste von allem aber, was die Mata Atlântica zu bieten hat, sind die Iguaçu-Wasserfälle. Über die soll später noch berichtet werden.


Heute also der 8. Teil der Brasilien-Reihe von Elmar Getto, hier vom Autor leicht redigiert. Diesmal geht es um die "Mata Atlântica".


Hier die Links zu allen Teilen der Reihe „Brasilien jenseits von Fussball und Samba“

- Teil 1: „Wie der Amazonas zu seinem Namen kam“

- Teil 2: ‚Menschenfresser-Country’

- Teil 3: „Ausgerottete Künstler“

- Teil 4: Niemeyer ist 100 – ‚Auf dem Höhepunkt des Schaffens’

- Teil 5: Brasilien und Gold

- Teil 6: Die Landschaften Brasiliens – Der Amazonas-Regenwald

- Teil 7: Brasilien und der Strom

- Teil 8: Die Landschaften Brasiliens – Mata Atlântica

- Teil 9: Santos Dumont und der erste Motorflug

- Teil 10: SIVAM – Big Brother in Amazonien

- Teil 11: Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Teil 12: Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden kapitalistischen Barbarei aussähe – „Ich habe kein Leben“

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