Mordanschlag auf Polizeidirektor: Staatsschutz gab Alibi
Von Karl Weiss
Der Fall Mannichl, der Mordanschlag auf den Polizeidirektor von Passau, wurde immer dubioser. Obwohl das Opfer, das nur überlebte, weil der Messerstich um einige Zentimeter das Herz verfehlte, von Anfang an gesagt habe, die Täter hätten rechtsextreme Parolen gerufen, wurde eine Kampagne losgetreten, die versuchte, das Opfer zum Täter zu machen. Jetzt weiss man auch, was diese Zweifel ausgelöst hat: Das extrem tatverdächtige NPD-Pärchen bekam von „Staatsschützern“ ein Alibi geliefert und wurde daraufhin freigelassen.
Jeder, der schon einmal auf einer Demonstration gegen eine NPD-Kundgebung oder eine andere faschistische Manifestation war, kann es bestätigen: Die Herrschaften von der extremen Rechten und die Polizei (oder große Teile der Polizei) agieren in verdächtiger Harmonie: Der Feind steht immer links. Linke oder bürgerliche Gegendemonstranten sind Ziele nicht nur der Faschisten, sondern z. T. auch der Polizei. Nur wenn es sich gar nicht mehr umgehen lässt, werden auch einmal Faschisten festgenommen, in der Regel immer nur, wer gegen den Faschismus ist.
So skandieren NPD-Faschisten bei solchen Gelegenheiten in letzter Zeit immer wieder die Parole: „Gegen Demokraten helfen nur Granaten!“, was nach deutschen Recht zur sofortigen Auflösung der rechtsextremen Versammlung führen müsste. Bis heute ist so gut wie keine solche Versammlung aufgelöst worden. Im Extremfall gibt es Zeugen, dass der Frankfurter Polizeipräsident in unmittelbarer Nähe stand und unmöglich diese Parole überhört haben konnte. Und? Nichts! Fragt man in einem solchen Fall den Einsatzleiter, warum er die Versammlung angesichts solcher Parolen nicht auflöst, grinst der nur, er habe nichts gehört. Um dann hinzuzusetzen „Aber Sie können ja vor das Bundesverfassungsgericht ziehen!“, und dann zusammen mit den umstehenden Polizisten in lautes Gelächter auszubrechen.
Ob das Verfassungsgericht weiss, dass es schon zur Lachplatte deutscher Polizisten geworden ist?
Doch es sind nicht nur Teile der Polizei, die in auffallender Weise auf der Seite von Faschisten und anderen Rechtsextremisten stehen – bis hinauf zu hohen Funktionären – sondern auch der Staatsschutz, d.h. Politische Polizei, BKA und Verfassungsschutz, die keinerlei Abstand zur faschistisch-rechtsextremistischen Szene wahren – um es vorsichtig auszudrücken.
Das ging so weit, dass beim Verbotsprozess gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht der Antrag auf Verbot abgelehnt wurde, weil einfach nicht mehr auseinanderzuhalten war, welche Aussagen und Taten von NPD-Mitgliedern und welche von „Staatsschützern“ stammten. Zwar behauptet die Regierung, diese „Unterwanderung“ diene der besseren Überwachung, aber zum Überwachen ist es nicht nötig, dass ein wesentlicher Teil der Mitgliedschaft aus gut bezahlten Bundesbeamten besteht und vor allem ein ausschlaggebender Teil der Funktionäre. Tatsache ist, die NPD würde zur Bedeutungslosigkeit absinken, wenn sie nicht von Staatsschützern „aufgemöbelt“ würde. Was die wirkliche Ursache für dieses „tragen“ faschistischer Organisationen ist, kann man nur ahnen.
Im Gegensatz dazu war der Polizeidirektor von Passau, Mannichl, ein bekannter Gegner der NPD, der nicht nur bereits faschistische Aufmärsche aufgelöst hatte, sondern auch in der Öffentlichkeit für ein NPD-Verbot eingetreten war. Damit hatte er sich anscheinend nicht nur Feinde bei der NPD, sondern auch bei jenen Teilen der Polizei und bei Staatsschützern gemacht.
Als nun das Attentat auf den Polizeidirektor geschah und alles auf jenes NPD-Paar als Täter hindeutete, das bereits Drohungen gegen Mannichl ausgestoßen hatte, kam wie aus heiterem Himmel die Aussage, „Staatsschützer“ hätten das Paar zur Tatzeit an anderem Ort gesehen. Das hätte angesichts der „Nähe“ von Staatsschutz und NPD bereits damals als verdächtig angesehen werden müssen. Doch das Paar wurde freigelassen und andere Personen aus der rechtsextremen Szene konnten nicht als Täter identifiziert werden.
Da begann eine Kampagne, z.T. von Presseorganen und Internet-Seiten, zum Teil von „Sprechern der Polizei“ und aus „polizeinahen Quellen“, die versuchten, das Attentat dem Opfer selbst in die Schuhe zu schieben. Es wurde gemutmaßt, der Polizeidirektor habe sich den Stich wohl selbst beigebracht oder es habe sich um eine Familienstreitigkeit gehandelt. Man benutzte dazu die Tatsache, dass die Tatwaffe aus Mannichls Haushalt stammt und deutete an, Mannichl habe den Anschlag auf rechtsextreme Täter abschieben wollen, um Familienmitglieder zu schützen.
Die Kampagne weitete sich aus, Bild, Welt und alles andere, was rechts Rang und Namen hat, begannen Gerüchtewesen zu betreiben. Da konnten natürlich Broder und das Blogunwesen um ihn herum nicht zurückstehen. Wenn es um die Verteidigung der NPD geht, sind jene schnell bei der Hand.
Das ging so weit, dass die bayerische Staatsregierung, selbst weit rechts stehend und daher solchen Gerüchten zugeneigt, die Sonderkommission zur Aufklärung des Falles auflöste und eine neue einsetzte, die „in alle Richtungen“ ermitteln sollte. Bis heute hat auch diese Kommission keinen Täter ausmachen können.
Erst nach all diesen Umtrieben kam heraus: Die Alibis für die beiden Hauptverdächtigen kamen aus „Staatsschutzkreisen“ und sind damit selbst verdächtig.
Veröffentlicht am 30. Januar 2009 in der Berliner Umschau
Kommentar gelöscht