Selbstverständlich auf unserem Rücken?

Man wird sehen

Von Karl Weiss

Bis vor wenigen Tagen haben Bundesregierung und – ‚his masters voice‘ – die Medien von einem „Konjunktureinbruch“ gesprochen und prophezeit, im Sommer ginge es schon wieder bergauf – oder jedenfalls im Herbst. Nun wurde der Ton geändert. 5% Rückgang im Brutto-Inlandsprodukt ist nun das mindeste und Millionen werden arbeitslos werden, gibt man jetzt zu. Jetzt wird so getan, als würde man von einem unvorhersehbaren Tsunami heimgesucht. Aber die Wirtschaftskrise ist keine Naturkatastrophe – sie ist menschengemacht – und sie war vorhersehbar.

Deutschland: Umsatzindex verarbeitendes Gewerbe 2007 bis 1/2009

Der Bürger-Journalist schrieb zum Beispiel bereits 2006 in Bezug auf die bevorstehende Wirtschaftskrise im Artikel „Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“:

„Der Rückschlag der Wirtschaftskrise aus anderen Ländern käme noch dazu: Die können nicht mehr soviel deutsche Produkte kaufen, da sie selbst in der Krise stecken. Sind glatt noch einmal 2%, da sind wir auf –8%. (...)... der weitere Rückschlag auf Deutschland mit weiteren Pleiten, Entlassungen und Arbeitslosenzahlen, die das Szenario von 2006 als Paradies erscheinen lassen werden. Nicht einmal ein zweistelliger Rückgang der wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland ist völlig auszuschließen für einzelne Quartale im Jahresvergleich. Das kann in seinen desaströsen Auswirkungen bestenfalls noch mit der massiven Weltwirtschaftskrise verglichen werden, die 1929 begann und bis tief in die Dreißiger Jahre hinein ging – und selbst die könnte noch übertroffen werden.“

Deutschland: Beschäftigung - Veränderung gegen Vorjahr

Er schrieb aber damals auch bereits, wie man die extremen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Deutschland verringern könnte:

„Natürlich hätte die Bundesregierung Mittel in der Hand, diese Krise in ihren Auswirkungen auf Deutschland abzuschwächen (verhindern oder hinauszögern kann sie wohl jetzt sowieso niemand mehr). Man könnte die Mehrwertsteuererhöhung aussetzen, stattdessen Maßnahmen der Förderung der Massenkaufkraft beschließen, z.B. eine massive Steuersenkung für die Masse der niedrigen Einkommen, eine Grundversorgung für alle Bürger, die Verdreifachung des Kindergelds und so vieles mehr. All das könnte einfach finanziert werden, wenn man alle Steuererleichterungen für die Konzerne der rot-grünen Koalition rückgängig machte und wieder auf den Stand der Unternehmenssteuern am Ende der Ära Kohl ginge, sowie die sofortige Einstellung der EG-Beihilfen an Großagrarier und Konzerne und der großzügigen Finanzierung der Kirchen ebenso wie ein Ende aller militärischen Abenteuer im Ausland beschlösse.“

Demgegenüber werden jetzt, da die wirklichen Ausmasse der Krise nicht mehr einfach verschleiert werden können, bereits die Stillhalteappelle verbreitet. Die „Süddeutsche" schreibt am 25.3.09:

„In ein paar Monaten wird die Krise am Arbeitsmarkt voll durchschlagen. Hunderttausende werden arbeitslos. Bis Ende 2010 könnte die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 1,5 Millionen wachsen. In vielen Privathaushalten, (...) wird Verzweiflung herrschen. (...)

Die nächste Regierung (...) muss deshalb eisern sparen oder Steuern und Abgaben erhöhen - oder beides tun. Wer im Wahlkampf etwas anderes verspricht, belügt die Bürger.“

Statistik Reallöhne

Hören Sie die Nachtigall trappsen? Als es den Banken schlecht ging, hatten sie Hunderte von Milliarden, ja Billonen Euro übrig – jetzt, wenn es uns schlecht geht, werden sie Steuern und Abgaben erhöhen – für uns natürlich, nicht für ihre Freunde in den Luxusvillen und Vorstandsetagen – denn nun muss man eisern sparen.

Dieser Kapitalismus hat wirklich ausgedient. Schon in jenem Artikel 2006 schrieb der Bürger-Journalist daher:

"Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!"

Veröffentlicht am 31. März 2009 in der Berliner Umschau

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