Fussball

Freitag, 30. November 2007

Kopf an Kopf - die letzten Entscheidungen

Brasiliens Fußball-Liga vor dem Finale - der Meister steht schon fest

Von Karl Weiss

Am kommenden Sonntag geht die brasilianische Erstliga-Meisterschaft zu Ende. Nachdem der Meister schon lange feststand, São Paulo F.C., geht es noch um den Abstieg und um die Plätze für die Copa Libertadores, dem südamerikanischen Gegenstück zur Champions Leage.

Bereits früher sicherte sich Santos mit Siegen (auswärts gegen Náutico Recife und zu Hause gegen Goiás Goiania) die Teilnahme an der Libertadores, rechnerisch nun sicher durch die Niederlage einiger Rivalen. Am letzten Sonntag kam auch Flamengo Rio de Janeiro rechnerisch sicher in die Libertadores-Plätze, durch einen 1:0-Sieg eben gegen Santos. Damit bleibt nur noch ein Platz offen, um den sich am kommenden Sonntag nun in einem Kopf-an-Kopf-Rennen Palmeiras São Paulo, Fluminense Rio de Janeiro (mit jeweils 58 Punkten) sowie Cruzeiro Belo Horizonte und Gremio Porto Alegre (mit 57 Punkten) streiten.

Cruzeiro hat auf dem Papier die leichteste Aufgabe mit einem Heimspiel gegen den Tabellenletzten und Absteiger América Natal, muss aber darauf hoffen, dass weder Fluminense noch Palmeiras gewinnt.

Fluminense tritt auswärts gegen Santos an. Das ist ein harter Brocken, denn Santos will sicher seinen zweiten Platz verteidigen. Andererseits hat eben Fluminenses Lokalrivale Flamengo bewiesen, dass man Santos in seinen „Hexenkesselstadion“ Vila Belmiro besiegen kann. Fluminense hat den Nachteil von weniger gewonnenen Spielen als Palmeiras und muss nun gewinnen und zusätzlich auf einen Ausrutscher von Palmeiras hoffen.

Palmeiras spielt zu Hause gegen Atlético Mineiro Belo Horizonte. Das wäre eigentlich eine „Bank“ für die grün-weißen aus São Paulo gewesen, aber Atlético ist in den letzten Spielen zu Hochform aufgelaufen, was man gerade am 28.11. mit einem 4:1 gegen das in höchster Abstiegsgefahr schwebende Goiás und am vergangenen Sonntag mit dem gleichen Resultat gegen Juventude Caxias do Sul bestätigt hat (was Juventude endgültig zum Abstieg verurteilt hat).

Atlético Mineiro will den 10. Platz behalten, der zur Teilnahme an der Copa Sulamerica berechtigt, das ist so eine Art von südamerikanischem UEFA-Cup. Man hat aber vier Vereine im Nacken, die bei einer Niederlage vorbeiziehen könnten, Figuerense Florianópolis, Vasco da Gama Rio de Janeiro, Sport Recife und Atlético Paranaense Curitiba.

Grémio, der vierte Kandidat auf den Platz in der Libertadores, hat ein denkbar schweres Heimspiel gegen Corinthians São Paulo, das unbedingt gewinnen muss, um nicht in die Abstiegszone zu fallen. Grémio hat in der ersten Jahreshälfte noch in den Endspielen der diesjährigen Libertadores gegen Boca Juniors Buenos Aires gestanden, dann aber den Faden verloren und muss nun ernsthaft um seine Teilnahme an der nächsten Libertadores bangen. Selbst wenn man gegen Corinthians gewinnt (und den schwarz-weißen Club aus São Paulo damit wahrscheinlich zum Abstieg verurteilt), muss man auf Ausrutscher von Palmeiras, Fluminense und Cruzeiro hoffen.

Im Abstiegskampf stehen inzwischen bereits América und Juventude als Absteiger fest. Náutico konnte sich bereits retten, weil die Rivalen mehrere Spiele verloren. Um die zwei verbleibenden Abstiegsplätze stehen Paraná Curitiba (41 Punkte), Goiás (42) und Corinthians (43) im Kampf.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass nach einer langen Saison nur 14 Punkte einen der Kandidaten auf den vierten Platz mit Libertadores-Teilnahme vom extrem abstiegsgefährdeten sechzehnten trennen. Ein Beleg für die Ausgeglichenheit der Liga.

Romario und Parreira beim Abschiedsspiel

Paraná muss auswärts bei Vasco antreten (wo mit fast 41 Jahren immer noch Romário im Aufgebot ist und gelegentlich auch spielt), das dürfte äusserst schwer werden. Wahrscheinlich wird am Sonntag faktisch nur noch der letzte Abstiegsplatz zwischen Corinthians und Goiás ausgetragen. Goiás hat gute Karten, denn es spielt zu Hause gegen Internacional Porto Alegre, für den es um nichts mehr geht. Der immer noch amtierende FIFA-Vereinsweltmeister hat nach dem Abgang von Pato zum A.C. Mailand nie zu alten Höhen zurückgefunden und muss sich mit einem Platz in der Copa Sulamerica zufrieden geben, den man schon sicher hat.

Corinthians São Paulo in der zweiten Liga, das wäre so etwas wie eine nationale Katastrophe, nicht weil der Präsident Lula Anhänger von Corinthians ist, sondern weil der Verein die zweitgrösste Anhängerschaft unter allen Vereinen in Brasilien nach Flamengo Rio de Janeiro hat.

Die Copa Sulamérica, ein Gegenstück zum UEFA-Cup, wird in Südamerika jeweils in der zweiten Jahreshälfte ausgetragen. Gerade eben wurden die Semi-Finale abgeschlossen. Alle brasilianischen Vereine waren bereits ausgeschieden. Im ersten Halbfinale setzte sich erwartungsgemäss America Mexiko-Stadt gegen die Millionários aus Kolumbiens Hauptstadt Bogota mit zwei Siegen von 3:2 und 2:0 durch.

Das andere Halbfinale war zwischen den beiden argentinischen Vereinen Boca Juniors Buenos Aires und Arsenal Sarandi. Das ist etwa so, als wenn Bayern München gegen die SpVgg Fürth spielt. Aber, wie es auch den Bayern schon einige Male erging, der weit höher eingeschätzte Verein gewinnt nicht immer. Zuerst gab es ein 0:0 –Unentschieden in Sarandi, aber zu Hause ist Boca eine solche Macht, dass das endgültige Resultat festzustehen schien. Doch Arsenal konnte erneut ein Unentschieden 0:0 halten. Da musste man ins Elfmeterschiessen, das schliesslich Arsenal gewann.

Nun stehen also noch die zwei Endspiele aus, zuerst in Mexiko-Stadt am 30. November und dann in Argentiniens Provinzstädtchen Sarandi am 5. Dezember. Favorit ist natürlich der mexikanische Rekordmeister, aber das war auch schon bei den drei letzten Gegnern von Arsenal der Fall. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Aussenseiter, der einen Lauf hat, den Cup holt.


Veröffentlicht am 30. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Mittwoch, 7. November 2007

Brasilien: São Paulo ist Meister

Fussball: Brasilien und Südamerika

Von Karl Weiss

Bereits 5 Spieltage vor Schluss ist der São Paulo F.C. nun auch rechnerisch Meister der A-Serie der brasilianischen Fussballmeisterschaft. Mit einem Sieg gegen Sport Recife im heimischen Morumbi-Stadion mit Anrecht auf eine Freistoß-Tor des Torhüters Sene wurde endgültig abgesegnet, was bereits seit dem Sieg gegen den damaligen Haupt-Verfolger Cruzeiro Belo Horizonte klar war: Der Club aus der größten Stadt südlich des Äquators hat mit Abstand die beste Saison hingelegt.

Das Geheimnis der Mannschaft ist die Abwehr und der Torhüter. Dies wird deutlich, wenn man die Zahl der geschossenen und erhaltenen Tore ansieht. In der aktuellen Tabelle vom Abend des 4. November 2007, mit 3 Spieltagen ausstehend, hat São Paulo nur 13 Tore in der ganzen Saison hinnehmen müssen und 14 Punkte Vorsprung vor dem Zweiten. Der zweitbeste in dieser Spalte ist Fluminense Rio de Janeiro, heute Sechster, mit 34 Gegentoren!

Obwohl Torhüter Rogerio Sene, der Freistöße schießen kann wie sonst (fast) nur noch Ronaldinho, schon nicht mehr der jüngste ist, gehen Gerüchte um ein Angebot aus Europa für ihn um. Da allerdings nach allgemeiner Kenntnis Mailand keinen dritten großen Club hat, sind seine Chancen für einen lukrativen Europa-Vertrag wohl gering. (Anmerkung: Die beiden anderen überragenden brasilianischen Torhüter, Dida und Julio Cesar, spielen bei den beiden mailändischen Vereinen A.C. respektive Inter.)

Der Angriff des Meisters dagegen ist nur durchschnittlich: Mit 51 erzielten Toren bleibt man hinter dem besten Sturm, dem von Cruzeiro, jetzt Dritter (71), hinter Náutico Recife, Fünfzehnter (61), Botafogo Rio de Janeiro, Achter (56), Santos, heute Zweiter (52), Flamengo Rio de Janeiro, Vierter (52), Sport Recife, Dreizehnter (52), Atlético Mineiro Belo Horizonte, Vierzehnter (52 und gleichauf mit einer Anzahl anderer Clubs, darunter dem Elften, Figuerense Florianópolis.

Der Meister in seiner besten heutigen Besetzung kann auf internationalem Niveau absolut mithalten, auch wenn keine einziger der Spieler über das Land hinaus bekannt ist. Das wurde belegt, als sich São Paulo vor kurzem in der Copa Sulamericana gegen Libertadores-Sieger Boca Juniors Buenos Aires durchsetzte. Man könnte heute auf gleicher Augenhöhe einen F.C. Bayern München, Barcelona, A.C. Mailand oder Real Madrid begegnen.

Damit ist São Paulo gleichzeitig auch Rekordmeister mit 5 Meisterschaften. Brasilianische Meisterschaften, bis vor vier Jahren noch als Turniere ausgetragen, gibt es erst seit 1971.

Allerdings gibt es eine Polemik über das Jahr 1978, in dem 13 Vereine eine eigene „Gegenliga“ aufmachten und ihren eigenen Meister kürten, damals Flamengo. Der „offizielle“ Meister des Fussballverbandes war dagegen Sport Recife. So kommt es, dass der Verband für Flamengo nur 4 Meisterschaften zählt, während alle Anhänger von Flamengo wissen, man hat 5 Meisterschaften gewonnen und São Paulo hat jetzt lediglich aufgeholt.

Was jetzt noch offen ist und an den letzten drei Spieltagen für viel Aufregung sorgen wird, ist, wer sich mit den Plätzen zwei, drei und vier für die Libertadores des nächsten Jahres qualifizieren wird, wer in der zweiten Jahreshälfte an der Copa Sulamericana teilnehmen darf (Plätze 5 bis 11) und wer in den sauren Apfel beissen muss und absteigen.

Im Moment sind es Santos, Cruzeiro und Flamengo, mit nur vier Punkten Abstand zwischen ihnen, die auf den Libertadores-Plätzen stehen. Dabei ist Flamengo allerdings nur durch das Torverhältnis von zwei Verfolgern getrennt, Palmeiras São Paulo und dem Lokalrivalen Fluminense.

Im Abstieg steht bereits fest, América Natal und Juventude Caxias do Sul müssen im nächsten Jahr in der B-Serie antreten. Die beiden anderen Abstiegsplätze sind aber heftig umkämpft.

In einer Energieleistung hat Paraná Curitiba, das fast schon abgeschlagen auf dem drittletzten Platz lag, durch mehrere Siege, zuletzt gegen den Mitkandidaten Goiás Goiánia, Anschluss gefunden und ist heute Punktgleich mit Goiás, das nun auf dem viertletzten Platz liegt. Corinthians São Paulo, vor zwei Jahren noch Meister, nach Flamengo der Verein mit der größten Anhängerschaft in Brasilien, konnte am letzten Sonntag mit dem Ausgleich in der 92. Minute einen wertvollen Punkt gegen den Tabellen-Neunten, Atlético Paranaense Curitiba erringen und liegt jetzt einen Punkt vor dem Abstiegsplatz. Aber es ist noch nichts entschieden.

Die beiden anderen Abstiegsplätze werden zwischen Náutico, Corinthians, Goiás und Paraná ausgetragen, wobei es am 11.11. noch zu einem 6-Punkte-Spiel zwischen Goiás und Corinthians auf der Serra Dorada in Goiás kommen wird.

Die besten Chancen zu entkommen hat wohl Náutico, mit den meisten Punkten, mit zwei Heimspielen, u.a. noch gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten América. In höchster Not ist Paraná, das noch zwei Auswärtsspiele hat, die geringste Punktzahl und das Heimspiel gegen den Zweiten Santos. Zwischen Goias und Corinthians dürfte der viertletzte Platz vergeben werden. Dieses Duell kann Goiás bereits am kommenden Sonntag in der direkten Begegnung für sich entscheiden. Sollte dem Meister in Unentschieden Corinthians (bereits 12 Unentschieden in dieser Saison) aber in Goiánia wieder ein Unentschieden gelingen, ist alles offen.

Inzwischen wurden auch die nächsten Spiele in der diesjährigen Copa Sulamericana ausgetragen.

Die beiden letzten brasilianischen Vereine sind bereits ausgeschieden. Vasco Rio de Janeiro konnte erwartungsgemäss die 2: 0 – Niederlage in Mexiko-Stadt gegen America nicht wettmachen, gewann nur 1: 0 und schied aus. São Paulo musste dagegen büssen, dass das entscheidenden Spiele gegen die Millionarios aus Kolumbien mit einer Ersatzmannschaft bestritten werden musste, weil man gerade in einer kritischen Phase in der Meisterschaft war und die brasilianische Meisterschaft Vorrang hatte. Zu Hause verlor man 1: 0 und auf der Höhenlage von 2500 m in Bogota sogar 2: 0 und war damit auch draussen.

In den anderen beiden Viertelfinalen setzten sich die beiden verbliebenen argentinischen Vereine durch. Arsenal konnte überraschend mit einem 3:1-Auswärtssieg Chivas aus Mexiko ausschalten, während River Plate Buenos Aires trotz der Verlegung der Spiele mit dem uruguayanischen Vertreter Defensor Montevideo auf Zeitpunkte nach allen anderen Spielen mit einen 2:2-Unentschieden auf der anderen Seite des Rio de la Plata ein gutes Ergebnis erzielen, das zu Hause dann ein 0:0 –Unentschieden wegen der Auswärtstore zum Weiterkommen ausreichen liess.

Im Halbfinale treffen jetzt die beiden argentinischen Vertreter aufeinander, mit Hinspiel in Buenos Aires am 7.November und dem Rückspiel in Sarandí am 14. River Plate ist Favorit. Es wird also auf jeden Fall ein argentinischer Vertreter im Endspiel stehen.

Im zweiten Halbfinale trifft America Mexiko-Stadt auf die kolumbianischen Millionários, was eigentlich kein Problem für den mexikanischen Meister darstellen dürfte. Die Höhenlage in Bogota, die dem kolumbianischen Club immer einen Vorteil gab, greift ja gegen den Verein aus der mexikanischen Hauptstadt nicht, denn die liegt noch höher. Zudem ist das Rückspiel in Mexiko.

Damit sind zwei Endspiele zwischen River Plate Buenos Aires und America Mexiko-Stadt am 29. November und 5. Dezember zu erwarten. Favorit ist America, zumal es das Rückspiel wieder in der Höhenlage in Mexiko-Stadt haben würde.


Veröffentlicht am 7. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Fussball-WM 2014 in Brasilien - ja und?

Die Königlichen Hoheiten winken huldvoll aus den Ehrenlogen

Von Karl Weiss

Als die Entscheidung der Vergabe der Fussball-WM 2014 nach Brasilien bekanntgegeben wurde, gab es in Brasilien nicht ein einziges Freudenfeuerwerk. Das hing natürlich auch damit zusammen, dass Brasilien als einziger Kandidat übriggeblieben war und man bereits wusste, wer ausgewählt wurde. Aber es hing auch damit zusammen, dass der Fussball in Brasilien eine Sache ist, in der ein Fan bestenfalls als passiver Konsument geduldet wird. Wie im Kaiserreich wird alles von oben gesteuert und niemand hat ein Mitspracherecht.

Romario und Parreira beim Abschiedsspiel

Nun, das ist wohl auch nicht so wesentlich anders als im ‚Kaiserreich’ F.C. Bayern München oder beim DFB. Fans sind zwar im Fussball durchaus willkommen – als willenlose Claqueure. Aber als erwachsene Menschen, die einen Anspruch darauf haben, gehört zu werden, sind sie in allen Ländern den Fussball-Oberen nicht genehm.

Man stelle sich vor, ein Mayer-Vorfelder hätte regelmässige Umfragen über anstehende Fragen unter Fans durchführen lassen. Das ist in etwa so, als ob der Sonnenkönig Ludwig der Vierzehnte von seinen diversen weiblichen Gespielinnen gelassen hätte.

Und so ist es mit dem Fussball bis heute in fast allen Ländern. Wer eine Ausnahme kennt, ist mit seinem Kommentar willkommen.

Die Fans in Brasilien lassen ganze Feuerwerke bei jedem Tor ihres Vereins in die Lüfte steigen, aber die WM im eigenen Land (auch wenn man es schon vorher wusste) war keine Feier wert. Rein zufällig war der Berichterstatter vor einigen Jahren auch an jenem Tag in Deutschland, als verkündet wurde, die WM 2006 werde in Deutschland stattfinden. Auch damals: Keine Freudenfeuer, keine spontanen Zusammenkünfte, um zu feiern. Fussball ist aufgeteilt in die „Grosskopferten“, die bestimmen, und uns, die wir zu konsumieren haben.

Fussball ist ein letztes Überbleibsel des Feudalismus. Herrscher defilieren, lassen sich feiern oder weisen harsch Kritik zurück. Die Politiker schwänzeln um den Fussball herum wegen seiner Popularität und übergeben öffentliche Gelder in ungeahntem Ausmass an die Veriene.

Die Sauereien, die Korruption, der Missbrauch öffentlicher Gelder, die Schiedsrichterskandale, die Steuerhinterziehung, all das ist international. Inter Mailand, Real Madrid, Borussia Dortmund, alle schon dreimal bankrott und doch sind sie da. Gesponsort mit Steuergeldern? Die Präsidenten von Vereinen, die sich reich geschwindelt haben: Bis heute wurde noch kein einziger zur Rechenschaft gezogen.

Die FIFA hatte eine Rotation der Kontinente beschlossen, um die extreme Dominanz, die Nordamerika und Europa bei der Austragung der Fussball-WMs hatten, etwas zu mildern. Nach der „Asien-WM“ 2002 in Japan und Südkorea war Europa dran, diesmal mit Deutschland 2006. Danach wurde Afrika ausgewählt und innerhalb kurzer Zeit stellte sich Südafrika als einzig übriggebliebener Kandidat für die WM 2010 heraus.

Als nächstes kam Südamerika dran, wo schon seit 1950 nur noch eine Weltmeisterschaft stattgefunden hatte, in Argentinien 1978. Argentinien winkte schnell ab als möglicher Kandidat. Nur Kolumbien und Brasilien blieben über. Doch Kolumbien hatte keine Chance, denn man hatte an dies Land bereits die WM 1986 vergeben gehabt, doch es musste diesen Auftrag zurückgeben, weil es in einem Bürgerkrieg versunken war; Mexiko sprang in die Bresche. So gab Kolumbien denn auch bald auf. Blieb nur Brasilien, immerhin der einzige fünfmalige Gewinner dieser Weltmeisterschaft. Das letzte Mal war die WM 1950 in Brasilien gewesen.

Um den feudalistischen Charakter des Weltfussballs richtig deutlich zu machen, kam es denn auch bei der Pressekonferenz, welche die Fifa gestern zusammen mit den Repräsentaten Brasiliens, unter ihnen Präsident Lula, im neuen aufwendigen FIFA-Gebäude in der Schweiz anlässlich der Verkündigung der „Wahl“ Brasiliens für die WM 2014 abhielt, zu einer Szene des Zusammenstosses zweier Welten, wie sie nicht charakteristischer hätte sein können.

Der Präsident des brasilianischen Fussball-Verbandes Teixeira ist der Schwiegersohn von João Havelange, dem legendären brasilianischen Sonnenkönig im Fussball, lange Jahre “Besitzer“ der FIFA. Wie die Regeln es wollen (natürlich gibt es keine weibliche Erbschaft der Macht im Fussball) wird der Schwiegersohn der neue König. So steht auf der einen Seite die königliche Phalanx.

Da gab es auf der anderen Seite aber Journalisten aus der heutigen, der realen Welt und die wagten es Fragen zu stellen. Da war eine unwürdige Plebejerin, eine kanadische Journalistin, so kühn, eine „ungehörige“ Frage an seine Majestät, König Teixeira, zu stellen. Sie sagte, Brasilien sei doch, wenn man den Irak und Afghanistan mal ausnehme, das Land mit der höchsten Zahl der Morde auf der Welt und auch sonst geprägt von Gewalt. Was Brasilien denn zu tun gedenke, um bis 2014 zu Umständen zu kommen, unter denen die vielen Besucher nicht in akuter Gefahr wären.

Statt nun den Plan Brasiliens zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität darzulegen – das konnte er auch nicht, denn es gibt ihn nicht – begann der Erbe des Sonnenkönigs mit rotem Kopf zu fragen, wer den die (unverschämte) Fragerin sei, wie ihr Name sei, von welcher Publikation und aus welchem Land.

Kaum hatte er „Kanada“ gehört, begann er zu räsonieren. Die Gewalt sei doch wohl ein internationales Problem und nicht ein spezifisch brasilianisches. So würden in den USA (immerhin weiss der Mann, dass USA und Kanada in Nordamerika liegen) doch in regelmäßigen Abständen bewaffnete Schüler in die Schulen gehen und reihenweise Menschen umbringen und überhaupt Kanada: Bei der kürzlich ausgetragenen Weltmeisterschaft „unter 20“ dort hätten kanadische Polizisten chilenische Spieler verprügelt.

Tja, so weist man unverschämte Frager zurecht, wenn man König ist.

Der „Clash“ der Kulturen.

Die Brasilianer sind nun natürlich keineswegs traurig, dass die Weltmeisterschaft bei ihnen stattfinden wird. Sie wissen ja auch noch nicht, wie die Eintrittskarten in die Stadien aufgeteilt werden. Sie glauben heute noch, eine reale Chance zu haben, solche Karten zu ergattern, speziell zu den Spielen Brasiliens.

Würde einer von ihnen Kontakt zu deutschen Fussballfans haben, so könnte er erfahren, nur etwa 25% der Eintrittskarten der Spiele der einheimischen Mannschaft werden unter den Fans verlost, die sich im Internet als Kandidaten eingetragen haben. Sie müssen Internet haben und müssen Bankkonto haben, was auf die überwiegende Mehrheit der brasilianischen Fans nicht zutrifft. Ein wesentlicher Teil der Karten wird über die Sponsoren-Firmen verteilt. So trifft sich in den Stadien statt der Fans eine Mischung von unerträglichen Schicki-Mickis mit Kokain-Genuss mit Leuten aus anderen Ländern.

Aber – wie gesagt - das wissen die Fans in Brasilien nicht und so freuen sie sich wirklich ehrlich auf jene Weltmeisterschaft.


Veröffentlicht am 31. Oktober 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 22. Oktober 2007

Ist São Paulo schon Meister?

Nach Sonntags-Sieg bereits 13 Punkte Vorsprung

Von Karl Weiss

Der São Paulo F.C. hatte vor diesem Spieltag 11 Punkte Vorsprung auf den zweiten, Cruzeiro Belo Horizonte. Nun kam es an diesem Sonntag, dem 21. Oktober, zum ‚Showdown’ der hauptsächlichen Titelkandidaten. Cruzeiro musste in São Paulo im Morumbi-Stadion antreten. Am Ende stand es 1:0 für São Paulo.

Damit hat der Club nun 13 Punkte Vorsprung vor dem neuen Zweiten, Palmeiras.
Das dürfte bei sechs noch ausstehenden Spieltagen nach menschlichem Ermessen ausreichen, auch wenn São Paulo kürzlich zwei Spiele hintereinander verloren hat. Cruzeiro hat ihm nämlich den Gefallen getan, auch 2 Spiele zu verlieren und eins Unentschieden zu beenden, so dass der Vorsprung von São Paulo sich sogar vergrößerte.

Am vorherigen Spieltag hatten sich die zwei Verfolger des Spitzenduos, Palmeiras São Paulo und F.C. Santos mit einem Unentschieden gegenseitig die Punkte abgenommen, so dass Cruzeiro weiterhin der Hauptverfolger von São Paulo blieb – sofern man bei damals 11 Punkten Abstand von Verfolger sprechen kann. Von hinten hatte sich vorher schon Santos herangeschlichen unter seinem international bekannten Trainer Luxemburgo und stand dann nur noch 1 Punkt hinter Cruzeiro. Nun hat aber an diesem Spieltag Palmeiras gewonnen und Santos sowie Cruzeiro haben verloren. Damit bleibt Palmeiras als einzig ernst zu nehmender Verfolger übrig.

Wiederum, wie schon in den letzten beiden Jahren, muss bei einem Artikel über die 1.Liga des Fußballs in Brasilien vor allem die extreme Ausgeglichenheit der Mannschaften hervorgehoben werden. Es ragen zwar an der Tabellenspitze immer wieder Clubs heraus und auch am Ende der Tabelle setzen sich ein oder zwei früh nach unten ab. So steht América Natal z.B. mit nur 16 Punkten jetzt 15 Punkte hinter dem Vorletzten, aber das Mittelfeld ist so kompakt, dass mit jedem Sieg und jeder Niederlage ein Fahrstuhl durch die Tabelle läuft.

Im aktuellen Moment ist der Unterschied vom 6., das ist im Moment Flamengo Rio de Janeiro, und dem 15., Sport Recife, das ist nur zwei Plätze vor dem 1.Abstiegsplatz, gerade mal 6 Punkte. Es könnte also passieren, dass Sport nach zwei Siegen in der nächsten Woche auf dem 6. Platz stände, der eine sichere Bank auf die Teilnehme der Copa Sulamerica darstellt, die im nächsten Jahr wieder in der 2. Jahreshälfte ausgetragen wird, während Flamengo nach zwei Niederlagen auf Platz 15 abgerutscht sein könnte.

Extrem abstiegsbedroht ist nun Corinthians São Paulo, vor zwei Jahren noch Meister, Nummer 2 in der Zahl der Fans in Brasilien, der in der 20-Millionen-Stadt mehr als das dreifache an Anhängern hat als Tabellenführer São Paulo. An diesem Wochenende gab es eine schmerzliche Niederlage in der letzten Minute durch einen Elfmeter gegen Nautico Recife, einen der wichtigsten Mitkandidaten auf den Abstieg. Das sind 6-Punkte-Spiele. Nun hat Corinthians drei Punkte Abstand zum rettenden 16. Platz. Dort vor ihm steht auch noch ein Traditionsclub, Goiás, dem ein guter Endspurt zuzutrauen ist. Die nächsten Vereine sind bereits 5 Punkte in der Tabelle entfernt.

Das Schicksal besiegelt mit dem Abstieg scheint auch schon mit Niederlagen an diesem Wochende für Juventude Caxias do Sul und Paraná Clube Curitiba. Schwerlich können sie sich noch aus dieser Situation befreien.

Herauszuheben ist: Flamengo Rio de Janeiro, der in Brasilien bei weitem anhängerstärkste Verein, der Club Zicos, hat sich mit einem bravourösen Zwischenspurt vom letzten Platz auf Platz 6 gehievt. Allerdings war jener letzte Platz vor allem durch eine Anzahl von Spielausfälle bedingt, die inzwischen wieder aufgeholt wurden – und die alle Heimspiele waren. Auch diesmal gab es wieder einen Sieg, diesmal mit 2:0 über Gremio Porto Alegre, das nun auf den 5.Platz zurückgefallen ist.

Damit ist Flamengo an Fluminense vorbei gezogen. Fluminense war vor zwei Wochen noch als einziger Verein aus Rio de Janeiro im Vorderfeld angesiedelt, nachdem man Flamengo 2:0 besiegen konnte. Doch nun hat Flamengo bereits überholt und Botafogo, lange Zeit Tabellenführer, doch dann in ein tiefes Loch gefallen, hat wieder aufgeschlossen und belegt den 9.Platz. Dagegen hat Vasco Rio de Janeiro, mit viel Elan gestartet, in letzter Zeit neben einigen Siegen auch herbe Rückschläge einstecken müssen, so wie an diesem Wochenende wieder mit einem 0:1 bei Atletico Belo Horizonte, was diesen Verein zunächst einmal aus der Nähe der Abstiegszone herausgeholt hat. Vasco steht jetzt auf Platz 12 (punktgleich mit Atletico Mineiro), der nicht einmal zur Teilnahme an der Copa Sulamerica nächstes Jahr berechtigt, wo Vasco aktuell noch vertreten ist.

Der Verfasser dieser Zeilen kann beim Schreiben hier im Hintergrund die Freudenrufe „Galo!“ hören von Fans, die sichtlich erleichtert sind. Galo ist der Hahn, das Symboltier von Atletico Mineiro.

In der zweiten Jahreshälfte wird in Südamerika nun schon seit längerem die Copa Sul(d)america ausgetragen, das ist so in etwa der südamerikanische UEFA-Cup. Zusätzlich zu jenen in der Tabelle, die es nicht in die „Libertadores“ geschafft haben, darf auch der jeweilige Meister dort wieder mitspielen. Wie auch bei der Libertadores, werden die besten mexikanischen Vereine ebenfalls eingeladen, so dass auch hier, wie bei der Libertadores, eine südamerikanische Meisterschaft plus Mexiko gespielt wird.

In diesem Jahr hatte man zur Südamerika-Meisterschaft auch den Meister der US-amerikanischen Liga, DC United, eingeladen.

Es waren nach der Vorrunde 4 brasilianische Vereine übrig geblieben, 4 argentinische, 3 mexikanische und jeweils ein Vertreter aus den USA, aus Equador, aus Chile, aus Kolumbien und aus Uruguay.

Weiter kamen im Achtelfinale der mexikanische Meister America aus der Hauptstadt Mexiko Stadt gegen eine andere mexikanische Mannschaft, die Millionarios aus Kolumbien gegen Colo Colo Santiago de Chile im Elfmeterschiessen, Chivas aus Mexiko gegen die US-Mannschaft DC United durch ein Auswärtstor und Defensor aus Uruguay gegen die equatorianische Mannschaft El Nacional.

Die anderen vier Achtelfinalspiele waren Begegnungen zwischen Brasilien und Argentinien. Das Duell der Giganten ging unentschieden 2:2 aus. River Plate Buenos Aires gewann zu Hause 4:2 gegen Botafogo Rio de Janeiro. Da reichte der vorhergegangene 1:0-Heimsieg für Botafogo nicht aus, um das wettzumachen. Der eher wenig bekannte argentinische Club Arsenal warf Goiás Goiánia aus dem Wettbewerb. Zwar gelang Goiás ein Unentschieden im Rückspiel in der argentinischen Stadt Sarandí, aber die Argentinier hatten im Hinspiel 3:2 in Brasilien auswärts gewonnen.

Die anderen beiden Spiele gingen zugunsten der brasilianischen Vereine aus. Vasco Rio de Janeiro gelang es, die 0 : 2-Niederlage in Argentinien gegen Lanus mit einem 3:0 zu Hause zu übertrumpfen. Die bei weitem am intensivsten erwarteten Spiele waren aber die beiden Begegnungen zwischen dem besten Club Südamerikas, den Sieger der Libertadores Boca Juniors Buenos Aires und dem brasilianischen Meister und Spitzenreiter der Tabelle, São Paulo F.C.. São Paulo hatte Anfang des Jahres eine Schwächeperiode gehabt und so war es nicht zu dem eigentlich erwarteten Spiel zwischen beiden im Endspiel der Libertadores gekommen.

Nun musste also das Achtelfinalspiel der Copa Sulamerica als Ersatz herhalten. Boca Juniors gelang es im Hinspiel zu Hause bis auf 2:0 davonzuziehen. Man musste aber gegen Spielende noch das 2:1 durch São Paulo hinnehmen, was die Hoffnungen des Clubes aus der gleichnamigen grössten Stadt der südlichen Hemisphere am Leben liess. Und tatsächlich, es gelang am 29. September ein 1:0 gegen die Boca Juniors zu Hause, was durch das erzielte Auswärtstor São Paulo zum Sieger des Duells machte.

Auch in der Copa Sulamerica muss die Ausgeglichenheit der Mannschaften hervorgehoben werden. Im Achtelfinale gab es neben einem Elfmeterschiessen und zwei Entscheidungen durch das Auswärtstor ausschliesslich Entscheidungen durch ein Tor Unterschied in der Summe beider Spiele.

Im Moment finden nun also die Viertelfinalspiele statt. Drei der Hinspiele wurden am 10. Oktober ausgetragen. America gewann in der mexikanischen Hauptstadt mit 2:0 gegen Vasco Rio de Janeiro, was die Chancen des brasilianischen Vereins aus der „wunderbaren Stadt“ wohl auf annähernd Null brachte.

São Paulo verlor überraschend zu Hause gegen die Millionarios aus Bogota, hat aber noch die Chance, mit einer Energieleistung auswärts weiterzukommen. Die argentinische Mannschaft von Arsenal musste sich zu Hause mit einem 0:0 gegen Chivas aus Mexiko zufriedengeben, das dürfte auch für die Mannschaft aus Sarandí schwierig werden. Das vierte Hinspiel von Defensor Montevideo gegen River Plate Buenos Aires wurde auf den 25. Oktober verlegt, wenn die anderen bereits die Rückspiele bestreiten. Eine weitere Entscheidung zugunsten eines urugaianischen Vereins, wie sie in Südamerika nur noch mit einem Achselzucken kommentiert werden.

Es besteht eine gute Chance, dass zwei mexikanische Vereine in den Halbfinalspielen stehen werden. Wenn, dann kommen sie gegeneinander, was bereits einen mexikanischen Vertreter im Endspiel garantieren würde, wahrscheinlich Meister America.

Sollte São Paulo doch noch weiterkommen, kann man ihm einen Erfolg im Halbfinale zutrauen und es käme zum nächsten Giganten-Duell zwischen America und São Paulo im Endspiel. Da São Paulo gleichzeitig auch die Meisterschaft nach Hause schaukeln muss, wäre America Favorit.


Veröffentlicht am 22. Oktober 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Dienstag, 14. August 2007

Brasilien: São Paulo F.C. ist Wintermeister

Flamengo Vorletzter


Von Karl Weiss


An diesem Sonntag, den 12. August 2007, wurde die Hinrunde der brasilianischen Fussballmeisterschaft abgeschlossen. An der ersten Stelle, die bei uns Herbstmeister heißt und eigentlich nichts bedeutet, in Brasilien wohl eher „Wintermeister“, steht der São Paulo Futebol Clube, der Meister des letzten Jahres, mit 7 Punkten Vorsprung vor Botafogo Rio de Janeiro.

São Paulo hat in 19 Spielen lediglich 7 Tore einstecken müssen und ist damit der Verein mit der weit überragenden Hintermannschaft. Man hat zwar nur 24 Tore geschossen, weniger als Náutico Recife, das auf dem Abstiegsplatz Nr. 17 steht, aber die Wahrheit bestätigt sich eben immer wieder: Im heutigen Fußball muss man zunächst Gegentore verhindern – erst in zweiter Linie darf man ans Tore schießen denken.

Allerdings stehen noch einige Nachholspiele an, weil durch die Benutzung einiger Stadien für die Panamerikanischen Spiele in Rio de Janeiro im Juli eine Anzahl von Spielen verlegt werden mussten. Flamengo Rio de Janeiro z.B. muss noch drei Spiele nachholen, Botafogo noch eins, kann aber damit São Paulo nicht mehr von der „zeitweiligen“ Spitze verdrängen.

Dass São Paulo da vorne steht, ist keine Überraschung, aber so ziemlich alles andere. Das fängt schon mit dem Zweiten an, Botafogo, eine Mannschaft, die eigentlich eher im Kampf gegen den Abstieg erwartet worden war. Mit Botafogo ist das geschehen, was von Zeit zu Zeit mit mittelmäßigen Mannschaften geschieht. Sie finden zueinander, bilden eine Mannschaft und eilen eine Zeit lang von Erfolg zu Erfolg. Man erinnere sich an Wolfsburg letztes Jahr oder an Nürnberg in der ersten Jahreshälfte oder auch an Stuttgart.

Bis zum ersten August-Sonntag war Botafogo fast ununterbrochen Tabellenführer und es gab sogar schon kurzzeitig Befürchtungen, die Mannschaft könnte einen Alleingang veranstalten und die Meisterschaft uninteressant machen, genau das, was man jetzt von São Paulo befürchtet. Dann aber musste sich Botafogo im heimischen Maracanã-Stadion im direkten Vergleich der beiden Ersten São Paulo mit 0:2 geschlagen geben und so einen schweren Rückschlag einstecken.

Zu Beginn des Jahres, als noch die regionalen Staatsmeisterschaften ausgetragen wurden und die Spiele der südamerikanischen „Champions Leage“, der Libertadores, schienen zwei ganz andere Mannschaften die deutlich besten in Brasilien zu sein: Gremio Porto Alegre und der F.C. Santos (mit Zé Roberto als Spielmacher und Torschütze), die jeweils die hoch eingeschätzten São-Paulo- und Rio-Grande-do-Sul-Meisterschaften gewannen und in der Libertadores bis ins Halbfinale vorstiessen, wo Gremio Santos eliminierte. Heute stehen Gremio auf dem sieben und Santos auf dem achten Platz. Sie mussten Clubs den Vorrang lassen, die man nicht auf der Rechnung hatte im Kampf um die Meisterschaft und die anderen vorderen Plätze, die nächstes Jahr das Recht auf Teilnahme an der Libertadores garantieren.

Dritter ist Cruzeiro Belo Horizonte (Bester Sturm mit 40 Toren in 19 Spielen), einen Punkt hinter Botafogo (Zweitbester Sturm: 36 Tore), der zu Beginn des Jahres im ersten Endspiel der Meisterschaft von Minas Gerais dem Lokalrivalen Atletico Mineiro (heute auf Platz 12) noch mit einem ernüchternden 0:4 unterlegen war.

Vierter ist Vasco da Gama Rio de Janeiro, ein Verein, der Anfang des Jahres nicht ins Endspiel um die Rio-Meisterschaft gekommen war und wo Romario mit fast 41 immer noch erfolgreich Fußball spielt, mit einem weiteren Punkt Rückstand.

Fünfter ist Palmeiras, eine andere der vier grossen São Paulo-Mannschaften, wieder mit einem Punkt weniger, die aber in den letzten Jahren ziemlich in der Versenkung verschwunden war, sogar ein Jahr in der zweiten Liga verbrachte.

Sechster schliesslich, mit noch einem Punkt weniger, ist ein alter Bekannter aus der Liste jener, die immer vordere Plätze einnehmen, aber am Ende doch nie ganz vorne stehen, Goias Goiánia, so eine Art von Brasiliens Bayer Leverkusen, ein Verein, der eigentlich bei weitem der beste seines Staates ist, aber dieses Jahr einem zweitklassigen Verein die Goias-Meisterschaft überlassen musste.

Wer auch noch einer der klaren Meisterschafts-Anwärter war, ist Internacional Porto Alegre, Vorjahreszweiter und Gremios Lokalrivale. Man hatte immerhin im Dezember noch die FIFA-Vereins-Weltmeisterschaft gegen Barcelona gewonnen. Danach fiel die Mannschaft aber in ein tiefes Loch, schied früh aus der Libertadores aus und hat sich bis heute noch nicht richtig erholt, was sich am 9. Tabellenplatz ausdrückt. Nun hat man auch noch den begabten Nachwuchsstürmer Pato an den A.C. Mailand verloren, sprich verkauft, und man muss eventuell wirklich noch ein gute Zeit warten, bis die goldenen Jahre wieder kommen.

Wo man aber die grössten Überraschungen findet, sind die vier Abstiegsplätze und die Zone unmittelbar davor. Dort, auf den Plätzen zwischen 15 und 20, finden sich nämlich ausser zwei typischen Kandidaten, dem bereits abgeschlagenen América Natal als Letztem und dem Club Juventude Caxias do Sul als Drittletztem, die beiden Vereine mit der grössten Anhängerschaft über ganz Brasilien hinweg, Flamengo Rio de Janeiro, die Nr.1, auf dem vorletzten Platz und Corinthians São Paulo, die Nr. 2, auf dem 15.

Corinthians war 2005 noch Meister gewesen, Flamengo dieses Jahr noch Rio-Meister (vor Botafogo, der nun Zweiter ist und Vasco, jetzt Dritter) und im Vorjahr Pokalsieger Brasiliens.

Auf dem Platz 16, der ebenfalls höchste Gefahr bedeutet, findet man Atlético Paranaense aus Curitiba, ein Team, das vorletztes Jahr noch im Endspiel der Libertadores (gegen São Paulo) stand und im darauffolgendes Jahr ebenfalls eine gute Figur in der Meisterschaft macht.

Da auch Paraná Clube mit dem 13. Platz nur einen Punkt mehr hat als Corinthians, kann man von einem Niedergang der Curitiba-Vereine sprechen. Während die Haupstadt des südlichen Bundesstaates Paraná für viele Jahr als einzige Stadt ausserhalb der Mega-Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro drei Vereine in der ersten Liga aufweisen konnte (von denen meistens Atlético der stärkste war), ist man nach dem Abstieg von Coritiba nun nur noch mit zwei Vereinen vertreten, die nun auch noch in der zweiten Hälfte der Tabelle herumkrebsen.

Für die Rückrunde bis zum letzten Spieltag am 2. Dezember 2007 kann man weiterhin viele Überraschungen erwarten. Aber São Paulo ist jetzt schon heissester Kandidat auf den Titel, ebenso wie Flamengo wohl bis zum Ende Abstiegskandidat bleiben wird.

Von Santos kann man, obwohl weiterhin unter Trainer Luxemburgo, wohl kaum noch ein entscheidendes Aufbäumen erwarten. Dazu war der Weggang von Zé Roberto zu ausschlaggebend. Man kann nur hoffen, dass er nun bei den Bayern positiv von sich hören lassen wird.


Veröffentlicht am 14. August 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 16. Juli 2007

Brasilien gewinnt die 'Copa América'

3:0 über Argentinien

Von Karl Weiss

Es ist nicht gerade selten, Brasilien im Fußball als den Sieger eines Turniers auszurufen, aber diesmal war vorher wirklich klar, Brasilien würde keine Chance gegen die argentinische „Tor-Maschine“ im Endspiel der „Copa América“ haben, dazu waren die vorher gezeigten Leistungen zu unterschiedlich gewesen.

Doch die großen Klassiker des internationalen Fußballs haben immer ihre eigenen Gesetze. Brasilien spielte plötzlich extrem aggressiv (35 Fouls), deckte „Pressing“, was diese Mannschaft sonst nie macht und siehe, auch die scheinbar übermächtigen Argentinier waren zu schlagen. Argentinien, das im ganzen Turnier erst drei Tore hatte hinnehmen müssen, wurde mit 3:0 unter Wert geschlagen. In Argentinien ist die Trauer grenzenlos. Eines der Fussball-Magazine dort textete "Mögen sie in Frieden ruhen".

Dazu kamen einige überragende Momente von eigentlich weniger bekannten Spielern, so wie der Pass über 30 Meter von Elano genau auf Julio Batista bereits nach 4 Minuten, als Julio Batista mit einer schnellen Bewegung den Verteidiger aussteigen ließ und zum 1:0 in den Winkel schoss. So einfach kann Fußball sein.

Auch der Pass von Vagner Love in der zweiten Hälfte bei einem schnellen Gegenangriff auf Daniel Alves (eingewechselt für den verletzten Elano) war genial, der den Ball direkt zum 3:0 verwandelte und die letzte Chance der Argentinier in Luft auflöste, noch eine Wende zu schaffen.

Natürlich hat der Tüchtige dann auch meistens noch Glück, so bei einem Pfostenschuss von Riquelme in der ersten Hälfte beim Stand von 1:0, als ein Tor die Geschichte des Spiels hätte ändern können und beim 2:0 noch in der ersten Halbzeit, als der unglückliche Kapitän der Argentinier, Ayala, in einen Pass in den Strafraum von Daniel Alves hineinrutsche und den Ball ins eigene Tor beförderte.

Im brasilianischen Team war bei diesem Endspiel alles anders. Robinho, der bis dahin als einziger im gelb-blauen Team eine durchweg überragende Leistung gezeigt hatte, verschwand völlig in der Versenkung. Das Mittelfeld wurde nicht von den argentinischen Superspielern Riquelme und Veron beherrscht, sondern von den international fast unbekannten Brasilianern Josué und Mineiro, die beide das Spiel ihres Lebens lieferten, so wie auch der eingewechselte Daniel Alves. Der Verteidiger Alex, der das ganze Turnier hindurch die entscheidende Schwachstelle in der Mannschaft gewesen war, ließ im Endspiel Bayerns Lúcio (verletzt) glatt vergessen.

Nichts bleibt, wie es ist.

Die Viertelfinale der Copa América waren durchweg mit hohen Siegen ausgegangen. Zunächst hatte Uruguay das überforderte Venezuela mit 4:1 ausgeschaltet, das als Gruppenerster gegen einen Gruppendritten spielte, aber im Viertelfinale wirklich auf der Höhe der Inkompetenz angekommen war.

Dann hatte noch am gleichen Tag Brasilien Chile mit 6:1 abgefertigt mit einer Galavorstellung von Reals Robinho, der auch zum Torschützenkönig des Turniers wurde mit 6 Toren.

Im dritten Spiel am darauffolgenden Tag hatte sich Mexiko mit Paraguay auseinanderzusetzen, was als ausgeglichene Begegnung angesehen werden musste. Doch bereits nach einigen Minuten wurde einer der Paraguayaner vom Platz gestellt und so stellte sich schnell eine generelle Überlegenheit der Mexikaner ein, die schliesslich auf ein 6:0 kamen.

Im letzten Vietelfinale spielte schliesslich Argentinien gegen Peru, eine ungleiche Begegnung. Immerhin gelang es Peru, sich eine Halbzeit lang gegen die argentinische Übermacht zu verteidigen, doch dann liessen die Kräfte nach und Argentinien kam noch in lässiger Manier zu einem 4:0.

Damit waren die beiden Halbfinalbegegnungen klar: Mexiko-Argentinien und Brasilien-Uruguay. Zuerst musste Brasilien ran. So wie (fast) immer, wenn es gegen Uruguay geht, wirkten die Brasilianer wie gelähmt.

Sie schafften zwar mit einer kämpferischen Leistung in der ersten Halbzeit ein 2:0, liessen sich aber in der zweiten Hälfte mit einer indiskutablen Leistung völlig in die eigene Hälfte drängen und mussten folgerichtig zwei Tore kassieren, die den Uruguayanern den möglichen Weg ins Endspiel aufzeigten.

Ohne Verlängerung ging es direkt zum Elfmeterschiessen. Zuerst verschoss ein Spieler der „Celeste“-Mannschaft (himmelblau wie die Nationalfarben und das Trikot), dann einer der Brasilianer. So stand es nach fünf Elfmetern von beiden Seiten 4:4 im Elfmeterschiessen. Nun mussten die Reservespieler ran. Der erste Schuss für Brasilien ging vorbei. Nun war Uruguay fast im Finale, nur noch einen Elfmeter verwandeln. Der Spieler lief an, ließ den Torwart in die andere Ecke streben und hatte das ganze Tor vor sich offen. Er brachte es fertig, genau den Pfosten zu treffen.

Der nächste Schuss für Brasilien traf. Dann kam ein Schuss für Uruguay genau in die Mitte des Tors. Der brasilianische Torwart Doni war bereits auf dem Weg in die rechte Ecke, konnte aber noch mit dem Fuss den Ball abwehren. Brasilien war im Endspiel – nach einigen Minuten heftigsten Schwitzens.

Dann das Spiel Mexiko, das immerhin bereits Brasilien mit 2:0 geschlagen hatte, gegen Argentinien. Die Argentinier waren nie gefährdet. Sie spielten mit den Mexikanern Katz und Maus. Die Überlegenheit war so eklatant, das man Mitleid mit den mexikanischen Spielern bekam. Das argentinische Team schien sich nicht einmal zu verausgaben, um Mexiko mit 3:0 zu schlagen. Messi und Riquelme in der Form ihres Lebens dürften praktisch jede Deckung auseinandernehmen, dachte man.

Damit war klar, wer die Copa América gewinnen würde, zumal Brasilien ja ohne Kaká und ohne Ronaldinho antereten musste (der Gerechtigkeit halber muss man aber auch sagen, dass bei Argentinien im Endspiel der verletzte Crespo schmerzlich vermisst wurde).

Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Am Rand sei noch der dritte Platz für Mexiko mit einem 3:1 über Uruguay erwähnt.

Am 15.7.07 war Brasilien-Tag. Zusätzlich zur Copa América im Fußball mit einer halben Reservemannschaft gewann man auch noch die Weltliga im Volleyball mit einem 3:1 über Russland. Dritter wurde dort das Team der USA.


Veröffentlicht am 16. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Samstag, 7. Juli 2007

Copa América: Vorrunde beendet

Argentinien haushoher Favorit

Von Karl Weiss

Nun haben also die 18 Spiele der Vorrunde der “Copa América“ stattgefunden, der amerikanischen Meisterschaft der Fussball-Nationalmannschaften. Die wesentlichen Ergebnisse sind die überragende Vormachtstellung Argentiniens in dieser „Copa“, die eklatanten Schwächen des brasilianischen und uruguayanischen Teams, das relativ gute Abschneiden Venezuelas und das frühe Ausscheiden der Nationalmannschaft der USA mit drei Niederlagen, die nicht an frühere gute Vorstellungen anknüpfen konnte.

Im Artikel zum Auftakt der „Copa“ wurde bereits berichtet über die – vorsichtig ausgedrückt – seltsame Einteilung der Gruppen, Aufteilung der Teams auf die Gruppen und die verkorkste Festlegung der Viertelfinal-Begegnungen. Es war bereits spekuliert worden, der für die Organisation zuständige südamerikanische Fussballverband, der in Uruguay sitzt und traditionell von urugayanischen Politikern dominiert wird, habe krampfhaft versucht, der uruguayanischen Mannschaft eine Chance zu verschaffen, ins Endspiel zu kommen.

Dazu hätte allerdings Uruguay als Gruppenerster aus der Vorrunde hervorgehen müssen. Tatsächlich begann das Team vom Rio de la Plata aber mit einer saftigen 0:3-Niederlage gegen Peru. Sah man die peruanische Mannschaft in den folgenden Spielen, blieb es unverständlich, wie sie das geschafft hatte. Sie verlor sang- und klanglos gegen Venezuela, das eigentlich als eines der beiden schwächsten Teams des Turniers eingeschätzt werden musste (zusammen mit Bolivien) und schaffte am Ende gegen Bolivien nur ganz knapp mit einem Ausgleichstor kurz vor Schluss durch Bayerns Pizarro ein Unentschieden. Mit diesen vier Punkten schaffte Peru aber immerhin den zweiten Gruppenplatz.

Venezuela dagegen, im eigenen Land offenbar beflügelt, konnte mit einem Sieg und zwei Unentschieden den Spitzenplatz der Gruppe einnehmen und darf nun gegen den Dritten der eigenen Gruppe, Uruguay, das Viertelfinale bestreiten.

Uruguay war anscheinend nicht extrem beeindruckt durch die glatte Auftaktniederlage und gewann im zweiten Spiel gegen Bolivien. Am dritten und letzten Spieltag der Gruppe A trafen dann der Lokalmatador Venezuela und Uruguay aufeinander, wobei beide mit einem Unentschieden als Ergebnis zufrieden sein konnten, Venezuela, weil es damit Gruppenerster würde und Uruguay, weil es damit Gruppendritter würde und ebenso weiterkäme. Und was war das Ergebnis, raten Sie? Richtig! Ein 0:0 Unentschieden.

Das ist so, wenn man den letzten Spieltag der Gruppen nicht, wie bei der Weltmeisterschaft, gleichzeitig austragen lässt, sondern nacheinander, wie in diesem Fall. Die im letzten Spiel wissen oft schon genau, wie sie spielen müssen.

In der Gruppe B war schon vorher sehr wahrscheinlich, dass Mexiko und Brasilien die beiden ersten Plätze belegen würden, aber die meisten hätten wohl die Reihenfolge anders herum gesehen. Mexiko hatte aber im ersten Spiel Brasilien (mit einer indiskutablen Leistung in der ersten Halbzeit) mit 2:0 geschlagen und damit den ersten Gruppenplatz belegt.

Dies bedeutet nun aber gleichzeitig, Mexiko bekam einen weit stärkeren Gegner im Viertelfinale, nämlich Paraguay, während Brasilien sich nur erneut mit Chile aus der eigenen Gruppe herumschlagen muss, das man bereits im Gruppenspiel mit 3:0 geschlagen hatte.

Es wird deutlich, dieses Schicksal hatte man eigentlich für Brasilien vorgesehen, aber nun hat man sich Brasilien in die uruguayanische Halbfinalgruppe geholt und die Chancen für Uruguay, ins Endspiel zu kommen, werden immer geringer.

Bleibt in der Gruppe B noch zu berichten, dass Brasilien fast nur von der Spielkunst von Reals Robinho lebte, während Herthas Gilberto fast nur Fehlpässe produziert. Auch der Verteidiger Alex ist völlig von der Rolle. Alle vier Tore Brasiliens hat Robinho erzielt, der auch noch die Spielzüge nach vorn zu tragen hatte. Werders Diego, der eigentlich diese Aufgabe hätte übernehmen sollen, ist ausser Form und wurde nur im Mexiko-Spiel und am Ende des Spiels gegen Equador (nur 1:0!) eingesetzt.

Die Gruppe C schliesslich, die „Todesgruppe“, hat nun wirklich zwei Ausgeschiedene auf dem Gewissen, nämlich die US-Truppe und die kolumbianische. Argentinien marschierte in einmaligem Stil durch, wurde Top-Favorit und gewann als einzige Mannschaft alle drei Spiele, während Paraguay seine Spiele gegen die USA und Kolumbien gewinnen konnte. Damit war am Ende der Ausgang des Spiels zwischen Kolumbien und den USA (1:0) ohne Bedeutung, denn die beiden besten Gruppendritten hatten bereits 4 Punkte, was weder die USA noch Kolumbien mehr erreichen konnten.

Ausserdem schieden aus den Gruppen A und B Bolivien und Equador aus.

Argentinien hatte lediglich im Spiel gegen Paraguay etwas Probleme und gewann nur mit 1:0, ansonsten war man haushoch überlegen. Im Moment dürfte Argentinien die beste Nationalmannschaft im Fußball haben mit einem überragend aufspielenden Riquelme als Regisseur und einem Messi, der in der zweiten Halbzeit kommt und die entscheidenden Spielzüge nach vorne trägt.

Daraus ergaben sich nun die folgenden Paarungen für die Viertelfinals: In der ersten Gruppe, die für das Halbfinale 1 spielen, stehen Venezuela und Uruguay in einem und Brasilien und Chile im anderen Spiel gegeneinander. In der Gruppe für das zweite Halbfinale spielen Mexiko gegen Paraguay sowie Argentinien gegen Peru.

Damit steht jetzt schon fest: Im ersten Halbfinale werden deutlich schwächere Mannschaften stehen wie im zweiten (wenn sich nicht Brasilien aufrafft, noch an frühere glorreiche Zeiten anzuknüpfen).

Nach den bisher gezeigten Leistungen müssten die beiden Halbfinale lauten: Venezuela gegen Brasilien sowie Mexiko gegen Argentinien. Das Endspiel hiesse dann wohl, wie bei der letzten Ausgabe der Copa América, Argentinien gegen Brasilien. Doch diesmal dürfte dann Argentinien das bessere Ende für sich haben.

Das war aber beim letzten Mal auch schon die Vorhersage, doch Brasilien, das mit dem B-Team angetreten war, raffte sich zu einer Energieleistung auf, konnte kurz vor Schluss noch ausgleichen und gewann dann im Elfmeterschiessen.

Auch diesmal wieder sollte man das brasilianische Team (ohne Ronaldinho und Kaká) nicht voreilig abschreiben.

Die Viertelfinals werden an diesem Wochenende ausgetragen, die Halbfinale sind für Dienstag und Mittwoch vorgesehen, das Endspiel für den kommenden Sonntag, den 15.7.07.

Veröffentlicht am 07. 07. 07 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel

Mittwoch, 27. Juni 2007

Boca Juniors ist Sieger der 'Libertadores'

Südamerika-Fussball

Von Karl Weiss

Mit einem Auswärtssieg im Rückspiel der Entscheidung in der ‚Copa Libertadores’ hat sich Boca Juniors in überragender Weise in den Spielen um diese höchste Trophäe Südamerikas durchgesetzt. Riquelme schoss die beiden Tore zum 2:0 –Sieg der Mannschaft aus dem Hafenviertel in Buenos Aires, wurde Torschützenkönig der ‚Libertadores’ mit 7 Toren und krönte damit seine bisherige Karriere. Er dürfte im Moment zusammen mit Kaká vom A.C. Mailand der beste Spieler der Welt sein.

Ausnahmsweise behielt der Berichterstatter einmal Recht mit seinen Vorhersagen, Gremio und Boca würden das Endspiel bestreiten und Boca würde gewinnen (hier und hier).

Hiermit hat Boca in den letzten acht Jahren in fünf Endspielen der Libertadores gestanden und hat viermal gewonnen. Damit hat sich der Verein von Maradona endgültig als dominierende argentinische und südamerikanische Mannschaft etabliert, so wie das in früheren Zeiten Independiente Buenos Aires getan hatte, der Club, der immer noch eine Libertadores Vorsprung vor Boca hat. Boca hat es jetzt insgesamt auf sieben Titel gebracht, Independiente auf acht. Heute ist Independiente allerdings schon fast der Vergessenheit anheimgefallen.

Es dürfte interessant werden, am Ende des Jahres die inzwischen zum vierten Male durch die FIFA ausgetragenen Vereinsweltmeisterschaft zu verfolgen, wo es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Endspiel A.C. Mailand – Boca Juniors kommen wird.

Ob dann Riquelme allerdings noch bei Boca ist und es wirklich zum Direktvergleich Kaká – Riquelme kommt, steht in den Sternen. Boca hat ihn bisher nur bis zur Ende der Libertadores unter Vertrag und er wird wohl nach Europa zurückkehren wollen, denn hier auf der Südhalbkugel droht er vergessen zu werden. Er könnte z.B. wieder zu Sevilla zurückkehren, das bis zum letzten Spieltag im Kampf um die spanische Meisterschaft stand.

In Brasilien wurden inzwischen die nächsten Runden der nationalen Meisterschaften ausgetragen. Wiederum gab es überraschende Ergebnisse und solche, die den Erwartungen entsprachen.

Die grösste Überraschung ist der Spitzenreiter: Botafogo Rio de Janeiro mit einer Anzahl überzeugender Ergebnisse, wie z.B. einem glatten 4:0 über den Lokarivalen Vasco da Gama, der auch noch unter den ersten 9 zu finden ist. Noch in der Endphase der Rio-Staatsmeisterschaft im Mai hatte man sich – ebenfalls im Maracanã-Stadion – mit 4:4 getrennt.

Am Sonntag, den 24. Juni gab es drei der grossen Lokalderbys.

In Belo Horizonte gewann Cruceiro gegen Atletico Mineiro mit 4:2 in einem hochklassigen Spiel und konnte sich so revanchieren für die Niederlage in den beiden Endspielen der Staatsmeisterschaft, die in der Summe das gleiche Ergebnis hatte, nur für Atlético. Hier in Belo Horizonte hallten noch die halbe Nacht die Rufe „Zeiro“ durch die Strassen.

In São Paulo trafen der São Paulo F.C. und der F.C. Santos aufeinander, im Moment als die beiden besten der vier „grossen“ São Paulo-Mannschaften eingeschätzt. Das Spiel in der ‚Vila Belmiro’, dem Stadion von Santos im gleichnamigen Stadtviertel von Santos, wird jedes Jahr mit besonderer Aufmerksamkeit registriert, denn es pflegen da oft wahre heroische Schlachten stattzufinden. Diesmal war wieder ein Spiel mit vielen Fouls und vielen Auseinandersetzungen im Mittelfeld zu sehen, das, wie so oft, durch Details entschieden wurden wurde. Zweimal passte die Abwehr von Santos nicht genügend auf und São Paulo ging als Sieger mit 2: 0 vom Platz.

Santos, das noch vor kurzem nur um ein Tor das Endspiel der Libertadores verpasst hatte, war damit unter Wert geschlagen, aber Meister São Paulo unterstrich seine ansteigende Form und damit seinen Anspruch auf den zweiten Meistertitel hintereinander. Der Weggang von Zé Roberto hat Santos offenbar grundlegend geschwächt. Man muss in Frage stellen, ob der Club ohne ihn noch mit zu den Meisterschaftsfavoriten gezählt werden kann.

Das dritte grosse Lokalderby fand in Porto Alegre, ganz im Süden Brasiliens statt, „Gre-Nal“ zwischen Internacional und Gremio. Immerhin standen sich hier der letztjährige Sieger der Libertadores und Vereinsweltmeister der FIFA und der diesjährige Vize der Libertadores gegenüber. Der Berichterstatter hatte die Möglichkeit, das Spiel am Fernsehen zu verfolgen.

Das Spiel hatte die Klasse eines Spitzenspiels der Bundesliga. Wer meinte, die Mannschaft von Gremio würde deprimiert auftreten nach den zwei verheerenden Niederlagen gegen Boca Juniors, hatte sich getäuscht. Im Gegenteil, man beherrschte den Gegner über weite Strecken, obwohl man im Stadion von Internacional spielte und nur 2500 Karten für die Gremio-Anhänger ausgegeben worden waren. Solche Tricks gehen nur zu oft als Schuss nach hinten los.

Der Trainer von Gremio hatte sich eine Überraschung ausgedacht, um die Abwehr von „Inter“ zu irritieren. Er stellte den Stamm-linken-Aussenverteidiger Lúcio ins offensive Mittelfeld und improvisierte einen Innenverteidiger auf der Aussenbahn. Die Rechnung ging voll auf. Als einer der Inter-Verteidiger einen Ball mit dem Fuss zum Torwart zurückspielte und der mit dem Fuss weiterspielen musste, stürmte einer der Gremio-Stürmer auf ihn zu und brachte ihn in Bedrängnis.

Das zahlte sich aus. Clemer, ansonsten eine fast unüberwindliche „Mauer“ im Tor, hatte nicht genug Zeit, den Ball gezielt zu einem eigenen Mann zu schlagen und so kam der Ball genau zu Lúcio in einer halblinken Position. Der setzte sofort einen Lauf mit dem Ball zum Tor an. Von zwei Verteidigern attackiert, gelang es ihm, den Ball zwischen beiden durch zu spielen und sich dann dann selbst zwischen ihnen durchzumogeln. So stand er plötzlich allein vor dem Tor und liess sich die Chance nicht entgegehn. Mit dem schlechteren, dem rechten Fuss, schlenzte er den Ball ins lange Eck: 1:0 für Gremio.

Übrigens Talentsucher in Deutschland: Notieren: Lúcio, linker Aussenverteiger von Gremio.

Das zweite Tor dagegen war gekonnt herausgespielt. Gremio gewann 2:0 und setzte sich damit aus der Nähe der Abstiegszone ab, wo nun allerdings Internacional herumkrebst.

Die beiden wichtigsten jungen Talente waren übrigens auf beiden Seiten nicht im Spiel, beide Stürmer, denn es wird gerade die Südamerikameisterschaft der Auswahlelfs „unter 18“ ausgetragen. Pato von Inter und Lucas von Gremio dürften zu den interessantesten Talenten der letzten beiden Jahre gehören in diesem nicht gerade talentarmen Land. Der erste soll angeblich ein Angebot von Chelsea haben, der andere von Liverpool. Aber nicht verzagen, Talentsucher, solche Gerüchte werden oft gestreut, um den Preis in die Höhe zu treiben.

Hier noch eine persönliche Talentempfehlung des Berichterstatters: Sidney, Verteidiger von Inter, gerade 18 geworden.

Hinter Botafogo, das, wie gesagt, überraschend an der Spitze steht mit 3 Punkten Vorsprung, folgen nach sieben Runden – ebenfalls überraschend – Parana mit 14 und dann SãoPaulo mit 13. Dahinter eine Dreiergruppe mit 12 Punkten: Goiás, Pokalsieger Fluminense und Corinthians São Paulo, der Meister vom vorherigen Jahr.

In der Abstiegszone haben sich bereits drei Mannschaften eingefunden, die eben aus der 2. Liga aufgestiegen sind: Sport Recife, Náutico Recife und América Natal, alle drei aus dem armen Nordosten Brasiliens. Als vierte Mannschaft in der Abstiegszone steht Flamengo Rio de Janeiro, die gerade eben noch die Staatsmeisterschaft gewonnen hatte, der Rekordmeister und Club mit der grössten Anhängerschaft in Brasilien. Das könnte eine heisse Saison werden für Flamengo.


Veröffentlicht am 27. Juni 2007 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel

'Copa America' in Venezuela hat begonnen

Argentinien und Brasilien Favoriten bei verstärkter Südamerika-Fussballmeisterschaft

Von Karl Weiss

Am Dienstag begann die „Copa America“ in Venezuela, die Meisterschaft der Nationalmannschaften aus Amerika, das Gegenstück zur ‚Eurocopa’. Genau gesagt ist es die Südamerika-Meisterschaft, den sie wird vom südamerikanischen Verband ausgetragen. Man lud allerdings die letzten Male, so wie auch jetzt wieder, jeweils die Nationalmannschaften der USA und Mexikos dazu ein, so dass so etwas wie eine Amerika-Meisterschaft entsteht, ohne dass man 64 Kleinstaaten Mittelamerikas und der Karibik berücksichtigen muss.

Diese Meisterschaft ist allerdings noch nicht in den internationalen Kalender der Fifa eingegangen, denn aus unbekannten Gründen lässt man sie nicht parallel zur Eurocopa stattfinden. So haben ein grosser Teil der in Europa beschäftigten Spieler für die ‚Copa America’ abgesagt, denn sie geben an, sie bräuchten eine Zeit der Erholung vor der neuen langen Saison in Europa.

Das trifft vor allem auf die brasilianischen Stars Ronaldinho und Kaká zu, wie auch auf einige argentinische Spieler. Die Abwesenheit von Ronaldo und Roberto Carlos, wie auch von Cafú und Emerson, ist aber nicht darauf zurückzuführen. Sie wurden vielmehr seit dem desaströsen Auftritt gegen Frankreich bei der Weltmeisterschaft überhaupt nicht mehr zu Spielen der brasilianischen Auswahlelf berufen.

So hat sich nun die grosse Chance für Diego von Werder ergeben, von Anfang an das Trickot mit der Nummer 10 der brasilianischen Auswahl tragen zu können.

Für einen weniger mit dem südamerikanischen Fussball vertrauten werden auch noch andere unbekannte Namen in der Aufstellung von Brasilien auftauchen, die aber in Wirklichkeit bereits neue Stammspieler sind. Da ist vor allem im Sturm zusammen mit Robinho von Real Madrid Vagner Love (das ist natürlich ein Spitzname), der bei ZSKA Mosakau spielt, ein echt Schwarzer mit gutem Torinstinkt. Ein anderer, der noch wenig bekannt ist in Europa ist Elano, Spieler von Schachtjor Donezk in der Ukraine, der voraussichtlich zusammen mit Diego das offensive Mittelfeld stellen wird.

Damit werden mit Diego, Robinho und Elano drei der vier offensiven Spieler der brasilianischen Stammelf bei diesem Wettbewerb Spieler von Santos aus der brasilianischen Meistermannschaft 2002 sein. Damals waren die drei 17, 18 und 19 Jahre alt (in der Reihenfolge der Nennung).

Übrigens ist Gilberto von Hertha jetzt Stammspieler als linker Aussenverteidiger in der brasilianischen Mannschaft. Gilberto Silva von Arsenal wird als defensiver Mittelfeldspieler Kapitän der Mannschaft sein.

Allerdings hat Brasilien diese Copa America noch keineswegs gewonnen. Wie man hört, wird Riquelme wieder für Argentinien spielen, obwohl er schon einmal seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt hatte. Damit ist Argentinien heisser Favorit.

Der Modus ist etwas kompliziert, aus Gründen, die wohl nur der südamerikanische Verband kennt.

Es sind insgesamt zwölf Mannschaften, davon 10 die Fussball-Länder Süddamerikas (Guyana und Surinam haben keine Nationalmannschaften, die für einen solchen Wettbewerb kandidieren und Französisch Guyana ist Teil Frankreichs).

In Gruppe A spielen Uruguay, Peru, Venezuela als Gastgeber und Bolivien (das ist offensichtlich eine viel zu leichte Gruppe angesichts der Schwergewichte in den anderen Gruppen. Wahrscheinlich der Versuch, Uruguay mit Gewalt ins Viertel- und Halbfinale zu bringen angesichts der weiterhin bestehenden Vorherrschaft von Uruguay im Verband).

Gruppe B bilden Brasilien, Mexiko, Equador und Chile. Das dürfte eindeutig werden für Brasilien und Mexiko.

Die Gruppe C schliesslich besteht aus Argentinien, den USA, Paraguay und Kolumbien. Das ist eine Ansammlung von Schwergewichten in einer Gruppe, die anscheinend absichtlich herbeigeführt wurde. Wollte man Argentinien mit schweren Spielen eindecken? Hier dürfte nur Argentinien als einer der ersten beiden feststehen. Die drei anderen haben alle das Zeug, der andere zu sein.

Es kommen dann nicht etwa nur die beiden Ersten jeder Gruppe weiter, sondern zusätzlich die beiden besten Dritten. Dabei haben der Sieger von Gruppe A und der Zweite von Gruppe B den grossen Vorteil, gegen eine Mannschaft antreten zu können, die nur dritter ihrer Gruppe wurde. Wiederum eine deutliche Bevorteiligung des vermutlichen Gruppenersten A (Uruguay).

Dagegen müssen sowohl die beiden ersten der C-Gruppe als auch der Erste der B-Gruppe gegen Gruppenzweite antreten (Speziell muss der Gruppensieger B (nach normalem Verlauf der Dinge Brasilien) gegen den zweiten der „Todesgruppe“ C antreten, das könnte im Extremfall bereits im Vietelfinale Argentinien sein.

Dann im Halbfinale spielen nicht etwa jeweils die Sieger von Paarungen des Ersten und Zweiten gegen solche, bei denen auch dritte in der Paarung waren, sondern es spielen exakt jene beiden gegeneinander, die aus Paarungen von Ersten und Zweiten hervorgegangen sind und im anderen Spiel jene beiden, bei deren Paarungen auch Dritte dabei waren. Damit wird mit aller Macht versucht, Argentinien und Brasilien, die vermutlich Gruppensieger werden, spätestens im Halbfinale gegeneinander kommen zu lassen, so dass Uruguay (als Vermutlicher Gruppenerster Gruppe A) die Chance bekommen könnte, bis ins Endspiel zu gelangen und dort vielleicht Glück zu haben.

Man möchte fast Brasilien den Rat geben, nur Gruppenzweiter zu werden, denn der muss sich im Viertelfinale nur dem Besten Dritten stellen, aber das sind immer zweifelhafte Ratschläge.

Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt, dass Uruguay noch eine solche ‚Copa America’ gewinnen könnte, dann wäre es diesmal.

Das Endspiel wird am 15 Juli ausgetragen werden.


Veröffentlicht am 27. Juni 2007 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel


Zusatz vom 27.6.2007:
In den ersten beiden Spielen der Gruppe A gab es folgende Ergebnisse: Uruguay - Peru 0:3, Venezuela - Bolivien 2:2
Damit könnte der Traum Uruguays vom Sieg bereits ausgeträumt sein, während Peru die Vorteile für den Ersten der Gruppe A ausnutzen könnte.
Die in Deutschland gut bekannten Pizarro und Guerrero von Peru waren ausschlaggebend für den Sieg. Pizarro dirigierte das peruanische Team, Guerrero trug ein Tor zum Sieg bei.

Sonntag, 17. Juni 2007

Internacional Porto Alegre ist Meister der 'Recopa'

Boca Juniors legt 3:0 gegen Gremio vor

Von Karl Weiss

In Brasilien wurden die Pokalendspiele ausgetragen, die beiden Sieger des letztjährigen Libertadores- und Südamerika-Cups traten gegeneinander an (Recopa) und es fanden die beiden Halbfinale und das erste Finalspiel der diesjährigen Copa Libertadores statt.

Beginnen wir mit Brasilien: Die beiden Endspiele des Pokals in Brasilien wurden ausgetragen. Figuerense aus der Hauptstadt des südlichen Bundesstaates Santa Catarina, Florianopolis, gelang ein hervorragendes Unentschieden im Maracanã-Stadion gegen Fluminense Rio de Janeiro. Im Rückspiel aber am 3. Juni sah das Bild anders aus. Figuerense konnte den Heimvorteil nicht nutzen, sondern verlor gegen Fluminense. Damit konnte die Mannschaft aus Rio den Pokalsieg feiern und steht bereits als einer der Teilnehmer an der Runde der Copa Libertadores im nächsten Jahr fest.

Es wurden in Südamerika auch die beiden Spiele um die ‚Recopa’ ausgetragen, welche die beiden Gewinner der letztjährigen Copa Libertadores und der Copa Sulamerica (Sudamerica) zusammen führten. Das Hinspiel in Mexiko Stadt gewann der Heimverein Pachuca, Gewinner der Copa Sulamerica (die wird üblicherweise in der zweiten Jahreshälfte ausgetragen), mit 2:1. Das Rückspiel in Porto Alegre, sieben einhalb Flugstunden weiter südlich, wurde am 6. Juni eine klare Sache. Internacional, „Inter“, wie der Club in Brasilien genannt wird, Sieger der Libertadores (die in der ersten Jahreshälfte ausgetragen wird) im letzten Jahr, gewann klar mit 4:0 und liess keinen Zweifel, welche der beiden Trophäen wertvoller ist.

In der aktuellen Runde der Libertadores, sicherlich echt vergleichbar mit der „Champions Leage“, begann die Phase der Halbfinale ein. Es trafen in der ersten Paarung die beiden brasilianischen Vereine Santos F.C. und Gremio Porto Alegre aufeinander. Im Hinspiel in der südbrasilianischen Metropole legte Gremio das erwünschte 2:0 vor, während Santos enttäuschte. Im Rückspiel in Santos an der Atlantikküste des Bundestaates São Paulo am 6.6.07 verstand Gremio geschickt, das Spiel des Gegners so weit wie möglich zu unterbinden. Trotzdem: Santos spielte wie aufgedreht, Zé Roberto trieb wieder und wieder die Angriffe nach vorne. Es gelangen Santos denn auch die drei Tore, die man brauchte, um weiterzukommen, nur gelang eben Gremio auch ein Tor nach einem umstrittenen Freistoss: 3:1. Damit hatte Santos zwar auch mit 2 Toren Unterschied gewonnen, aber das Auswärtstor von Gremio machte den Sieg aus.

Nach dem Ausscheiden aus der „Libertadores“ hat Zé Roberto, der auch wieder in die brasilianische Nationalelf zurückgekehrt ist, durchblicken lassen, er werde Santos jetzt verlassen. Na, wie wärs, Bayern, wollt ihr ihn nicht zurückholen? Er spielt im Moment fast auf der Höhe seines Nationalmannschaftskameraden Kaká.

Inzwischen hat Zé Roberto auch erklärt, nicht mehr in der Nationalelf spielen zu wollen. Er habe dort sein Scherflein beigetragen und nun sei es genug. Genau diesen Rücktritt aus der Nationalmannschaft hatte Bayern zur Vorbedingung gemacht, um Zé Roberto eventuell zurück zu holen. Nun kann man gespannt sein, ob da etwas draus wird.

Die Fans würden es danken, wenn wieder technischer Fussball auf höchstem internationalen Niveau in München geboten würde.

Der erste feststehende Endspielteilnehmer war damit Gremio Porto Alegre. Damit ist das seltene Ereignis wahr geworden: In zwei aufeinanderfolgenden Jahren stehen zwei verschiedene Vereine aus einer Stadt im Endspiel der „Libertadores“. Das ist in Europa bezüglich des damaligen Meistercups und der heutigen Champions Leage erst einmal vorgekommen, als Inter und A.C. Mailand einmal dies gleiche Lokalereignis schafften.

Das zweite Halbfinale ist zwischen Cúcuta aus der gleichnamigen kolumbianischen Stadt und dem grossen Favoriten Boca Juniors Buenos Aires ausgetragen worden. Die Überraschungsmannschaft aus Kolumbien schaffte zu Hause ein 3:1, ein wahrlich grosse Leistung angesichts der unbestreitbaren Qualitäten des von Riquelme angetriebenen Boca-Spiels. Nun brauchte Boca für das Rückspiel ein 2:0 oder 4:1. Das würde schwer werden. Am 7.6.07 sahen die Argentinier in der ausverkaften „Bonbonniere“ im Stadtteil Boca am Hafen von Buenos Aires eine gross aufspielende Mannschaft des argentinischen Meisters. Die Kolumbianer wurden mit 4:0 abgefertigt und Boca hat nun allen Grund, den Endspielen optimistisch entgegen zu sehen.

Das erste Endspiel wurde am 13. 6. ausgetragen, in Buenos Aires. Obwohl Gremio heroisch dagegenhielt, war Boca eine Nummer zu gross für den südbrasilianischen Club. Bereits in der ersten Halbzeit war Boca mit einem umstrittenen Tor in Führung gegangen.

Gleich nach der Halbzeitpause versuchte Sandro von Gremio mit hochgestreckten Bein einen Ball zu erreichen, während gleichzeitig ein Boca-Spieler den Ball köpfen wollte. Das musste schief gehen. Sandros Stollen riss eine Wunde im Gesicht des Boca-Spielers auf. Sandro wurde des Platzes verwiesen, eine harte Entscheidung. Wenn Schiedsrichter immer bei hohem Bein mit Treffen des Gegners so entscheiden würden, wäre es sicher o.k. Tun sie aber nicht.

Mit 10 Mann in der „Hölle des Boca-Stadions“ war Gremio dann verloren. Man spielte zwar zwei Chancen heraus, konnte sie aber nicht verwerten. Boca dagegen machte noch zwei Tore, eines davon von Riquelme: 3:0. Das wird fast unmöglich im Rückspiel am 20.6. für Gremio im heimischen Stadion.

Boca mit Riquelme, Palácio und Palermo dürfte diesmal die Libertadores gewinnen und damit den sechsten Sieg in dieser Meisterschaft einheimsen. In den letzten acht Jahren war Boca fünfmal in diesen Endspielen, hat dreimal gewonnen und einmal verloren. Und diesmal?

Die Qualifikation für die beiden südamerikanischen Vereinsmeisterschaften ist, wie in Europa, an die ersten Plätze der nationalen Meisterschaften gebunden. Für die Copa Libertadores hat Brasilien 4 Plätze, Argentinien 3, Uruguay, Paraguay und Kolumbien haben 2 und die anderen Länder sind jeweils mit dem Meister vertreten. Dazu qualifizieren sich (im Gegensatz zur europäischen Regelung) auch die Pokalsieger der Länder und der Sieger der Libertadores vom Vorjahr. Zusätzlich werden noch die 3 ersten der mexikanischen Meisterschaft und der mexikanische Pokalsieger eingeladen. Alle müssen zuerst in ein Vorauswahl, bei der nicht gelost wird, sondern jeweils ein (theoretisch) Schwacher gegen einen (theoretisch) Starken gestellt wird, also z.B. der Meister Brasiliens gegen den Pokalsieger Venezuelas. Die Sieger gehen dann in die Gruppenspiele, die wiederum aus Lostöpfen gelost werden und es geht genauso weiter wie bei der „Champions Leage“.

Für die Copa Sulamérica dürfen alle Meister ein zweites Mal in der zweiten Jahreshälfte antreten, dazu kommen dann die jeweils folgenden Plätze in der Landesmeisterschaft nach denen, die bereits die Copa Libertadores gespielt haben. Brasilien hat dann also ausser dem Meister noch die Plätze 5 bis 8 der Meisterschaft, die dort spielen dürfen usw. Auch hier werden wieder die entsprechenden mexikanischen Vereine eingeladen, auch wenn Mexiko natürlich nicht zu Südamerika gehört.

Die brasilianische Meisterschaft hat inzwischen 5 Runden absolviert. Überraschend sind mit jeweils 11 (von 15 möglichen) Punkten drei Mannschaften aus den zwei Mega-Metropolen Brasiliens vorne: Vasco und Botafogo Rio de Janeiro sowie Corinthians São Paulo. Hinter ihnen drohen Paraná Clube aus Curitiba mit 10 und Figuerense mit 9 Punkten. In fünf Runden gab es schon drei Spitzenreiter. Das wird wohl auch so weitergehen, denn die Ausgeglichenheit, speziell in der Spitze, war auch schon die letzten Jahre das Markenzeichen der brasilianischen Meisterschaft.

Santos steht auf einem Abstiegsplatz, auch Gremio nicht viel besser. Die waren eigentlich Favoriten. Das hängt aber natürlich auch damit zusammen, dass beide schon mehrmals mit Reservemannschaften anftraten, um die Stammelf für die Auseinandersetzungen in der Libertadores zu schonen. Nun – diese brasilianische Meisterschaft verspricht wieder extrem spannend zu werden und erneut eine Menge Überraschungen zu bringen.


Veröffentlicht in der Berliner Umschau am 14. Juni 2007

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