Lateinamerika

Donnerstag, 11. November 2010

Einwanderungsüberschuss in Venezuela

„In der Mischung steckt Geld“

Von Karl Weiss

Während die internationalen, von der „westlichen Welt“ kontrollierten Medien (allen voran natürlich die „New York Times“ (NYT) andauernd von Wirtschaftskrise in Venezuela sprechen und Enteignungen anprangern, rollt ein Strom von Immigranten in das Land. Es gibt auch solche, die das Land verlassen, aber um die ist es offensichtlich nicht schade, denn es sind im wesentlichen Unternehmer, Banker und ähnliche Gestalten, deren Ideologie die aktuelle weltweite Krise verschuldet hat.

Venezuela

Tatsache ist, Venezuela hat sich bereits vollständig von den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise erholt, etwas, was man z.B. von den Vereinigten Staaten nicht sagen kann.

Als der Ölpreis im September/Oktober 2008 von annähernd 200 Dollar pro Barrel auf 60 Dollar pro Barrel fiel, war das ein harter Schlag für ein Land, das zum großen Teil von den Öl-Einnahmen abhängig ist, während dies eigentlich ein positiver Faktor für die Vereinigten Staaten hätte sein müssen, die ja vom Import riesiger Ölmengen abhängen. Tatsache ist, die USA konnten diesen Vorteil nicht nutzen oder er ging einfach in den gewaltigen anderen Problemen unter, während Venezuela diesen schweren Schlag zwar gespürt, aber dann weggesteckt hat.

Der daraus resultierende wirtschaftliche Rückschlag wurde hämisch von den „internationalen“ Medien auf die „sozialistische“ Politik von Präsident Chávez zurückgeführt, nur: Es ging zum Beispiel Quatar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht einen Deut besser – und dort ist der Kapitalismus eher noch kapitalistischer als anderswo.

Welt-Ölreserven

Venezuela ist weiterhin geprägt von den typischen Leiden eines Entwicklungslandes, die sind: 1. Abhängigkeit von Rohstoff-Ausfuhren, 2. Mangelnde inländische Nahrungsmittelproduktion für den heimischen Markt und 3. Unter-Industrialisierung mit dem Ergebnis von hoher Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von Importen für fast alles.

Lediglich das vierte typische Kennzeichen von Entwicklungsländern hat man bis zu einem gewissen Grad abgeschüttelt: Die fast vollständige Unterordnung unter die heimische Oligarchie, eine Schicht von stinkreichen, dominierenden Familien, die alle wesentlichen Posten in Staat und Gesellschaft innehaben oder kontrollieren und die mit einem oder einer Gruppe von Imperialisten kuscheln.

Tatsächlich haben schon eine große Zahl dieser Familien Venezuela verlassen, nachdem der von ihnen gegen Chávez inszenierte Putsch im Jahre 2002 schief gegangen war.

Chávez und Lula

Ein Artikel in der NYT vom 7. 11. 2010 spricht sogar von Hunderttausenden von Auswanderern aus Venezuela, kann dies aber mit nichts Belastbaren belegen.

Andererseits wird zugegeben, dass „Hunderttausende“ in den letzten Jahren nach Venezuela eingewandert sind. Weiter unten im gleichen Artikel werden aber Zahlen von Millionen von Einwanderern genannt, so dass diese Aussage als Teil der „Redaktion“ durch übergeordnete Redakteure in der NYT angesehen werden kann (typisch: man hat in der Eile vergessen, die Millionen-Zahlen weiter unten im Artikel zu streichen).

Die Gründe für die Einwanderung haben nur selten und eher indirekt mit dem angeblichen Sozialismus Venezuelas zu tun, sie sind meist ganz handfester Art:

In vielen anderen Ländern bleibt den Armen nur die Wahl von Vegetieren auf niedrigster Stufe oder das Schicksal in die Hand nehmen und ein Land zu gehen, wo einem arbeitsamen Menschen eine Chance zum Überleben auf halbwegs erträglichem Niveau gegeben wird.

So ist es denn auch charakteristisch, wenn der Artikel von Immigranten aus dem Libanon, aus Haiti, aus Kolumbien, aus Indien, aus China, Syrien und Jordanien spricht.

Allein 4 Millionen Menschen kamen aus Kolumbien, was die NYT sehr verwundert, denn sie berichtet doch andauernd, wie schlecht es in Venezuela läuft, während Kolumbien, der wichtigste militärische Außenposten der USA in Südamerika, als demokratisches Land dargestellt wird, das bedeutende Fortschritte im Kampf gegen den Rauschgiftschmuggel gemacht habe.

Nun, die Abstimmung mit den Füssen spricht eine andere Sprache.

Chávez

Die zweitgrößte Gruppe von Immigranten sollen nach diesen Angaben etwa 50.000 Chinesen sein.

Wenn die NYT da von einem schrumpfenden Brutto-Inlands-Produkt (BIP) redet, so ist das auf die Verringerung von Finanz-Anlage-Werten zurückzuführen, die von den Berechnern des BIP wie ein wirklicher Wert eingerechnet werden – so weist die USA z.B. trotz ständig steigender Arbeitslosigkeit und stagnierendem Konsum ein steigendes BIP aus, weil neue Finanz-Werte geschaffen werden, die aber keinen Gegenpart in der wirklichen Ökonomie des Landes haben.

Da widerspricht sich der Artikel wiederum, wenn er einerseits eine schrumpfende Wirtschaft suggeriert und andererseits die Aussagen von Immigranten wiedergibt:

Ein Libanese: “Hier liegt das Geld auf der Straße, ob der Ölpreis nun 8 oder 80 Dollar beträgt.“

Ein anderer Libanese: „Ich hätte nach Europa, zum Beispiel nach Deutschland gehen können, aber hier konnte ich mein eigenes Geschäft aufmachen.“

Ein Haitianer: „Hier kann man mit ein bisschen Würde leben ...“

Ein Kolumbianer: „Es gibt Arbeit in Venezuela für jemanden, der arbeiten will (...) es ist nicht ideal hier, aber besser als das, was ich hinter mir gelassen habe.“

Ein Inder: „Es gibt hier jeden Tag sowohl Gefahren als auch Freude – und in dieser Mischung steckt Geld.“


Veröffentlicht am 10. November 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 15. Juli 2010

Die Karten werden neu verteilt in Südamerika

“Die Macht kommt aus dem Lauf der Gewehre”

Von Karl Weiss

Die absolute und überragende militärische Dominanz, welche die USA über ihre Vasallen Kolumbien und Peru in Südamerika haben, beginnt erste Gegengewichte zu bekommen. In Venezuela wurden soeben die ersten Sturmgewehre Kalaschnikow in der noch im Bau befindlichen von Russland gelieferten Fabrik hergestellt. In dem Masse, wie diese Fabrik Gewehre herstellt, wird ein Gegengewicht zur tödlichen Übermacht Kolumbiens gegenüber allen anderen südamerikanischen Ländern geschaffen.

Zwar ist und bleibt Kolumbien, von den USA mit allem ausgerüstet, was modern ist in der Waffentechnik, etwa 10 mal stärker als alle anderen Armeen Südamerikas zusammen, zwar haben die USA fünf (nach anderen Angaben sieben) militärische Stützpunkte in Kolumbien, die bis an die Zähne bewaffnet sind, aber die Zerstörungskraft allein ist es eben nicht, die im Ernstfall entscheidet, wie die USA schon im Vietnamkrieg erfahren mussten und nun erneut in Afghanistan erfahren.

Die Tatsache, dass die riesigen Bomben und Raketen (und jetzt auch Drohnen) überall einschlagen und vor allem Zivilisten töten und verstümmeln, trägt eben nichts dazu bei, einen Konflikt für sich zu entscheiden – im Gegenteil. Diese Ereignisse bringen die Bevölkerung gegen jene Kriegspartei auf und eint die Bevölkerung um jene, die dagegen kämpfen.

Niemand kann einen Krieg gegen das Volk gewinnen. Man könnte zwar das ganze Volk ausrotten, aber niemals gewinnen. Das ist die Lehre des Vietnamkriegs.

Natürlich muss in einem Krieg, will man sich nicht willenlos der USA unterordnen, auch ein Gegengewicht geschaffen werden. Nur sieht das ja nicht genauso aus wie die Angriffsmaschinerie. Man greift ja nicht ein anderes Land an, sondern verteidigt sein eigenes. Zum Verteidigen braucht man aber eben Gewehre. Gewehre in der Hand des Volkes, möglichst eines für jeden Einzelnen, sind die Gegengewichte in einer Auseinandersetzung hochgerüstete Modern-Luftwaffen- und Bomben-Armee gegen das Volk.

Natürlich gibt es da noch anderes, aber das Entscheidende sind die Gewehre. Mao Tse Tung sagt: „Die Macht kommt aus dem Lauf der Gewehre“. Und der muss es wissen. Der hat von 1927 bis 1948 einen Krieg mit dem Volk gegen das korrupte und dekadente Zentralregime Chinas geführt und am Ende gewonnen.

Deshalb wird in dem Masse, wie die Kalaschnikow-Fabrik in Venezuela Gewehre ausspuckt (eine Fabrik für Munition ist auch im Bau), die Chance, mit schnellen Schlägen von Kolumbien aus innerhalb von Tagen ganz Südamerika wieder unter die Fuchtel der US-Regierung zu bekommen, immer geringer. Man müsste sich auf einen jahrelangen Krieg vom Typ Vietnam einstellen.

Da die USA im Moment auch vollbeschäftigt sind – und auch noch einen Krieg gegen das Iranische Regime und Volk planen – wird man auch nicht so schnell zuschlagen können, dass die Gewehre noch keine Rolle spielen.

Armes Amerika – was wird man nun machen?


Veröffentlicht am 15. Juli 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 21. Mai 2010

Diktatur oder Demokratie – was solls?

Europa sieht Lateinamerika weiterhin als Spielball an

Von Karl Weiss

„Na, so eine kleine Diktatur, das ist doch nichts Neues in Lateinamerika, nicht wahr?“ Das scheint die Haltung der Politiker in Europa zu sein, die andererseits aber gerne Freihandelsabkommen mit den Märkten Lateinamerikas abschliessen würden. Nur haben die meisten Länder Lateinamerikas in den letzten Jahren ihr Haupt erhoben. Treues Erfüllen der imperialistischen Forderungen ist nicht mehr angesagt. Doch Europa macht weiter wie gehabt. Also wird sich Lateinamerika wohl andere Handelspartner suchen, Westerwelle sei Dank.

Westerwelle

In Honduras wurde Ende Juni letzten Jahres mit einem Militärputsch die gewählte Regierung gestürzt und mit einer Scheinwahl, in der es keine Kandidaten der anderen Richtung gab, eine Scheindemokratie eingeführt. Die Länder Lateinamerikas haben hierauf fast einstimmig extrem negativ reagiert.

Besonders ist ihnen aufgestossen, dass Gelder und Einfluss aus Europa an diesem Putsch beteiligt waren. Vor allem die Rolle der FDP-eigenen Friedrich-Naumann-Stiftung ist da im Gespräch.

Westerwelle hätte diesem Spuk der Unterstützung von Militärputschs und offenes Auftreten gegen die Demokratie mit einem Wort ein Ende machen können, doch er hat das nicht getan. Frau Merkel hätte das von ihm einfordern können, als die Regierungkoalition gegründet wurde, aber auch das geschah nicht.

Pfau

Das ist für uns hier in Deutschland sehr aufschlussreich. Die Merkels und Weterwelles sind keine Demokraten. Sie halten nur einen demokratischen Aussenanstrich für opportun. Im Kern wollen sie eine Diktatur, die mit den lästigen Wahlen und Volksabstimmungen ein für alle mal Schluss macht.

Die EU will nun mit den lateinamerikanischen Staaten sprechen, um ein Freihandelsabkommen mit ihnen zu schliessen. Das bezieht sich einerseits auf den Mercosul, der Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguey umfasst (Venezuela und Bolivien sind im Prozess der Aufnahme, Chile ist assoziiert) und andererseits mit der mittelamerikanischen Freihandelszone, die fast alle der kleinen Länder Mittelamerikas umfasst. Dazu kommen vorgesehene Freihandelsverträge mit anderen Staaten Lateinamerikas.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Es ist ein Treffen von Staatschefs in Madrid angesetzt, das allerdings nun gefährdet ist. Der spanische Ministerpräsident Zapateiro hat den in einer Diktatur-Wahl gewählten Präsidenten Lobo von Honduras ebenfalls eingeladen. Die meisten Länder Lateinamerikas haben daraufhin erklärt, sie würden nicht an einer Konferenz zusammen mit ihm teilnehmen.

Es wird nun versucht, Lobo an einem „Katzentisch“ teilnehmen zu lassen und am Ende doch das Dokument mit zu unterzeichnen. Voraussichtlich wird ein umfassendes Abkommen nicht zustande kommen, da Europa auch weiterhin auf seinen Agrarsubventionen besteht.

Es ist doch immerhin erwähnenswert, dass die europäische Politik lieber den ökonomischen Vorteil einer Freihandelszone mit Lateinamerika den Bach hinunter gehen lässt als von ihren Prinzipien abzurücken: Eine Diktatur, errichtet in der „dritten Welt“ mit Hilfe Europas, ist immer anzuerkennen und wenn man dazu mit dem Teufel paktieren müsste.

So ist es um die europäische "Demokratie" bestellt.

Originalveröffentlichung

Freitag, 6. November 2009

Lateinamerika: Neuer Militärputsch vereitelt?

Paraguay: Präsident entlässt die drei Chefs der Waffengattungen

Von Karl Weiss

Am 5. November 2009 hat der vor einem Jahr gewählte Präsident von Paraguay, Lugo, die Kommandeure aller drei Waffengattungen seines Landes entlassen. Es muss davon ausgegangen werden, dass Lugo ein Komplott zu einem Staatsstreich aufgedeckt hat, in das die drei Generäle (Admiräle) verwickelt waren oder das sie bewusst geduldet haben.

Lugo ist einer der letzhin gewählten linken Präsidenten in Lateinamerika und wird in der Regel mit Hugo Chávez (Venezuela), Evo Morales (Bolivien), Correa (Ekuador), Zelaya (Honduras, gegen den bereits ein Staatsstreich durchgeführt wurde) und Ortega (Nicaragua) in Zusammenhang gebracht.

Evo Morales

Die ersten Hinweise auf einen möglicherweise drohenden Putsch in Paraguay tauchten vor zwei Tagen auf, als der Vize-Präsident der venezuelanischen Gruppe im Lateinamerikanischen Parlament (kein richtiges Parlament, eher eine Vereinigung für Meinungsaustausch), Wimmer, davon sprach, rechtsextreme Kräfte und US-Agenten könnten in dem Staat im Zentrum Südamerikas einen Putsch planen.

Der Präsident Lugo selbst hatte noch einen Tag vor den Entlassungen jegliche Möglichkeit eines Putsches verneint. Auch die Sprecherin der US-Botschaft, Ayalde, dementierte Putsch-Pläne. Allerdings machte sie in ihrem Dementi im Überschwang einen Fehler, der auffiel. Sie sagte, sie kenne keine Pläne für einen Putsch und verneine auch Putschpläne. Wie kann sie sie verneinen, was sie nicht kennt?

Chávez

In Paraguay sind praktisch alle Medien in den Händen der lokalen Oligarchie, wie auch in allen anderen lateinamerikanischen Ländern. Diese Oligarchie herrschte in allen diesen Ländern unangefochten und war repräsentiert durch eine Partei oder zwei Parteien, die eine Alleinherrschaft ausübten oder sich in der Herrschaft ablösten. Die Bevölkerung wurde mit allen Mitteln arm und unwissend gehalten und die Oligarchie kungelte mit dem US-Imperialismus und öffnete ihm das Land zur Ausbeutung. Im Gegenzug gab die jeweilige US-Regierung der lokalen Oligarchie die Möglichkeit, unvorstellbare Reichtümer anzuhäufen.

All dies funktioniert jetzt nicht mehr so, wie es Oligarchien und US-Regierung gerne hätten. In Lateinamerika gibt es eine revolutionäre Unrast und in insgesamt 15 Ländern (nur gezählt Länder mit einiger Bedeutung) sind heute linke oder gemäßigt linke Regierungen an der Macht. Die Parteien der Oligarchie wurden in all diesen Ländern abgewählt.

Doch die Medien sind weiterhin fest in der Hand der Oligarchien, so auch in Paraguay. Eine Zeitung dort versuchte eines der typischen Manöver, wie sie vor Putschversuchen schon öfters beobachtet wurden. Um die Spuren möglichst zu verwischen, behauptete die Zeitung, der venezuelanische Präsident Chávez habe zu einem Putsch gegen Lugo aufgerufen. Diese Meldung wurde ausführlich im Parlament diskutiert, so als ob das irgendeine reale Basis haben könnte. Im Parlament hat Lugo keine Mehrheit.

Nun, Lugo kannte wohl seine Pappenheimer und hat anscheinend gehandelt, bevor es für ihn gefährlich werden konnte.

Bolivien: Bewaffnete Mitglieder von Rechts-Milizen
Bolivien: Bewaffnete Mitglider von Rechts-Milizen beim Putschversuch im letzten Jahr

Nun stellen sich aber wichtige Fragen: Während der Regierung Bush haben sich die USA anscheinend nicht um Lateinamerika gekümmert und die Entwicklung verschlafen. Nun aber, seit Obama ans Ruder kam, bereits ein Putsch (Honduras) und ein Putschversuch (Paraguay). Will der neue Präsident die alte Praxis wieder aufnehmen, für Putsche bzw. Putschversuche sorgen, wenn ihm in einem Land Lateinamerikas irgendetwas nicht passt?

Obama wird natürlich wieder dementieren, aber diesmal werden die diesbezüglichen Fragen nicht so schnell verstummen.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen
Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen

Niemand wagt in Lateinamerika einen Rechts-Putsch, wenn er sich nicht vorher mit den USA abgestimmt hat!

Wie es in Lateinamerika nach einem von den USA inspirierten Rechts-Putsch aussieht, berichtet dieser Artikel über Folter:

„Warum wird gefoltert?“. Hier ein Auszug:

„In Chile wurden meist ganze Familien von bekannten Oppositionellen aus den Häusern geholt und in die Folterhöhlen gebracht. Dort wurde dann nicht nur jeweils vor den Augen der anderen Familienmitglieder gefoltert, sondern auch systematisch Sex zwischen den Familienmitgliedern erzwungen, um sie zu demütigen. Der Vater musste es mit seiner Tochter treiben, wenn nicht, wurde die Tochter vor seinen Augen mit Stromstössen in der Vagina gefoltert, die Mutter mit dem Sohn, Geschwister miteinander usw.

Auch die homosexuelle Variante wurde oft erzwungen. Der Vater musste den Sohn von hinten nehmen oder vice versa, die Mutter mit der Tochter den berühmten Oralsex 69 machen.

Die Frau und Tochter eines der bekanntesten Linken in Chile wurden vor seinen Augen zu dieser Form von Sex gezwungen. Dabei war auch er angebunden beim Zusehen. Seine Tochter musste vorher mit dem Mund seinen Penis stimulieren und man machte Fotos von ihm mit Erektion angesichts des Oralsexes von Frau und Tochter. Ebenso hatte man Fotos gemacht, als seine Tochter ihm 'einen blasen' musste. Diese Fotos wurden später vielen Menschen zugänglich gemacht, um ihn allgemein zu desavouieren.

Einem anderen bekannten Politiker, der mit Allende verbunden war, wurde Ähnliches angetan. Man machte einen 16mm-Film von fast 10 Minuten, wie er und sein minderjährigen Sohn sich gegenseitig den Penis mit Lutschen zur Erektion brachten und wie er dann seinen Sohn von hinten nahm, während der sich bis zum Orgasmus masturbierte. Dieser Film wurde ebenfalls während der Herrschaft Pinochets und auch noch danach herumgezeigt, um den Politiker zum Objekt allgemeinen Abscheus zu machen.

Eine besondere Erniedrigung wurde durch das Zwingen zu Sex mit Hunden erreicht. Man hatte man speziell dafür dressierte Schäferhunde, die angebundene und gefesselte nackte Frauen penetrierten. Auf einer Foto-Reihe wird gezeigt, wie drei Frauen mit dem Bauch nach unten liegend jeweils auf einem Stuhl angebunden waren und von zwei Schäferhunden wieder und wieder 'bestiegen' wurden.“

Siehe zur politischen Situation in Lateinamerika auch diesen Artikel: "Fünf neue Stützpunkte für die USA in Kolumbien"


Veröffentlicht am 6. November 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 28. September 2009

Eine belagerte Botschaft

Die Honduranischen Putschisten zeigen jetzt ihre faschistische Fratze

Von Karl Weiss

Die brasilianische Botschaft in Honduras, in die sich der gewaltsam aus dem Land geschaffte gewählte Präsident Zelaya geflüchtet hat, nachdem er heimlich in sein Land zurückgekehrt war, wird vom Putsch-Regime belagert. Niemand und nichts kommt hinein oder heraus. Strom, Telefon und Wasser waren gekappt. Der Faschismus Lateinamerikas zeigt seine Fratze.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Zusammen mit Zelaya sind etwa 60 seiner Anhänger mit in die Brasilianische Botschaft in Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras gekommen. Anfang vergangener Woche wurde der gewählte Präsident Zelaya in einer abenteuerlichen Reise heimlich wieder in sein Land eingeschleust und bat um Asyl in der brasilianischen Botschaft, das ihm ohne Zögern gewährt wurde. Er war am 28. Juni 2009 von Militärs gefangen genommen und außer Landes gebracht worden.

Nach Angaben von Anhängern Zelayas wurden seit dem Putsch bereits mindestens 15 Menschen getötet und zig verletzt, fast immer im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Putschisten. Aber auch die "Exterminations-Kommandos", eine gut bekannte Spezialität der Faschisten in Lateinamerika, sind bereits wieder aktiv geworden. So wurde u.a. am Samstag, den 26. September, ein Parlaments-Kandidat für die im November anstehenden Wahlen ermordet. Es tauchte ein Motorrad mit zwei Vermummten auf und der Beifahrer erschoss den Kandidaten der "Sozialdemokratischen Partei" mit einer Maschinenpistole, wie sie von der Honduranischen Polizei verwendet werden. Das ist das typische Vorgehen der "Exterminations-Kommandos" in Lateinamerika.

Am 26.9. wurde auch der Sonderbotschafter Brasiliens, Catunda, der den Rang eines Vize-Ministers hat und nach dem Putsch in die Botschaft geschickt wurde, abgelöst. Nach tagelangen Verhandlungen ließen die Putschisten ihn schließlich aus der Botschaft und ließen den neuen Amtsträger hinein. Es handelt sich um den Beauftragten Brasiliens bei der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) in Washington, De Paula.

Zentral Amerika

Catunda gab Brasilianischen Journalisten Auskunft, die am Sperr-Ring um die Botschaft auf ihn gewartet hatten, weil sie nicht in die Botschaft gelassen werden. Er bestätigte, dass am Tag nach der Ankunft Zelayas und seiner Anhänger Granaten mit "einer Art von Tränengas" von den Militärs, welche die Botschaft belagern, in das Gebäude geschossen worden waren. Eine Anzahl von Personen, darunter auch einer der brasilianischen Angestellten, hätten ärztlich behandelt werden müssen. Offensichtlich handelt es sich um das unter dem Verbot chemischer Waffen stehende Gas CS, welches das US-Militär allen seinen Verbündeten zur Verfügung gestellt hat. Der Bürgerjournalist hat schon persönlich mit diesem heimtückischen Gas Bekanntschaft gemacht.

An jenem Tag waren auch Telefon, Strom und Wasser der Botschaft gekappt worden. Daraufhin hatte der Brasilianische Präsident Lula eine Sondersitzung des Sicherheitsrats der UN beantragt (es waren ja sowieso alle gerade in New York). Die Honduranischen Putschisten wurden dort der Verletzung der diplomatischen Rechte der Botschaft angeklagt, die im sogenannten Wiener Abkommen festgehalten sind. Der Sicherheitsrat nahm eine Resolution an, die das Putschregime ultimativ aufforderte, die Versorgung der Botschaft wieder herzustellen. Allerdings wurden keine Folgerungen angedroht, wenn man dem nicht nachkäme, wie es bei Diplomaten beim ersten Ultimatum üblich ist. Die Putschisten wollten dann offenbar doch nicht das zweite Ultimatum abwarten, das mit der Androhung von Sanktionen beschwert gewesen wäre und stellten die Versorgung der Botschaft wieder her.

Die Botschaft ist aber weiterhin umstellt und niemand kann hinein oder heraus. Die häufigen Demonstrationen vor der Botschaft werden mit Tränengas und Knüppeln zerstreut. Am 26. 9. gab es wieder größere Demonstrationen im ganzen Land aus Anlass des 90. Tages seit dem Putsch. Tausende waren auf den Straßen.

Die Antwort der Militärs war eine erneute Ausgangssperre. Seit Samstagabend 18 Uhr gilt eine totale Ausgangssperre bis morgens um 6, jeden Tag.

Das Mittel eines Sperr-Rings um Botschaften ist ebenfalls eine bekannte faschistische Methode. Das Hitlerregime zum Beispiel verwendete dieses Mittel im 2. Weltkrieg, um zu verhindern, dass sich Juden und andere Verfolgte in Botschaften flüchten konnten.

Die Putschisten in Honduras hatten sich ihre Machtübernahme wohl etwas anders vorgestellt. Es ist Tradition in Lateinamerika seit über 100 Jahren, dass Militärputsche mehr oder weniger achselzuckend hingenommen werden, sowohl von den anderen Ländern Lateinamerikas als auch von den anderen Ländern auf der Welt. Doch diesmal ist es anders. Sowohl die OAS als auch die USA und die EU haben den Putsch nicht nur in Worten verurteilt, sondern erkennen auch die diplomatischen Vertreter der Putschisten nicht an. Auch einen Sicherheitsratsbeschluss gegen einen Putsch in Lateinamerika hat es vorher noch nie gegeben. Obwohl nun über drei Monate vergangen sind, ist bisher noch niemand zur Tagesordnung übergegangen.

Im Gegenteil, nach intensivem Druck der lateinamerikanischen Regierungen hat der IWF die Auszahlung einer Unterstützung von mehren hundert Millionen Dollar an Honduras gestoppt und selbst die USA haben eine Militärhilfe vorerst eingefroren.

Kein einziger anderer Staat hat direkten Kontakt mit den Putschisten. Leider ist die deutsche FDP da eine beklagenswerte Ausnahme. Sie hat über ihre Friedrich-Naumann-Stiftung direkt an der Vorbereitung und Durchführung des Putsches teilgenommen und trommelt bis heute für die Putschisten. Eine Mahnung für alle, die noch an die Demokratietreue der kapitalistischen System-Parteien geglaubt hatten.

Bemerkenswert, dass auch die rechten lateinamerikanischen Regierungen, also vor allem Mexiko, Kolumbien und Peru, es nicht wagen konnten, die Militärjunta anzuerkennen. Hätten sie dies getan, wären sie als kleine Minderheit einer großen Mehrheit der lateinamerikanischen Regierungen gegenübergestanden, eine Spaltung, die sie nicht riskieren wollten.

Siehe zur politischen Situation in Lateinamerika auch diesen Artikel: "Fünf neue Stützpunkte für die USA in Kolumbien"

Unterdessen hat das Gipfeltreffen Lateinamerika-Afrika, das am Wochenende auf der Venezuelanischen Insel Margarita, einem der wichtigsten Zentren des Tourismus in Südamerika, stattfand, eine Resolution angenommen, die den Putsch verurteilt und die Wiedereinsetzung Zelayas fordert.

Der brasilianische Präsident Lula las die Resolution und sie wurde einstimmig angenommen. Lula sagte u.a. : “Wir haben zu sehr gekämpft, um die Militärdiktaturen in den Mülleimer der Geschichte zu befördern, als dass wir jetzt ihre Rückkehr auf diesem Kontinent zulassen könnten.“

Lula selbst war Gewerkschaftsführer zu Zeiten der Brasilianischen Militärdiktatur, führte Streiks an und wurde auch eingesperrt. Man wagte allerdings nicht, ihn zu foltern, wie fast alle anderen Gefangenen, weil Lula bereits damals eine bekannte Persönlichkeit war und Verbindungen ins Ausland hatte.

Auch bei den Hunderten von Anhängern Zelayas, die bereits in Honduranischen Gefängnissen sitzen, muss Folter befürchtet werden.


Veröffentlicht am 28. September 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 22. September 2009

Fünf neue Stützpunkte für die USA in Kolumbien

Grundlegende Veränderungen in Lateinamerika

Von Karl Weiss

Brasiliens Präsident Lula hat US-Präsident Obama eingeladen, zum nächsten Treffen der Gemeinschaft südamerikanischer Staaten zu erscheinen und die fünf neuen Militärbasen in Kolumbien zu erklären. Auch Venezuelas Präsident Chávez schloss sich nun diesem Wunsch an. Was ist los in Lateinamerika? Warum wollen die USA fünf neue Militärbasen dort?

Chávez und Lula

Praktisch im Geheimen verändert sich die internationale politische Situation in hoher Geschwindigkeit, während unsere Medien immer noch das Spiel „business as usual“ spielen. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass die USA ihre Rolle als alleinige Supermacht im Grunde bereits verspielt haben, wenn sie auch natürlich diese Privilegien nicht kampflos abgeben werden. Aber davon soll heute nicht die Rede sein (der Artikel hierzu ist dieser: „Der Fall der Supermacht USA“).

Ebenso „vergessen“ die Medien der „westlichen Welt“ zu erwähnen, dass China mit hoher Wahrscheinlichkeit die USA bereits in der Wirtschaftsleistung überholt hat, wenn dies auch zunächst noch nicht die faktische Übernahme des 1. Platzes weltweit durch China bedeutet. Zum Vergleich der Bruttosozialprodukte hier: „Bruttosozialprodukte: Vergleich 2006“).

Auch der neue Popanz der „westlichen Welt“, der islamistische Terrorismus, den man aufgebaut hatte, als das Feindbild Sowjetunion nicht mehr funktionierte, weil jene zusammengebrochen war, verliert mehr und mehr an Überzeugungskraft. Die Zahl der Personen in der „westlichen Welt“, die sich ernsthaft vom islamistischen Terrorismus bedroht fühlen, ist mächtig im Fallen. Der dazu fällige Artikel wird noch geliefert, versprochen!

Heute soll vielmehr von einem Phänomen die Rede sein, das in der „westlichen Welt“ als völlig untergeordnet angesehen wird: In Lateinamerika greift eine revolutionäre Unrast um sich und das ist auf die Dauer eine wirkliche Herausforderung für den Imperialismus und wird daher von ihm bekämpft werden.

Das erste größere Anzeichen dieser revolutionären Unrast war der „Argentinazzo“ im Dezember 2001 in Argentinien, als die dortige Währung zusammenbrach und alle Versprechungen der Regierung sich als Luftblasen herausstellten, was die Argentinier auf die Strasse brachte. Der damalige Präsident musste zurücktreten und war gezwungen, aus einem Hinterausgang seines Palastes zu schlüpfen, um zum Flugzeug ins Ausland zu kommen, denn er wollte nicht in die Hände der protestierenden Massen fallen. Ein erster Vorgeschmack, was im Verlauf des revolutionären Prozesses noch vielen Präsidenten, Ministerpräsidenten und Kanzlern passieren wird.

Im weiteren Verlauf wurden in ganz Lateinamerika nicht weniger als 15 Regierungen von alteingesessenen Machthabern zu neu Aufgestiegenen verändert (dabei sind die Veränderungen in Winz-Staaten und kleinen Inseln der Karibik nicht mitgerechnet). Linke Regierungen etablierten sich (alle durch Wahl, keine einzige durch Putsch) in Venezuela, Bolivien, Ekuador, Nicaragua und Honduras (die letztere bereits durch einen Militärputsch von US-Gnaden gestürzt), wobei vorher ja schon eine in Kuba bestand. Gemäßigt linke Regierungen (am besten als Sozialdemokraten zu bezeichnen) installierten sich in Brasilien, Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay und einer Anzahl karibischer Inselstaaten (auch diese alle durch Wahlen, keines durch Putsch).

In allen diesen Ländern, die 85% der Bevölkerung Südamerikas umfassen und 60% der Bevölkerung ganz Lateinamerikas, wurden die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten regierende Partei oder die zwei abwechselnd seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten regierenden Parteien in Wahlen abgewählt und neue Parteien gewählt, die zum Teil erst kurz zuvor entstanden waren.

Von den bedeutenden Ländern Lateinamerikas habe heute nur noch Mexiko, Kolumbien und Peru Rechts-Regierungen (also solche, die in völliger Unterwerfung unter die Interessen der Vereinigten Staaten leben), wobei dies im Falle Mexiko nur durch massive Fälschungen bei den letzten allgemeinen Wahlen erreicht werden konnte. Wäre in Mexiko alles mit rechten Dingen zugegangen, lebten heute 85% der Bevölkerung Lateinamerikas in Ländern mit linker oder gemäßigt linker Regierung, oder mit anderen Worten von Regierenden, die vorher nie auch nur träumen konnten, an die Macht zu kommen. Es handelt sich also um grundlegende Umwälzungen politischer Art in Lateinamerika nach weniger als 8 Jahren seit dem ersten sichtbaren Ausdruck in Argentinien.

Eine so schnelle politische Bewegung nach Links eines ganzen Sub-Kontinents ist extrem selten in der Geschichte der Menschheit und wird sicherlich der Vorläufer weit offenerer Auseinandersetzungen auf dem Sub-Kontinent sein als es sie in den letzten 190 Jahren gab. (Vor etwa 190 Jahren wurden die meisten lateinamerikanischen Länder unabhängig von den Kolonialmächten Spanien bzw. Portugal.)

All dies wird uns von dem angeblichen „Qualitätsjournalismus“ der etablierten Zeitungen und des Fernsehens vorenthalten bzw. lächerlich gemacht. Was wir hier in den Zeitungen und Magazinen zu lesen bekommen bzw. was uns am Fernsehen serviert wird, sind Karikaturen bzw. willkürlich aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, die dazu geeignet sind, die Präsidenten jener Länder als lächerliche Figuren darzustellen.

So wie grundsätzlich die Berichterstattung über Entwicklungsländer mit einem Ton der Arroganz belegt ist, den man besonders deutlich spürt, wenn man, wie der Bürger-Journalist, in einem solchen Land lebt, so wird in Wirklichkeit nichts Reales über die Veränderungen berichtet, die ein Hugo Chávez in Venezuela zustande gebracht hat oder ein Evo Morales in Bolivien. Stattdessen bringt man bestimmte Zitate dieser Präsidenten, die geeignet sind, sie als lächerlich dastehen zu lassen für jemanden, der die wirklichen Verhältnisse in diesen Ländern nicht kennt – noch die Art und Weise, wie man sich hier auszudrücken pflegt.

Chávez

Natürlich ist Hugo Chávez eine rustikale Persönlichkeit, der die einfache und herbe Sprache des einfachen Volkes mit der noch herberen des Militärs verbindet und dann wirklich Anlass gibt, auf dem diplomatischen Parkett auszurutschen. Aber das sagt nichts über seine Politik, wenn diese auch keineswegs unproblematisch ist. Nur wird er hier exakt aus der falschen Richtung kritisiert. Er soll ein „Sozialist“ sein, nur hat die neue Richtung in Venezuela noch nichts mit Sozialismus zu tun, wenn sie auch versucht, einen weit sozialeren Kapitalismus zu praktizieren.

Dagegen versuchen die Medien zu suggerieren, es handele sich bei diesen Präsidenten (hier werden speziell Hugo Chávez, Evo Morales und der ekuadorianische Präsident Correa ins Visier genommen) um Diktatoren, die Freiheitsrechte einschränken würden. Was sie tatsächlich einschränken, ist das Recht für die lokale Oligarchie, das Land nach Belieben zu regieren und auszubeuten und das Recht für die USA, sich des Landes in jeder Weise für die eigenen Interessen zu bedienen.

Evo Morales

In Wirklichkeit ist in den Zentren des Imperialismus längst klar: Hier tut sich eine extrem gefährliche Entwicklung für ihn auf, denn es handelt sich um eine revolutionäre Gärung und Revolution bedeutet nicht mehr und nicht weniger als das Ende des Kapitalismus und damit des Imperialismus. Die entsprechenden Köpfe hinter den Regierungen der imperialistischen Länder haben das längst analysiert. Auch wenn es noch keine Revolution in einem lateinamerikanischen Land gegeben hat (die kubanische wurde ja längst zum Kapitalismus zurückgedreht) und auch noch keinen wirklich ernsthaften und organisierten Versuch dazu, so sind diese Entwicklungen selbst offensichtlich nicht unbemerkt geblieben und haben bereits Pläne dagegen in Gang gebracht.

Der Imperialismus tut, was er immer tut, wenn er sich gefährdet sieht: Er bringt die pure und brutale militärische Gewalt ins Spiel. Wie schon in diesem Artikel veröffentlicht („Krieg Kolumbien gegen Venezuela?“), ist der hinterhältige Plan des Imperialismus, einen lokalen Krieg vom Zaum zu brechen, der zunächst eine Auseinandersetzung zwischen Kolumbien und Venezuela bringt und dann nach Bedarf ausgeweitet werden kann. Ein brasilianischer Senator hat diese Pläne in einem unbedachten Moment bekannt gemacht.

Bereits heute ist Kolumbien das bei weitem am meisten hochgerüstete Land Lateinamerikas. Unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenschmuggels haben die USA und Kolumbien gemeinsam in dieser Region eine konventionelle Kampfkraft installiert, die ihresgleichen sucht. Kolumbien ist mit modernsten Super-Jets der USA ausgerüstet, mit Cluster-Bomben, mit Uranmunition und was heute nicht alles die Bewaffnung modernst ausgerüsteter Armeen ausmacht. Es fehlt nur noch, dass man Kolumbien, wie Israel, auch die Atomgeheimnisse gibt, um Atombomben zu bauen.

Zwar hat unter den lateinamerikanischen Ländern auch Mexiko eine relativ entwickelte militärische Ausrüstung, aber bezogen auf die Bevölkerung im Vergleich zu Kolumbien ist das bestenfalls ein Lüftchen im Vergleich zu einem Hurrikan.

Interessant ist es aber, die Wirklichkeit zu sehen: Der Drogenhandel – hauptsächlich mit Kokain und dem daraus hergestellten Crack – ist seit den „verstärkten Anstrengungen“ der USA dagegen in dieser Region extrem angestiegen. Die Märkte in Europa und den USA sind heute überfüllt mit Kokain und Crack und Ausdruck des Überangebots sind die stark fallenden Preise. Kenner der Szene dort sagen übereinstimmend aus, die USA selbst habe über Agenten (wahrscheinlich des CIA) einen wesentlichen Teils dieses Handels übernommen. Da stimmt mit den Ergebnissen der Recherchen des Investigations-Journalisten Webb überein, der in einem Buch nachwies, der CIA selbst ist in den Drogenhandel verwickelt und der möglicherweise dafür sterben musste ("Garry Webb ist tot – Er hat den Zusammenhang der CIA mit dem Drogenhandel bewiesen“).

Pac Tec Flugzeug

Coca-Flieger
Dies sind zwei CIA-Flugzeuge, in denen grosse Mengen von Rauschgift gefunden wurden

Nun bringen die westlichen Medien andauernd neue Meldungen über Rüstungsanstrengungen Venezuelas und versuchen dies so darzustellen, als ob Venezuela eine Gefährdung für andere Länder der Region darstellen würde. Traditionell ist die Bewaffnung lateinamerikanischer Staaten gerade einmal dazu ausreichend – so wie auch in anderen Entwicklungsländern – um Militärputsche durchzuführen und um die Opposition zu unterdrücken, wenn man eine Militärdiktatur errichtet hat. Das letzte Mal, dass wirklich ernst zu nehmende Kriege in dieser Region stattfanden, liegt ein Jahrhundert zurück.

Hugo Chávez ist Militär und ist sich nur zu bewusst, wie verwundbar Venezuela im militärischen Sinne ist. Speziell, wenn man es mit einem hochgerüsteten Nachbarn vom Typ Kolumbien zu tun hat. So hat er einen Teil seiner Erdöleinnahmen dazu verwendet, militärisches Gerät zu modernisieren. Da die USA ihm keine Ersatzteile mehr für die wenigen Kampfjets zur Verfügung stellte, war er gezwungen, russische Militär-Jets zu kaufen. Und er weiß, was eine entschlossene Bevölkerung ausrichteten kann, wenn ein Land militärisch überfallen wird, wenn man ihr nur Gewehre in die Hand gibt. So entschloss er sich, russische Kalaschnikow-Gewehre zu kaufen und hat auch eine Gewehrfabrik in Russland in Auftrag gegeben.

Trotzdem ist klar, niemand in ganz Lateinamerika könnte einem Überfall Kolumbiens etwas gleichwertiges entgegensetzen. Da ist es nur natürlich, dass die lateinamerikanischen Länder äußerst alarmiert waren, als Kolumbien und die USA bekanntgaben, man werde fünf Stützpunkte des kolumbianischen Militärs nun den USA zur Verfügung stellen.

Venezuela

Der Aufmerksamkeitsgrad Nr.1 der imperialistischen Länder, allen voran die USA, wird sich langsam vom Nahen und Mittleren Osten abwenden und auf Lateinamerika übertragen werden. Die Rolle Israels soll offenbar Kolumbien übernehmen. Der Gebrauch von islamistischen Extremisten als Ausrede zum Überfall auf andere Länder wird durch revolutionäre Gruppen in Lateinamerika ersetzt werden. Die absolut beherrschende Rolle in Bezug auf die Erdölvorkommen und –Förderung wird sich im gleichen Masse vom Nahen und Mittleren Osten verlagern in die Lateinamerikanische Region.

Das saudi-arabische Öl ist völlig sicher und zudem bereits auf dem absteigenden Ast. Der Irak als zweitgrößtes Förderland wird sich wohl nicht wieder erholen in den nächsten 50 Jahren (Hahahaha! Da haben wir ganze Arbeit geleistet!). Der Iran als weitere große Ölfördernation im Mittleren Osten ist zwar noch da, aber wartet mal ab, was davon noch übrig bleibt, wenn wir mit denen fertig sind! Afghanistan hatte sowieso nur die Bedeutung einer strategischen Position zwischen dieser Region und Indien, was auch weniger bedeutsam sein wird.

Welt-Ölreserven

Die größten noch nicht erschlossenen, aber nachgewiesenen Ölreserven auf der Erde hat heute Venezuela. Wenn alle berichteten Funde in Brasilien sich bewahrheiten, wird dort bald die zweite große Förderregion nach Venezuela stationiert sein. Auch in Mexiko gibt es interessante neue Ölquellen. Dazu kommt die revolutionäre Stimmung in den lateinamerikanischen Ländern.

Na, wo werden wir dann wohl unseren nächsten Schwerpunkt setzen? Und jetzt behaupte noch jemand, wir werden dort nicht fünf neue Stützpunkte brauchen.


Veröffentlicht am 22. September 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel (23.9.09)
Bei der Aufzählung der "linken" Regierungen wurde El Salvador vergessen. Hier ein Zitat zu diesem Land aus dem "Neuen Deutschland":

"Mauricio Funes, Kandidat der ehemaligen Guerilla FMLN, amtiert seit 100 Tagen in El Salvador."

"Laut einer Studie der Technischen Universität El Salvadors sind 83,8 Prozent zufrieden mit Funes' Amtsführung. Keiner seiner erzkonservativen Vorgänger konnte dies erreichen. Die Salvadoreños wollten und wollen den »cambio«, den Wandel. Und die Regierung hat erste Wahlversprechen wahr gemacht. Sie startete ein Programm zur Armutsbekämpfung, schaffte die Krankenhausgebühr ab und richtete ein »Komitee der sozialen Ökonomie« ein, in dem neben Unternehmern auch Vertreter der sozialen Bewegungen sitzen und die Regierung bei der Umsetzung ihrer Politik beraten. Funes hatte im Wahlkampf ein eindeutiges Bekenntnis zum Privateigentum abgelegt und sich ohne Umschweife als Sozialdemokrat bezeichnet. Bereits am Tag nach Manuel Zelayas Entführung drohte der Chef der rechtsgerichteten ARENA-Partei Funes am Telefon: Sollte er sich weiter vorwagen, drohe ihm das Gleiche."

Freitag, 24. Juli 2009

Die Putschisten in Honduras

Die Zeiten leichter Putsche in Lateinamerika sind vorbei

Von Karl Weiss

Dank der Übersetzung ins Englische durch Kristin Bricker, die in Mexiko lebt, haben wir Zugang zu einem Artikel erhalten, der in der Zeitung „El Libertador“, der wesentlichen nicht von den Herrschenden in Honduras kontrollierten, am 20. Juli 2009 erschienen ist. Er ist überschrieben: „Dies sind die Putsch-Anführer, über sie wird gerichtet werden!“ und enthält die Fotos und Namen von 48 Männern und Frauen, die als die Anführer des Putsches in Honduras vom 28. Juni 2009 identifiziert sind.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Wie aus dem Artikel hervorgeht, handelt es sich um in Honduras wohlbekannte Personen, alle aus der herrschenden Clique, die sich aus Grossgrundbesitzern, Industriellen (auch einem katholischen Kardinal) und deren Familen zusammensetzt (so wie auch in allen anderen Ländern Lateinamerikas). General Rómeo Vasquez ist als Anführer namhaft gemacht.

Im einzelnen seien folgende Sektoren dort vertreten: Nationale und internationele Bankiers, Mogule der Textil- und chemischen Industrie, Geschäftsleute aus dem Agrarbereich [Grossgrundbesitzer], Fernseh-Fürsten und „Technokraten“ [ein in Südamerika gebrauchtes Wort für Fachleute, die mit zur herrschenden Oligarchie gehören].

Chávez und Lula

In dem Artikel werden sie wie folgt charakterisiert: „Heutzutage werden sie als die Geschäftsleute der extremen Rechten angesehen, auch wenn sie in Wirklichkeit weniger ideologisch sind als korrupte Geschäftsleute, die reich geworden sind, weil sie bestimmen können, was im Land geschieht oder nicht. Sie sind die ewigen Gangster, die von „finanziellen Unterstützungen“ [des Staates] leben, sie sind es, die jene Konzessionen erhalten [zum Betreiben von Fernsehsendern und Spielcasinos, zur Ausbeutung von Mineralien oder Erdöl] und denen in der Grössenordnung von Millionen von Dollar Schulden vom Staat erlassen werden. Sie finanzieren und kontrollieren die [traditionellen] politischen Parteien und benutzen ihren Einfluss, um den National-Kongress [Parlament] und die Justiz zu beherrschen. Kurz gesagt, sie haben das Land in der Hand und erlauben keinem anderen Geschäftsmann, eine florierende Firma aufzubauen und sie drängen die Volksmassen ins Elend, denn für sie ist es völlig natürlich, dass diese unwissend und hungrig bleiben. Diese Unwissenden werden von ihnen über die Korporationen ihrer Medien manipuliert, so wie sie es nun mit diesem Putsch tun.“

Evo Morales

Der Artikel berichtet, diese Herrschenden von Honduras hätten die bereits früher als faschistisch bekannte Organisation APROH neu gegründet, die bereits in den Achtziger Jahren mit Ermordungen Opositioneller, von Gewerkschaftern und jedem, der ihnen im Weg war, bekannt geworden war. Die 48 Namen sind offenbar einer Liste der Mitglieder entnommen.

Dieses Schema, fast im gleichen Wortlaut, könnte man für jedes Land Lateinamerikas so beschreiben. Was noch nicht dazu gesagt ist: Diese Rechtsaussen-Herrschende-Oligarchie ist in all diesen Ländern engstens mit den USA verbunden, ja, man kann sagen, sie sind alle Oligarchien von US-Gnaden. Sie haben fast immer einen zweiten Wohnsitz in den USA, oft in Florida, bevorzugt aber in NewYork City. Der ehemalige Präsident Cardoso von Brasilien (1994 – 2002) lebt zum Beispiel 10 von 12 Monaten des Jahres in seinem Loft an der Fifth Street in New York.

Bolivien: Brandschatzung einer staatlichen Organisation
Hier seien noch einmal Bilder vom Putschversuch im September 2008 gegen den gewählten Präsidenten Morales in Bolivien in den Artikel gestellt.

Das ist das Schema, wie die USA ein neokololialistisches System über Lateinamerika errichtet haben. Sie halten sich in jedem Land eine ergebene Dienerschaft an der Macht und lassen diese zum Ausgleich unermesslich reich werden. Wenn Ihnen die Politik nicht mehr gefällt, lassen sie einen Militärputsch stattfinden. Alle Militäreinheiten aus Lateinamerika haben spezielle Verbindungsleute zum US-Militär, die an der weltweit bekannten Folterschule „Schule der Amerikas“ im Fort Bennett in den USA ausgebildet wurden.

Doch in etwa seit der Jahrtausendwende hat sich in Lateinamerika eine revolutionäre Unrast ausgebreitet – und zwar ausgehend von den ärmsten Ländern bzw. jenen, die besonders stark verarmten. Der erste grössere Ausbruch war im Jahr 2001 der „Argentinazzo“, ein Volksaufstand, der unmittelbar aus dem Zusammenbruch der Währung, dann auch des Finanzsystems und schliesslich des Staates einschliesslich der Regierung kurz vor Weihnachten hervorging.

Bolivien: Laden eines Verwandten von Morales gebrandschatzt

Seitdem geht es in Lateinamerika hoch her. Die Völker sind nicht mehr ganz so unwissend, wie das der oben genannte Artikel beschreibt. Überall bildet sich Aktivistengruppen und es kommt auch zu spontanen Ausbrüchen von Rebellion. Einige beginnen Marx und Engels zu lesen und wundern sich, wie die beiden Gesellschaften beschreiben (die Europäischen des 19. Jahrhunderts), die so vergleichbar sind mit den heutigen Lateinamerikas.

Seit der Jahrtausendwende haben sich in Lateinamerika mit Venezuela, Bolivien, Equador, Nicaragua und Honduras (vor dem Putsch) 5 „linke“ Regierungen installiert (nachdem ja Kuba schon lange als „links“ angesehen wird), ohne dass diese unmittelbar (so wie vorher) von Rechts-Putschen, inspiriert aus den Vereinigten Staaten, hinweggefegt werden konnten. In einer Anzahl anderer Staaten wurden die traditionellen Machtparteien durch Sozialdemokraten von der Macht verdrängt („Sozialdemokraten“ bezieht sich auf die Politik, nicht die Bezeichnung): Brasilien, Agentinien, Uruguay, Paraguay und Chile. Damit ist heute bereits die Mehrheit der Lateinamerikaner nicht mehr unter dem üblichen Machtkartell der „ewigen“ Regierungsparteien. Auch in Mexiko, dem zweitgrössten lateinamerikanischen Land nach Brasilien, konnte nur durch massive Wahlfälschung noch einmal ein Sozialdemokrat verhindert werden und erneut ein US-höriger Präsident an die Macht kommen. In Südamerika gibt es (wenn man einmal von den Winz-Ländern Französisch-Guyana, Guyana und Surinam absieht) nur noch zwei Länder, in denen noch die traditionellen Macht-Parteien (und damit uneingeschränkt die traditionellen Oligarchien) am Ruder sind: Peru und Kolumbien.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen

Das hat sich auch in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ausgewirkt, wo der Generalsekretär bereits gegen den Willen der USA bestimmt und Kuba wieder aufgenommen wurde.

Der Putsch in Honduras trifft also auf geänderte Umstände. Die Vorstellung der Putschisten, nach ein paar Lippenbekenntnissen zur Demokratie würden alle zur Tagesordnung übergehen und das neue Regime anerkennen, ist nicht aufgegangen. Auch wenn die Ablehnung des Putsches aus den USA wirklich reines Lippenbekenntnis blieb (bis jetzt ist noch nicht einmal die „Militärhilfe“ aus den USA eingestellt worden), so zögern doch fast alle Staaten aufgrund der sehr bestimmten Haltung der lateinamerikanischen Staaten und Organisationen in diesem Moment noch, das Putsch-Regime anzuerkennen.

Bolivien: Leichen von erschossenen Kleinbauern

Nach Informationen jenes Artikels haben in Honduras bereits die Ermordungen von Putsch-Gegnern begonnen. Die Leichen verschwinden – wie immer bei den berühnmten lateinamerikanischen Todesschwadronen. Gleichzeitig haben jetzt alle Gewerkschaften des Landes zum Generalstreik aufgerufen.


Veröffentlicht am 24. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 29. Juni 2009

Bündnis linksgerichteter Staaten Lateinamerikas

Die ALBA wurde erweitert

Von Karl Weiss

Die ALBA (Bolivarische Allianz für Amerika) hat in Maracay, in der Nähe von Caracas, Venezuela, einen Sondergipfel abgehalten. Es handelt sich bei dieser Allianz um einen Zusammenschluss von Ländern mit linken Regierungen bzw. Präsidenten, hauptsächlich Kuba, Venezuela, Bolivien, Nicaragua, Honduras und Ecuador, dazu einige lateinamerikanische Klein- und Inselstaaten.

Hier sei auch noch ein Bild eingestellt, dass heute, am 29.6.09, in der Hauptstadt von Honduras aufgenommen wurde. Die Polizei der Staatsstreich-Militärs geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten für die demokratische Ordnung in Honduras vor. Hier sieht man auch das infame Mittel, dem Wasser roten Farbstoff beizumischen. Wer von diesem Wasserstrahl getroffen wird, kann später an der roten Farbe auf seiner Kleidung wiedererkannt und einer "Sonderbehandlung" unterzogen werden. Soeben wurde über Twitter der erste Tote bei diesen Zusammenstössen beklagt.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Zusatz zum Artikel
Dieser Artikel wurde bereits vor dem Bekanntwerden des Militär-Putsches in Honduras fertiggestellt. Er bekommt durch dies Ereignis eine besondere Aktualität. Der Putsch wurde bereits von der Mehrheit der Präsidenten der Staaten des amerikanischen Kontinents verurteilt. Kein Ton allerdings aus den USA und von den unmittelbar mit den USA liierten Präsidenten von Mexiko und Kolumbien. Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?

2. Zusatz 29.6.2009, 20Uhr Ortszeit
Zum Glück muss ich mich hier berichtigen. Sowohl Obama ("Der Staatstsreich in Honduras war illegal") als auch Aussenministerin Hillary Clinton ("ich fordere die Restauration der demokratischen Ordnung in Honduras") haben sich inzwischen eindeutig gegen den Staatsstreich ausgesprochen. Das ist neu bei einem Staatsstreich in Lateinamerika und das ist ein gewaltiger Fortschritt, auch wenn es bis jetzt nur Lippenbekenntniss sind.

Chávez

Neben der Aufnahme neuer Mitglieder wurden eine Wirtschaftsunion, die Festlegung des Hauptthemas der Agrarwirtschaft und die Vorbereitung einer Gemeinschaftswährung beschlossen.

Die ALBA schließt jene Staaten in Lateinamerika zusammen, die über übliche sozialdemokratische Positionen hinausgehende linke Auffassungen vertreten. Der Kern dieser Allianz wird von Kuba und Hugo Chávez` Venezuela gebildet, dazu gesellten sich die später gewählten Präsidenten von Bolivien, Morales und von Ecuador, Correa. Ecuador wurde auf dem Sondergipfel in Maracay offiziell in die Staatengemeinschaft aufgenommen. Neue Mitgliedsanträge stellten die Karibik-Inselstaaten St. Vincent und das dem britischen Commonwealth angehörende Antigua und Barbuda.

Evo Morales

Die Bezeichnung wurde von „Alternative“ in „Allianz“ umgewandelt, wodurch das Kürzel ALBA gleich blieb. Der Begriff „Bolivarisch“ wird in Lateinamerika leicht verstanden. Das bezieht sich auf den Venezuelaner Simon Bolivar (nach dem Bolivien benannt ist) und die anderen Helden der Befreiung aus spanischer Kolonialherrschaft vom Beginn des Neunzehnten Jahrhunderts, die in Lateinamerika als „Libertadores“ (Befreier) bezeichnet werden.

Der Ort war mit hoher Symbolkraft gewählt worden. Maracay liegt in der Nähe des Schlachtfeldes von Carabobo, wo 188 Jahre vor diesem Treffen den Truppen der spanischen Kolonialisten eine entscheidende Niederlage beigebracht worden war. Man ließ zu diesem Gedenktag Truppen der beteiligten Staaten auf dem Schlachtfeld paradieren und darüber russische Kampfflugzeuge fliegen.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen
Um einen Eindruck vn den reaktionären Grossgrundbesitzern (die meistens direkt mit den USA liiert sind) zu geben, muss man sich nur die "Kämpfer" der Rechts-Milizen ansehen, die letzte Jahr einen Putsch in Bolivien versuchten. Hier seien drei Bilder eingestellt, die sie zeigen und die Leichen von hilflosen Kleinbauern, die sie ermordet haben.

Doch das Wesentliche des Sondergipfels war nicht die Symbolik, sondern waren die tatsächlichen Fortschritte des Zusammenschlusses. Obwohl das Bündnis bereits seit 2004 besteht, gab es bisher keine permanenten Strukturen. Deren Gründung wurde nun beschlossen. Es wurden permanente Räte für politische, wirtschaftliche und soziale Fragen eingerichtet. Es wurde die Vorbereitung einer gemeinsamen Währung, des Sucre, beschlossen. Dazu die Gründung einer gemeinsamen Universität für Fachleute der Agrarwirtschaft. Als wesentlicher Inhalt der Allianz wurde neben der wirtschaftlichen Integration das gemeinsame Vorantrieben der Agrarwirtschaft festgelegt.

Das typische Problem aller Entwicklungsländer ist das Fehlen einer ausreichenden und eigenständigen Agrarproduktion. Die imperialistischen Länder, das heißt vor allem die Vereinigten Staaten, die EU, Japan und die Schweiz haben fast alle großen Agrarkonzerne und alle wesentlichen Agrarhandelsfirmen in der Hand, sie verfügen über eine riesige Überschussproduktion an Agrarprodukten, die sie subventionieren und mit Dumpingpreisen in die Märkte der Entwicklungsländer drücken. Dort werden so jegliche Ansätze einer eigenen Agrarproduktion, einer Agrarindustrie und der Selbstversorgung im Keim erstickt, weil niemand zu jenen Preisen Agrarprodukte produzieren kann, mit denen jene Länder diese Produkte in die dortigen Märkte liefern.

Bolivien: Leichen von erschossenen Kleinbauern

Fast alle Entwicklungsländer führen fast die Hälfte oder mehr ihres Nahrungsmittelbedarfes ein und das meistens nicht aus benachbarten anderen Entwicklungsländern, sondern aus den imperialistischen Staaten.

Auf diese Art und Weise gelingt es den Imperialisten, diese Länder in vollkommener Abhängigkeit zu halten, denn beim geringsten Aufbäumen können die Lebensmittellieferungen gestoppt werden, was dasjenige Land in Agonie stürzt. Das aktuelle Beispiel ist das Zimbabwe des Mugabe, der sich einfach nicht unterordnen wollte. Die Weigerung, Nahrungsmittel zu liefern, ließen Zimbabwe in eine sich ständig verschlimmernde Wirtschaftskrise schlittern, aus der das Land bis heute nicht entkommen konnte. Hunger und Seuchen verbreiteten sich und Mugabe war völlig machtlos.

Das wissen die Präsidenten der ALBA-Staaten wahrscheinlich sehr genau. Sie wissen, nur über die Entwicklung einer eigenen entwickelten Agrarwirtschaft, von Agrarfirmen und Handelsunternehmen sowie der Selbstversorgung werden sie von den imperialistischen Staaten unabhängig werden können.

Bolivien: Bewaffnete Mitglieder von Rechts-Milizen

Doch die Agrarproduktion, die Nahrungsmittelversorgung ist noch in einem anderen Sinne der Schlüssel zur Unabhängigkeit der Entwicklungsländer: Soweit eine Agrarproduktion besteht, ist sie in fast allen Entwicklungsländern fast ausschließlich in der Hand von Großgrundbesitzern. Diese wiederum sind die wesentliche Basis der Macht in diesen Ländern und sind mit dem einen oder anderen imperialistischen Staat liiert. Sie stehen natürlich in feindlicher Opposition zu linken Präsidenten und haben den „konservativen“ Apparat von ein, zwei oder drei Regierungsparteien in ihren Händen, die sie abwechselnd die Macht teilen ließen, bevor die linken Präsidenten ihnen einen Strich durch die Rechnung machten.

Auch von diesen Blutsaugern der Entwicklungsländer muss man unabhängig werden und das heißt schärfste Kämpfe mit ihnen zu überstehen, wie Hugo Chávez aus eigener leidvoller Erfahrung weiß.

Es ist also zweifellos ermutigend, dass diese linken Präsidenten Lateinamerikas das Thema der Agrarproduktion als Kernproblem erkannt haben und daran arbeiten wollen. Damit könnte die ALBA, die objektiv gesehen bisher nichts als ein verzweifelter Versuch ist, zu einem Fanal für die Riesenmassen von Menschen in allen Entwicklungsländern werden.

Was ist die Basis dieser Entwicklung? Warum gibt es in Lateinamerika, das traditionell von Militärdiktaturen von USAs Gnaden oder von reaktionären („konservativen“) Politikern regiert wurde, nun plötzlich eine Mehrheit von sozialdemokratischen und linken Präsidenten? Warum gibt es nur noch in zwei der bedeutenden Länder Lateinamerikas den traditionellen USA-hörigen Präsidenten? (Mexiko und Kolumbien), warum hat die Mehrheit der lateinamerikanischen Bevölkerung heute einen Präsidenten vom Typ Sozialdemokrat (Brasilien, Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay)? Warum gibt es nun plötzlich linke Präsidenten, speziell in den Armenhäusern Lateinamerikas (Venezuela, Bolivien, Honduras, Ecuador, Nicaragua)?

Bolivien: Laden eines Verwandten von Morales gebrandschatzt
Hier noch ein anderes Bild aus eben jenem Putschversuch, das auch bezeichnend ist: Dieser Laden, der von den Rechts-Milizen gebrandschatzt wurde, gehörte einem Verwandten von Präsident Morales. Faschisten (auch jene im Auftrag der USA) arbeiten immer mit Sippenhaft

All dies hat seine Basis in der revolutionären Gärung, die Lateinamerika erfasst hat. Seit Beginn des neuen Jahrtausends gibt es grundlegende und tiefgreifende Veränderungen im Bewusstsein der Volksmassen in Lateinamerika. In einem ersten und beeindruckenden Schlag entlud sich dies im „Argentinazzo“ im Jahr 2001 in Argentinien, als der reaktionäre Präsident angesichts der aufgebrachten Volksmassen durch den Hinterausgang aus seinem Palast schlüpfen musste, um einen Hubschrauber zu erreichen, der ihn an den Flughafen brachte, von wo er ins Ausland flüchtete.

Das heißt noch nicht, dass in einem dieser Länder bereits eine revolutionäre Situation entstanden wäre, aber es heißt, die Imperialisten und ihre lokalen Repräsentanten gerieten in schwerste Widrigkeiten, die sie in einigen dieser Länder definitiv von der Macht abdrängte – was allerdings noch lange nicht heißt, nun sei das Volk an der Macht.

Da wächst in Lateinamerika ein weiteres Fanal gegen die imperialistische Weltherrschaft und die sich immer noch in Entwicklung befindliche Wirtschaftskrise könnte zu weiteren schwersten Problemen für die imperialistische Brut führen.

Nur zu! Alles, was hilft, diesem System den Todesstoss zu bereiten, hilft!


Veröffentlicht in der Berliner Umschau am 29.6.2009

Mittwoch, 4. März 2009

CIA-Agent in Bolivien erwischt

Ein korrumpierender und ein korrumpierter in Haft

Von Karl Weiss

Im Grunde wusste man das natürlich, aber nun wurde es bewiesen: Die US-Imperialisten haben den südamerikanischen Kontinent nicht zuletzt deshalb in der Hand, weil sie mit Geheimdienstagenten die Verwaltungen und die wichtigsten Unternehmen unterwandern und die lokalen Reichen durch Korruption zu Vasallen machen.

Evo Morales

In Bolivien, wo solche Machenschaften seit dem Wahlsieg von Evo Morales nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden, wurde eine verdeckte Operation des CIA entdeckt und ausgehoben, die den staatlichen bolivianischen Öl- und Gaskonzern YPFB unterwandert hatte. Ein Bolivianer, Rodrigo Carrasco, war in den USA und Großbritannien in geheimdienstlichen Methoden ausgebildet und dann beim YPFB eingeschleust worden. Er war dort schon nicht mehr angestellt, sondern war nun für Unternehmer im ost-bolivianischen Tiefland tätig, wo die Reichen versuchen, die Regierung Morales zu stürzen, aber immer wieder von überwältigenden Mehrheiten in Wahlen und Abstimmungen gestoppt werden.

Carrasco wurde ertappt, als er über noch bestehende Verbindungen innerhalb der YPFB einen dort offenbar von ihm benutzten Computer von den Spuren seiner Tätigkeit „reinigen“ wollte. Er ist in Haft und wird einer Anklage als Hochverräter entgegensehen. Es sei erwähnt, dass im Heimatland des CIA alle Hochverräter mit der Todesstrafe bedroht wurden und werden. Unter Hochverrat versteht man, wenn ein Bürger des eigenen Landes für eine fremde Macht spioniert.

Es werden wohl Entlassungen bei der YPFB folgen, denn dort gab es eine Gruppe, die Carrasco unterstützte und von ihm korrumpiert wurde. Die YPFB war auch im letzten Monat schon im Zentrum eines Skandals, in dem es um Korruption mit hohen Summen von Dollars ging. O’Connor, Chef einer Firma, die eben einen großen Auftrag in einem Umfang von 86,4 Millionen Dollar von der YPFB erhalten hatte, war im Haus von Verwandten des Präsidenten der YPFB, Santos Ramirez, mit 450.000 Dollar ermordet aufgefunden worden. Ramirez, Präsident des Konzerns, der die wichtigsten Ressourcen Boliviens verwaltet, ist bereits in Haft.

Im vergangenen Jahr musste bereits der US-Botschafter Goldberg aus Bolivien ausgewiesen werden, weil er seine diplomatische Immunität dazu benutzte, Wühlarbeit gegen die Regierung zu betreiben.

Botschafter Philip Goldberg

Präsident Morales klagte die USA offen an, über ihre Botschaft in La Paz Spionage zu unterstützen. „Die USA arbeiten mit verdeckten Aktionen gegen unsere Regierung, die nicht Teil des kapitalistischen, inhumanen Systems ist.“ sagte er.


Veröffentlicht am 4. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 3. November 2008

Neue Hetze gegen die bolivianische Regierung

Wer ist für den Rauschgiftschmuggel verantwortlich?

Von Karl Weiss

Große Aufregung herrscht im Land: „Bolivien brüskiert USA“ wird getitelt und „Morales stoppt US-Drogenfahnder“. So sehen die bürgerlichen Medien die Welt: „Die westlichen Länder“, allen voran die USA, kämpfen wie die Berserker gegen die illegalen Drogen, während in Ländern, die nicht mehr in Habachtstellung vor den USA und der Nato erstarren, die Drogen wuchern und wuchern. Ist das wirklich so?

Evo Morales

Was war geschehen? Evo Morales, der Präsident Boliviens, der in spitzem Ton als „linksgerichtet“ bezeichnet wird (wussten wir nicht schon immer, alle Linken sind Junkies?), hat der US-Antidrogenbehörde DEA verboten, weiter in Bolivien zu arbeiten. Er wirft der DEA vor, sich in die inneren Angelegenheiten Boliviens einzumischen und die konservative Opposition, die einige Tieflandprovinzen von Bolivien abtrennen will, finanziell zu unterstützen. Er wirft der Organisation auch politische Spionage vor.

Nun, diese Anklagen sind glaubwürdig. Das ist genau die Art und Weise, wie die US-Regierung und ihre offenen und heimlichen Organisationen immer vorgehen, wenn sie den Umsturz in einem Land vorbereiten: Oppositionskräfte, die „westlich eingestellt“ sind, werden mit Beträgen von Hunderten von Millionen von Dollar unterstützt, in den bürgerlichen Medien lanciert man gezielt Kampagnen gegen die jeweiligen Regierungen, man stellt Mängel in der Demokratie desjenigen Landes fest, nutzt schon bestehende Widersprüche aus und hat vor allem einige hundert gut ausgebildete Geheimdienstagenten im Land, die immer Konflikte schüren, wo sie können. Georgien, die Ukraine, Armenien und einige andere Ex-Sowjetrepubliken können da ein Lied singen.

In Südamerika kommt da dann noch dazu: In dem Masse, wie man nicht mehr den US-Organisationen freie Hand lässt im Land, wirf man ihm Mangel an Einsatz gegen die Drogen vor. Venezuela hat da schon so seine Erfahrungen.

Also sehen wir uns an, wie das mit den illegalen Drogen ist auf dieser Erde: Prinzipiell gibt es drei Arten von illegalen Drogen:
  • Die synthetischen Drogen

    Das sind Drogen wie LSD und eine Reihe anderer, die in chemischen Labors und kleinen chemischen Fabriken hergestellt werden. Da ihre Rohstoffe gut bekannt sind, könnte man das relativ leicht überwachen. Die überwiegende Mehrheit dieser Drogen werden in den „westlichen Ländern“, allen voran die USA, hergestellt Warum man das nicht in den Griff bekommt, hat bisher noch niemand vernünftig erklären können.
Bolivien: Bewaffnete Mitglieder von Rechts-Milizen
  • Die Gruppe der Östlichen Drogen

    Das sind vor allem die Drogen, die aus Mohn hergestellt werden, also Heroin, Opium und andere aus der Gruppe der Morphine und ausserdem Haschisch. Diese Drogen stammen in ihrer überwiegenden Mehrheit aus dem Anbau in Afghanistan, bekanntlich ein NATO-Protektorat und zum kleineren Teil aus der Türkei, einem der engsten Verbündeten der USA.

  • Die Gruppe der Westlichen Drogen

    Das sind Kokain sowie das daraus hergestellte Crack und Marihuana. Diese Drogen werden, soweit sie nicht in den USA selbst angebaut werden (Marihuana), in ihrer grossen Menge in Kolumbien und Peru angebaut und hergestellt, in geringerem Masse auch in Mexiko. Diese drei Länder sind enge Verbündete der USA, dort haben ganze Bataillone der US-Drogenbehörde DEA freie Hand, mit Flugzeugen, Hubschraubern und Bodentruppen. In allen drei Ländern sind Tausende von US-Agenten angeblich mit der Bekämpfung des Drogenanbaus und des Drogenhandels beschäftigt.
Morales und Lula in Santiago

Dazu kommt: Die weit überwiegende Zahl der Drogenkonsumenten sind in genau den westichen Ländern bzw. deren engen Verbündeten, mit Ausnahme von Opium, das vor allen nach China geht.

Zusammengefasst: Das Problem der illegalen Drogen ist ein fast ausschliesslich „westliches“ Problem, sowohl von der Seite der Herstellung als auch von der des Verbrauchs. Es findet in den „westlichen Ländern“ statt und in solchen, die vollständig von ihnen dominiert sind. Woher nehmen die bürgerlichen Medien dieser Länder den Mut, andere Länder zu bezichtigen? Da zeigen doch vier Finger der Hand auf den Urheber zurück!

Wenn es wirklich einen heftigen Kampf gegen die Drogen in den „westlichen Ländern“ und den von ihnen dominierten gibt, so ist er völlig vergeblich. Das Drogenangebot in allen „westlichen Ländern“ (und in anderen) wächst und wächst. Die Preise für alle diesen illegalen Drogen sind auf einem Allzeittief wegen Überangebot.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen

Der „Kampf gegen die Drogen“, so wie auch der „Kampf gegen den Terrorismus“, wird verloren. Allerdings gibt es heftige Stimmen, die sagen, man will ihn verlieren, er wird gar nicht wirklich geführt.

Charakteristisch war, was passierte, als man in Afghanistan einmarschierte. Der Mohnanbau, der unter der Herrschaft der Taliban bis auf einen winzigen Teil reduziert worden war, wuchs innerhalb eines Jahres wieder auf die vorherigen Werte und wächst seitdem weiter steil an. Siehe hierzu auch den ersten Teil des Artikels „Afghanistan, die Drogen-Connection“.

Bolivien: Leichen von erschossenen Kleinbauern

Nun, das war auch keinerlei Wunder, denn man hatte sich ja mit der Nordkoalition der Drogenbarone zusammengetan. Der Bruder des von der NATO in völlig freinen Wahlen eingesetzten Präsidenten Karsai ist einer der grossen, wenn nicht der grösste Drogenlord des Landes. Der Warlord, dem man die Provinz Helmand anvertraute, war ein anderer bestens bekannter Drogenbaron. Später löste man ihm ab, um ihm einen Sitz im Senat zu verschaffen, der seinen Einfluss nun weit über `seine` Provinz wachsen liess. Siehe hierzu auch den zweiten Teil des Artikels „Afghanistan, die Drogen-Connection“.

Fachleute schätzen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Reichtümer, die an der Wallstreet umlaufen, auf Geldwäsche für Drogenbarone und andere kriminelle Grossorganisationen zurückzuführen sind. So ergibt es natürlich wirklich einen Sinn, dass man sich diese Super-Profite nicht entgehen lässt. Es muss also vermutet werden, der angebliche Kampf gegen die Drogen wird absichtlich verloren.

Bolivien: Brandschatzung einer staatlichen Organisation

Darauf weist auch die Arbeit des Enthüllungsjournalisten Garry Webb hin, der in jahrelanger Recherche herausfand, die CIA selbst tätigt einen wesentlichen Teil des weltweiten Drogenhandels und dies in einem Buch veröffentlichte. Die bürgerlichen Medien, die jetzt auf Bolivien zeigen, haben damals nicht eine einzige Meldung über das Buch gebracht. Garry Webb wurde entlassen, bekam nirgends mehr eine Anstellung und wurde später verselbstmordet aufgefunden, mit zwei Schüssen! Siehe hierzu auch „Garry Webb ist tot“.

Wie man kriminelle Grossorganisationen aushebt, die wohl für einen wesentlichen Teil des Drogehnadels verantwortlich sind, ist allgemein bekannt: Man kann einzelne Personen herausbrechen, mit Straffreiheit winken und sie gegen die Organisation aussagen lassen oder man kann Undercover-Agenten einschleusen – alles bereits zur Genüge exerziert. Doch offensichtlich tut man dies nicht mehr. Können Sie sich erinnern nach dem grossen Prozess geen die italienische Mafia in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts, dass auch nur eine einzige der Grossorganisattionen aufgeflogen ist? Können Sie sich danach irgendeines Gross-Gerichtsverfahrens erinnern? Eben, niemand kann sich erinnern.

Bolivien: Laden eines Verwandten von Morales gebrandschatzt

Der deutsche Polizeireporter Jürgen Roth hat in seinem Buch „Ermitteln verboten!“ gezeigt: In Deutschland sind sämtliche Ermittlungen gegen kriminelle Grossorganisationen eingestellt worden. Und Deutschland scheint nicht das einzige Land zu sein. Stattdessen will Frau Merkel überall Kameras installieren lassen, damit endlich jene Leute gefasst werden können, die auf der Strasse jemanden anrempeln.

Es ist einfach zu unglaubwürdig: man kann Menschen auf den Mond schicken und Wägelchen auf dem Mars herumfahren lassen, man kann 1 Million irakische Zivilisten umbringen, aber man bringt es angeblich nicht fertig, den überreichen Fluss der illegalen Drogen zu vermindern.

Was nun Bolivien betrifft, da gibt es wirklich den Anbau der Coca-Pflanze, aus deren Blättern man Kokain herstellen kann. Allerding macht man dort einen Tee aus diesen Blättern, der einen angenehm schläfrig macht. Die Indios dort kannten diesen Tee schon lange bevor im 16. Jahrhundert die weissen Eroberer kamen.

Nun, es wird auch wirklich ein Teil der bolivianischen Coca-Ernte zu Kokain verarbeitet, das betrifft aber weniger als 1% der Menge, die täglich aus Kolumbien und Peru, den beiden Länder, die eng mit den USA vermengte Regierungen haben, den Weg zu den Zentren des Verbrauchs finden.

Und schliesslich gibt es da noch einen Stachel im Fleisch Südamerikas: Das System SIVAM (Amazonas-Überwachungssystem). Mit hunderten von Radarstationen, mit Satelliten, mit 99 mit Radar ausgerüsteten Flugzeugen und einigen zusätzlichen Jets, mit einem irrwitzigen elektronischen Aufwand in der Zentrale in Manaus wird das gesamte Amazonasgebiet im Norden Brasiliens intensiv überwacht. Ein wesentlicher Teil des Kokains aus Kolumbien und Peru wird über dieses Gebiet als Umschlagplatz auf den Weg in die Haupt-Konsum-Zentren in Nordamerika und Europa gebracht. Das System ist seit 2004 in Aktion und wird von den USA kontrolliert (musste aber vom brasilianischen Steuerzahler bezahlt werden). Bis heute ist dort kein einziger grösserer Kokain-Transport aufgeflogen! Zum SIVAM-Artikel geht es hier.


Veröffentlicht am 3. November 2008 in der Berliner Umschau

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