NaherOsten

Montag, 11. Dezember 2006

Entsetzen in Israel

Ergebnisse der Baker-Kommission bedeuten Eingeständnis der Niederlage

Von Karl Weiss

Israels Zionisten sind entsetzt über die Ergebnisse der Irak-Baker-Kommission. Kein Wunder, denn sie bedeuten praktisch das Eingestehen der Niederlage, versuchen nur noch einen „ehrenhaften Abzug“ zu ermöglichen. Damit sind die Pläne, den ganzen Nahen und Mittleren Osten zu erobern, bis auf weiteres auf Eis gelegt. Das kann dem offiziellen Israel nicht gefallen, denn nun wird man von den Zionisten Zugeständnisse verlangen, die sich doch gerade an die Politik des „Alles-oder-Nichts“ gewöhnt hatten.

Genau gesagt, war man nur auf eine Politik des „Alles“ aus, denn mit dem Gedanken, dass diese Politik im negativen Fall das „Nichts“ bedeuten könnte, hat man sich noch nicht vertraut gemacht.

Beeindruckend in ihrer Schärfe die israelische Antwort auf die Vorschläge der US-amerikanischen beidparteilichen Irak-Kommission, genannt Baker-Kommission: Harsch wird die Möglichkeit, eventuell auch mit der syrischen Regierung zu sprechen, zurückgewiesen. Ebenso ist man entsetzt, über die Erwähnung des Israeli-Palästinenser-Problem im Irak-Zusammenhang. Es wurde ja von der Kommission ausdrücklich empfohlen, verstärkt auf die Lösung des Problems zu drängen, um in der arabischen und islamischen Welt konziliantere Gesprächspartner zu haben. Olmert: „Da sind wir anderer Ansicht.“

Dem neuen „Verteidigungs“minister der USA wurde sogar ein Nasenstüber verabreicht, ob er denn nicht wisse, wie die Sprachregelung bezüglich der israelischen Atomwaffen sei. Trotz sofortiger Dementis zeigt aber eben gerade diese seine Äußerung den ganzen Realitätssinn, mit dem jetzt Politik gemacht werden soll: „Der Iran ist auf allen Seiten von Atommächten umgebe, im Osten von Pakistan, im Norden von Russland, im Westen von Israel und am Golf von uns.“ Ja, wie sollte er da nicht selbst nach solchen Waffen streben?

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Gerade eben noch, im Juli, hatte das Gespann USA-Israel den Libanon überfallen, offensichtlich als Vorbereitung für einen Krieg gegen den Iran, eventuell auch Syrien. Und nun dies. Frau Rice hatte sogar von einem „New Middle East“ (Neuer Naher und Mittlerer Osten) gesprochen, was eindeutig als
eine Region verstanden wurde, die militärisch von USA/Israel dominiert wird und von Marionettenregimes verwaltet wird. Und nun dies!

Am Ende des Libanonkrieges im Juli hatte der Berichterstatter konstatiert: USA/Israel hatten den Krieg zur Eroberung des Nahen und Mittleren Ostens bereits verloren, denn sie waren nicht einmal in der Lage, die Hisbollah aus dem Libanon zu vertreiben oder ihr auch nur die Kleinraketen abzunehmen, mussten sich im Gegenteil mit eingezogenem Schwanz wieder aus dem Libanon zurückziehen. Link zum Artikel von damals:

http://karlweiss.twoday.net/stories/2823593/

Noch hofft der Zionismus, Präsident Bush werde sich den Vorschlägen der Baker-Kommission widersetzen, aber die politischen Umstände, sie sind nicht so. Die USA hat den Krieg im Irak wirklich faktisch verloren, es geht nur noch darum, wie viel Zeit man sich gibt, das so weit wie möglich zu verschleiern.

Natürlich kann Bush nun unmöglich von seiner Politik: „Wir werden siegen!“ übergangslos zur Position der Kommission übergehen, das wäre ein zu großer Gesichtsverlust für ihn. Er wird den Zeitplan (bis Januar 2008 keine kämpfende Truppen mehr im Irak, nur noch Unterstützungs-Einheiten) ausdehnen, er wird nicht einfach anfangen, mit allen Nachbarn des Irak direkte Gespräche zu führen, sondern Vorbedingungen stellen, er wird noch einige andere Änderungen anbringen, die mehr kosmetischer Natur sind, aber er wird im Kern genau das tun, was die Baker-Kommission vorgeschlagen hat, während er gleichzeitig behaupten wird, nur einige Ideen übernommen zu haben.

Tony Blair hatte bereits vorher Teile der Vorschläge der Baker-Kommission in verschiedenen Reden selbst erwogen, so kann das Treffen vom 7. Dezember zwischen beiden nur als Verstärkung der Positionen der Kommission gesehen werden.

Dies ist genau jene Politik, die auch im Vietnam-Krieg in der Endphase angewandt wurde, damals die „Vietnamisierung“ des Krieges genannt, die lediglich die Offensichtlichkeit der Niederlage etwas verdecken sollte.

Für den Zionismus ist das der Endzeit-Schock. Man sieht zum ersten Mal nach so vielen scheinbar siegreichen Jahren der Möglichkeit ins Auge, man könnte nicht als strahlender Sieger aus der Auseinandersetzung mit den Israel umgebenden Arabern hervorgehen. Das wird man verneinen, so lange es irgend geht. Man wird alles tun, um ein solches Vorgehen noch zu verhindern. Aber im Grunde wedelt der Schwanz Israel eben doch nicht mit dem Hund USA. Man wird nachgeben müssen, wenn auch erst nach langer Zeit, wenn auch so wenig wie möglich, wenn auch unter heftigsten Auseinandersetzungen.

Und das alles, weil die Wähler den Demokraten eine Mehrheit in US-Senat und Repräsentantenhaus verschafft haben? Nein, natürlich nicht. Theoretisch hätte Bush seine Politik auch weiterhin durchsetzen können, denn die außenpolitischen Entscheidungen des Präsidenten sind nicht zustimmungspflichtig und ein Impeachment-Verfahren hatten die Demokraten bereits ohne Notwendigkeit ausgeschlossen.

Diese heftige Wahlniederlage der Bush-Administration wurde von den Thinktanks der Neocons und der verschiedenen Fraktionen der religiösen und politischen Rechten nur zum Anlass genommen, die Vorherrschaft der Cheney-Rumsfeld-Fraktion zu stürzen (was in der Entlassung Rumsfelds zum Ausdruck kam – den Vize-Präsidenten kann man nicht entlassen) und die längst von ihnen vorbereitete neue Doktrin vorzulegen und in Anwendung zu bringen.

[Auf Anregung von Hans-Werner Klausen von der Redaktion der "Berliner Umschau" bringe ich hier gerne eine Berichtigung an: Es waren nicht die Neocon-Thinktanks, die jene Cheney-Fraktion gestürtzt haben, die sind vielmehr die Cheney-Fraktion. Neben den anderen erwähnten Gruppen haben auch verschiedene Personen, die ebenfalls als "Neocons" bezeichnet werden, an der Palastrevolution teilgenommen.]

Ist damit der imperialistische und aggressive Charakter des US-Regierungsapparates geändert worden? Natürlich auch nicht. Es handelt sich lediglich um eine zeitweise und taktische Reaktion auf die Gegebenheiten. Man wird mit anderen Mitteln und Wegen selbstverständlich erneut versuchen, die absolute und alleinige Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten zu erringen und damit den Supermachtstatus auf der Welt abzusichern für (möglichst) unendliche Zeiten. Sicherlich wird man wieder mehr nicht-militärische Methoden in den Vordergrund stellen, nicht ohne dann am Ende eben doch immer wieder zu militärischer Gewalt zu greifen.

Auch der Zionismus verliert natürlich mit diesen Ereignissen nicht seinen aggressiven und mörderischen Charakter. Es könnte sogar sein, dass man in Israel jetzt, bevor man zu Zugeständnissen gezwungen wird, noch möglichst viele, möglichst endgültige neue Tatsachen zu schaffen versucht, die einem später mehr verhandlungsfähige Trümpfe verschaffen.

Palestina land loss

Der Überfall auf den Iran dürfte damit zumindest für die nahe Zukunft vom Tisch sein. Auf längere Sicht wird man aber sicher darauf zurückkommen. Die Pläne liegen schließlich bereits bis ins Detail vor.

Überhaupt nicht berücksichtigt haben die Vorschläge der Kommission, wie könnte es anders sein, was die verschiedenen Gruppen der Iraker eigentlich wollen. Von allen Seiten kam bereits Ablehnung. Wie man zu irgendeinem akzeptablen Ergebnis kommen will, ohne die Iraker zu fragen, bleibt Geheimnis von abgehobenen imperialistischen Think-Tank-Freaks. So oder so, die Truppen (jedenfalls Kampftruppen) werden wohl abgezogen bis spätestens zum Zeitpunkt der nächsten Präsidentenwahlen im November 2008. Der irakische Widerstand hat gewonnen!


Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 11. Dezember 2006

Donnerstag, 30. November 2006

Bomben gegen Schiiten im Irak - Es ist nicht Al Quaida

Das fehlende Kettenglied - Robert Fisk: "Unbekannte Amerikaner" bomben im Irak

Von Karl Weiss

Bereits seit geraumer Zeit war zu vermuten, daß die fast täglichen Terroranschläge auf friedliche oder betende Schiiten im Irak, die von „US-Sicherheits-Quellen" der Al Quaida zugeschrieben werden, in Wirklichkeit Werk der Besatzer im Irak sind. Sie werden in den Medien meist als Selbstmordanschläge bezeichnet, haben aber oft die typischen Anzeichen ferngezündeter Bomben, wie sie der CIA verwendet. Unklar blieb aber weiterhin, wer dann die wirklichen "Selbstmordanschläge" durchführt, bei denen irakische Zivilisten das Ziel sind, der Fahrer des Sprengstoffautos aber mit in die Luft fliegt.

In der vergangenen Woche kamen einige Dokumente ans Tageslicht, die belegen, daß die Figur Al Zarkawis im Irak ebenso wie die Al Quaida dort eine Propagandalüge („PSYOP") militärischer US-Stellen ist. Auch ist es noch nicht lange her, daß zwei Mitglieder eines britischen Militärgeheimdienstes in Basra von irakischen Polizisten erwischt wurden, als sie mit einem Auto bis unters Dach voll Sprengstoff auf dem Weg zu einem belebten Markt waren.

Der CIA spielt auf der grossen Wurlitzer-Orgel

Ebenso hatten die sunnitischen Widerstandskräfte im Irak wiederholt darauf hingewiesen, daß sie ausschließlich gegen die Besatzer und deren Hilfswillige vorgingen und nicht das geringste Interesse hätten, zivile Schiiten umzubringen, während die Besatzungstruppen jedes Interesse haben zu verhindern, daß Sunniten und Schiiten im Irak gemeinsame Sache machen.

Nun gibt es auch das letzte fehlende Glied der Kette, das endgültig beweist, daß es wirklich Kräfte der Besatzungstruppen bzw. von ihnen beauftragte Kräfte sind, die jene mörderischen Bombenanschläge gegen friedliche Schiiten im Irak begehen.

Der bekannte britische Journalist Robert Fisk, der im Libanon lebt und als der best informierte westliche Journalist im Nahen Osten gilt, schrieb in einem Artikel, der ursprünglich vom 18. April stammte und nun bei ‚informationclearinghouse.info’ nachveröffentlicht wurde, daß syrische Geheimdienstquellen und irakische Zeugen aussagen, es seien „unbekannte Amerikaner", die jene mörderischen Anschläge begehen, die für das ständige Anwachsen der Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten im Irak verantwortlich sind.

Fisk berichtet, was ihm ein syrischer Geheimdienstmann erzählte: „Ein junger irakischer Mann hat uns berichtet, daß die Amerikaner ihn als Polizist im Irak trainiert haben. 70% der Zeit lernte er Auto fahren und den Rest in Waffentraining.(...) Sie gaben ihm ein Handy und ließen ihn einen Wagen in eine belebte Gegend nahe einer Moschee fahren. Dort sollte er sie anrufen. Er hatte aber dort kein Signal und mußte aussteigen, um einen Ort zu finden, an dem er das Handysignal empfangen konnte. Als er dann anrief, flog sein Auto in die Luft."

Die Amerikaner, so sagt der Geheimdienstmann, versuchen einen Bürgerkrieg zu entfesseln. Dann würden die Widerstandskämpfer der sunnitischen Seite genug mit den Schiiten zu tun haben und keine US-Soldaten mehr umbringen.

Die Geschichten, die der Geheimdienstmann erzählt, kommen aus glaubwürdigen Quellen. Schiiten aus dem Irak kommen als Pilger nach Syrien zur Sayda Zeinab Moschee außerhalb Damaskus.

Eine ganz ähnliche Story kommt von einem anderen jungen Iraker. Auch er wurde für die Polizei angeworben und bekam ein Auto und ein Handy, das er an einen belebten Ort in Bagdad zu fahren hatte, wo eine Menge einen Protest durchführte, über den er mit seinem Handy berichten sollte. Aber sein Handy funktionierte nicht, so berichtete er über den Protest aus einer Telephonzelle. Als er gesagt hatte, daß er nun von dort anruft, flog sein Auto in die Luft.

Fisk ist als extrem umsichtiger Journalist bekannt, der keine Gerüchte in die Welt setzt. Er würde dies nicht veröffentlichen, wenn er nicht vom Wahrheitsgehalt der Berichte überzeugt wäre. Damit ist nun auch durch glaubwürdige Zeugenaussagen belegt, daß es die ruchlosen Besatzer des Irak sind, die dort massiv Zivilisten bei Moscheen und auf Märkten mit Autobomben ermorden bzw. ermorden lassen.

Sie sind die Terrroristen!


Dieser Artikel wurde ursprünglich in der "Berliner Umschau" vom 20. Mai 2006 veröffentlicht, hier in leicht redigierter Version. Er erhält jetzt durch die aktuellen Ereignisse erneut besondere Aktualität und Wichtigkeit.

Samstag, 18. November 2006

Die Heldinnen von Beit Hanoun

Vom Karl Weiss


Mehrere Dutzend Frauen
Mehrere Dutzend Frauen
Gingen als menschliche Schutzschilde
vor die Al-Nasri-Moschee
Schutz für palästinensische Kämpfer
Schutz vor der israelischen Armee
die kaltblütig das Feuer eröffnet

Kaltblütig
Auf die Frauen, unbewaffnete Frauen
Zwei getötet, mehrere verletzt
Zwei getötet, mehrere verletzt
Die Heldinnen von Beit Hanoun
Die Heldinnen von Beit Hanoun

November Zweitausendundsechs
Bilder im Fernsehen
Wirklichkeit

Das Volk,
seine würdigsten Vertreterinnen,
mit blossen Händen
gegen die zähnebewaffnete, entmenschte
zionistische Schlächter-Horde

Das Fanal
Das gibt den Ausschlag
Jetzt kippt die Waage
Auf unsere Seite, die der Völker

Noch in hundert Jahren
Wird man Lieder singen
Die Frauen von Beit Hanoun
Die Frauen von Beit Hanoun

Auf den Plätzen werden Denkmäler stehen
Für die Heldinnen
Zwei getötet, mehrere verletzt
Die Schulen wird man nennen
nach Beit Hanoun
Die Jungen werden die Mädchen beneiden
Um solche Vorbilder
Die breiten Alleen werden genannt
Boulevard Beit Hanoun

Ruhm den unbewaffneten Frauen
Den Heldinnen von Beit Hanoun

Schmach den Schützen
Und denen dahinter
Olmert, Bush, Blair, Chirac, Merkel
Schmach
Ja, auch eine Frau
Angela, die engelgleiche
Und wem gleicht sie nun?
Ihre Namen im Gedächtnis
der Menschheit
Unauslöschlich, wie Flüche

In den schlaflosen Nächten
Klingt es in ihren Ohren
Beit Hanoun, Beit Hanoun
Und die Stimmen der Heldinnen
Ruhm dem palästinensischen Befreiungskampf
Nieder mit dem Imperialismus

Welche Ehre wird es sein
Palästinenser zu sein
Araber zu sein
Frau zu sein

Das gibt den Ausschlag
Jetzt kippt die Waage

An jenem Tag
wenn wir auf den Strassen tanzen
Auf dem Grab des Kapitalismus
Werden wir singen
Beit Hanoun
Ewige Ehre den Heldinnen von Beit Hanoun




Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 18. November 2006

Dienstag, 14. November 2006

Und Pakistan? Und Pakistan?

Woher kommt die Gefährdung?

Pakistan ist Hort und Ausgangspunkt des militanten Islamismus

Von Karl Weiss

Während sich die westliche Welt, sprich: die US-Regierung und ihre Schoßhündchen, lauthals um den Iran sorgen, bleibt eine einfache Wahrheit völlig unbeachtet: Pakistan, das zweitgrößte islamischen Land nach Indonesien mit der wahrscheinlich höchsten Anzahl an militanten Islamisten und Terror-Ausbildungs-Camps, wahrscheinlicher Aufenthaltsort von Osama bin Laden und der Mehrheit der Taliban, hat bereits die Atombombe und hat auch Raketen, die eine solche in entfernte Ziele tragen können.

In einem Interview, das er am Wochenende der „Folha de São Paulo" gab, hat der englische Journalist Robert Fisk, der im Libanon lebt und als der best informierte westliche Journalist des Nahen Ostens gilt, darauf aufmerksam gemacht, daß im Moment die bei weitem größte terroristische und allgemeine Gefahr für den Westen von Pakistan ausgeht.

Fragt man, warum sich niemand um Pakistan sorgt, so bekommt man stereotyp die Antwort: Weil Pakistan ein US-freundliches Regime hat. Nun, was ist US-freundlich in Pakistan? Man gestattet den US-Truppen Stützpunkte, Benutzung von Flughäfen und Überflugrechte, man läßt die CIA im Land toben, man gestattet US-Firmen, pakistanische Arme auszubeuten.

Doch was ist US-freundlich daran, die Taliban zu beherbergen? Was daran, Osama bin Laden Unterschlupf zu gewähren (falls es den noch gibt)? Oder daran, die Scharia in weiten Teilen des Landes anzuwenden? Man gibt keine Erklärungen gegen Israel ab, stellt aber in ganz anderer Weise eine unmittbare und akute Gefahr für dies Land dar als die eventuellen Ambitionen Irans, die noch viele Jahre keine Chance auf Verwirklichung haben - wenn sie denn bestehen.

In keinem anderen Land der Welt werden soviel potentielle Terroristen ausgebildet wie in Pakistan (abgesehen vom Irak, aber das haben sich die US-Politiker selbst zuzuschreiben). In keinem anderen Land gibt es so viele Zwangsheiraten, so viele abgehackte Hände, gesteinigte und ausgepeitschte Frauen, öffentlich Gehenkte wegen Übertretung islamischer Gesetze usw. Nirgends werden die Rechte der Frauen so mit Füßen getreten. Wenn irgendwo die islamistischen Horrorgemälde Wirklichkeit sind, dann in Pakistan.

Die jetztige Regierung Pakistans ist US-freundlich. Ja und? War nicht auch Saddam Hussein ein hochgerüsteter Verbündeter der USA, der sogar im Auftrag der US-Regierung den Iran überfiel? War Osama bin Laden nicht CIA-Agent? Wurden die Taliban nicht mit US-Hilfe so groß wie sie jetzt sind, weil man sie damals gegen die Sowjetunion in Afghanistan hochpäppelte? Eine Regierung kann rasch ihre Politik wechseln oder kann abgelöst werden. Die Atombomben und Trägerraketen aber bleiben.

Alles, was man im Iran gefunden hat, das Verdacht bezüglich möglicher Ambitionen auf Atombomben weckte, stammte aus Pakistan. Man hatte Gerätschaften in iranischen Atomanlagen gefunden, an denen winzige Spuren hochangereicherten Urans nachzuweisen waren. Das war die einzige reale Grundlage all dieser Spekulationen. Es hat sich aber längst herausgestellt, daß es sich um Gerätschaften handelte, die von Pakistan geliefert worden waren und deshalb schon mit hochangereichertem Uran in Kontakt gekommen waren.

Aber über Pakistan ist die US-Regierung nicht besorgt. Man mag den jetzigen dortigen Diktator mit viel Korruption und wohl auch dem Wissen über dessen 'Leichen im Keller' im Zaum halten - aber das galt auch für Saddam Hussein (dem man im Moment gerade mit diesen ‚Leichen im Keller’ den Schauprozess macht).

Wenn der offizielle Untersuchungsbericht über die Anschläge vom Juli letzten Jahres in London stimmt, dann waren zwei der „britischen Jungs", die das angeblich als Selbstmordattentäter begangen haben sollen, auf Ausbildung.....Wo? Im Irak? In Afghanistan? Nein, in Pakistan!

Und da schließ Präsident Bush auch noch mit dem alten Erzfeind Pakistans, mit Indien, einen riesigen Atomdeal ab! Was soll Pakistan dazu sagen? Danke Bush? Was, wenn in Pakistan Kräfte an die Macht kommen, die sich von der US-Regierung verraten fühlen (und mit Grund)?

Laut der 'Washington Times' vom 13. Mai hat Pakistan begonnen, Material für den Aufbau einer Atomindustrie nach Syrien zu liefern. Dies bezieht sich auf einen bekannt gewordenen Bericht aus dem Jahre 2004. Aber wir reden nur vom Iran.

Warum spricht Israel soviel von einem Luftschlag auf die Atomanlagen Irans, aber nicht auf die Atomanlagen Pakistans? Man ist absolut nicht beunruhigt in Tel Aviv? Sollte man aber! Im Gegensatz zu den iranischen Ayatollahs, die Schiiten sind, handelt es sich in Pakistan im wesentlichen um Sunniten.

Läutet da keine Alarmglocke?

Wer sind die Träger des erbitterten Widerstands im Irak? Die Sunniten, nicht wahr?

Oder kapieren wir normalen Menschen nur einfach nicht, daß es um das alles nicht geht, nicht um Islamismus, nicht um abgehackte Hände, nicht um eine ernsthafte Gefährdung Israels, nicht um Sunniten oder Schiiten, nicht um Frauenrechte und vor allem nicht um Terroristen (die sind willkommener Vorwand), sondern daß schlicht und einfach die Dominanz über den Nahen Osten und Mittleren Osten der Punkt ist, denn die kann man nicht von Pakistan aus haben.

Und noch ein kleines Detail: Während der Irak und der Iran zu den größten Erdölförder- und -exportländern gehören (bzw. bezüglich des Iraks gehörten), hat Pakistan kein Öl.

Artikel der "Berliner Umschau" vom 18.5.06, hier leicht redigiert.

Mittwoch, 1. November 2006

Die Terroristen sind selbst fabriziert

"Die ich rief, die Geister, werd' ich nicht mehr los!"

Goethe und der religiös-fundamentalistische Extremismus

Von Karl Weiss

„Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal fort begeben, und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben…” So beginnt eines der bekanntesten Gedichte Goethes, der „Zauberlehrling”. In dieser Situation des Zauberlehrlings befinden sich nun wohl die Regierungen der USA und Israels.

Fast jeder kennt die Geschichte vom Zauberlehrling, der die hilfreichen Geister wie sein Meister beschwören kann, sie aber dann nicht mehr „abzuschalten“ versteht und so ein Riesen-Durcheinander anrichtet. Die Disney-Studios haben Goethes Gedicht in einen Zeichentrickfilm verwandelt, in dem Mickey Mouse die Rolle des Zauberlehrlings spielt. Die Zeile „...die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“ ist als geflügeltes Wort in die deutsche Sprache eingegangen.

So ähnlich verlief die Geschichte, als die Regierungen der USA und Israels in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen, die bis dahin völlig unbedeutenden fundamentalistisch - extremistischen islamistischen „Gotteskrieger“- Gruppen hochzurüsten, auszustatten, auszubilden, mit Dollars vollzustopfen und gegen ihre Gegner in Stellung zu bringen.

Die damalige US-Regierung unter Reagan machte aus dem kleinen Spinner-Club Taliban eine große und einflußreiche Bewegung in Afghanistan, weil man sie gegen die damalige Sowjetunion einsetzen wollte, die Afghanistan 1980 überfallen hatte. Tatsächlich wurde die Taliban, hochgepäppelt mit US-Mitteln, so stark, daß sie nach dem Abzug der Sowjets nach und nach Afghanistan erobern konnten.

Parallel dazu begann man eine Gruppe von Arabern innerhalb des CIA aufzubauen unter Führung des saudi-arabischen Millionärssöhnchens und CIA-Agenten Osama Bin Laden, denen man das Handwerk des Terrors beibrachte und die damals den sowjetischen Garnisonen in Afghanistan das Leben zur Hölle zu machen begann. Diese Gruppe wurde später als "Al Quaida" bekannt. Der Name wird noch heute für einige dieser Gruppen verwendet.

Die israelische Regierung hatte kein Problem mit Afghanistan, hatte aber 1982, so wie jetzt wieder, den Libanon überfallen, wo man einen wesentlichen Teil der palästinensischen Befreiungsbewegung PLO wußte. Es gelang in Jahren der Besetzung des Libanon, tatsächlich einen wesentlichen Teil der PLO zu eliminieren oder zur Flucht zu zwingen. Die Massaker in den Flüchtlingslagern von Sabra und Shatila in West Beirut mit (nach Angaben der "Monde diplomatique") wahrscheinlich mehr als 3000 dahingeschlachteten Palästinensern unter israelischer Oberaufsicht im September 1982 seien nur erwähnt (wikipedia hat eine ausführliche Site mit Illustration dazu).

Im Süden des Libanon baute man eine „Pufferzone“auf. Dort wurde aus vorher verschwindend kleinen Grüppchen von extremistisch-religiösen Islamisten die Hisbollah gebildet, die von Anfang an die Handschrift des Mossad trug, des israelischen Geheimdienstes. Sie wurde als Konkurrenzbewegung gegen die PLO im Libanon gezielt ausgebaut, unterstützt, bewaffnet, mit Dollars versehen und hochgepäppelt. Tatsächlich ist heute die PLO unter den palästinensichen Flüchtlingen unbedeutend geworden, während die Hisbollah die völlige Oberhand unter der schiitischen Bevölkerung des Libanon hat.

Auch in den besetzten Gebieten Palästinas wurde, parallel dazu, eine islamistische Gruppe auf Terror und Selbstmordattentate getrimmt, ebenfalls auf schiitischer Grundlage, die Hamas, um auch dort die PLO um ihren Einfluß zu bringen. Auch hier eine Flut von Dollar. Auch dies gelang, wie man weiß. Kürzlich gewann die Hamas die Wahlen in den palästinensischen Gebieten. Auch die Hamas wurde vom Mossad ausgebildet und bewaffnet.

In anderen Worten: Vor 1980 gab es in der arabischen Welt keine bedeutenden islamistisch-fundamentalistischen extremistischen Gruppierungen, schon gar keine, die Terorismus betrieben. ES GAB KEINE SELBSTMORDATTENTATE, ES GAB KEINE INS GEWICHT FALLENDE ISLAMISTISCHEN TERRORISTEN. DIES ALLES WURDE KREIERT VON DEN REGIERUNGEN DER USA UND ISRAELS.

Zwar gab es schon den schiitisch-fundamentalistischen Iran, aber der war in der Region und weltweit vollkommen isoliert und ohne Einfluß. Die Araber sahen den Iran eher als Feind an, zumal die meisten Araber Sunniten und nicht Schiiten sind.

Ebenso gab es die PLO. Sie hatte keinerlei religiöse Grundlage, sondern war Mitgliedern aus allen Religionen wie auch nicht Religiösen offen. Sie war damals die legitime Vertretung der Palästinenser. Bis auf eine kleine Splitterguppe innerhalb der PLO, der Bewegung „Schwarzer September“, lehnte die PLO Terrorakte gegen Zivilisten, seien es israelische oder andere, ab. Sie führte militärische Angriffe auf israelische Truppenteile (man stand ja nach dem Yom-Kippur-Krieg immer noch im Krieg), setzte aber ansonsten auf Verhandlungen.

Kurz: Alles, was wir heute als islamistisch-fundamentalistischen Terror gegen Zivilpersonen kennen, ist vollständig auf dem Mist der israelischen und US-Regierung gewachsen.

Nun mag sich einer fragen, ja waren die denn mit dem Klammerbeutel gepudert, sich die heftigsten Feinde selbst heranzuzüchten?

Das Ganze hat aber in zweierlei Hinsicht eine gewisse Logik:

1. Sowohl die US-Regierungen unter Reagan und später Bush Vater sowie noch später Bush Junior als auch die zionistischen israelischen Regierungen sind selbst eng verbunden mit religiös-fundamentalistischem Extremismus, in den USA auf christlicher Grundlage und in Israel auf zionistisch-jüdischer. Die Weltanschauungen dieser drei Arten von religiösen Extremisten gleichen sich in weiten Teilen. Einig ist man sich z.B. in der Ablehnung der Wissenschaftlichkeit und speziell der Wissenschaft als Grundlage der Weltanschauung, aber auch im „Wörtlich-Nehmen" der jeweiligen heiligen Schriften, alle drei sind Anti-Aufklärung, Anti-Gay, Anti-Abtreibung, frauenfeindlich, Pro-Todesstrafe, Pro-Folter, Männer-Gesellschaften voller Machismus, halten Menschenrechte für lästige Übel und sind - nicht zuletzt - Meister in Heuchelei: Während sie den Armen das bessere Leben im Jenseits predigen, wissen viele ihrer hervorstechenden Persönlichkeiten sehr gut, ihre Stellung zur persönlichen Bereicherung auszunutzen. Man hat also in gewisser Weise „Brüder im Geiste“ unterstützt.

2. Zum zweiten muß man auch sehen, daß diese Gruppen ja zunächst noch unter der eigenen Fuchtel geführt wurden. Erst als sich das Sowjet-Imperium auflöste, die USA zur einzigen Supermacht wurden und die weiteren Gelder für mehr Militär nicht mehr so recht fließen wollten, ließ man - nach und nach - die selbstgezüchteten islamistischen Fundamentalisten von der Leine und begann dann, sie als Hauptfeind aufzubauen. So konnte bereits 11 Jahre nach dem Ende des Sowjet-Imperiums mit dem 11. September 2001 der Startschuß zum „New War“ von Bush gegeben werden, der zum Teil noch verschämt unter dem Namen „Krieg gegen den Terror“ läuft, aber doch immer deutlicher zum imperialistischen Krieg zur Verewigung der Oberhoheit der USA über die Menschheit und speziell über die ölreiche Region des Nahen und Mittleren Ostens wird.

Man weiß genau, daß eine Anzahl islamistischer Terrorgruppierungen die Alleinherrschaft der Supermacht nicht ankratzen können, aber sie lassen sich ideal als Vorwand benutzten, um die Staatsapparate mehr und mehr zu faschisieren gegen den wirklichen Feind des Imperialismus - das eigene Volk. Für Israel sieht die Sache ähnlich aus: Mit Terrorgruppen wie Hamas und Hisbollah braucht man nicht zu verhandeln und niemand kann ernsthaft erwarten, daß man mit ihnen Frieden macht. Damit ist man vom lästigen Druck befreit, Frieden machen zu sollen und Palästina anzuerkennen und kann die Sache durch „Pulverisieren“ (wie Uri Avnery sie zitiert) zu lösen versuchen.

Neben den islamistischen Fundamentalisten züchtete man sich auch noch einen anderen Bösewicht heran: Saddam Hussein, Massenmörder und US-Zögling. Man brachte ihn im Irak an die Macht und bewaffnete ihn bis an die Zähne, denn man hatte keineswegs vor, das iranische Ayatollah-Regime gewähren zu lassen. Befehlsgemäß begann Saddam mit dem Stellvertreterkrieg gegen den Iran, mußte aber bald erkennen, daß die Nachbarn auch recht gut gerüstet waren, die hatten nämlich das Militärgut des Schah-Regimes geerbt, ein weiterer US-Zögling, den man aufgerüstet gehabt hatte.

So kam der Iran-Krieg nicht voran und Saddam mußte ihn unverrichteter Dinge abbrechen. Damit war er für den Sponsor nichts mehr wert, wurde sogar als gefährlich eingeschätzt mit all seiner Hochrüstung und war deshalb ebenfalls abzuservieren. Ein Vorwand war leicht gefunden, denn Saddam war ja mit vielen chemischen Waffen ausgerüstet worden von den USA (auch mit biologischen, siehe Anthrax) und die brauchte man nun nur zu finden und schon war der Krieg begründet. Dummerweise hatte Saddam sich inzwischen bereits aller B- und C-Waffen entledigt und so mußte man ganz schnell den Kriegsgrund ändern.

Die Terrorgruppen des CIA mit dem Codenamen Al Quaida waren auch nach dem Vertreiben der Sowjetunion aus Afghanistan nützlich: Zunächst wurden sie in Tschetschenien gegen die Sowjetunuion und später gegen Russland eingesetzt, in den jugoslawischen Teilungskriegen in den 90er-Jahren halfen sie der bosnischen Separatistenregierung Terror gegen die Serben anzuwenden und durften dann wieder nach Afghanistan, um die Taliban zu unterstützen.

Mit der Taliban in Afghanistan ging aber auch einiges schief. Statt so wie die vorherigen Regierungen nach dem Abzug der Sowjets ihren Reichtum auf die Herstellung und den Verkauf von Opium und Heroin zu stützen, begann die Taliban-Regierung den Anbau von Mohn zu verbieten und den Rauschgifthandel zu bekämpfen.

Da kam es gerade recht, daß man den 11. September Ex-Agent Bin Laden in die Schuhe schieben konnte, der sich in Afghanistan aufhielt, das man dann überfiel und innerhalb kürzester Zeit wieder auf den für US-Geldwäscher profitreichen Weg der weltweiten Hauptquelle für Opium und Heroin bringen konnte - immer angeblich auf der Suche nach Bin Laden. Daß der sich bis heute nicht eingefunden hat, muß wohl auf übersinnliche Kräfte zurückzuführen sein. Oder Bin Laden hat den „Beamer“ bei Raumschiff Enterprise geklaut.

Natürlich waren die eigentlichen Gründe der Überfälle auf Afghanistan und den Irak imperialistisch-strategischer Art und nicht von unwichtigen Figuren wie Saddam oder von Nebenpunkten wie Rauschgiftherstellung anhängig, aber das wird in anderen Artikeln behandelt.

Inzwischen waren auch die hausgemachten Israelisch-gesponsorten Terrorguppen Hamas und Hisbollah bereits zu beachtlicher Stärke angewachsen. Die Dollars und Shekel hatten Wirkung gezeigt. Wo Geld ist, zieht es Leute hin. Da sind wir wieder bei Goethe: „Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles, ach, wir Armen!“

Die Hamas mit ihren Selbstmordattentätern bot einen Vorwand, eine Mauer um die palästinensischen Gebiete zu bauen und die inzwischen auch schon ziemlich unabhängige Hisbollah den Vorwand, den Libanon erneut zu überfallen. Auch dabei ging einiges schief, aber auch das ist gerade nicht das Thema.

So kann man denn heute sowohl die US- wie die israelische Regierung (hinter verschlossenen Türen natürlich) mit Goethes Zauberlehrling klagen hören: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“


Link zum Originalartikel hier

Dieser Artikel erschien am 24.8.06 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.

Sonntag, 22. Oktober 2006

Welche Chance hat Israel?

Die Grundsatzfragen des Überlebens Israels

Von Elmar Getto

Hier stelle ich heute einen Artikel von Elmar Getto vom letzten Jahr herein, der angesichts der aktuellen Situation des verlorenen Libanon-Krieges eine ungeahnte Aktualität gewinnt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, daß nach neuen Veröffentlichungen 75% der Deutschen die aggressive Politik des israelischen Staates ablehnen.

Ich habe persönlich Juden kennen und gern haben gelernt. Eine davon ist heute in Israel. Ich habe jeden Antisemitismus mit Haß verfolgt. Ich habe über alle diese Jahre die Kriege und die Auseinandersetzungen in Israel/Palästina verfolgt und mich aktiv für die Rechte des palästinensichen Volkes eingesetzt. Ich habe immer Terrorakte gegen Zivilisten verurteilt, aber das gilt eben nicht nur für die (seltenen) Anschläge palästinensicher Gruppen, sondern auch für den (fast täglichen) Regierungsterror Israels. Heute bin ich mit einer Frau liiert, deren Großvater Palästinenser aus Jerusalem war. Ich sehe mich als Deutscher besonders verpflichtet, jedem Rassismus entgegenzutreten. Ich würde gerne eine Chance sehen für Israel, aus dieser Situation herauszukommen, einer Situation, in der es sich fast als Sieger fühlen konnte und doch nichts mehr als Niederlagen zu erwarten hat.

In den letzten Tagen und Wochen ist die Berichterstattung über Israel völlig auf die Räumung einiger weniger Siedlungen ohne strategische Bedeutung für Israel beschränkt gewesen [oder später auf die aktuellen Entwicklungen des Libanon-Krieges]. Die wirklichen und grundlegenden Fragen des Konflikts scheint niemand mehr stellen zu wollen. Darum hier ein Kommentar zu ihnen.

Wenn ich sage eine Chance für Israel, so meine ich damit sowohl Israel als Staat, als Land, in dem viele Juden leben als auch als Heim für alle Menschen, die dort leben. Aber ich sehe schlechte Chancen.

Mit wachsendem Entsetzen habe ich verfolgt, wie die Oslo-Vereinbarungen Stück für Stück von der israelischen Regierung zerpflückt und schließlich ganz zu den Akten gelegt wurden, wie die reale Alternative, die Israel hatte - theoretisch immer noch hat -, Land für Frieden und ein friedliches Zusammenleben mit den Nachbarn, statt einer ständigen Situation „Krieg, heisser oder kälter“ einzutauschen, für ein Wolkenkuckucksheim vergeben wurde.

Entsetzt habe ich verfolgt, daß selbst israelische Friedensgruppen, deren Sprecher in deutschen Zeitungen schrieben, ausschlossen, daß die palästinensischen Flüchtlinge, die zu großen Teilen über verschiedene arabische Länder verteilt unter unwürdigen Umständen leben, je zurückkommen dürften in das Land ihrer Väter, auf den Boden, von dem sie vertrieben wurden.

Ab diesem Moment bekam ich Angst, daß Israel sich im falschen Glauben an eine Position der Stärke mehr und mehr in eine Sackgasse manövrieren würde, sich mehr und mehr von der Frage abwenden würde, ob seine Aktionen international bei den Menschen noch auf Zustimmung treffen, sich mehr und mehr in eine letztlich aussichtslose Position des „Alles oder Nichts“ verrennen könnte.

Leider haben sich alle diese meine Befürchtungen bewahrheitet. Bis auf eine Minderheit sind heute Positionen in Israel verbreitet, die auf schlimmsten Rassismus hinauslaufen, so als wäre es nicht gerade das jüdische Volk, das am extremsten die Exzesse des Rassismus zu spüren bekam.

Die Stimmen der Vernunft, die lange wesentliche Teile der Gesellschaft in Israel bestimmten, sind so leise geworden, daß sie beinahe unhörbar sind. Israel ist – und dies ist eine Tragödie – zu einer Art von Apartheidsregime geworden, nur ohne die internationalen Sanktionen.

Die Medien in Israel gaukeln den Israelis weiterhin eine weitgehende Zustimmung vor, aber sie besteht nicht mehr. Zustimmung durch Regierungen ohne die des Volkes sind so leicht veränderlic wie die Windrichtung. Die Meinungsumfragen in Europa, die man in Israel (und in den europäischen Mainstream-Medien) als „einen neuen Antisemitismus“ abtat, sind eindeutig. Nein, es handelt sich nicht um Antisemitismus, es handelt sich um die Ablehnung der Politik eines Staates, der auf Unterdrückung, Gewalt, Mißachtung und Abschlachten eines anderen Volkes beruht.

In einer Befragung antwortetet die Mehrheit der Europäer, daß es die US- und israelische Regierung sind, von denen international die größte Kriegsgefahr ausgeht. Das ist weder Antiamerikanismus noch Antisemitismus, sondern ein Beweis für die sachliche Betrachtung der Fakten durch diese Europäer.

Was Israel, obwohl seine offizielle Politik schon seit den Anfängen unannehmbar war, immer noch ausgezeichnet hatte, war die Sympathie der weiten Mehrheit der Menschen auf der Welt (unter denen, die sich mit diesen Themen überhaupt beschäftigten), weil man sich auf den Holocaust bezog, weil niemand soviel Vorschuß-Sympathie hatte wie die Juden. Man sah auch immer die Stimmen der Vernunft in Israel, die damals noch kräftig waren.

Heute ist der Name Israel für eine klar überwiegende Mehrheit der Menschen auf der Welt (, die sich überhaupt mit solchen Themen beschäftigen) zu einem Synonym von Schlächtereien und Brutalitäten geworden, der Rücksichtslosigkeit gegen Beschlüsse internationaler Gremien, des offen arroganten Niederwalzens jedweder Beachtung der natürliche Menschenrechte, kurz, zum Inbegriff des Bösen, zu einem (um im Jargon der Patenmacht Israels zu bleiben) Schurkenstaat.

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Man sehe sich nur die völlige Zerstückelung des palästinensische Territoriums an.

So manche in Israel glauben, der Staat könne sich alles erlauben, solange der große ‚godfather’ jenseits des Ozeans mitzieht. Das geht, so lange es hält. Heute aber kann der aufmerksame Beobachter feststellen, daß der „Große Bruder“ Israels selbst schon in Schwierigkeiten ist, wenn diese auch bisher seine Stellung als einzige Supermacht noch nicht ernsthaft in Frage gestellt haben.

Alles, was man voraussehen kann, ohne in Spekulationen zu verfallen, weist aber darauf hin, daß sich diese Schwierigkeiten in den kommenden 15 Jahren drastisch steigen werden. Schwerlich werden wir 2020 noch die USA als Weltenherrscher und alleinige Supermacht haben. Selbst wenn die ‚Blase’ der Schulden der Supermacht, die nicht bezahlt, sondern einfach durch Ausgabe neuer Titel auf asiatische Staaten abgeschoben werden, die mit diesen Dollartiteln ihre Exporte hoch halten, noch 12 Jahre anhalten sollte, wie es einige Analysten prophezeien, wird sie danach mit einem um so größeren Knall platzen. Wird die USA einmal anfangen müssen, ihre Schulden und vor allem die Zinsen wirklich zu bezahlen, wird kein Geld mehr für Anderes (und Andere) da sein. Wenn der Dollarkurs im Keller sein wird und niemand mehr den Dollar als Vergleichs- und Reservewährung benutzt, wird die USA in der Wirklichkeit angekommen sein und alles andere zu tun haben, als täglich Millionen von Dollar nach Israel zu schicken.

Auch die millionenschweren täglichen Überweisungen der jüdischen US-Kolonie werden dann deutlich spärlicher werden. Ohne diese beiden täglichen Bluttransfusionen aber ist Israel als bärenstarker, übermilitarisierter Staat nicht möglich. Es würde auf das zusammenschrumpfen, was die in Israel hergestellten Werte repräsentieren – und das ist nichts, was eine Großmacht ausmachen könnte. Der heutige Großmacht-Status ist wesentlichen auf den riesigen Beträgen der eingehenden Gelder basiert.

Heute lebt das öffentliche Bild Israels noch von der wortreichen Unterstützung durch die kapitalistischen Regierungen auch der anderen westlichen Staaten sowie durch deren Mainstream-Medien, die alles über Israel so weit wie möglich umlügen, aber auch jetzt schon nicht darum herumkommen, manchmal auch die Wahrheit durchscheinen zu lassen (außer der Springer–Presse natürlich).

Aber auch diese Länder werden in den kommenden 15 Jahren sich schnell wachsenden Oppositionsbewegungen ausgesetzt sehen, so wie das heute in Deutschland schon deutlich wird. Man wird mehr und mehr auf die Machterhaltung im eigenen Land sehen müssen und das beinhaltet zu einem bestimmten Zeitpunkt für jedes dieser Länder das Nachgeben gegenüber der Forderung, die einseitige Unterstützung Israels einzustellen. Jede dieser Regierungen wird die innenpolitische Erleichterung dem Festhalten an außenpolitischen Prinzipien vorziehen. Auch das wird tiefe Einschnitte für Israel als (noch) weithin unterstütztes Land inmitten einer feindlichen Umgebung bedeuten.

Diese beiden Faktoren, die materielle Unterstützung und die ideelle Unterstützung „des Westens“ machen die heutige Stärke Israels aus. Beginnen diese Dinge wegzubrechen, bleibt nur noch die blanke militärische Präsenz, aber die ist teuer und wird dann bald nicht mehr so aufrechtzuerhalten sein.

Heute in zwanzig Jahren wird Israel, wenn es dann noch besteht und wenn es nicht grundsätzlich umgekehrt ist auf seinem Weg, voraussichtlich aussichtslos in der selbstgestellten Falle zappeln.

Welche Chance hat Israel also?Es gibt nur eine Chance für Israel: Heute reicht es nicht mehr, auf die Oslo-Vereinbarung zurückzukommen. Heute besteht eine Chance nur noch auf der Basis der bekannten Resolutionen des Weltsicherheitsrates und der UN-Vollversammlung sowie den Entscheidungen des internationalen Gerichtshofes der UN sowie den unweigerlich dazugehörenden Dingen.

Das heißt im einzelnen und konkret:

1. Vollständiges Abwenden von den Prinzipien des Zionismus bezüglich des Eigentums an Land und der Überlegenheit der Juden sowie der Definition von Israel als jüdischer Staat. Komplette Trennung von Staat und Kirche.

2. Anerkennung aller in Israel Lebenden als Bürger mit gleichen Rechten.

3. Einigung mit den Palästinensern entweder auf Gründung eines gemeinsamen Staates auf den Territorien von Israel, der Westbank und dem Gazastreifen oder auf Gründung und Anerkennung eines eigenen palästinensischen Staates (neben dem Israelischen Staat) auf der Westbank und dem Gazastreifen unter Einschluß des arabischen Teils Jerusalems als Hauptstadt.

4. Ermöglichung der Rückkehr aller vertriebener und geflüchteter Palästinenser und Rückgabe deren Grund und Häuser. Wo eine solche Rückgabe nicht mehr stattfinden kann, sind angemessene Entschädigungen zu bezahlen. Soweit die Palästinenser aus Israel und nicht den jetzigen palästinensischen Gebieten stammen, ist ihnen freizustellen, ob sie nach Israel oder ggf. nach Palästina zurückkehren wollen.

5. Rückgabe der Golan-Höhen.

6. Räumung aller Siedlungen in den besetzten Gebieten. Rückzug auf die Grenzen vor 1967, Abbau der Mauer (Grenzzaun).

7. Angemessene Reparationszahlungen an die Palästinenser für die während der Besatzung vernichteten materiellen Werte (Häuser, Vieh, Ernten, Bäume, Landenteignungen etc.)

8. Garantie der ausreichenden Wasserversorgung für Palästina.

9. Friedensvertrag mit internationalen Garantien der Existenz Israels (und ggf. Palästinas) mit den arabischen Nachbarstaaten. Internationale Garantien für ein vollständiges gegenseitiges Nichtangriffs-Übereinkommen.

10. Entmilitarisierung des israelischen Staates und Entwaffnung der paramilitärischen palästinensischen Gruppen.

11. Anklagen und Prozesse gegen jene, die für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind wie auch gegen jene, die sie ausgeführt haben.

Ohne die Erfüllung dieses Katalogs (oder eines ähnlichen / entsprechenden) sehe ich keine Chance mehr für Israel, wird es im Jahre 2048 keine Feier der hundert Jahre Israel geben.

Donnerstag, 19. Oktober 2006

USA/Israel haben den Krieg bereits verloren

In der eigenen Falle gefangen

(Einschliesslich Reaktionen auf den Artikel)

Von Karl Weiss

Artikel veröffentlicht am 22. August in der "Berliner Umschau", hier geringfügig redigiert. Wenige Tage nach Ende des Juli/August-Libanon-Krieges von USA/Israel wurde hier eine umfassende Analyse der gesamten aktuellen Situation im Nahen und Mittleren Osten erstellt und zu folgendem Schluss gekommen: Die von USA/Israel definierten Kriegsziele sind unerreichbar. Damit ist der ganze Krieg bereits verloren für sie, obwohl er noch lange dauern kann. Der Artikel stiess auf intensives Interesse. Einige der Reaktionen werden hier ebenfalls dokumentiert.

Der 12. Juli 2006 könnte in die Geschichtsbücher als der Beginn der gewaltigen Kriegsperiode zu Beginn des 3. Jahrtausends eingehen. Mit dem gemeinsam inszenierten Libanonkrieg seit diesem Tag, der dann zunächst 34 Tage dauerte, haben sich die US- und die israelische Regierung in ihrer eigenen Falle gefangen. Sie können diesen Krieg nicht gewinnen. Mit anderen Worten: Sie haben ihn bereits verloren.

Damit können sie so gefährlich werden wie tollwütige Hunde. Entsetzliche Schlächtereien könnten auf die Menschheit zukommen. Aller Voraussicht nach ist der Krieg nicht zu Ende, sondern hat gerade erst angefangen.

Die Ähnlichkeit zu gewissen Aspekten des 1. Weltkrieges wird immer deutlicher. Damals strebte der deutsche Imperialismus nichts weniger als die Weltherrschaft an. Ab dem Moment, als die Möglichkeit der Niederlage ins Auge gefaßt werden mußte, gebärdete er sich wie ein tollwütiger Hund. Millionen und Abermillionen mußten dafür sterben.

Zwar war die US-Regierung durch den Albtraum gewarnt, den sie im Irak und teilweise auch schon in Afghanistan durchlebt, aber Cheney, Rumsfeld und deren Umfeld glauben anscheinend immer noch fest daran, daß man jedes Problem lösen kann, wenn man einfach noch mehr Gewalt anwendet.

Die israelische Regierung wußte ebenfalls, auf was sie sich einläßt, denn sie hatte 1982 schon einmal den Libanon überfallen und mußte sich später kleinlaut zurückziehen. Allerdings konnte damals ein wesentlicher Teil der PLO vernichtet werden. Man schien zu glauben, es werde immer alles so weitergehen wie früher. Wenn man einen Krieg anfängt, kann man die feindlichen Milizen weitgehend ausschalten und hat dann die Hände frei.

Offensichtlich wurde mit dem Kommandounternehmen, das man am 12.7. über die Grenze des Libanon schickte, absichtlich das Töten / die Gefangennahme von israelischen Soldaten (es gibt keine „Entführung von Soldaten“ im Krieg) durch die Hisbollah provoziert, um einen Vorwand für Luftschläge zu haben, die dann wiederum eine Antwort der Hisbollah hervorrufen sollten. Soweit ging der Plan auf.

Doch ab dann ging alles schief. Statt mit Luftschlägen und Kommandounternehmen die Hisbollah in die Flucht zu schlagen, so wie die ägyptischen, jordanischen und syrischen Soldaten im Sechs-Tage-Krieg gelaufen waren wie die Hühner, stellt sich die Hisbollah plötzlich als ausgebildete und ausgerüstete Guerillatruppe dar, die alle Finten der „asymmetrischen Kriegsführung” beherrscht (was Israels Regierung hätte wissen können, denn man hat einen gut funktionierenden Geheimdienst, der auch schon bekanntermaßen mit der Hisbollah zusammengearbeitet hat - die Miliz ist im wesentlichen ein Produkt des Mossad).

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Am Beginn des Waffenstillstands waren es 34 Tage, daß die Hisbollah standhielt. Standhielt einem massiven Einsatz der fünftstärksten Streitmacht der Welt. Hatten die islamistischen Fanatiker am Anfang noch 10 Raketen täglich nach Israel geschossen, waren es zum Schluß an einigen Tagen bereits über hundert täglich - und alle Anstrengungen der machtvollen israelischen Streitkräfte haben nichts daran zu ändern vermocht.

Offenbar war der Krieg gegen den Libanon als Auftakt des großen Krieges um den Nahen und Mittleren Osten von vornherein für einen Monat vorgesehen. So wurde dann im Weltsicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die man so schon nach zwei Tagen hätte haben können. Daß man sie bewußt durch die Vertreter Großbritanniens und der Vereinigten Staaten hinauszögern ließ, beweist, daß beide Regierungen eingeweiht waren in alle Pläne (oder mitgeplant haben) und eine längst geplante Agenda ausführten.

Doch die Kriegsziele wurden nicht erreicht. Man wollte die Hisbollah vernichten oder jedenfalls so schwächen, daß keinerlei Vergeltungsschlag von ihr ausgehen könnte, wenn man mit dem Iran-Krieg begänne. Tatsächlich ist die Hisbollah stärker denn je.

Israel hatte bereits vor dem Waffenstillstand den kommandierenden General für den Libanon-Feldzug abgelöst, ein klares Anzeichen, daß man sich des Desasters absolut bewußt ist. Statt Udi Adam war nun Mosche Kaplinski verantwortlich.

Palestina land loss

Der Gedankenwelt von Kommißköppen ist es fremd, daß sie mit jedem getöteten Hisbollah-Kämpfer zwei neue hervorbrachten, mit jedem zerfetzten libanesischen Baby hundert, mit jedem getöteten Zivilisten zehn und daß sie mit jeder Ausweitung des Krieges ganze Völker als Gegner hineinziehen.

Ihnen ist nicht klar (oder sie unterschätzen sträflich), daß parallel zu den rein militärischen Ergebnissen eines Krieges immer ein Kampf um die Herzen der Menschen gefochten wird und daß sie dabei sind, diesen zu verlieren. Nicht nur die Herzen der Menschen im Libanon haben sie schon verloren, nicht nur die der Menschen in der arabischen und islamischen Welt, sondern auch und gerade da, wo ihre wichtigsten Rückhalte lagen: In der europäischen und nordamerikanischen Bevölkerung. Selbst unter Juden, die nicht schon der Friedensbewegung angehörten und selbst im eigenen Land Israel beginnt sich bereits Entsetzen zu verbreiten.

Ein Mitglied des deutschen Zentralrats der Juden, Rolf Verleger, hat in einem Brief an den Zentralrat „Israels Gewaltpolitik“ verurteilt. Und man weiß, daß es dort wirklich nur doppelt eingeschworene Zionisten gibt.

Der österreichische Oberrabiner Friedmann hat den Überfall Israels auf den Libanon eindeutig verurteilt.

Hunderte junger Israelis haben den Kriegsdienst verweigert, obwohl dies für sie Gefängnis bedeutet.

Eine Meinungsumfrage auf der Internet-Site der „Newsweek“, einem ultrarechten US-Magazin, hätte vor dem Krieg sicherlich über 90% positive Stimmen für Israel gegeben - wenn nicht mehr. Am 8.8., nach etwa 15.600 abgegebenen Stimmen, fanden sich nur noch 59% für die israelfreundliche Seite, während bereits 37% Israel die Schuld geben.

Das ist bemerkenswert angesichts der Situation, daß alle großen US-Medien völlig unisono nur die israelische Seite darstellen.

Unabhängig voneinander haben drei Gruppen von einheimischen Juden in arabischen bzw. islamischen Ländern den Einmarsch Israels im Libanon verurteilt. Es sind Gruppen libanesischer, marokkanischer und iranischer Juden.

Im Libanon wurden durch Zeitungen Meinungsbefragungen über die Hisbollah durchgefürt. Vor dem Krieg war die Hisbollah ganz knapp in der Minderheit (wie auch die Wahlen gezeigt haben) gegenüber den Christen und den Sunniten sowie „Anderen“, heute stimmen 85% für die Hisbollah. Wären mit der libanesischen Regierung, der nur eine Minderheit von Hisbollah-Mitgliedern angehört, vor dem Krieg noch Vereinbarungen möglich gewesen, die eine Übergabe der Hisbollah-Waffen an die libanesische Armee beinhaltet hätten, ist dies nun genau umkehrt. Die libanesische Armee steht auf Seiten von Hisbollah. Da kann man ruhig Waffen übergeben, es geht gemeinsam gegen Israel.

Der Chefredakteur der Beiruter Zeitung „Morning Star“ wird in 'Newsweek' mit der Aussage abgedruckt, daß kurz vor dem Waffenstillstand im Libanon bereits 80% der Christen (im Libanon die wesentliche Basis von USA/Israel) die Hisbollah-Attacken auf Israel unterstützen. Israel hat in Wirklichkeit den Libanon verloren, nicht gewonnen.

Der „Morning Star“ hebt auch das taktische Geschick des Generalsekretärs der politischen Bewegung Hisbollah, Nasrallah, hervor. Man hatte die Raketen mit längeren Reichweiten bewußt solange nicht eingesetzt, wie die Israelis nur Wohngebiete der Schiiten im Süden der Hauptstadt bombardierten. Da Israel aber neue Wohngebiete zum Bombardieren brauchte, denn man hatte ja beschlossen, zehn Wohnblocks zu „pulverisieren“ für jede Rakete auf Israel, begann man dann auch sunnitische und christliche Wohngebiete anzugreifen. Genau ab diesem Moment begann die Hisbollah die Raketen größerer Reichweite einzusetzen. Mit dem Erfolg, daß sich Sunniten und Christen nun mehr und mehr, wenn überhaupt, dann von der Hisbollah geschützt fühlten.

Die entstandene Situation im Libanon ist so, daß die Hisbollah darauf vertrauen kann, daß niemand ernsthaft etwas gegen sie unternehmen wird und daß keine Entscheidung mehr an ihr vorbeiläuft.

Zu Zeiten des Einmarsches von Israel in den Libanon 1982 war es noch möglich, einen weltweiten Aufschrei der Empörung über Israel zu verhindern, denn die von den Herrschenden kontrollierten Zeitungen und Fernsehen in den Ländern des Westens und auch in arabischen und islamischen Ländern hatten die absolute Monopolstellung in der Information. Doch heute gibt es das Internet und Fernsehsender wie Al Arabia und Al Jazeera, wo man ständig neue Bilder verfolgen konnte von dem, was im Libanon vor sich geht.

In vielen arabischen und islamischen Ländern versammelten sich Menschen vor den Bildschirmen von Computern und TV und sahen sich immer neue Photos und Videos von zerfetzten Babys, Kindern ohne Arm oder Bein, zerschmetterten Körpern und weinenden und klagenden Menschen an. Und diese Menschen rufen auf arabisch, das fast alle in der Region verstehen: „Seht an, was Israel uns angetan hat! Seht, was Amerika uns angetan hat! Gott wird sie strafen dafür!“

Genau die gleiche hirnverbrannte Politik, die gegenüber den Palästinensern bereits zu einer Situation geführt hat, in der ein Ausgleich fast unmöglich geworden ist, hat Israel nun auch im Libanon angewandt mit dem gleichen Ergebnis. In Palästina wurde die Hamas gewählt, im Libanon hat nun die Hisbollah die Meinungsführerschaft. Damit reißt Israel eine Brücke nach der anderen hinter sich ein. Es gibt kein Zurück mehr, ohne daß die führenden Politiker, Parteien und Generäle das Gesicht verlieren.

Vielleicht ist diese Politik auch nicht hirnverbrannt, sondern voll beabsichtigt. Wenn man auf der Gegen-Seite niemand mehr hat, der den Frieden will, sondern jene fundamentalistisch-extremistischen religiösen Gruppen, wie Hamas und Hisbollah, die von Israel ausgerüstet und unterstützt wurden, um die PLO zu bekämpfen, so wird man endgültig den Druck los, Frieden machen zu sollen.

Das deutsche Kaiserreich hätte im Ersten Weltkrieg spätestens Ende 1916 sehen müssen, daß der Krieg verloren war und versuchen, zu einem Frieden unter annehmbaren Bedingungen zu kommen. Stattdessen... (man lese in den Geschichtsbüchern nach).

Genauso scheinen jetzt die Regierungen der USA und Israels auf das Desaster zu reagieren: Noch mehr Krieg und Bomben, noch mehr Überfälle, noch weit mehr Truppen.

Ist einmal die Logik tollwütiger Hunde durchgebrochen, gibt es kein zurück mehr, es geht nur nach vorne. Und was heißt das?

Frau Rice hat es in einem unbedachten Moment bereits gesagt: „Der Neue Nahe Osten“. Genau gesagt, muß man auf deutsch übersetzen: „Nahe und Mittlere Osten“, wenn im Englischen „Middle East“gebraucht wird, das ist das Gebiet vom Suezkanal bis zur indischen Grenze unter Einbeziehung von Aserbeidschan, das betrifft also außer Israel zunächst Teile von Ägypten, dann Palästina und Jordanien, Libanon, Syrien, Irak, Iran, Saudi-Arabien, die Emirate, Jemen, Kuweit, Oman, Qatar, Aserbeidschan, Afghanistan und Pakistan.)

Die Rice’sche Aussage dürfte auch als eines der größten diplomatischen Desaster in die Geschichtsbücher eingehen, denn in dem Moment, in dem der arabischen und muslimischen Öffentlichkeit bewußt wurde, was da gesagt worden war, hatte Frau Rice den Krieg verloren. Ihre Aussage heißt nichts anderes, als daß USA/Israel sich dieses ganze Gebiet unterwerfen und auf Dauer militärisch kontrollieren wollen. Das ist objektiv unmöglich.

Zwar mag man anfangs ‚nur’ an die Eroberung Syriens und des Irans denken (oder Syrien einfach links liegenlassen), aber die Eroberung Irans hat weitreichende Folgen in der ganzen Region. Schwerlich wird die Bevölkerung etwa in Saudi-Arabien und Ägypten hinnehmen, daß die dortigen Regierungen beifallklatschend daneben stehen. Die werden vielmehr unter heftigsten Druck der eigenen Bevölkerung geraten oder sogar hinweggefegt werden und dann muß man diese Länder auch erobern.

Selbst wenn man unterstellen will, daß mit europäischer Hilfe (damit muß man leider rechnen bei der gezeigten Haltung der europäischen Regierungen, entgegen dem Willen der europäischen Völker) in einem großen Krieg die Eroberung dieses ganzen Gebiets möglich wäre, ist es objektiv unmöglich, es auch zu kontrollieren, denn man hätte es mit Hunderten von Guerilla-Gruppen zu tun. Man bräuchte zig Millionen, wenn nicht Hunderte von Millionen von ausgebildeten Soldaten, die es nicht gibt, zur Kontrolle der Situation in diesen Ländern, um nicht in Albtraum-Situationen wie im Irak und in Afghanistan zu geraten.

„Der Dritte Weltkrieg hat... schon begonnen“, sagte Israels UN-Botschafter Dan Gillerman. Der republikanische US-Politiker Newt Gingrich (einer der Vor-Kandidaten der Republikaner für Bushs Nachfolge) spricht schon von „frühen Stufen“ eines „Dritten Weltkriegs“.

Das Neocon-Organ „Weekly Standard“ schreibt: „Wir müssen erwägen, diesen Akt der iranischen Aggression mit einem Militärschlag gegen die Nuklearanlagen des Irans zu beantworten. Warum warten?...“

Max Boot, ein reaktionärer Vordenker Bushs, rief in der „Los Angeles Times“ zu mehr Härte auf. Israel zahle derzeit den Preis für den weichen US-Kurs gegenüber Damaskus und Teheran. Die „extrem humane Zurückhaltung“ der Israelis im Libanon, die nicht einmal ‚zufällig’ die Botschaften Syriens und des Irans in Beirut bombardierten, sei auch ein falsches Signal. Er rief unverhohlen zum Angriff gegen Syrien auf, wo Israel den USA „die Schmutzarbeit“ abnehmen könnte.

Das sind tollwütige Hunde.

Ein Großkrieg gegen alle diese Länder, der mit Sicherheit als 3. Weltkrieg in die Geschichtsbücher einginge, würde fast alle wehrfähigen Männer dieser Länder wie auch anderer arabischer und islamischer Staaten in die Widerstandsbewegungen rufen. Die westfreundlichen Regierungen nicht nur der eigentlichen Region, sondern auch Marokkos, Algeriens, Libyens, Ägyptens und Tunesiens, vor allem aber auch der Türkei und nicht zu vergessen Indonesiens, das alleine schon fast so viele Menschen hat wie alle anderen islamischen Staaten zusammen, würden in Bedrängnis geraten und wohl auf die Dauer nicht standhalten können. Damit müßte der Krieg nach und nach auch auf diese Länder ausgeweitet werden. Kurz: Das kann USA/Israel objektiv nicht gewinnen.

Der "Neue Nahe/Mittlere Osten" ist unerreichbar. Der Krieg ist nicht zu gewinnen. In Kriegen gibt es kaum je Unentschieden, also ist er für USA/Israel bereits verloren. Will man nicht das Debakel noch vergrössern, müsste man so schnell wie möglich gangbare Seitenausgänge suchen.

So kann man zu der Einschätzung kommen, daß die beiden Regierungen nun wie tollwütige Hunde handeln könnten.

Es ist zwar nicht auszuschließen, das sich doch noch „gemäßigte Kräfte“ in den USA und/oder Israel durchsetzen (speziell das US-Militär hat ja schon fast mit Gehorsamsverweigerung gedroht und auch Rumsfeld hat zur Mäßigung aufgerufen) und einen der noch möglichen Seitenausgänge aus der selbst gestellten Falle benutzen, aber das wird dann eine Niederlage vor den Augen der Welt sein - speziell der arabischen und islamischen.

Einer dieser Seitenausgänge wäre, es nun einfach bei diesem Libanonkrieg zu belassen und im weiteren die Bemühungen um das iranische Atomprogramm den Diplomaten zu überlassen. Aber wer glaubt schon, daß sie das tun werden?

Können die europäischen Regierungen diese einfachen Tatsachen nicht sehen? Hat Frau Merkel nicht gelesen, daß 75% der Deutschen dies Vorgehen Israels ablehnen (eine ähnliche Zahl würde sich wohl auch über ganz Europa ergeben)?

Was hat die französische Regierung geritten, einen Resolutionsentwurf mit den US-Amerikanern vorzulegen, der selbst von Olmert als „gut für Israel“ eingestuft wurde und daher keine Chance hatte, sondern nur weiteren Zeitverlust ergab - und Zeitgewinn für Israels Schlächtereien?

Wie lange wird Blair sich noch gegen die klare Mehrheit seiner Partei durchsetzen können?

War Prodi von allen guten Geistern verlassen, nicht sofort eine klare Erklärung im Sinne der sofortigen Einstellung der Kriegshandlungen und dem sofortigen Rückzug Israels abzugeben? Will man sich wirklich auf einen Husarenritt zusammen mit USA/Israel ins Nichts einlassen, in Richtung auf den „Neuen Nahen und Mittleren Osten", der unerreichbar ist?

Georg Meggle in „telepolis“ geht davon aus, daß als Antwort auf einen Iran-Angriff die Hisbollah begonnen hätte, ihre Raketen auf Israel zu schießen und die Bestückung mit chemischen oder nuklaren Sprengköpfen nicht auszuschließen war. So habe man mit dem Überfall auf den Libanon geglaubt, ihnen würden die Raketen (zumindest die mittlerer Reichweite) bald ausgehen. Dann habe man freie Hand , den Iran-Feldzug zu beginnen, ohne irgendetwas befürchten zu müssen.

Das ist möglich, aber auch in diesem Fall hat man sich völlig verkalkuliert. Die Hisbollah hat in diesem Krieg täglich mindestens das Doppelte an Freiwilligen bekommen, als Israel abschlachten konnte. Sie wird sich nun weiter stärken mit neuen Rekruten.

Material (wie in diesem Fall die Raketen) ist nie ausschlaggebend für Kriegsausgänge, wenn es diese auch beeinflussen kann. Die Vorstellung, daß man völlig und zeitlich unbegrenzt den Nachschub der Raketen unterbinden könne, ist nicht realistisch. Man wird schon viel damit zu tun haben, die gestärkte Hisbollah als Fußtruppe im Zaum zu halten.

Dieser Krieg, der als Libanonkrieg begann, wird nicht so schnell zu Ende sein, ist zu befürchten. Es wird wohl noch viel mehr Leid, Tote, Verstümmelte, noch viel mehr zerstörte Wohnungen, Häuser und Infrastruktur, zerfetzte Babys, Kinder ohne Arme und Beine, blutende Zivilisten und wiederum Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge geben und dies auf beiden Seiten und jedes und jeder Einzelne (auf beiden Seiten) wird USA/Israel näher der völligen Niederlage bringen.

Vor allem aber wird bei einem Überfall auf den Iran mit Bodentruppen für USA/Israel bald der „point of no return“ erreicht sein, ab dem kein Seitenausgang mehr gangbar ist.

Und man sehe sich das Ende des 1.Weltkrieges an. Wehe den Besiegten!


Link zum Originalartikel hier


Reaktionen auf den Artikel vom 22.8.: "USA/Israel haben den Krieg bereits verloren"

Der Visionaer - 23. Aug, 10:58

Endlich!

Dieser Artikel ist unmissverständlich und geradezu chirurgisch. Der Verfasser ist wie ein Doktor mit seinem Skalpell, der mit seinem analytischen Scharfsinn eindeutige Botschaften vermittelt.

Gratuliere, dass jemand mal den Mut hat, sich so zu äußern und die Fakten klar auf den Tisch zu legen.

Ich kann nur sagen, ich bin froh, dass jemand genügend Objektivität und einen normalen natürlichen Menschenverstand einsetzt, um Lesern zu vermitteln worauf sich Europa da einlässt.

Wir leben im 21. Jahrhundert und anscheinend ist manchen auf der Welt noch nicht klar, dass ein verbrecherischer, von angeblich rechtstaatlichen Organen ausgeführter Krieg nur eins hervorrufen wird:

Das Scheitern der westlichen Demokratie.

Und wenn die westliche Demokratie scheitern sollte, muss uns bewusst sein, was uns erwartet.

Die Welt wird uns auslachen sie werden mit den Fingern auf uns zeigen und sagen:

"Seht was die Demokratie uns gebracht hat, Schutt und Asche, sie wollten uns vernichten und jetzt liegen sie am Boden und sterben vor sich hin"

Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen werden zum Zusammenbruch der westlichen Nation führen. Andere Nationen werden zur Weltmacht aufsteigen.

Nur schade, dass immer der Leidtragende hierbei eine Gesellschaft ist, die nicht mehr tragbar scheint. Die Reichen werden sich umsiedeln und sich den jeweiligen Verhältnissen anpassen und die Gesellschaft der "normalen Menschen" rennt ins Verderben für genau diese Menschen.

Für mich unverständlich wie man einen Präsidenten unterstützen kann, der äußert, man wolle nicht aus dem Irak raus, um die "Öl-Felder nicht den Terroristen zu überlassen".

Wer gibt den Amerikanern und den Israelis nur die Hoffnung auf einen Sieg? Welcher Glaube ist so grausam, dass er es zulässt, dass ihr Menschen schlachtet und die alten Legenden aufleben lasst, die schon in der Bibel und im Koran so oft geschildert werden.

Sie schreien jetzt alle, Israel trinkt das Blut unserer Kinder. All die Kinder, alle die Frauen und alten Menschen die ihr unter eurem Bombenhagel vergraben habt. Ihre Leichen sind nun in den Köpfen der Menschen eingebrannt, die Menschen fühlen Hass und schreien nunmehr nach Vergeltung.

Ich bin geschockt über ein angeblich so aufgeklärtes Volk in einem solch fortgeschrittenen Zeitalter, in dem wir leben, solch eine Grausamkeit und solch beispiellose Menschenverachtung erleben zu müssen.

Aber jeder muss seinen Preis zahlen, das besagt auch das Kausalitätsprinzip. Wer meint, man könne diese Gesetze nicht auf die Menschheit übertrage, möge die Geschichte lesen und verstehen, wie die mächtigsten Reiche untergegangen sind.

In guter Hoffnung auf Erhaltung unseres Lebens unseres Wohlstandes und dem Frieden auf Erden, wünsche ich mir Vernunft in den Köpfen der Menschen und die Weisheit von Sokrates.



G. Nagel, Berlin

In einer Deutlichkeit wie man sie in diesen Tagen leider nur allzu selten antrifft, beschreibt Karl Weiss anhand der Begleitumstände, Hintergründe und weitergehenden Ankündigungen der "einzig verbliebenen Weltmacht", in welch tödlicher Gefahr die Welt sich heute befindet.

Umso mehr frage ich mich, aus welchem Grund der Autor es offensichtlich nicht fertigbringt, auch noch den letzten gedanklichen Schritt zu vollziehen?

Die USA BRAUCHT einen Dritten Weltkrieg und tut seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts buchstäblich alles dafür, ihn auszulösen.

Warum? Nun weil diese Volkswirtschaft in allen Sektoren, die der Fachmann unterscheidet, so über alle Maßen verschuldet ist, daß ihre führenden Köpfe nur noch in der Zerstörung weiter Teile der Welt bei gleichzeitiger Ausschaltung von Konkurrenz im besonders lukrativen Wiederaufbau-Geschäft eine reale Möglichkeit sehen, diesen Schuldenberg 1.) auf Dritte abwälzen und 2.) dann irgendwann "großzügig vergessen", d.h. schlicht streichen zu können.

Eine anno Tobak festgelegte, damals für irreal hoch gehaltene Obergrenze für die Verschuldung des Staates USA mußte in diesem Februar vom Kongreß weiter erhöht werden, denn andernfalls, so erklärte es der damals noch amtierende US-Finanzminister John Snow, wäre die USA spätestens ab Mitte März zahlungsunfähig geworden. Ebenfalls ab März 2006 nahm die Fed Abstand davon, die Entwicklung der Geldmenge M3 noch zu veröffentlichen, welche allzu deutliche Rückschlüsse auf die Entwicklung der Inflation erlaubt.

Die offiziell verkündete Inflationsrate ist neuerdings eine "bereinigte": Weil, so wird das erklärt, die Preise im Energiesektor so stark schwanken würden, rechne man sie einfach heraus. Zwar versteht man unter schwankenden Preisen im allgemeinen ein hoch und runter - nur ist das bei den Energiepreisen eben nicht der Fall. Beispiel: 1 Barrel Öl kostete bei Bushs Amtsantritt noch etwa 22 Dollar, heute kostet das Barrel nur relativ leicht schwankend um die 70 Dollar.

Und das liegt nicht an der Unersättlichkeit irgendwelcher "Ölscheichs" in Asien, Südamerika oder Rußland sondern daran, daß der Dollar aufgrund des US-Finanzdesasters schlicht seinen Wert verliert und daher in der akuten Gefahr steht, seine Rolle als sog. Weltleitwährung in Kürze zu verlieren. Dann müßten IWF und Weltbank einen Plan zur Abwehr einer weltweiten Wirtschaftskrise entwickeln, die die USA von der angeblich "einzig verbliebenen Weltmacht" zum BITTSTELLER gegenüber dem Rest der Welt machen würde.

Die ganze Entwicklung, welche spätestens seit dem 91er Irak-Krieg erkennbar wurde, ist eine völlig rationale Angelegenheit und hat nichts, aber auch rein gar nichts mit "Tollwut" zu tun.

Auf den ebenso rationalen wie menschenverachtenden Plan, die sich bereits in den 80er Jahren abzeichnende gigantische Schuldenkrise durch die Herbeiführung eines Dritten Weltkrieges zu "lösen", verlegte man sich in USA (und befreundeten Nationen, auch "Koalition der Billigen" genannt) aufgrund der diesbezüglich guten Erfahrungen mit den beiden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts. Siehe dazu den Artikel bei 'Goldseiten.de'.

So und nur so wird aus der US-amerikanischen Außenpolitik seit dieser Zeit ein rational nachvollziehbares Stück Arbeit aus einem Guß.

Man kann nur vermuten, warum der Autor (und mit ihm sicher viele, die in ihren Überlegungen ähnlich weit gediehen sind) sich dennoch dagegen sperren, eine Eskalation seitens der USA und ihrer "Koalition der Billigen" hin zu einem ausgewachsenen Weltkrieg auch nur in Gedanken als ABSICHTLICHEN PLAN erkennen zu wollen.

Nein, nicht etwa weil ein Weltkrieg heute mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einer atomaren Apokalypse enden würde und der Mensch von heute sich dem Gedanken an das eigene Ende eben so gern entzieht.

Vielmehr dürfte der Grund für diese innerliche Verweigerung, den Entwicklungen ins Auge zu sehen, darin liegen, daß dies unser vertrautes Weltbild allzu arg ins Wanken bringen würde.

Der Autor selbst gibt dazu einen sehr deutlichen Hinweis:

"Das deutsche Kaiserreich hätte im Ersten Weltkrieg spätestens Ende 1916 sehen müssen, daß der Krieg verloren war und versuchen, zu einem Frieden unter annehmbaren Bedingungen zu kommen. Stattdessen... (man lese in den Geschichtsbüchern nach)."

Solange man "den" Geschichtsbüchern vertraut, hat man sich eben noch nicht einmal mit den tatsächlichen Motiven (jenseits irgendwelcher für die Sieger eines großen Krieges so angenehmen "Schuldfrage") aller Seiten im ERSTEN Weltkrieg beschäftigt... Da hilft nur ein Blick in das Geschichtsbuch eines Menschen mit nüchternerem Blick.

Insofern hat der Autor, gewiß unbeabsichtigt, mit dem von ihm gewählten Titel zu seinen Überlegungen auch gleich sein eigenes Dilemma auf den Punkt gebracht:

"In der eigenen Falle gefangen"

In der Hoffnung, die werten Leser dieser Zeilen in Ihrem Mittagsschlaf nicht über Gebühr gestört zu haben...



24. Aug, 08:00


Karl Weiss - 24. Aug, 21:41

Dem Leser überlassen

Hier stelle ich noch die Antwort ein, die ich dem Verfasser bereits per E-mail geschickt hatte (lediglich redaktionell überarbeitet):

Ich denke, unsere Ansichten liegen gar nicht so weit auseinander. Ich habe
mich aber, um es nicht zu lang werden zu lassen, eventuell im Artikel nicht
klar genug ausgerdrückt.

Die Frage, ob die US-Politik nicht schon die ganze Zeit bewusst auf den dritten
Weltkrieg hinausläuft, habe ich offen gelassen. Da muss man dem
Leser Raum lassen.

Was die Frage der ökonomischen Zwänge betrifft, darf man sich da nicht zu
einseitig auf die Einschätzungen von 'goldseiten' verlassen. Ich habe dort
auch eine Menge gelesen, aber man muss berücksichtigen, dass die
'goldseiten' eben dazu da sind, möglichst viele Leute dazu zu bringen, Gold
zu kaufen und so den Goldpreis in die Höhe zu treiben. Da Gold einer der
klassischen "sicheren Häfen" ist in Krisenzeiten, tendieren sie da natürlich
zu Weltuntergangsvisionen.

Andererseits ist der Kapitalismus natürlich keineswegs krisenfest geworden -
im Gegenteil. Die dräuende Wirtschaftskrise könnte eine besonders tiefgreifende werden. Eine umfassende Einschätzung von mir dazu habe ich in einigen Artikeln zusammengefasst, die du auf meinem Blog http://karlweiss.twoday.net
finden kannst, wenn du ins Thema 'Oekonomie' gehst.

Tatsächlich hat die US-Politik nichts mit Tollwut zu tun, das habe ich auch
nicht gesagt. Ich habe den Zustand, wenn in Gewalt verliebte Machtpolitiker
der Niederlage ins Auge sehen, damit verglichen, wie sich tollwütige Hunde
verhalten. D.h. nur noch um sich beissen, keine Gedanken mehr verschwenden.

Schliesslich noch zum 1.Weltkrieg. Ich konnte unmöglich alle die
umstrittenen Fragen, die damit in Zusammenhang stehen, in diesen Artikel
packen. Ich habe lediglich einen einzigen Aspekt des 1.Weltkriegs
aufgegriffen, nämlich den, daß das deutsche Kaiserreich Ende 1916 wissen
konnte und im Kern auch wusste, dass der Krieg verloren war. Die Reaktion
war, dass man nur umso verbissener weiterkämpfte, ohne irgendeinen
rationalen Sinn und Zweck.

Wenn ich mich da auf Geschichtsbücher bezog, so waren das theoretische Bücher, welche die Wirklichkeit widergeben. Das gleiche gilt für jene Eintragungen in zukünftige Geschichtsbücher, die ich im Artikel machte.

Gruss

Karl Weiss

Montag, 16. Oktober 2006

Sind 'Mini-Nukes' harmlos?

Zur Vorbereitung des Überfalls auf den Iran

Von Karl Weiss

In diesem wichtigen Artikel von Anfang des Jahres wurde auf die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen beim dräuenden Überfall auf den Iran eingegangen. Artikel veröffentlicht in der "Berliner Umschau" vom 20.2.06, hier mit einem aktualisierenden Zusatz.

Im Zuge des offenbar vorgesehenen Einsatzes von Atomwaffen beim ebenso offenbar vorgesehenen Luftüberfall auf den Iran wird nun gezielt das Thema der Verwendung von Atomwaffen überall hochgespielt. Der französische Präsident, ein ehemaliger CDU-Minister, Israel, die US-Regierung natürlich sowieso, alle sprechen plötzlich vom Einsatz von Atomwaffen gegen angebliche Terroristen und meinen damit den souveränen Staat Iran und seine zivile Bevölkerung. Die US-Administration tut sich mal wieder besonders hervor und hat einen neuen Namen für die schon lange bekannten kleineren Atombomben erfunden: Mini-Nukes.

Der Name soll suggerieren, es handele sich um so etwas wie Spielzeuge und man lanziert dann auch gleich gezielt Gerüchte, es handele sich gar nicht um wirkliche Atombomben, es gäbe keinen Fall-Out, die Mini-Nukes, seien „sauber" und so weiter und so weiter. Über ‚yahoo’ und ‚google’ werden solche Gerüchte gezielt verbreitet. Im Forum der ‚Berliner Umschau’ hat denn auch schon ein Diskutant diese neuesten Informationen gehört, gibt sie auch gleich weiter und schreibt:

„Mininukes haben nicht die Aufgabe, Fall-Out zu bilden. Sie sind zur Zerstörung von Bunkeranlagen unter der Erde gedacht, da, wo konventioneller Sprengstoff keine Wirkung zeigt. Der Gefechtskopf dringt also tief in die Erde ein und detoniert dann. Da falloutet nicht viel. Um die Wirkung zu zeigen, wie beschworen, müßten sie in großer Höhe gezündet werden und dann wäre ihre Sprengwirkung für den Hintern. Wenn schon radioaktive Gespenster, dann glaubhafte, bitte."

Beeindruckend, wie Leute innerhalb von Minuten zu Fachleuten für Waffen und Atombomben werden. Nur sind wirkliche Atombomben leider gar keine Gespenster, sondern etwas sehr wirkliches, wie die Hunderttausende von Toten aus Hiroshima und Nagasaki bezeugen können (davon 50% erst nach entsetzlichen Leiden lange nach den Explosionen gestorben, zum Teil bis zu 20 Jahre danach).

Und Atombomben sind nie klein. Sie als ‚klein’ zu bezeichnen oder mit dem Attribut ‚Mini’ zu versehen, ist ein unzulässiger Euphemismus. Jede Atombombe braucht nämlich eine Mindestmenge (etwa 1 Kg) angereichertes Uran 235 (oder im Fall Plutonium weniger), die ausreichend ist, um eine Kettenreaktion auszulösen, die dann die eigentliche Atombombe in Gang setzt. Diese Menge von angereichertem Uran oder von Plutonium nennt man die kritische Masse.

Dies bedeutet, daß die kleinste mögliche Atombombe, die lediglich knapp mehr als diese kritische Masse enthält, etwa die Zerstörungsgröße von 5 Kilo-Tonnen hat [Im Fall Uran - bei Plutonium gibt es kleinere, siehe auch Zusatz unten]. Die Einheit Kilo-Tonnen bezieht sich auf einen Vergleich mit dem brisantesten bekannten Sprengstoff TNT. Man versucht etwa annähernd die Zerstörung zu beschreiben, die eine solche Atombombe anrichtet, indem man sagt, wieviele tausend Tonnen TNT man bräuchte, um eine ähnliche Zerstörung hervorzurufen, also in diesem Fall 5.000 Tonnen TNT. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß die schier unvorstellbare Zerstörungskraft, die 5.000 Tonnen, also 5 Millionen Kilo, des stärksten bekannten Sprengstoffes entwickeln, nicht mit dem Namen ‚klein’ oder ‚Mini’ beschrieben werden kann.

Der Vergleich mit dem TNT hinkt aber auch noch zusätzlich, denn eine Atombombe hat eben nicht nur die Kraft einer Druckwelle, wie sie eine normale Sprengstoffexplosion hat, sondern viele Wirkungen:

- Der Lichtblitz. Er ist das erste, was die Explosion einer Atombombe anzeigt. Er erblindet augenblicklich jeden, der in einem bestimmten Umkreis um den Explosionsort zufällig in diese Richtung sieht. Er ist unbeschreiblich hell. Das erste bekannte Buch über Atombomben in Deutschland hieß „Heller als tausend Sonnen".

- Die Hitzestrahlung. Unmittelbar nach dem Lichtblitz beginnt für etwa 3 Sekunden eine Hitzestrahlung, die so intensiv ist, daß sie Alles in näherer Umgebung augenblicklich verdampft. In Hiroshima konnte man noch die negativen Schatten von Menschen, die verdampft sind, an Mauern erkennen. Dort konnte für die Zeit, bis die Menschen ganz verdampft waren, die Hitzestrahlung nicht ihre schwarze Spur hinterlassen. Da die Strahlung aber nur die Oberflächen trifft und nicht in die Tiefe wirken kann, werden Metalle, Mineralien und Steine in einiger Entfernung von der Explosion nicht verdampft, denn die Strahlung verdampft nur die Oberfläche Schicht um Schicht. In einiger Entfernung von der Explosion tragen Menschen Verbrennungen davon, an ungeschützten Körperstellen direkt durch die Strahlung und ansonsten, weil ihre Kleidung Feuer fängt. Überhaupt setzt die Hitzestrahlung in weitem Umkreis alles Brennbare in Brand.

- Die Druckwelle. Sie läuft mit Schallgeschwindigkeit ballonförmig vom Explosionszentrum aus wie bei einer gewöhnlichen Explosion. Auf sie bezieht sich der Vergleich mit dem TNT. Im Gegensatz zu konventionellen Explosionen, bei denen die Druckwelle von sich ausbreitendem Stickstoffgas geformt wird, ist die Druckwelle bei den Atombomben durch die ungeheure Menge der erzeugten Energie verursacht. So werden die durch die Hitzestrahlung erzeugten Brände nicht etwa ausgeblasen, sondern durch die Druckwelle von Luft mit frischem Sauerstoff versorgt und angeheizt.

- Die Neutronen- und Gamma-Strahlung. Sie sind die heimtückischsten Wirkungen der Atombombe, denn man kann sie weder sehen noch spüren. Die Neutronen schaffen eine riesige Menge radioaktiver Stoffe, indem sie auf Stoffe treffen und diese in radioaktiv strahlende Isotopen umwandeln. Die Gamma-Strahlen durchdringen selbst Mauern und Stahlwände und treffen damit auch Menschen, die vor den anderen Wirkungen noch geschützt waren. Gamma-Strahlen, wie auch der Kontakt mit radioaktivem Fall-Out, erzeugen die Strahlenkrankheit, die innerhalb von Minuten bis hin zu Jahren, je nach Intensität und Art der Strahlung, zum Tode führt. Jeder Strahlenkranke muß unvorstellbar entsetzlich leiden, bis er stirbt. Am schlimmsten sind jene dran, die nicht davon sterben, sondern mit den unerträglichen Schmerzen weiterleben müssen.

- Der radioaktive Fall-Out. Dieser entsteht durch Partikel, die zunächst radioaktiv geworden sind durch die Neutronenstrahlung oder durch Reste der Atomrakete. Sie werden durch den massiven Aufwind in die Höhe gerissen, der durch die ungeheure Hitze erzeugt wird, die in der unmittelbaren Explosionsumgebung herrscht (das typische Bild des ‚Atompilzes’). Eine immense Zahl größerer Teilchen fallen in der Nähe des Explosionsortes wieder auf die Erde und sind zusätzlich für eine allgemeine hohe radioaktive Strahlung in der Umgebung des Explosionsortes verantwortlich. Etwas kleinere Partikel fallen in Windrichtung vom Explosionsort zu Boden und sorgen für eine windabhängige Strahlungszone. Die feinsten Partikel aber, und das sind sehr viele, weil der ungeheure Explosionsdruck viel Material zu feinstem Staub gemahlen hat, werden vom Aufwind bis in die Stratosphäre gerissen (über 12 km Höhe). Die dort herrschenden Strahlströme (Winde mit höchsten Geschwindigkeiten) tragen sie in West-Ost-Richtung um die ganze Erde. Im Laufe von Tagen, Wochen, Monaten und Jahren sinken diese Teilchen dann, je nach Größe, langsam nach unten und tragen so Radioaktivität rund um die Erde. Das besondere Risiko ist das Inhalieren oder Einnehmen eines solchen Partikels. Selbst bei nur schwach strahlenden Partikeln kann sich dann im Laufe der Zeit eine Wirkung zeigen, meistens das Entstehen von Krebs, denn viele radioaktive Stoffe strahlen über Jahre und Jahrzehnte.

Nach den Atombombenversuchen, die von den USA in den fünfziger Jahren vor allem in der Wüste von Nevada durchgeführt wurden, konnten in den häufigsten Windrichtungen von dort signifikante Anstiege von Kinder-Leukämie nachgewiesen werden. Im Lauf der Jahre weitete sich dieser erhöhte Anfall von Kinder-Leukämie auf die ganzen Vereinigten Staaten aus. So konnten damals Wissenschaftler beweisen, daß Atombombenexplosionen in der Athmosphäre zu jahrelangem Fall-Out rund um die Erde führen, was wiederum weitreichende Konsequenzen für die menschliche Gesundheit hat.

Diese beeindruckenden Untersuchungen wurden Ende der Fünfziger Jahre von etwa 3.000 Wissenschaftlern weltweit unter Leitung des Chemie-Nobelpreisträgers Linus Pauling der Öffentlichkeit und den Führern der beiden Supermächte vorgelegt mit der Petition, die Atombombenversuche einzustellen, nachdem sich Albert Einstein schon vorher scharf gegen das Wettrüsten mit Atombomben und die Tests ausgesprochen hatte. Kennedy und Chruchtschow vereinbarten dann 1962 das Einstellen der Atombombenversuche in der Atmosphäre. 1963 bekam Linus Pauling dafür den Friedens-Nobelpreis.

Doch kommen wir nun zu den bunkerbrechenden Atomwaffen, die wiederum nicht mit der Uran-Munition verwechselt werden dürfen, bei der Uran lediglich wegen seiner hohen Dichte eingesetzt wird (weil es schwerer als Blei ist).

Bunkerbrechende Atomwaffen wurden in Anlehnung an konventionelle panzerbrechende Geschosse entwickelt. Bei den letzteren wird das Prinzip einer Konzentration der Explosionswirkung auf einen kleinen Bereich durch einen konusförmigen Metallspiegel im hinteren Teil des Geschosses verwendet. Im ersten Moment einer Explosion eines konventionellen Sprengstoffes entsteht zunächst durch die extrem schnelle chemische Reaktion eine große Hitze, die aber lokal am Explosionsort bleibt. Die eigentliche Explosionswirkung besteht nicht aus dieser Hitze, sondern aus der sprunghaften Ausdehnung des bei der Reaktion entstehenden Gases (meistens Stickstoff), das die mechanische Explosionswelle hervorruft. Der Metallspiegel konzentriert aber nun im ersten Moment der Explosion, bevor er selbst zerstört wird, die Hitze in die Richtung des Einschlages. Dadurch schmilzt (oder brennt) sich die panzerbrechende Munition durch einen Metallpanzer. Wenn dann die mechanische Explosion einsetzt, kann sie auch durch die entstandenen Öffnung hinter die Panzerung wirken.

Parallel hierzu kann man nun auch eine Atombombe entwickeln, die ebenfalls einen solchen konischen Spiegel aus einem möglichst resistenten Material in Einschlagrichtung hinter der eigentlichen Atombombe hat. Dieser konzentriert, solange der Spiegel noch nicht zerstört ist, vielleicht für eine Sekunde, die Hitzestrahlung nach vorne und läßt dort alles schmelzen. Bei der ungeheuren Hitzestrahlung einer Atombombe werden dabei zweifellos höchste Temperaturen über 12.000 ºC erreicht, bei denen selbst massives Gestein verdampft. Zwar wird auch hier die Regel gelten, daß immer nur an der Oberfläche verdampft wird, da Hitzestrahlung keine festen Stoffe durchdringen kann, aber man kann so mit Sicherheit ein vielleicht zehn oder zwanzig Meter tiefes Loch in massives Gestein brennen, in das anschliessend die gewaltige Sprengwirkung der Atombombe eindringen kann und damit in der Lage sein kann, den ganzen Berg zu spalten und jegliche Höhlung darin zum Einsturz zu bringen.

Dazu kann man das Geschoß für eine solche Bunkerbrechende Atombombe so gestalten, daß es an der Spitze, also vor dem eigentlichen nuklearen Teil, einen Urankern besitzt wie jene Uran-Munition. Zusammen mit einem eigenen Raketenantrieb, der eine solche Bombe auf 10.000 oder 20.000 km/h Geschwindigkeit bringen kann, erreicht man dadurch eine tiefe Penetration in die Erde und eventuell und eventuell eine geringe zusätzliche in Felsen, die jene bunkerbrechende Wirkung noch verstärken kann, bevor der Zündmechanismus der Atombombe überhaupt in Gang gesetzt wird. Gibt man der Uran-Spitze der Atomrakete (die ohne Schwierigkeiten von Flugzeugen aus abgefeuert werden kann) dann noch einen Überzug mit extrem harten Metallen, so kann man sogar eine gewisse Penetration nicht nur in Erdreich, sondern auch in blanken Fels erreichen.

Einer Berechnung der Union of Concerned Scientists (www.ucsusa.org) zu Folge ist eins klar: Auch wenn die bunkerbrechende Atomrakete in der Lage ist, in Erdreich einzudringen, und sogar einige Meter in blanken Fels und sich dann mit der Explosion noch einmal um die zehn oder zwanzig Meter in den Fels zu brennen, so mag dies absolut ausreichen, einen halben Berg zum Einsturz zu bringen und jegliche Aktivitäten in Höhlen und künstlichen Kavernen in diesem Berg auszulöschen, aber das ändert nichts daran, daß nur wenige Meter von der Oberfläche eine Atombombe explodiert. Zwar mag der Lichtblitz und die Hitzestrahlung nicht so viel Schaden anrichten, aber alle anderen Wirkungen der Atombombe bleiben voll erhalten.

Das behauptete tiefe Eindringen in den Berg vor der Explosion ist nicht möglich, weil Felsen eine noch so schwere und schnelle Rakete keineswegs tief eindringen lassen, höchstens einige Meter.

Das bedeutet, daß, so wie bei jeder Atombombe, eine große Quantität von feinstem Staub produziert wird, der durch die Neutronenstrahlung radioaktiv aufgeladen wird und als Fall-Out zunächst in der Windrichtung zu Schäden für die dort lebenden Menschen führt und dann, aus der Stratosphäre, über Jahre hinweg einen Fallout rund um den Erdball hervorruft. Wird, wie vermutet, auch eine Uranverstärkung in der Spitze verwendet, wird dieser radioaktive Fall-out sogar noch intensiver sein als bei der Hiroshima-Bombe.

Diese Atombomben können keineswegs mit unterirdischen Atomwaffenversuchen gleichgesetzt werden, bei denen die Atombombe in 700 Meter Tiefe explodiert und nur geringe Mengen radioaktiver Substanzen an die Oberfläche kommen. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, „Da falloutet nicht viel."

Ebenso ist es eine Täuschung, wenn uns die Atommächte weismachen wollen, daß Atombomben „in großer Höhe gezündet werden" müßten, um viel Fall-Out zu verursachen. Es ist sogar umgekehrt so, daß Atombomben, die knapp unter der Erdoberfläche gezündet werden, die größte Menge Staub aufwirbeln, der dann als Fall-Out um den Erdball ziehen kann.

[Zusatz vom Oktober 2006: Die oben angegebene Mindestmenge von 1 kg und Mindesgrösse von Atombomben von 5 Kilotonnen bezieht sich auf Uran-Bomben. Mit Plutonium sind kleinere Bomben möglich, so wie die jetzt gezündete von Nord-Korea, z.B. von 0,5 Kilotonnen. Plutonium fügt den beschriebenen Auswirkungen noch die extreme Giftigkeit der eigentlichen Atombombensubstanz hinzu.

Sie sind das, was man zum Zeitpunkt ihrer Erfindung in den Sechziger Jahren als Neutronen-Bomben bezeichnete: Ihre Sprengwirkung ist im Vergleich zu Uran-Atombomben geringer, aber sie haben eine verstärkte Neutronen- und radioaktive Strahlung.

Sie wurden "gepriesen" als die idealen Bombem im Krieg: Mit wenig Schäden an den Gebäuden töten sie die maximale Zahl an Menschen in der Umgebung.

Diese diabolische Waffen verursachen eine im Vergleich zu ihrer Sprengkraft weit überproportionele Radioaktivität und damit auch rund um die Welt noch mehr Kinder-Leukämie.

Soweit sich die Bezeicnung "Mini-Nukes"auf sie bezieht, gilt das oben gesagte mit dem weltweiten Fallout also in verstärktem Maße.]

Link zum Originalartikel hier

Dienstag, 10. Oktober 2006

Selbstverteidigungsrecht?

Kann man in Israel die Bibel lesen?

Von Karl Weiss

Artikel der "Berliner Umschau" vom 30. August 2006. Die generellen Aussagen sind und bleiben aktuell.

Das einzige Argument, das im Sinne des Überfalls der israelischen Truppen auf den Libanon, beginnend mit dem 12. Juli, vorgebracht wurde, war, es sei ein Akt der Selbstverteidigung Israels. Sehen wir uns dieses Argument unter den Aspekten des Völkerrechts, des Strafrechts und des gesunden Menschenverstandes an.

Gehen wir einmal davon aus, es sei wirklich so gewesen, wie Israel anfangs angab, daß Mitglieder einer Miliz aus dem Nachbarland Libanon auf israelisches Gebiet vorgedrungen seien, dort eine Gruppe israelischer Soldaten angegriffen, einige von ihnen getötet und zwei gefangen genommen und mit über die Grenze verschleppt hätten. Wir wissen heute aus neutralen Quellen, daß dies nicht der Fall war, die Soldaten waren auf libanesischen Boden, als sie von einer Hisbollah-Patrouille überrascht wurden, aber nehmen wir einfach einmal an, die israelischen Angaben seien wahr gewesen oder die israelische Regierung habe sie geglaubt.

Hätte Israel dann das Recht gehabt, den Libanon in die Steinzeit zurückzubomben, über Tausend Ziviltote zu verursachen und viele Tausend Verletzte, dauerhaft Geschädigte, Verkrüppelte usw.? Und dann stellt sich auch gleich die zweite Frage: Ist dies eine Frage des Umfangs des israelischen Angriffes, der lediglich zu groß war? Oder mit anderen Worten: Hätte Israel nur ein Zehntel der Schäden und Toten verursacht, wäre die „Antwort“ dann angemessen gewesen?

Um diese Fragen zu beantworten, muß man sowohl das Völkerrecht als auch die Regelungen des Strafrechts im internationalen Bereich zu Rate ziehen, aber eben auch den gesunden Menschenverstand - und eventuell auch die Bibel.

Nun, es gibt nicht nur an der israelisch-libanesischen Grenze, sondern an vielen Stellen der Welt Spannungszonen. Sehen wir uns also an, was geschieht. Zum Beispiel ist eine der heißesten Spannungszonen die Grenze am 38.Breitengrad, die Nord- von Südkorea trennt. Dort kommt es seit dem Ende des Korea-Krieges im Jahre 1952 regelmässig zu Zwischenfällen. Die gehen von Schubsereien und Rangeleien an Grenzübergangsstationen bis hin zu bewaffneten Eindringen von Kampftruppen in das Nachbarland mit Toten, Verletzten und Gefangenen.

Was würde nun geschehen, wenn - sagen wir - Nordkorea einen solchen Zwischenfall zum Anlaß eines bewaffneteten Überfalls mit Truppen und Bomben auf den südlichen Nachbarn näme? Wenn man versuchen würde, große Teile der südkoreanischen Infrastruktur zu zerbomben, ein Viertel der südkoreanischen Bevölkerung zu vertreiben, über tausend Ziviltote verursachen usw., würde dann die vermeintliche „internationale Gemeinschaft“ erklären, Nord-Korea hätte schliesslich ein Recht, sich selbst zu verteidigen und unter diesem Vorwand den Angriff nicht verurteilen? Würde die „internationale Gemeinschaft“ dann eine Pufferzone mit UN-Truppen tief in südkoreanisches Gebiet hinein anlegen? Es genügt, die Frage zu stellen, um die Absurdität des Arguments der „Selbstverteidigung“ deutlich zu machen.

Selbstverständlich hat kein Land der Erde das Recht, wegen eines Grenzzwischenfalls, wie er fast in allen Spannungsgebieten immer wieder vorkommt, einen Krieg in vollem Umfang unter dem Vorwand der „Selbstverteidigung“ zu beginnen. Das internationale Recht in Form der Genfer Konventionen und der Charta der UN sowie Beschlüssen der UN-Vollversammlung und des Sicherheitsrates kennt hierzu eindeutige Regeln: Grenzschwischenfälle müssen auf diplomatischen Weg geklärt werden, ebenso wie Gefangenenaustausche. Alle Maßnahmen müssen der Nicht-Eskalation und De-Eskalation dienen.

Oder ein anderes Beispiel: Am 24. August wurde bekannt, daß türkische Kampfflugzeuge Dörfer in der unmittelbaren Grenzregion mit dem Irak bombardiert haben, wo sie kurdische Kämpfer vermuteten. Dabei wurde auch irakisches Gebiet betroffen. Es ist von 15 Toten die Rede.

Hat nun der Irak oder haben die Vereinigten Staaten als Kolonialmacht des Irak das Recht, einen Krieg auf voller Breite gegen die Türkei zu beginnen, weil der Irak ein Selbstverteidigungsrecht habe? Auch diese Frage braucht in Wirklichkeit nicht mehr beantwortet werden. Das Argument der „Selbstverteidigung“ ist absurd.

Oder nehmen wir das persönliche Recht auf Selbstverteidigung, das jeder Bürger auf dieser Welt gegen Angriffe hat. Nehmen wir an, Sie werden von einem Betrunkenen in einer Bar angepöbelt. Als Sie sich beschweren, schlägt er Sie nieder. Haben sie nun das Recht, ihre Pistole zu ziehen und ihn umzubringen? Natürlich nicht. Sie dürfen ihn - eventuell mit vorgehaltener Pistole - zwingen, seinen Namen und Adresse zu hinterlassen, bevor Sie ihn laufen lassen. Sie dürfen ihn im Weigerungsfalle mit der Pistole im Schach halten, bis die Polizei eintrifft. Sie dürfen ihm eventuell sogar ins Bein schießen, wenn er zu flüchten versucht, aber da muß er Sie schon schwer
verletzt haben, sonst wäre das Notwehrexzeß.

Kurz, das Recht in jeder Hinsicht sagt das gleiche, was der gesunde Menschenverstand sagt: „Antworten“ dürfen bestenfalls die gleiche Größenordnung wie die Tat haben, sonst hätte man in jedem kleinen Streit die Eskalation bis zum Weltkrieg angelegt.

Das ist übrigens auch der Sinn des biblischen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Es bedeutet nicht brutale Rache, sondern die Begrenzung der Antwort auf maximal das gleiche wie die ursprüngliche Aggression.

Ob man in Israel nicht die Bibel lesen kann?


Link zum Originalartikel hier

Donnerstag, 24. August 2006

'...die ich rief, die Geister, werd' ich nicht mehr los!'

Goethe und der religiös-fundamentalistische Extremismus

Von Karl Weiss


„Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal fort begeben, und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben…” So beginnt eines der bekanntesten Gedichte Goethes, der „Zauberlehrling”. In dieser Situation des Zauberlehrlings befinden sich nun wohl die Regierungen der USA und Israels.

Fast jeder kennt die Geschichte vom Zauberlehrling, der die hilfreichen Geister wie sein Meister beschwören kann, sie aber dann nicht mehr „abzuschalten“ versteht und so ein Riesen-Durcheinander anrichtet. Die Disney-Studios haben Goethes Gedicht in einen Zeichentrickfilm verwandelt, in dem Mickey Mouse die Rolle des Zauberlehrlings spielt. Die Zeile „...die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“ ist als geflügeltes Wort in die deutsche Sprache eingegangen.

So ähnlich verlief die Geschichte, als die Regierungen der USA und Israels in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen, die bis dahin völlig unbedeutenden fundamentalistisch-extremistischen islamistischen „Gotteskrieger“-Gruppen hochzurüsten, auszustatten, auszubilden und gegen ihre Gegner in Stellung zu bringen.

Die damalige US-Regierung unter Reagan machte aus dem kleinen Spinner-Club Taliban eine große und einflußreiche Bewegung in Afghanistan, weil man sie gegen die damalige Sowjetunion einsetzen wollte, die Afghanistan 1980 überfallen hatte. Tatsächlich wurde die Taliban, hochgepäppelt mit US-Mitteln, so stark, daß sie nach dem Abzug der Sowjets nach und nach Afghanistan erobern konnten.

Parallel dazu begann man eine Gruppe von Arabern innerhalb des CIA aufzubauen unter Führung des saudi-arabischen Millionärssöhnchens und CIA-Agenten Osama Bin Laden, denen man das Handwerk des Terrors beibrachte und die damals den sowjetischen Garnisonen in Afghanistan das Leben zur Hölle zu machen begann. Diese Gruppe wurde später als Al Quaida bekannt. Der Name haftet einigen dieser Gruppen noch heute an.

Die israelische Regierung hatte kein Problem mit Afghanistan, hatte aber 1982, so wie jetzt wieder, den Libanon überfallen, wo man einen wesentlichen Teil der palästinensischen Befreiungsbewegung PLO wußte. Es gelang in Jahren der Besetzung des Libanon, tatsächlich einen wesentlichen Teil der PLO zu eliminieren oder zur Flucht zu zwingen. Im Süden des Libanon baute man eine „Pufferzone“auf. Dort wurde aus vorher verschwindend kleinen Grüppchen von extremistisch-religiösen Islamisten die Hisbollah gebildet, die von Anfang an die Handschrift des Mossad trug, des israelischen Geheimdienstes. Sie wurde als Konkurrenzbewegung gegen die PLO im Libanon gezielt ausgebaut, unterstützt und hochgepäppelt. Tatsächlich ist heute die PLO unter den palästinensichen Flüchtlingen unbedeutend geworden, während die Hisbollah die völlige Oberhand unter der schiitischen Bevölkerung des Libanon hat.

Auch in den besetzten Gebieten Palästinas wurde, parallel dazu, eine islamistische Gruppe auf Terror und Selbstmordattentate getrimmt, ebenfalls auf schiitischer Grundlage, die Hamas, um auch dort die PLO um ihren Einfluß zu bringen. Auch dies gelang, wie man weiß. Kürzlich gewann die Hamas die Wahlen in den palästinensischen Gebieten. Auch die Hamas wurde vom Mossad ausgebildet und bewaffnet.

In anderen Worten: Vor 1980 gab es in der arabischen Welt keine bedeutenden islamistisch-fundamentalistischen extremistischen Gruppierungen. Es gab keine Selbstmordattentate, es gab keine ins Gewicht fallenden islamistischen Terroristen. Dies alles wurde kreiert von den Regierungen der USA und Israels.

Zwar gab es schon den schiitisch-fundamentalistischen Iran, aber der war in der Region und weltweit vollkommen isoliert und ohne Einfluß. Die Araber sahen den Iran eher als Feind an, zumal die meisten Araber Sunniten und nicht Schiiten sind.

Ebenso gab es die PLO. Sie hatte keinerlei religiöse Grundlage, sondern war Mitgliedern aus allen Religionen wie auch nicht Religiösen offen. Sie war damals die legitime Vertretung der Palästinenser. Bis auf eine kleine Splitterguppe innerhalb der PLO, der Bewegung „Schwarzer September“, lehnte die PLO Terrorakte gegen Zivilisten, seien es israelische oder andere, ab. Sie führte militärische Angriffe auf israelische Truppenteile (man stand ja nach dem Yom-Kippur-Krieg immer noch im Krieg), setzte aber ansonsten auf Verhandlungen.

Kurz: Alles, was wir heute als islamistisch-fundamentalistischen Terror gegen Zivilpersonen kennen, ist vollständig auf dem Mist der israelischen und US-Regierung gewachsen.

Nun mag sich einer fragen, ja waren die denn mit dem Klammerbeutel gepudert, sich die heftigsten Feinde selbst heranzuzüchten?

Das Ganze hat aber in zweierlei Hinsicht eine Logik:

1. Sowohl die US-Regierungen unter Reagan und später Bush Vater sowie noch später Bush Junior als auch die zionistischen israelischen Regierungen sind selbst eng verbunden mit religiös-fundamentalistischem Extremismus, in den USA auf christlicher Grundlage und in Israel auf zionistisch-jüdischer. Die Weltanschauungen dieser drei Arten von religiösen Extremisten gleichen sich in weiten Teilen. Einig ist man sich z.B. in der Ablehnung der Wissenschaftlichkeit und speziell der Wissenschaft als Grundlage der Weltanschauung, aber auch im „Wörtlich-Nehmen" der jeweiligen heiligen Schriften, alle drei sind Anti-Aufklärung, Anti-Gay, Anti-Abtreibung, frauenfeindlich, Pro-Todesstrafe, Pro-Folter, Männer-Gesellschaften voller Machismus, halten Menschenrechte für lästige Übel und sind - nicht zuletzt - Meister in Heuchelei: Während sie den Armen das bessere Leben im Jenseits predigen, wissen viele ihrer hervorstechenden Persönlichkeiten sehr gut, ihre Stellung zur persönlichen Bereicherung auszunutzen. Man hat also in gewisser Weise „Brüder im Geiste“ unterstützt.

2. Zum zweiten muß man auch sehen, daß diese Gruppen ja zunächst noch unter der eigenen Fuchtel geführt wurden. Erst als sich das Sowjet-Imperium auflöste, die USA zur einzigen Supermacht wurden und die weiteren Gelder für mehr Militär nicht mehr so recht fließen wollten, ließ man - nach und nach - die selbstgezüchteten islamistischen Fundamentalisten von der Leine und begann dann, sie als Hauptfeind aufzubauen. So konnte bereits 11 Jahre nach dem Ende des Sowjet-Imperiums mit dem 11. September 2001 der Startschuß zum „New War“ von Bush gegeben werden, der zum Teil noch verschämt unter dem Namen „Krieg gegen den Terror“ läuft, aber doch immer deutlicher zum imperialistischen Krieg zur Verewigung der Oberhoheit der USA über die Menschheit und speziell über die ölreiche Region des Nahen und Mittleren Ostens wird.

Man weiß genau, daß eine Anzahl islamistischer Terrorgruppierungen die Alleinherrschaft der Supermacht nicht ankratzen können, aber sie lassen sich ideal als Vorwand benutzten, um die Staatsapparate mehr und mehr zu faschisieren gegen den wirklichen Feind des Imperialismus - das eigene Volk. Für Israel sieht die Sache ähnlich aus: Mit Terrorgruppen wie Hamas und Hisbollah braucht man nicht zu verhandeln und niemand kann ernsthaft erwarten, daß man mit ihnen Frieden macht. Damit ist man vom lästigen Druck befreit, Frieden machen zu sollen und Palästina anzuerkennen und kann die Sache durch „Pulverisieren“ zu lösen versuchen.

Neben den islamistischen Fundamentalisten züchtete man sich auch noch einen anderen Bösewicht heran: Saddam Hussein, Massenmörder und US-Zögling. Man brachte ihn im Irak an die Macht und bewaffnete ihn bis an die Zähne, denn man hatte keineswegs vor, das iranische Ayatollah-Regime gewähren zu lassen. Befehlsgemäß begann Saddam mit dem Stellvertreterkrieg gegen den Iran, mußte aber bald erkennen, daß die Nachbarn auch recht gut gerüstet waren, die hatten nämlich das Militärgut des Schah-Regimes geerbt, ein weiterer US-Zögling, den man aufgerüstet gehabt hatte.

So kam der Iran-Krieg nicht voran und Saddam mußte ihn unverrichteter Dinge abbrechen. Damit war er für den Sponsor nichts mehr wert, wurde sogar als gefährlich eingeschätzt mit all seiner Hochrüstung und war deshalb ebenfalls abzuservieren. Ein Vorwand war leicht gefunden, denn Saddam war ja mit vielen chemischen Waffen ausgerüstet worden von den USA (auch mit biologischen, siehe Anthrax) und die brauchte man nun nur zu finden und schon war der Krieg begründet. Dummerweise hatte Saddam sich inzwischen bereits aller B- und C-Waffen entledigt und so mußte man ganz schnell den Kriegsgrund ändern.

Die Terrorgruppen des CIA mit dem Codenamen Al Quaida waren auch nach dem Vertreiben der Sowjetunion aus Afghanistan nützlich: Zunächst wurden sie in Tschetschenien gegen die Sowjetunuion und später gegen Russland eingesetzt, in den jugoslawischen Teilungskriegen in den 90er-Jahren halfen sie der bosnischen Separatistenregierung Terror gegen die Serben anzuwenden und durften dann wieder nach Afghanistan, um die Taliban zu unterstützen.

Mit der Taliban in Afghanistan ging aber auch einiges schief. Statt so wie alle vorherigen Regierungen ihren Reichtum auf die Herstellung und den Verkauf von Opium und Heroin zu stützen, begann die Taliban-Regierung den Anbau von Mohn zu verbieten und den Rauschgifthandel zu bekämpfen. Da kam es gerade recht, daß man den 11. September Ex-Agent Bin Laden in die Schuhe schieben konnte, der sich in Afghanistan aufhielt, das man dann überfiel und innerhalb kürzester Zeit wieder auf den für US-Geldwäscher profitreichen Weg der weltweiten Hauptquelle für Opium und Heroin bringen konnte - immer angeblich auf der Suche nach Bin Laden. Daß der sich bis heute nicht eingefunden hat, muß wohl auf übersinnliche Kräfte zurückzuführen sein. Oder Bin Laden hat den „Beamer“ bei Raumschiff Enterprise geklaut.

Inzwischen waren auch die hausgemachten Israelisch-gesponsorten Terrorguppen Hamas und Hisbollah bereits zu beachtlicher Stärke angewachsen. Wo Geld ist, zieht es Leute hin. Da sind wir wieder bei Goethe: „Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles, ach, wir Armen!“

Die Hamas mit ihren Selbstmordattentätern bot einen Vorwand, eine Mauer um die palästinensischen Gebiete zu bauen und die inzwischen auch schon ziemlich unabhängige Hisbollah den Vorwand, den Libanon erneut zu überfallen. Auch dabei ging einiges schief, aber das ist gerade nicht das Thema.

So kann man denn heute sowohl die US- wie die israelische Regierung (hinter verschlossenen Türen natürlich) mit Goethes Zauberlehrling klagen hören: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“


Dieser etwas ironische Artikel erschien am 24. August 2006 in der "Berliner Umschau".

Link zum Originalartikel hier

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Nonkonformer - 21. Sep, 23:42

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