Mittwoch, 1. November 2006

Die Terroristen sind selbst fabriziert

"Die ich rief, die Geister, werd' ich nicht mehr los!"

Goethe und der religiös-fundamentalistische Extremismus

Von Karl Weiss

„Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal fort begeben, und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben…” So beginnt eines der bekanntesten Gedichte Goethes, der „Zauberlehrling”. In dieser Situation des Zauberlehrlings befinden sich nun wohl die Regierungen der USA und Israels.

Fast jeder kennt die Geschichte vom Zauberlehrling, der die hilfreichen Geister wie sein Meister beschwören kann, sie aber dann nicht mehr „abzuschalten“ versteht und so ein Riesen-Durcheinander anrichtet. Die Disney-Studios haben Goethes Gedicht in einen Zeichentrickfilm verwandelt, in dem Mickey Mouse die Rolle des Zauberlehrlings spielt. Die Zeile „...die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“ ist als geflügeltes Wort in die deutsche Sprache eingegangen.

So ähnlich verlief die Geschichte, als die Regierungen der USA und Israels in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen, die bis dahin völlig unbedeutenden fundamentalistisch - extremistischen islamistischen „Gotteskrieger“- Gruppen hochzurüsten, auszustatten, auszubilden, mit Dollars vollzustopfen und gegen ihre Gegner in Stellung zu bringen.

Die damalige US-Regierung unter Reagan machte aus dem kleinen Spinner-Club Taliban eine große und einflußreiche Bewegung in Afghanistan, weil man sie gegen die damalige Sowjetunion einsetzen wollte, die Afghanistan 1980 überfallen hatte. Tatsächlich wurde die Taliban, hochgepäppelt mit US-Mitteln, so stark, daß sie nach dem Abzug der Sowjets nach und nach Afghanistan erobern konnten.

Parallel dazu begann man eine Gruppe von Arabern innerhalb des CIA aufzubauen unter Führung des saudi-arabischen Millionärssöhnchens und CIA-Agenten Osama Bin Laden, denen man das Handwerk des Terrors beibrachte und die damals den sowjetischen Garnisonen in Afghanistan das Leben zur Hölle zu machen begann. Diese Gruppe wurde später als "Al Quaida" bekannt. Der Name wird noch heute für einige dieser Gruppen verwendet.

Die israelische Regierung hatte kein Problem mit Afghanistan, hatte aber 1982, so wie jetzt wieder, den Libanon überfallen, wo man einen wesentlichen Teil der palästinensischen Befreiungsbewegung PLO wußte. Es gelang in Jahren der Besetzung des Libanon, tatsächlich einen wesentlichen Teil der PLO zu eliminieren oder zur Flucht zu zwingen. Die Massaker in den Flüchtlingslagern von Sabra und Shatila in West Beirut mit (nach Angaben der "Monde diplomatique") wahrscheinlich mehr als 3000 dahingeschlachteten Palästinensern unter israelischer Oberaufsicht im September 1982 seien nur erwähnt (wikipedia hat eine ausführliche Site mit Illustration dazu).

Im Süden des Libanon baute man eine „Pufferzone“auf. Dort wurde aus vorher verschwindend kleinen Grüppchen von extremistisch-religiösen Islamisten die Hisbollah gebildet, die von Anfang an die Handschrift des Mossad trug, des israelischen Geheimdienstes. Sie wurde als Konkurrenzbewegung gegen die PLO im Libanon gezielt ausgebaut, unterstützt, bewaffnet, mit Dollars versehen und hochgepäppelt. Tatsächlich ist heute die PLO unter den palästinensichen Flüchtlingen unbedeutend geworden, während die Hisbollah die völlige Oberhand unter der schiitischen Bevölkerung des Libanon hat.

Auch in den besetzten Gebieten Palästinas wurde, parallel dazu, eine islamistische Gruppe auf Terror und Selbstmordattentate getrimmt, ebenfalls auf schiitischer Grundlage, die Hamas, um auch dort die PLO um ihren Einfluß zu bringen. Auch hier eine Flut von Dollar. Auch dies gelang, wie man weiß. Kürzlich gewann die Hamas die Wahlen in den palästinensischen Gebieten. Auch die Hamas wurde vom Mossad ausgebildet und bewaffnet.

In anderen Worten: Vor 1980 gab es in der arabischen Welt keine bedeutenden islamistisch-fundamentalistischen extremistischen Gruppierungen, schon gar keine, die Terorismus betrieben. ES GAB KEINE SELBSTMORDATTENTATE, ES GAB KEINE INS GEWICHT FALLENDE ISLAMISTISCHEN TERRORISTEN. DIES ALLES WURDE KREIERT VON DEN REGIERUNGEN DER USA UND ISRAELS.

Zwar gab es schon den schiitisch-fundamentalistischen Iran, aber der war in der Region und weltweit vollkommen isoliert und ohne Einfluß. Die Araber sahen den Iran eher als Feind an, zumal die meisten Araber Sunniten und nicht Schiiten sind.

Ebenso gab es die PLO. Sie hatte keinerlei religiöse Grundlage, sondern war Mitgliedern aus allen Religionen wie auch nicht Religiösen offen. Sie war damals die legitime Vertretung der Palästinenser. Bis auf eine kleine Splitterguppe innerhalb der PLO, der Bewegung „Schwarzer September“, lehnte die PLO Terrorakte gegen Zivilisten, seien es israelische oder andere, ab. Sie führte militärische Angriffe auf israelische Truppenteile (man stand ja nach dem Yom-Kippur-Krieg immer noch im Krieg), setzte aber ansonsten auf Verhandlungen.

Kurz: Alles, was wir heute als islamistisch-fundamentalistischen Terror gegen Zivilpersonen kennen, ist vollständig auf dem Mist der israelischen und US-Regierung gewachsen.

Nun mag sich einer fragen, ja waren die denn mit dem Klammerbeutel gepudert, sich die heftigsten Feinde selbst heranzuzüchten?

Das Ganze hat aber in zweierlei Hinsicht eine gewisse Logik:

1. Sowohl die US-Regierungen unter Reagan und später Bush Vater sowie noch später Bush Junior als auch die zionistischen israelischen Regierungen sind selbst eng verbunden mit religiös-fundamentalistischem Extremismus, in den USA auf christlicher Grundlage und in Israel auf zionistisch-jüdischer. Die Weltanschauungen dieser drei Arten von religiösen Extremisten gleichen sich in weiten Teilen. Einig ist man sich z.B. in der Ablehnung der Wissenschaftlichkeit und speziell der Wissenschaft als Grundlage der Weltanschauung, aber auch im „Wörtlich-Nehmen" der jeweiligen heiligen Schriften, alle drei sind Anti-Aufklärung, Anti-Gay, Anti-Abtreibung, frauenfeindlich, Pro-Todesstrafe, Pro-Folter, Männer-Gesellschaften voller Machismus, halten Menschenrechte für lästige Übel und sind - nicht zuletzt - Meister in Heuchelei: Während sie den Armen das bessere Leben im Jenseits predigen, wissen viele ihrer hervorstechenden Persönlichkeiten sehr gut, ihre Stellung zur persönlichen Bereicherung auszunutzen. Man hat also in gewisser Weise „Brüder im Geiste“ unterstützt.

2. Zum zweiten muß man auch sehen, daß diese Gruppen ja zunächst noch unter der eigenen Fuchtel geführt wurden. Erst als sich das Sowjet-Imperium auflöste, die USA zur einzigen Supermacht wurden und die weiteren Gelder für mehr Militär nicht mehr so recht fließen wollten, ließ man - nach und nach - die selbstgezüchteten islamistischen Fundamentalisten von der Leine und begann dann, sie als Hauptfeind aufzubauen. So konnte bereits 11 Jahre nach dem Ende des Sowjet-Imperiums mit dem 11. September 2001 der Startschuß zum „New War“ von Bush gegeben werden, der zum Teil noch verschämt unter dem Namen „Krieg gegen den Terror“ läuft, aber doch immer deutlicher zum imperialistischen Krieg zur Verewigung der Oberhoheit der USA über die Menschheit und speziell über die ölreiche Region des Nahen und Mittleren Ostens wird.

Man weiß genau, daß eine Anzahl islamistischer Terrorgruppierungen die Alleinherrschaft der Supermacht nicht ankratzen können, aber sie lassen sich ideal als Vorwand benutzten, um die Staatsapparate mehr und mehr zu faschisieren gegen den wirklichen Feind des Imperialismus - das eigene Volk. Für Israel sieht die Sache ähnlich aus: Mit Terrorgruppen wie Hamas und Hisbollah braucht man nicht zu verhandeln und niemand kann ernsthaft erwarten, daß man mit ihnen Frieden macht. Damit ist man vom lästigen Druck befreit, Frieden machen zu sollen und Palästina anzuerkennen und kann die Sache durch „Pulverisieren“ (wie Uri Avnery sie zitiert) zu lösen versuchen.

Neben den islamistischen Fundamentalisten züchtete man sich auch noch einen anderen Bösewicht heran: Saddam Hussein, Massenmörder und US-Zögling. Man brachte ihn im Irak an die Macht und bewaffnete ihn bis an die Zähne, denn man hatte keineswegs vor, das iranische Ayatollah-Regime gewähren zu lassen. Befehlsgemäß begann Saddam mit dem Stellvertreterkrieg gegen den Iran, mußte aber bald erkennen, daß die Nachbarn auch recht gut gerüstet waren, die hatten nämlich das Militärgut des Schah-Regimes geerbt, ein weiterer US-Zögling, den man aufgerüstet gehabt hatte.

So kam der Iran-Krieg nicht voran und Saddam mußte ihn unverrichteter Dinge abbrechen. Damit war er für den Sponsor nichts mehr wert, wurde sogar als gefährlich eingeschätzt mit all seiner Hochrüstung und war deshalb ebenfalls abzuservieren. Ein Vorwand war leicht gefunden, denn Saddam war ja mit vielen chemischen Waffen ausgerüstet worden von den USA (auch mit biologischen, siehe Anthrax) und die brauchte man nun nur zu finden und schon war der Krieg begründet. Dummerweise hatte Saddam sich inzwischen bereits aller B- und C-Waffen entledigt und so mußte man ganz schnell den Kriegsgrund ändern.

Die Terrorgruppen des CIA mit dem Codenamen Al Quaida waren auch nach dem Vertreiben der Sowjetunion aus Afghanistan nützlich: Zunächst wurden sie in Tschetschenien gegen die Sowjetunuion und später gegen Russland eingesetzt, in den jugoslawischen Teilungskriegen in den 90er-Jahren halfen sie der bosnischen Separatistenregierung Terror gegen die Serben anzuwenden und durften dann wieder nach Afghanistan, um die Taliban zu unterstützen.

Mit der Taliban in Afghanistan ging aber auch einiges schief. Statt so wie die vorherigen Regierungen nach dem Abzug der Sowjets ihren Reichtum auf die Herstellung und den Verkauf von Opium und Heroin zu stützen, begann die Taliban-Regierung den Anbau von Mohn zu verbieten und den Rauschgifthandel zu bekämpfen.

Da kam es gerade recht, daß man den 11. September Ex-Agent Bin Laden in die Schuhe schieben konnte, der sich in Afghanistan aufhielt, das man dann überfiel und innerhalb kürzester Zeit wieder auf den für US-Geldwäscher profitreichen Weg der weltweiten Hauptquelle für Opium und Heroin bringen konnte - immer angeblich auf der Suche nach Bin Laden. Daß der sich bis heute nicht eingefunden hat, muß wohl auf übersinnliche Kräfte zurückzuführen sein. Oder Bin Laden hat den „Beamer“ bei Raumschiff Enterprise geklaut.

Natürlich waren die eigentlichen Gründe der Überfälle auf Afghanistan und den Irak imperialistisch-strategischer Art und nicht von unwichtigen Figuren wie Saddam oder von Nebenpunkten wie Rauschgiftherstellung anhängig, aber das wird in anderen Artikeln behandelt.

Inzwischen waren auch die hausgemachten Israelisch-gesponsorten Terrorguppen Hamas und Hisbollah bereits zu beachtlicher Stärke angewachsen. Die Dollars und Shekel hatten Wirkung gezeigt. Wo Geld ist, zieht es Leute hin. Da sind wir wieder bei Goethe: „Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles, ach, wir Armen!“

Die Hamas mit ihren Selbstmordattentätern bot einen Vorwand, eine Mauer um die palästinensischen Gebiete zu bauen und die inzwischen auch schon ziemlich unabhängige Hisbollah den Vorwand, den Libanon erneut zu überfallen. Auch dabei ging einiges schief, aber auch das ist gerade nicht das Thema.

So kann man denn heute sowohl die US- wie die israelische Regierung (hinter verschlossenen Türen natürlich) mit Goethes Zauberlehrling klagen hören: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nicht mehr los!“


Link zum Originalartikel hier

Dieser Artikel erschien am 24.8.06 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.

Viertes Anzeichen für die kommende Weltwirtschaftskrise

Die "Bring-die-Trottel-zum-Kaufen-Periode"

Von Karl Weiss

Nachdem de Berliner Rundschau schon die ersten drei Anzeichen veröffentlicht hat, die auf eine bevorstehende Weltwirtschaftskrise hindeuten, kann man nun ein viertes Anzeichen beobachten: Wir stehen mitten in der Aktien-Kauf-Periode, die wir “Bring-die-Trottel-zum–Kaufen-Periode” getauft haben.

Das erste Anzeichen einer möglicherweise bevorstehenden Weltwirtschaftskrise war der deutliche Einbruch der Neuwagenverkäufe in den USA im Juni im Vergleich zum Vorjahr: über 2 %.

Das zweite Anzeichen ist der Einbruch, man könnte auch sagen freie Fall des Immobilienmarktes in den USA, der sich immer noch beschleunigt und inzwischen selbst die erklärtesten Optimisten nachdenklich gemacht hat. Um nur einen Eindruck von dem zu geben, was dort im Moment vor sich geht: Nachdem im ersten Quartal noch ein Wirtschaftswachstum von 6% geherrscht hatte, liegt es jetzt bei 1,6%. Die Immobilieninvestitionen fielen um 17%, höchster Rückgang in 15 Jahren. Der Durchscnittspreis für neue Häuser ist im September um 9,7% gefallen (Vorjahresvergleich).

Immobilienkrise USA

Das dritte Anzeichen war die Inversion der Zinsstruktur: In den USA wird für Geld, das in Staatspapieren auf 10 Jahre angelegt wird, weniger Zinsen gezahlt als für solche mit 2 Jahren Laufzeit. Daraus folgt: Die Märkte (das heißt jene, die die Märkte bewußt bewegen können) erwarten, daß die Zinsen in der Zukunft deutlich fallen, wie dies in Wirtschaftskrisen der Fall ist.

Damit sind wir auch bereits beim Stichwort, das wir zum Verständnis des vierten Anzeichens brauchen: Die Markt-Macher, jene, welche die Märkte bewußt bewegen können. Hierbei handelt es sich um die großen privaten Vermögensinhaber, wie z.B. George Soros, um die Groß-Banken einschliesslich der Staatsbanken und um die Finanzabteilungen der Großkonzerne. Sie haben genug Kapital, um in allen Typen von Finanz-Märkten, Währungen und Marktpreisen bestimmen zu können, wohin die Richtung geht.

George Soros zum Beispiel hat den ersten, wirklich gewaltigen Teil seines Vermögens gemacht, als er gegen den Silberpreis spekulierte. Er legte Geld und immer mehr Geld in Verkaufsoptionen für Silber an, bis jenen, die auf großen Silbermengen saßen, die Luft ausging. Der Verfall des Silberpreises machte Soros zu einem der reichsten Männer in der Welt. Später hat er, wie er selbst zugibt, gegen das Britische Pfund spekuliert. Er hatte einen so langen Atem (sprich so viel Kapital), daß selbst der britische Schatzkämmerer nicht mehr gegenhalten konnte und eine deutliche Abwertung des Pfundes vornehmen mußte.

Man kann davon ausgehen, es wird diesen Riesenkapitalien nicht entgangen sein: Es steht mal wieder eine der für den Kapitalismus charakteristischen weltweiten Wirtschaftskrisen an. Für sie heißt das nun, wie können sie diese so gut wie unbeschädigt überstehen, wie die Verluste, die das automatisch mit sich bringt, verringern oder sogar ganz auf Andere abschieben.

Da sie die Herrschenden sind, nicht nur die Märkte manipulieren können, sondern auch die Massenmedien in den Händen haben, ebenso wie die Regierungen, haben sie nun eine Scheinblüte eingeleitet, eine Aktien-Hausse, wie sie kaum zuvor je gesehen wurde, um die Trottel mit Geld dazu zu bringen, Aktien zu kaufen. Dazu brauchten sie nur für eine relativ kurze Zeit die Ölpreise etwas zu senken, so daß ihnen (jedenfalls den Ölkonzernen) zwar vorübergehend nicht ganz so viel Geld zufließt, aber das lohnt sich.

In allen Zeitungen, den Nachrichtenmagazinen, in den Geld-Zeitschriften, im Fernsehen, am Radio, überall werden Feuerwerke abgebrannt: Der Dow Jones auf Allzeit-Hoch, der Nasdaq steigt und steigt, der Dax: Nie gesehene Gesundheit usw. usw. Überall wird nahegelegt: Kauft Aktien, Leute, wir gehen goldenen Zeiten entgegen. Der Riesen – Bulle ist los [der Bulle ist das Symbol für die Hausse: Er hebt mit seinen Hörnern die Aktienkurse], es geht nur noch aufwärts. Die 20.000 Punkte werden angesteuert. Spring schnell auf, der Zug fährt schon!

Alle vergessen nur hinzuzusetzen: Trottel.

Sie selbst, die diese Euphorie verbreiten lassen durch ihre Massenmedien, sie haben schon begonnen, ihre Aktien zu verkaufen, jetzt, da die Kurse hoch sind. Sie brauchen eine geraume Periode der Hausse, um sich in kleinen Paketen weitgehend aller Aktien zu hohen Preisen zu entledigen, ohne dadurch starke Kursverluste hervorzurufen und sie brauchen Heerscharen von mittleren und kleineren Anlegern, die auf die Botschaft reinfallen: Die Trottel, die nun Aktien kaufen.

Bisher gab es noch vor jeder Wirtschaftskrise diese Periode, die Analysten später mit tadelndem Ton in der Stimme „Überhitzung des Marktes“ oder „Bubble“ (Seifenblase) nennen werden. Daß sie selbst auf dem Schaum der Woge mitgeschwommen sind, werden sie vergessen oder jedenfalls nicht erwähnen.

Denn sobald die Krise wirklich ausbricht, werden die Aktien in mehreren Kaskaden nach unten rauschen. Eine wahre Pracht. Wer dann rechtzeitig sein Geld in sichere Häfen gebracht hat, braucht sich nicht viel Kopfzerbrechen machen. Die Trottel dagegen, die mittleren und kleineren Anleger, die sich bis jetzt noch jedes Mal haben täuschen lassen, werden auf den Aktien sitzen und verzweifelt hoffen, es seien nur Zwischentiefs, bis sie wesentliche Teile ihres Geldes in Nichts aufgelöst sehen.

Vor der letzten Krise, die sich im Verlauf des Jahres 2001 manifestierte, hatte man vor allem mit den Technologie-Werten ein Hausse-Spiel veranstaltet und die Trottel dazu gebracht, die vielversprechenden Informations-Technologie–Werte „Dotcom“ zu kaufen. Die „Dotcom“-Bubble platzte und so mancher verlor einen Batzen Geld.

Dieses Mal scheint eine weit umfassendere Wirtschaftskrise bevorzustehen und man lässt nicht nur einen Teil des Aktienmarktes in schwindelnde Höhen steigen, sondern fast alle Aktienmärkte. Am 26. Oktober 2006 wurden Allzeit-Rekorde des Dow-Indexes und von vier weiteren Aktienindices bekanntgegeben, während fast alle andern wichtigen Aktienmärkte nahe den Allzeit-Höchstständen schlossen. Das ist das brillianteste Aktienspektakel, das es bisher gab. Offenbar braucht man diesmal eine nie gekannte Anzahl von Trotteln, die darauf hereinfallen, um für sich, für die Macher, die Verluste der Wirtschaftskrise in Grenze zu halten.

Wer jetzt zum Beispiel extrem konservativ sein Geld in 4-jährigen US-Staatsanleihen anlegt, kann die Krise ohne allzu heftige Schäden überstehen und sogar noch ein wenig Zinsen einstreichen. Die Jahreszinsen liegen für so etwas bei über 4%. Da der Dollar aber eine der wesentlichen Unsicherheiten ist in der künftigen Krise, ist es sicherer, in Euro-Anleihen zu gehen - oder Pfund, Yen oder Fränkli - was allerdings weniger als 4% bringt.

Aber wer, wenn er ein Trottel ist, würde sich mit jährlichen 4% oder weniger zufriedengeben, wenn die Aktienmärkte zum Spekulieren locken.

Zwar sind die Aktien eben auch die Werte der Firmen, die in den Keller rauschen werden, aber im Kern kann es einer Firma egal sein, ob sie an der Börse 100 Milliarden oder nur noch 90 Milliarden wert ist. Sie muß sich um ganz andere Dinge in einer Weltwirtschaftskrise kümmern, nämlich den Einbruch des Absatzes. Man muß stilllegen, schließen, verkleinern, entlassen usw., kurz: Kapital vernichten, denn das ist der eigentliche Zweck der Wirtschaftskrise.

Stellt man es einigermaßen geschickt an, hat ein wenig Glück und reagiert man immer schnell, kann man so eine Krise überstehen, ohne die Profite allzu sehr in den Keller gehen zu sehen. Die Hauptlast der Krise wird abgewälzt auf die Beschäftigten, die Konsumenten, die Arbeitslosen, die Staaten und – natürlich auf die Trottel.

Veröffentlicht: 1. November 2006 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.

Link zum Originalartikel hier


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"




Zusatz zum Artikel
Dies ist einer jener Artikel, deren Wahrheitsgehalt jetzt, im Oktober 2008, so richtig ans Tageslicht kommt, da die vorausgesagte Wirtschaftskrise eintritt. So schreibt denn auch der Diskutant "von Mumpitz" im forum.politik.de am 7.10.08 folgendes:

"Lesen sie sich hier mal ein, unter dem Artikel sind weitere verlinkt. Die Ältesten gehen bis Mitte 2006 zurück.
Erstaunlich, wie gut man vorraussehen konnte was jetzt passiert, wenn man nur wollte."

, wobei er den hier vorliegenden Artikel verlinkt.

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