Oekonomie

Samstag, 23. Oktober 2010

Der europäische Automarkt schrumpft

Vorzeichen eines tiefen Falls?

Von Karl Weiss

Der europäische Markt von Pkws ist weiterhin schrumpfend. Da nützen keinerlei Erfolgsmeldungen von Mercedes, BMW oder Porsche, ebensowenig wie jene von Volkswagen/Audi, denn die beziehen sich alle auf den Export bzw. Produktion in anderen Ländern. Hier, innerhalb der erweiterten EU, gibt es ein Minus von 9,6% von Neuzulassungen zum Vorjahresmonat, der sechste Rückgang in Folge im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat.

VW Autohalde Brasilien

Das ist vor allem auf den Rückgang der Neuzulassungen in den großen Ländern der EU zurückzuführen, also in Deutschland, in Frankreich, in Großbritannien, in Italien und in Spanien.

Der deutsche Automarkt, der traditionell seit vielen Jahren der größte war, ist nun sogar hinter den von Großbritannien zurückgefallen, mit einem Minus von 17,8% ,weit schlechter als der Durchschnitt von – wie gesagt –knapp -10%.

Honda Autohalde

Die Zahl der Neuzulassungen in Deutschland ist gegenüber dem Allzeithoch im Juli 2009 (das war der ‚Boom‘ der Abwrackprämie) sogar um etwa 42% zurückgegangen.

Damit kann sogar gesagt werden, die Schwäche am deutschen Automobilmarkt, der traditionell immer der größte europäische Markt war, ist mit für die schwache Entwicklung der Wirtschaft in den EU-Ländern verantwortlich. Die hängen nämlich zum Teil vom Export von Autos nach Deutschland ab.

Die Tiefe der Krise in Griechenland zeigt sich ebenfalls am Autoabsatz in diesem Land. Gegenüber einem Hoch von etwa 34 000 Pkws im Januar 2008 ist nun im September ein Tiefpunkt mit etwa 6 000 neu angemeldeten Pkws erreicht, das sind unglaubliche 82 % Rückgang!

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Demgegenüber haben Länder mit einem entwickelten Binnenkonsum, wie etwa die drei skandinavischen EU-Länder und die Niederlande, deutliche Zuwächse in den Pkw-Neuanmeldungen im Vorjahresvergleich aufzuweisen, im Bereich um die 30 %. Da sind die absoluten Zahlen aber klein, so dass dies die gesamte EU nicht aus den Negativen herausholt.

Innerhalb eines sich rapide verschlechternden wirtschaftlichen Lage der EU-Länder und einem gleichzeitig permanent steigenden Euros kann man bereits voraussehen: Weder in Deutschland noch in den anderen EU-Ländern wird es einen Wirtschaftaufschwung geben, es ist sogar keineswegs ausgeschlossen, dass es zu einem neuen, noch tieferen Fall kommt als Ende 2008/Anfang 2009.

Originalveröffentlichung

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Wie sind die deutschen Konjunkturaussichten?

Einbeinige laufen nicht gut

Von Karl Weiss

Die Finanzmärkte jubilieren: Deutschland könne Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft sein. Allerdings sieht selbst die „Financial Times Deutschland“, die Veröffentlichung auf Deutsch, die den Finanzmärkten am nächsten steht, da jetzt schon Einschränkungen. Eine Finanzlokomotive, die nur auf Export setzt, aber keinen Binnenmarkt hat, ist so wie eine Lokomotive, welcher der Brennstoff ausgegangen ist: Sie mag noch eine Zeit den Schwung mitnehmen, aber das Beschleunigen geht nicht.

Deutschland Exportvolumen 2007 bis Jan 2010 Veränderung Vorjahr bzw 2 Jahre zuvor
Diese Graphik ist schon etwas veraltet. Sie enthält nicht den Anstieg der Exporte im ersten Halbjahr 2010. Sie zeigt aber die Tiefe der Krise.

Tatsächlich gibt es einen deutlich höheren deutschen Export als im letzten Jahr, das allerdings das Krisenjahr war. Der Vorkrisenstand ist noch keineswegs erreicht. Dazu kommt, in den letzten zwei Monaten stieg der Export schon nicht mehr an, sondern fiel sogar etwas.

Die Exportquote liegt im Moment bei 46 % des deutschen Brutto-Inlandsproduktes (BIP). Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 46%. Der nächste Exporteur danach hat weniger als 20% des BIP.

Die absolute Einseitigkeit der deutschen Wirtschaftsleistung ist schlicht und einfach unglaublich. Wenn dies als Vorteil gepriesen wird, dann ist es auch ein Vorteil, nur ein Bein zu haben.

Jede gesunde prosperierende Volkswirtschaft beruht auf den beiden Beinen Export UND Binnennachfrage. Doch Binnennachfrage ist nicht.

Die Löhne werden immer kümmerlicher. Teilzeitjobs sind die Regel, Leiharbeit mit bis zu 3 Euro pro Stunde, 1-Euro-Jobs, dazu kommen die „Praktikanten“, die gar nichts erhalten, die Kurzarbeiter, die vom Staat unterstützt werden statt von dem, der den Vorteil hat, nachher nicht neue Arbeitnehmer suchen zu müssen, dem Unternehmer.

Zwar erhalten jene wenigen, die noch einen Vollzeitjob, bezahlt nach Tarif haben, manchmal kleine Lohnerhöhungen, aber das betrifft bald nur noch ein Viertel der Beschäftigten. Alle anderen sind in „Sonder-Dienst-Verhältnissen“, für die es keine Tarife und keine Gewerkschaften gibt.

Der tatsächlich bezahlte Lohn in Deutschland schnurzelt so zusammen wie ein Hamburger in der Pfanne, wenn alles Wasser verdampft. Woher soll also Binnennachfrage kommen? Die Reichen werden ihren Konsum nicht erhöhen. Mit viel mehr als drei Ferraris in den Garagenhallen und mehr als zwei Jachten im Mittelmeer kann man eben kaum etwas anfangen. Zusätzlich eingehende Profite werden zum Zocken benutzt. Wo sollen auch die riesigen verzockten Summen herkommen?

Das Ergebnis: Die Bundesrepublik ist heute bei weitem – bei weitem - das Land mit der höchsten Konkurrenzfähigkeit unter allen ins Gewicht fallenden Ländern.

Das scheint auf den ersten Blick gut. Aber wenn man sieht, es gibt keine Binnennachfrage, will sagen, sie nimmt immer weiter ab, dann wird klar: Auf einem Bein kan man nicht laufen, die extreme Einseitigkeit der deutschen Ausrichtung wird niemandem nützen, auch den Deutschen nicht, aber allen schaden.

Denn nun tritt eine Situation ein, in der die Vorteile schwinden, die Deutschland – wenn auch auf niedrigem Niveau – hatte: Der Hauptempfänger deutscher Exporte, die EU, mit 71% der deutschen Ausfuhren, geht mehr und mehr am Stock. Den Ländern mit hoher Verschuldung und/oder großem Außenhandels-Defizit und/oder ohne Wirtschaftswachstum hat man sowieso bereits Sparkuren verordnet (nach den 'guten alten' Prinzipien des Neoliberalismus, von denen wir inzwischen wissen, dass sie immer in Wirtschaftskrisen münden) und siehe da, sie treten in Wirtschaftskrisen ein – welche Überraschung!

Griechenland ist in tiefer Depression, Spanien kaum kaum noch atmen vor Arbeitslosen, Irland und Belgien sind über alle Massen verschuldet und Italien ist überhaupt das Musterland des Zusammenkommens aller negativen Wirtschaftzahlen, doch das Hauptaugenmerk liegt auf Portugal, denn da sind höchsten Kosten für neue Schulden fällig, weil die Rating-Agenturen ausgerechnet jenes Land herausgesucht haben, das weder die höchsten Schulden hat noch das höchste Außenhandels-Defizit noch das niedrigste Wirtschaftswachstum.

Die Rating-Agenturen dürfen völlig ungestraft mehr Schaden anrichten als alle Terror-Organisationen zusammen, auch wenn sie extrem ähnliche Motive wie jene haben.

Nun, wohin kann man denn noch exportieren, wenn die EU weitgehend ausfällt? Natürlich, das sind weitere 22,4 % der deutschen Exporte, die nach außerhalb der EU gehen. Doch davon sind 15,4 % Asien (einschließlich Japan), d.h. vor allem China.

Nur ist das Exportieren nach Asien eben nicht leicht und so hat Deutschland mit Asien ein gewaltiges Handelsbilanzdefizit, das inzwischen bereits auf 19,2 Mrd Euro im Monat gestiegen ist.

Lokomotive? Wo?

Und nun kommt auch noch der stetig steigende Euro dazu, der natürlich auch nicht hilft beim Exportieren. Unser 'großer Bruder' von der anderen Seite des Atlantiks kennt keinerlei Skrupel und will seinen Export verdoppeln. Da die USA soviel „Quantitive Easing“, sprich Geld-Drucken, machen können wie sie wollen, bleibt nicht viel, was man tun kann.

Die Aussichten sind also eher schwach und haben auch noch große Risiken in Sichtweite. Aber eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Deutschland Binnennachfrage schafft.


Veröffentlicht am 20. Oktober 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 12. Oktober 2010

Der US-Arbeitsmarkt – die Katastrophe

September: Fast 100 000 Stellen Arbeitsplatzabbau in einem Monat

Von Karl Weiss

Der September brachte erneut schlechte Zahlen der Beschäftigungssituation in den USA, wobei die offiziellen Zahlen auch noch geschönt sind (wie auch in Deutschland). Der Blog „wirtschaftsfacts.de“ nennt die Zahlen sogar katastrophal. Die Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft sank in diesem Monat weiter um 95 000 Stellen, obwohl die Arbeitslosenquote durch Manipulationen bei 9,6% blieb.

Langzeitarbeitslose USA

Diesmal war es hauptsächlich der öffentliche Sektor, der die schlechten Zahlen brachte. 159 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst verloren ihre Stelle. Dazu gehören jene Beschäftigten, die bei der Volkszählung beschäftigt waren (die in den letzten Monaten die Zahlen geschönt hatten) und die Beschäftigten in den Staatsverwaltungen, öffentlichen Einrichtungen und Gemeinden, die pleite sind und Stellen streichen müssen. Der grösste Verlust trat dabei im Bildungswesen auf. Wie interessant! Genau wie bei uns! Zuerst streichen sie immer an der Bildung!

Der private Sektor meldete 64 000 neue Stellen, aber die sind zum großen Teil von schlechter Qualität: Es wird u.a. von „temporären Aushilfsdiensten“ gesprochen.

Nur 14,8 Millionen der über 40 Millionen Arbeitslosen in der USA gehen in die offizielle Statistik ein. Woher man dann weiss, dass es über 40 Millionen sind? Nun, es erhalten über 40 Millionen Marken zum Einkauf im Supermarkt, die es nur für Arbeitslose gibt!

USA: Monatliche Ausgaben und Einnahmen pro Fiskaljahr

Die anderen Arbeitslosen wurden in Spezialstatistiken versteckt, die unklare Bezeichnungen haben. So gibt es zum Beispiel die „Langzeitarbeitslosen“ mit etwa 6,1 Millionen. Wenn ihr Anrecht auf Arbeitslosengeld ausgelaufen ist, werden sie nicht mehr als arbeitslos gezählt.

Und dann gibt es die „unfreiwillig in Teilzeit arbeitenden Personen“ mit 9,5 Millionen. Diese Zahl nahm allein in den letzten beiden Monaten um 943 000 zu! Das sind also Personen, denen die Stundenzahl gekürzt wurde (ein Kurzarbeitergeld gibt es nicht) oder die keinen Vollzeit-Job finden konnten. Sie werden alle als Arbeitende gezählt.

USA-Staatsverschuldung - Das ist eine Exponentialfunktion!

Schließlich gibt es auch noch die „nur marginal zur Erwerbsbevölkerung gezählten Personen“, die ebenfalls nicht in die Arbeitslosenstatistik eingehen, im Moment etwa 2,5 Millionen. Dazu gehören alle, die (jedenfalls offiziell) in den letzten vier Wochen nicht nach Arbeit gesucht haben und solche, die es aufgegeben haben, nach Arbeit zu suchen, weil sie es für aussichtslos halten.

Es kann jetzt als sicher gelten, dass es für die USA im Moment keinen Ausweg aus der Krise gibt. Es müssten massenhaft Arbeitsplätze geschaffen werden, aber die hohe Staatsverschuldung lässt nur wenig Platz für Konjunkturprogramme.

So versucht die FED in den USA, durch andauerndes Aufkaufen neuer eigener Staatsanleihen künstliche Werte zu schaffen, die aber keinen realen Hintergrund haben. So wird die US-Wirtschaft immer mehr zu einer Gespenster-Veranstaltung.

Wie lange das gut geht? Wer weiss?

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Beginn des Währungs- und Handelskriegs?

Alle wollen ihre Währung abwerten

Von Karl Weiss

Bereits in der vergangenen Woche hat der brasilianische Finanzminister darauf aufmerksam gemacht: Die aktuell um sich greifenden Versuche in verschiedenen Ländern, dem Wert ihrer Währung nach unten zu manipulieren, können in einen internationalen Währungs- und Handelskrieg münden. Er nannte keine Namen, aber die „Haupttäter“ sind offenbar die Vereinigten Staaten und China, die durch eine Manipulation ihrer Währungen nach unten ihre Exportchancen verbessern wollen.

Langzeitarbeitslose USA

In dem Masse, wie der Dollar an Wert verliert (gegenüber Euro oder Schweizer Franken), werden aber andere Länder auch aufmerksam und versuchen ihre Währungen ebenso zu drücken. Das betrifft hauptsächlich Japan und Großbritannien.

Die Warnung des brasilianischen Ministers in der letzten Woche war auch so verstanden worden, dass der Wert des brasilianischen Real ebenfalls heruntergedrückt werden soll. So hat Brasilien in dieser Woche denn auch die Abgabe für Ausländer bei reinen Finanz-Investitionen in brasilianischen Reais von 2% auf 4% erhöht, was aber angesichts der hohen Zinsen in Brasilien (Leitzins der Zentralbank liegt bei 10%) nicht den gewünschten Effekt gebracht hat.

Die Vereinigten Staaten, Japan und Großbritannien dagegen drücken den Kurs ihrer Währung erfolgreich mit einem Null-Zins und dem „quantitative easing“ (quantitative Lockerung), was auf den Aufkauf eigener Staatsanleihen in massivem Umfang hinausläuft – das ist eine andere Form von Drucken von Geld.

China dagegen legt den Wechselkurs einfach willkürlich fest – was bis jetzt jedenfalls von den anderen Staaten akzeptiert wird. Da China bei weitem der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten ist, übt Washington Druck aus, die in Peking festgesetzten Wechselkurse anzuerkennen, denn China könnte natürlich seine US-Bonds auf den Markt werfen und damit den Zusammenbruch der US-Wirtschaft und des Dollars auslösen.

Wirtschaftsmacht China

Andererseits hätte aber China nichts davon, denn dann wären alle eigenen Ersparnisse mit einem Schlag weg. Daher schichtet Peking lieber in kleinen Portionen in Euro um, was aber dann wieder zur Aufwertung des Euro beiträgt.

Der eigentlich Leidtragende von all der Drückerei des Werts der Währungen ist die Euro-Zone, die immer schwieriger in andere Länder exportieren kann. Dies wiegt besonders in Frankreich schwer, denn dort ist man nicht so wettbewerbsfähig wie Deutschland, das trotz Euro-Aufwertung noch recht ansehnlich exportiert. Nicht umsonst geht das Gerücht um, Frankreich stehe mit China in Geheimverhandlungen, um die Chinesen zur Aufwertung zu bringen.

Auch die Schweiz, die immer so stolz auf den hohen Wert des Schweizer Franken war, versucht bereits, den Wechselkurs ihrer Währung zu drücken.

USA Verkäufe neuer Häuser 1963 bis 2010

Einen konkreten Schritt zum Beginn des Währungskrieges hat aber bis jetzt nur die USA gemacht, wo das Repräsentantenhaus einen Strafzoll für China-Waren beschlossen hat, weil Peking seine Währung nicht aufwertet.

Allerdings muss dies noch vom Senat bestätigt werden, was vor den Novemberwahlen sicherlich nicht mehr geschehen wird. So bleibt es bisher bei der Drohung.

Die Ökonomen erzählen uns, selbstverständlich würde es nie wieder zu einem generellen Währungs- und Handelskrieg kommen wie im Verlauf der Depression der Dreißiger Jahre, weil ja alle von damals gelernt haben, dabei gibt es nur Verlierer.

Nun muss man die Herren Ökonomen aber fragen, wie dann dies sein kann: Ausgerechnet jenes Land, das uns von ihnen immer als Vorbild hingestellt wurde, macht den ersten Schritt dazu.

USA-Staatsverschuldung - Das ist eine Exponentialfunktion!

Es gibt keinen Zweifel: Der immer wieder beschworene Wiederaufschwung nach der Krise in den USA findet nicht statt. Zwar gibt es in einigen Indizes langsame Anstiege, aber der Vorkrisenstand ist nirgends erreicht. Alle Konjunkturspritzen haben nur Strohfeuer entzündet.

Das Ganze vor dem Hintergrund einer riesigen Staatsverschuldung, die schon zum faktischen Bankrott einiger Bundestaaten geführt hat, was die Zentralregierung anscheinend nicht anficht.

Vor allem steigt die Arbeitslosigkeit seit dem Krisenbeginn in den USA unaufhaltsam an und dies führt zu einer generellen Konsumschwäche, was in den USA nicht durch einen Exportboom ausgeglichen werden kann. Das Aussenhandelsdefizit ist dort permanent.

US: Employees Manufacturing 1941 to 2009

Auch wenn bis Ende November nichts Weltbewegendes geschehen sollte, muss man dann mit bewegten Zeiten rechnen.

Wenn jemand ernsthaft anfängt, die Einfuhren mit Zöllen zu belegen, müssen die anderen nachziehen, ob sie wollen oder nicht, sonst würden sie einen neuen tiefen Fall in die Krise im eigenen Land riskieren. Am Ende könnte aber genau dies, der neue tiefe Fall in die Krise, für alle diese Länder das Ergebnis sein, so wie gehabt.

Besonders furchteinflößend ist dabei: Aus jener Situation in den Dreissiger Jahren kam die internationale Gemeinschaft damals nur durch den 2. Weltkrieg heraus.


Veröffentlicht am 7. Oktober 2010 in der Berliner Umschau

Sonntag, 19. September 2010

Stolpert die Supermacht über Häuserpreise?

USA: Fannie Mae und Freddie Mac sollen reformiert werden

Von Karl Weiss

Die USA stehen vor schwerwiegenden finanzpolitischen Entscheidungen. Eine davon ist 5.000 Milliarden US-Dollar (5 trillions of Dollar) wert: Soll die faktische Totalgarantie für alle Hypotheken der beiden halbstaatlichen Hypotheken-Finanzierungskonzerne Fannie Mae und Freddie Mac aufrecht erhalten werden?

Housing Slump

Angesichts eines weiterhin schwachen Häusermarktes mit weiterhin sinkenden Häuserpreisen ist dies die Menge Geld, die in die Hand genommen werden muss, will man die beiden Hypotheken-Finanzierungs-Gruppen am Leben halten. Das wäre der Anstieg der Verschuldung von heute etwa 39 Tausend Milliarden auf 44 Tausend Milliarden (trillions of Dollar) Dollar.

Noch nie gab es in den USA einen so steilen Abstieg und einen so lang anhaltenden Baisse bei Häuserpreisen und im Wohnungsbau. Die Blase begann im Jahre 2007 zu platzen und der Abstieg ist bis heute nicht gestoppt.

Die völlig ungebremsten Massenentlassungen in den USA haben dazu geführt, dass viele der jungen Familien, die sich jetzt gerne ein Haus auf Pump gekauft oder gebaut hätten, dazu nicht mehr in der Lage sind.

Dazu kommen jene, die bereits eines gekauft oder gebaut hatten, aber noch am Abzahlen waren. Viele von ihnen können die Raten nicht mehr zahlen und verlieren nicht nur die Unterkunft, sondern damit auch alle ihre Ersparnisse.

Immobilienkrise USA

Dazu kommen andere, die in der Boom-Phase vor der Hauspreis-Blase eine Hypothek auf ihr bereits abgezahltes Haus aufgenommen haben, um sich andere Dinge zu gönnen, z.B. ein SUV (Sport Utility Vehikel).

Auch diese Hypotheken sind angesichts der Finanzkrise wesentlich teurer geworden und so mancher kann das nicht mehr bedienen. In so einem Fall verliert er nicht nur sein SUV, sondern auch sein Haus.

Insgesamt sind dies viele zig Millionen von Hypotheken, die geplatzt sind! Gleichzeitig führte das zu einem Überangebot von zwangszuversteigernden Häusern, was den Markt von Hauskäufern leerfegte, denn man kann in vielen Regionen der USA heute Häuser zu absurd niedrigen Preisen kaufen.

Die Banken führen meistens gar keine Zwangsversteigerung durch, um nicht zuviel des eingesetzten Kapitals zu verlieren. Insgesamt sind bereits 110 Banken in den USA den Bach hinunter gegangen, was hauptsächlich mit diesen Problemen zusammenhängt.

Immobilienzwangsvollstreckung

Andererseits sind heute in einigen Bundestaaten (z.B. Ohio) bereits an die 30% aller Häuser im Besitz der Banken. Kurz: Eines der Hauptprobleme der USA sind die geplatzten Hypotheken und die geringe Bautätigkeit.

Anmerkung für jene, die sich in den USA nicht so auskennen:

Traditionell baut oder kauft jedes Paar, das heiratet, ein Haus – nur ein unbedeutender Teil der US-Amerikaner lebt in Miete. Das wird erleichtert durch die Häuserpreise: Ein typisches US-Haus ist aus Holz gebaut und hat keinen Keller. Aufwendige Dämm- und Dichtmaßnahmen: Null. So kostet dort ein Haus vielleicht 30% oder 40 % eines Deutschen Stein-auf Stein-Hauses.

Das war ein großer Vorteil der US-Gesellschaft, solange es gut ging. Nun aber ist die industrielle Basis der USA so geschwächt, der ganze Apparat des Landes so extrem auf Finanz-Dienstleistungen ausgerichtet, dass einfach nicht mehr genug Arbeit und Lohn für viele der jungen Leute zur Verfügung steht, die einen Job brauchen und dann ein Haus kaufen oder bauen wollen.

Das führte zur aktuellen Situation: Die Zahl der geplatzten Hypotheken ist so groß, dass das ganze System des Staates davon betroffen ist. Im Prinzip kann der Staat nun einfach seine Garantie für Fannie Mae und Freddy Mac erneuern und somit als Staat für alle diese Gelder aufkommen. Nur erhöht das die Staats-Verschuldung über alle Massen, ohne die Situation der bankrotten Privatpersonen zu verbessern.

Die Alternative ist, die beiden Hypotheken-Finanzierer bankrott gehen zu lassen und so das gesamte Finanz-System des Staates zu detonieren, was aber nicht wirklich ernsthaft ins Auge gefasst werden kann.

Es wird also darauf hinauslaufen, eine (wenn auch formal beschränkte) Garantie für Fannie Mae und Freddy Mac zu erneuern, auch wenn damit das Ausufern der Schulden in Kauf genommen werden muss.

Dann heißt es nur noch beten, die Anleger mögen nicht merken, diese Verschuldung liegt bereits weit über der tatsächlichen Wirtschaftsleistung, die all dies eigentlich garantieren müsste.

Wenn man das merkt, wird der Run gegen den Dollar bzw. die US-Staatsanleihen beginnen und damit das Ende der USA als Supermacht.


Veröffentlicht am 18. September 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 13. September 2010

Der Schein-Aufschwung D ist schon zu Ende

Binnen-Nachfrage bleibt die Achilles-Ferse

Von Karl Weiss

Der „Aufschwung“ habe eingesetzt, hat man in Deutschland der Bevölkerung erzählt, nur weil viele Reiche im Ausland im Frühjahr Porsches, Mercedes, BMWs und Audis gekauft hatten. Nur ist die Zahl der Reichen begrenzt und damit ist der Schein-Aufschwung bereits vorbei. Im Juli setzten deutsche Firmen im Ausland 1,5% weniger ab als im Vormonat.

Stahlindustrie

Das ganze produzierende Gewerbe setzte insgesamt nur 0,1% mehr als im Vormonat ab, während die Optimisten in Regierung und Wirtschafts-Instituten 1% mehr vorhergesagt hatten.

Damit ist man weiterhin weit vom Vorkrisen-Niveau entfernt. Die Krise ist nicht zu Ende. Im Gegenteil, das Ende ist überhaupt nicht abzusehen.

Die 0,1% Zuwachs sind zudem noch nicht inflationsbereinigt. Das ergibt für die realen Werte auch einen Rückgang. Auch wenn der Umsatz der deutschen gewerblichen Wirtschaft bis Mai 2010 fast auf das Vorkrisenniveau kam, ging dieser im Juni und Juli bereits wieder zurück und liegt nun um 13% unter dem letzten Vorkrisenmonat, August 2008. Der Inlandsumsatz liegt sogar 14% darunter.

Zwar kann die deutsche Automobilindustrie auf einen relativ guten Absatz verweisen, denn man exportiert nach China, andere asiatische Länder und in die USA, aber der Rest der bundesdeutschen Wirtschaft hat das Vorkrisen-Niveau noch nicht erreicht und die Juli-Zahlen belegen: Sie sind auch nicht dabei, dieses zu erreichen.

Dies führt – bei aller Sparhysterie – auch zu einem zweiten negativen Effekt: Die Verschuldung der Bundesrepublik steigt rasant. Im ersten Halbjahr 2010 verzeichnete der Kernhaushalt der BRD ein Finanzierungsdefizit (also die Notwendigkeit der Aufnahme neuer Schulden) von 32,9 Milliarden Euro – und das bei einer um 2,2% steigenden Wirtschaftsleistung in einem halben Jahr, dem höchsten Halbjahreszuwachs seit der Vereinigung.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Wird diese Aufwärtsbewegung nun nachhaltig gestoppt, wird das Defizit des 2. Halbjahres ja noch höher.

Was sich da zeigt, ist auch ein anderes deutsches Grundübel: Der Bundeshaushalt ist weitgehend abgekoppelt von der Wirtschaftsleistung, weil weder die großen Firmen nennenswert besteuert werden noch die Besitzer und Aktionäre. Während in den Vorstandsetagen bereits wieder die Freudentränen fließen, bleibt der Staat (und die Bevölkerung) im Tal der Tränen.

Es ist immer wieder das gleiche Lied: Da die Löhne in Deutschland massiv abgebaut wurden und die Arbeitslosigkeit weiterhin auf dem schon 2005 erreichten hohen Niveau liegt (man glaube nur nicht die offiziellen Arbeitslosen-Zahlen-Lügen), ist die Binnennachfrage eingebrochen – und dies schon vor der Krise. Alles hing und hängt nur am Export. Darum war der Wirtschaftseinbruch in der Krise in Deutschland auch höher als in vergleichbaren anderen Ländern, denn der internationale Waren-Austausch nahm zeitweise bis zu 50% ab in der ersten Phase der Krise.

Jetzt stehen wir am Ende der zweiten Phase der Krise. Ein Teil der allertiefsten Einbrüche wurde schon wettgemacht, aber im Großen und Ganzen ist das Vorkrisen-Niveau noch nicht wieder erreicht. Doch jetzt kündigt sich bereits die zweite Talfahrt dieser Krise an, ein erneuter Einbruch, welcher die dritte Phase der Krise einleitet. Die USA und China haben deutlich verschlechterte Vorhersagen und zum Teil gibt es in den USA schon klare Rückgänge. Dort aber, in USA und China, ist eben genau ein wesentlicher Teil des deutschen Exportmarktes.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Der andere ‚gut funktionierende‘ Exportmarkt sind die anderen EU-Länder. Doch dort ist mehr Heulen und Zähneknirschen als in Deutschland. Die EU wird Deutschland nicht aus der Krise holen, ebensowenig wie Deutschland die EU aus der Krise holen kann, denn die braucht Deutschland nur als Exportmarkt.

Damit zeichnet sich am Horizont Schlechtes ab für Deutschland.

Solange in Deutschland nicht massive Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, ein genereller Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde eingeführt wird und die Leiharbeit auf tatsächlich zeitlich begrenzte Stellen beschränkt wird, solange also die Binnennachfrage nicht zum zweiten Bein der deutschen Ökonomie wird, bleibt Deutschland einbeinig und kann mit seinen Exporten nur den anderen hinterherhinken, die eine selbsttragende Wirtschaft haben.


Veröffentlicht am 13. September 2010 in der Berliner Umschau

Samstag, 11. September 2010

Auto-Absatz USA: In der Krise!

GM: 25% unter Vorkrisenniveau

Von Karl Weiss

Soeben sind die August-Zahlen des Auto-Absatzes veröffentlicht worden. Außer für deutsche Luxus-Modelle verkaufen sich in den USA die Autos auf einem typischen Krisenniveau: 15 bis 25% unter Vorkrisenniveau. Besonders GM, Toyota und Ford sind betroffen. Damit sind die letzten Hoffnungen auf einen schnellen Wiederaufschwung in den USA den Bach hinunter gegangen.

Chrysler Dodge Autohalde

Obwohl hochwertige deutsche Autos sich gut verkaufen in den USA, ist der Autoabsatz im August generell massiv eingebrochen, nachdem alle Unterstützungsmaßnahmen ausgelaufen waren und sich erneut Krisenanzeichen zeigten. Der aktuelle Neuwagenabsatz brach auf den niedrigsten Stand seit 27 Jahren ein. Damit ist der US-Autoabsatz auf die Größenordnung der 80er Jahre zurückgegangen. Haupt-Leidtragende: GM und Toyota.

Bei den US-Neuwagen-Händlern werden hohe und höchste Rabatte eingeräumt. Trotzdem lassen sich die großen Marken in den USA nur schwer verkaufen. Allein GM blieb um 25% unter dem Vergleichsmonat August 2009 – und das war schon in der Krise! Ford hat „nur“ ein minus von 10% gegenüber dem Vergleichsmonat eingefahren, aber auch das ist bedenklich. Ford konnte einen größeren Abstieg verhindern, weil man den Kleinwagen Fiesta aus Europa importiert hat und zu einem extrem attraktiven Preis verkauft.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Der dritte große US-Automobilhersteller, Toyota (das ist schon lange kein japanischer Konzern mehr), musste ebenfalls schmerzliche Einbrüche hinnehmen: Der Absatz fiel im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als ein Drittel!

Vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise 2008 hatte der Automarkt in den USA noch ein Volumen von rund 17 Millionen Fahrzeugen im Jahr. Inzwischen wurde die Vorschau für das Jahr 2010 auf 12 Millionen heruntergefahren. Nach den August-Zahlen steht bereits fest: Auch das wird nicht erreicht werden!

Als Antwort auf die Wirtschaftskrise haben die Firmen in den USA massiv entlassen. Außerdem wurden Löhne gekürzt. Das Ergebnis: Die große Masse der US-Amerikaner kann sich entweder kein Auto mehr leisten oder hat es im vergangenen Jahr gekauft, als es auch dort eine Abwrackprämie gab.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Außerdem überlegen sich Viele angesichts der rasch schlechter werden wirtschaftlichen Daten in den USA, in diesem Moment ein neues Auto zu kaufen.


Veröffentlicht am 11. September 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 23. Juli 2010

USA, China: Alle Ampeln auf rot!

Neuer Abschwung nimmt Gestalt an

Von Karl Weiss

Noch gibt es keinen neuen weltweiten Abschwung in der Krise, die eigentlich bereits eine Depression ist, aber die Anzeichen in den USA und China stehen klar auf rot. Es liegen inzwischen genug eindeutige Zahlen vor, die eine tiefe Bremsspur in China und ein bereits anfangenden Abschwung in den USA belegen. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Rest der Welt davon nicht beeinflusst wird.

Langzeitarbeitslose USA

In den USA ist es vor allem der Immobiliensektor, der schon Anlass für den ersten Abschwung dieser Krise war, der alle Alarmleuchten aufblinken ließ. Die Ausfallraten für alle Darlehen und Leasingverträge der Geschäftsbanken in den USA mit mehr als 30 Tagen Zahlungsverzug stiegen im 1. Quartal 2010 auf 7,39%, was einem Volumen von fast genau 500 Mrd. Dollar entspricht. Das ist ein Desaster! Offensichtlich haben die Entlassungen und Lohnminderungen dazu geführt, dass Millionen von Nordamerikanern ihr Häuschen (oder ihr Fahrzeug) nicht mehr pünktlich bezahlen können.

Nimmt man die „Delinquency Rate“ nur der Wohnimmobilien, so stieg diese Rate (Prozentanteil aller Kreditverträge) im 1. Quartal 2010 sogar auf 11,29%. Diejenige der Geschäftsimmobilien stieg ebenfalls und zwar auf 8,6%.

USA Verkäufe neuer Häuser 1963 bis 2010

Die Zwangsversteigerungen von Häusern und anderen Immobilien in den USA bleiben Quartal für Quartal auf einem Wert ganz in der Nähe von 1 Million. D.h. pro Jahr verlieren weiterhin 4 Millionen US-Amerikaner ihr Häuschen.

Doch die Zahlen sind nicht nur gleichbleibend, sie verschlechtern sich sogar zum Teil noch: Die Neubauverkäufe gingen in den USA im Mai 2010 um über 32% zurück und fielen auf den niedrigsten Stand, seit diese Zahl ermittelt wird (1963).

Die Bürger in den Vereinigten Staaten spüren diese Situation am eigenen Leib. Der Index des Verbrauchervertrauens ist im Juli 2010 um 9,5% zurückgegangen. Das ist der schärfste Einbruch seit dem Haupteinbruch der Krise im Oktober 2008, als dieser Index um 12,7 Punkte zurückging. Auch die Einschätzung der persönlichen Finanzsituation der US-Bürger ging heftig zurück, nämlich um glatte 10 Prozentpunkte.

USA-Staatsverschuldung - Das ist eine Exponentialfunktion!
Das ist eine Exponentialfunktion!

Am klarsten zeigt aber, wie schon früher berichtet, aber nun ganz eindeutig feststehend, der „Leading Index“ des ECRI den beginnenden neuen Abschwung innerhalb der Gesamtkrise. Diese Rate fiel in der Woche vor dem 9. Juli um 9,8%, das ist bereits die sechste Woche hintereinander mit solch negativen Zahlen. Dieser Index ist zusammengesetzt aus einem gewichteter Durchschnitt von sieben Schlüsselindikatoren der Wirtschaft, wie die Entwicklung der Geldmenge, die Preise für industrielle Märkte, die Spreads (Versicherungsprämien zur Absicherung von Darlehen) und die Erträge von Anleihen, die Erstanträge auf Arbeitslosigkeit, die Hypothekenanträge und die Entwicklung der Aktienkurse.

Ein anderer Frühindikator, diesmal für die weltweite Konjunktur, ist der BDI (Baltic Dry Index), das ist ein zusammengesetzter Wert aus Schiffs-Frachtraten und Auslastung der Welt-Schifffahrt. Diese wesentliche Zahl für den Handel der Welt-Wirtschaften untereinander ist in den letzten 36 Handelstagen um etwa 60% gefallen. Ein solch tiefer und rascher Fall ist eigentlich nur bei bereits einbrechender Handelsaktivität weltweit möglich.

Die Erklärung hierfür liefert China: Die chinesischen Importe fielen nach 137,4 Mrd. Dollar im Juni auf 117,37 Mrd. Dollar im Juli (das ist eine Vorausschau aufgrund der bestehenden Verträge). Parallel dazu fallen auch die Aktien in China (Shanghai Composite): Dieser Index fiel auf den niedrigsten Stand seit 28. 4. 2009. Zwar zeigt die chinesische Wirtschaft weiterhin ein Wachstum, aber diese Rate ist in schnellem Rückgang begriffen.

Damit fällt die riesige chinesische Wirtschaft als Konjunkturlokomotive mehr und mehr zurück, was den weltweiten Abschwung noch wahrscheinlicher werden lässt.

Veröffentlicht am 20. Juli 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 13. Juli 2010

Deutsche Konjunktur bröckelt

Für nächstes Jahr neuer Abschwung erwartet

Von Karl Weiss

Hatte es zumindest einige wenige positive Botschaften gegeben am deutschen Konjunkturhorizont, so fangen die schon wieder an zu bröckeln. Auch wenn die Auftragseingänge im deutschen Maschinen- und Anlagenbau im Mai noch stiegen, so hat das Ende der Talfahrt des Euro diese positive Entwicklung nun schon wieder verlangsamt.

Die Einzelhandelsumsätze im Mai zeigten, wie auch schon in den Vormonaten, eine weitere Verringerung Im Jahresvergleich, diesmal nominal um 1,4% und real um 2,4%. Jahr für Jahr verringerter Konsum, das ist die Realität in Deutschland.

Der deutsche Aktienindex DAX verlor in der ersten Juli-Woche rund 3,9%. Zwar wurden wieder einmal angeblich verringerte Arbeitslosenzahlen berichtet, aber nun weiss man schon zur Genüge: Man hat einfach Arbeitslose in andere Statistiken „exportiert“ und zählt nicht einmal mehr die Hälfte der Arbeitslosen, um die tatsächliche Lage am Arbeitsmarkt zu verschleiern. Nimmt man die einzige noch halbwegs zuverlässige Zahl, die Zahl der Empfänger von Hartz IV, so ist klar: Trotz Sommer ist die Arbeitslosigkeit weiterhin gleich.

Wenn, wie inzwischen vorhergesagt wird, im kommenden Jahr bereits ein neuer Abschwung droht, wird es nicht mehr mit Kurzarbeit abgehen. Massenentlassungen werden versucht werden und die Arbeiter werden sich wehren müssen.

Schlechte Nachrichten für Deutschland auch aus China: Sämtliche Frühindikatoren in China weisen auf eine sich abschwächende Konjunktur hin. China sollte eigentlich mit seiner Größe die ganzen anderen Volkswirtschaften aus dem Sumpf ziehen. Jetzt sieht es eher so aus, als ob China selbst in Richtung Sumpf geht.

Damit würden die deutschen Exporte tendenziell getroffen, die ja die einzige Hoffnung sind, denn die Binnen-Nachfrage wird ja mit Steuer- und Abgabenerhöhungen sowie Kürzungen von Sozialleistungen geschwächt statt gestärkt, und jegliche Aufschwungträume in Deutschland müssen zu den Akten gelegt werden.

Im Gegenteil: Die erhöhten Steuern und Abgaben und die verringerten Sozialleistungen werden die Binnen-Nachfrage weiter senken und damit werden auch keine erhöhten Steuereinnahmen hereinkommen. Dann kann auch die Verschuldung nicht abgebaut werden. Eine Abwärts-Spirale. So handelt man sich beides ein: Überbordende Verschuldung und gleichzeitig Abrutschen in eine weitere, vertiefte Wirtschaftskrise. Dann hat man griechische Verhältnisse.


Veröffentlicht am 13. Juli 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 7. Juli 2010

'Double-Dip' oder ‚Die US-Wirtschaft in der zweiten Abwärts-Phase‘

Es wird eine ausgedehnte weltweite Krise

Von Karl Weiss

Diese Krise ist nicht ausgestanden – im Gegenteil. Es wird eine ausgedehnte weltweite Wirtschafts-Krise, die dann in die kapitalistische Endzeitkrise übergeht. Zwar gab es im zweiten Teil von 2009 und Anfang 2010 eine Unterbrechung des steilen Abschwungs mit einer Seitwärtsbewegung, aber das war nur den massiven milliardenschweren Konjunkturprogrammen zu verdanken. Jetzt beginnt gerade der „double dip“, also die Phase des zweiten steilen Abschwungs, ausgehend von den USA.

Langzeitarbeitslose USA

In einer erneuten akuten Situation des schwindenden Marktes, der fehlenden Käufer und des zusammenbrechenden Vertrauens wird es nicht mehr, wie beim ersten „dip“, die Möglichkeiten geben, Hunderte von Milliarden von Dollar und Euro in die Wirtschaft zu pumpen, denn die Situation der Verschuldung ist bereits extrem eng. Sich erneut in diesen Größenordnungen zu verschulden würde den Staatsbankrott bedeuten.

Und diesmal reden wir nicht vom Staatsbankrott von Griechenland, von Irland oder der Ukraine, diesmal geht es um die Vereinigten Staaten und auch um Großbritannien. Die Hunderte von Milliarden der „Konjunkturprogramme“ wurden den Banken in den Rachen geworfen, die jetzt schon wieder eifrig am spekulieren mit „Derivaten“ sind. Statt in die reale Wirtschaft zu investieren, statt die Löhne massiv zu erhöhen, um Kaufkraft und damit Binnen-Nachfrage zu schaffen, hat man den vor Reichtum stinkenden Banken das Leben gerettet. Nun folgt die Rache des Marktes, den man doch immer angebetet hat.

Die klarsten Zahlen in dieser Hinsicht haben die USA aufzuweisen.

Der Index der zum Verkauf stehenden fertiggestellter Häuser in den USA ist im Juni um 33% gefallen. Im Mai haben 30% weniger einen Vertrag zum Bau eines Hauses abgeschlossen als im Monat vorher. Ein Banker wird zitiert: „Das ist ein Kataklysmus!“

Das Verbrauchervertrauen ist im Juni von 62,9 auf 52,7 Punkte gefallen. Das sind Minus-Zahlen wie zu Zeiten der Lehmann-Brothers-Pleite!

Häuser in Bau sind um 10% zurückgegangen.

Die Aktivität der herstellenden Industrie ist von +3% auf – 4% gefallen.

Wie ein Kommentator in diesem Artikel ( http://www.marktorakel.com/index.php?id=3779349173569288237 &set_language=de ) richtig feststellt, wird hier nicht über ein Land geredet, das im wesentlichen von Exporten lebt, sondern von den USA :

„Wir reden hier über eine Volkswirtschaft, die in erster Linie konsumiert und nicht produziert.

Wir reden hier über eine Volkswirtschaft, wo der Häuserbau die tragende Säule des letzten Aufschwungs war.

Und wir reden über eine Volkswirtschaft, wo der Staat und seine Verbraucher so sehr über seine Verhältnisse gelebt hat, wie kein anderer in der Welt.“

Robert Reich, früherer Staatssekretär für Arbeit in den USA, wird im britischen „Telegraph“ zitiert:

„Hausverkäufe gehen zurück. Der Einzelhandelsumsatz geht zurück. Industrieaufträge haben im Mai ihren größten Rückgang seit März letzten Jahres gehabt. Was tun wir dagegen? Weniger als nichts!“

Nun, das Pulver ist verschossen. Würde Obama noch einmal große Konjunkturprogramme auflegen, würde die Staatsverschuldung alle Grenzen sprengen.

Es kann kein Zweifel mehr bestehen. In den USA droht nicht nur der „double dip“, er hat bereits begonnen.

Der Artikel im britischen „Telegraph“ ist bereits überschrieben: „Mit den USA gefangen in einer Depression, fängt es wirklich an sich anzufühlen wie 1932.“

Was war 1932? Damals verlief die Krise ganz ähnlich. Im Jahr 1929 hatte sie mit einem Zusammenbruch der Aktienpreise begonnen, schien dann aber 1931 bereits wieder beendet und man hoffte angesichts einiger Zahlen bereits, der Wiederaufschwung habe begonnen. Es wurden massive Sparprogramme überall in der Welt durchgeführt, weil man die starke Erhöhung der Staatsverschuldung bekämpfen wollte. In Wirklichkeit hatte aber der Abschwung in die „Große Depression“ erst begonnen. Die Sparprogramme verschlimmerten noch die Tiefe der Depression. Die Brüningschen Sparprogramme in Deutschland waren berühmt. Sie brachten die deutsche Bevölkerung in Wut, so dass ein Teil der Deutschen den faschistischen Hitler-Parolen aufsaßen.

Wenn wir also heute wieder von Frau Merkel hören, nun müsse rigoros gespart werden, um die Staatsverschuldung abzubauen, so ist dies nichts anderes als das alte Lied: „Wir lernen nie dazu, wir machen die gleichen Fehler immer wieder!“

Merkel und Konsorten setzen wieder allein auf die Exporte, nur wird dies diesmal nicht klappen. Die anderen Euro-Ländern haben selbst wirtschaftliche Schwierigkeiten, die USA gehen eben gerade den Bach hinunter und die Exporte nach China sind äußerst begrenzt, um es vorsichtig auszudrücken.

In dem Masse, wie sich der Euro gegenüber dem Dollar zu erholen beginnt, wird das zarte Pflänzchen von steigenden Exporten bereits wieder unter den Stiefeln des zweiten großen Abschwungs dieser Depression zertreten werden.

Natürlich gäbe es einen leichten Weg, wie man ohne große Ausgabensteigerungen des Staates die deutsche Konjunktur anfeuern könnte: Binnen-Nachfrage schaffen!

- Einführung eines generellen Mindestlohns

- Verbot der Leiharbeit für nicht saisonale Arbeit

- Verbot der Scheinselbständigkeit

-Anhebung des Hartz-IV-Satzes

- Mehr Geld im öffentlichen Dienst

- Tariflöhne als Mindestbezahlung in allen Branchen

- Zulagen bei Teilzeitarbeit

und viele weitere Maßnahmen, die Geld in die Taschen des „kleinen Mannes“ spülen würden.

Nur, bevor dies die Regierung Merkel tun würde, müsste sich wohl ein Loch vor Frau Merkel auftun und sie lebend in die Hölle fahren.

Damit ist klar, die deutsche Konjunktur ist der nächste Kandidat für eine Talfahrt unbekannten Ausmaßes.


Hier eine Auswahl der wichtigsten weiterhin aktuellen Artikel des Bürger-Journalisten zur aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise:

Dossier Neo-Liberalismus: Das Waterloo des Neo-Liberalismus

Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken

Können Sie das glauben?“

Das Ende des Währungssystems

Vorhersage des Dollar-Crash

Der kapitalistische Krisenzyklus – Eiszeit – Kollaps – Infarkt

Wirtschafts- und Finanzkrise – Wer war zuerst da, das Huhn oder das Ei?“

Dossier Auswirkungen Wirtschaftskrise I

Endzeitkrise des Kapitalismus

Lasst uns alle unsere Automobil-Industrien retten!“

Wie die Gewissheiten in der Krise verschwinden

Das schreit förmlich nach einer Revolution

USA und Europa – Hyperinflation am Horizont


Veröffentlicht am 7. Juli 2010 in der Berliner Umschau

Karl Weiss - Journalismus

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