Samstag, 28. Oktober 2006

Bankdaten Deutscher werden an US-Dienst weitergegeben

Schutz der Privatsphäre und von sensiblen Unternehmensdaten
unterlaufen


Von Karl Weiss

Wie der schleswig-holsteinische Landes-Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert mitteilt, wird weiterhin alles, was international auf den Konten deutscher Banken bewegt wird, über eine belgische Privatfirma an den US-Geheimdienst CIA weitergegeben. Alle Proteste haben nichts bewirkt. >>Bush befiehl, wir folgen!<<.

Nachdem schon vor einiger Zeit durch US-Zeitungsmeldungen bekannt wurde, daß dem CIA über die belgische Firma “Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication” (SWIFT) die internationalen Bewegungen auf den Konten europäischer Banken zur Verfügung stehen, haben deutsche Banken auf Nachfragen extrem wenig auskunftsfreudig reagiert. Es handele sich um Maßnahmen zur Überwachung von Geldflüssen zur Terrorfinanzierung, wird gesagt.

Nachdem die „New York Times“ diese Praktiken herausgefunden und veröffentlicht hatte, kam von US-Präsident Bush eine heftige Kritik an der Veröffentlichung. Es handelt sich also um etwas, was man gerne geheimgehalten hätte. Stellt sich die Frage, warum man geheimhalten will, daß man terroristischen Geldströmen nachspürt. Sollten vielleicht doch ganz andere Gründe dahinterstecken? Auffallend ist ja, daß bis heute in keinem Land auch nur eine Anklage gegen irgendjemand erhoben wurde, der solche Geldströme verwaltet hätte.

Der Datenschützer aus Deutschlands Norden will nun die großen Banken in seinem Bundesland diesbezüglich überprüfen. Thilo Weichert: "Die ersten Informationen, die uns als staatlicher Aufsichtsbehörde von Bankenvertretern zur Verfügung gestellt wurden, waren nichtssagend ..."

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen dem Schutz der Privatshäre - und dazu gehören natürlich auch die Kontenbewegungen und -stände - eindeutigen Vorrang vor Datenweitergabe ohne konkreten Verdacht gegeben. Im Fall von konkreten Verdachtsmomenten kann eine deutsche ermittelnde Stelle auch jetzt schon Daten von den Banken abrufen, ohne dafür eine richterliche Anordnung zu brauchen.

Daß nun solche persönlichen und sensiblen Daten wie Kontenstände und -bewegungen von deutschen Banken an eine belgische Privatfirma weitergegeben werden, die sie dann einem ausländischen Geheimdienst offenlegt, ist ein Skandal.

Die Banken halten dies offenbar für völlig normal und haben nichts unternommen, um diese Praxis zu stoppen.

Die deutsche Politik, mit Ausnahme des schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten, schweigt ebenfalls still darüber. Die bürgerlichen Medien haben dies kurz gemeldet und sind zur Tagesordnung übergegangen. Wenn das Wörtchen „Terror” drangehängt wird, darf jeder alles.

Grundsätzlich sind bei allen Fahndungsmaßnahmen Anhaltspunkt eines Verdachts notwendig. Eine Fahndung, die erst einmal alle für verdächtig hält und deshalb die Daten von allen freigibt, ist ausdrücklich verboten. Und dies gilt für staatliche Organe - umso mehr also für private Institutionen wie Banken. Ganz zu schweigen von Datenweitergabe an ausländische Geheimdienste.

Es gibt ja keine Möglichkeit, von Deutschland aus zu überprüfen, was der CIA wirklich mit diesen Daten anfängt. Nicht einmal in den USA selbst gibt es irgendeine effektive Überwachung der vielen Geheimdienste, wie US-Kongreßabgeordnete erst kürzlich wieder hervorhoben.

Ganz besonders, so hob Weichert hervor, gilt dies auch für die sensiblen Daten von europäischen Unternehmen. Es gibt keinerlei Garantie, daß sie vom CIA nicht US-Konkurrenten zur Verfügung gestellt werden.

Es gab in der Vergangenheit bereits einen Fall, in dem ein US-Stasi-Dienst Industriespionage für US-Firmen bei deutschen Unternehmen betrieb.

Weichert: "Es kann und darf nicht sein, daß das Bundesverfassungsgericht zu Recht den deutschen Sicherheitsbehörden klare Grenzen bei sogenannten verdachtsunabhängigen Jedermannkontrollen setzt und daß dann über den Umweg eines belgischen Dienstleisters der US-Regierung erlaubt wird, im Trüben zu fischen und Freiheiten und Bürgerrechte zu ignorieren."



Link zum Originalartikel hier

Grösster UK-Sprengstoff-Fund aller Zeiten

Keine oder verniedlichende Meldungen in den Massenmedien

Von Karl Weiss

In England hat die Polizei den größten Waffen- und Sprengstoff-Fund in einem Privathaus gemacht, den es je gegeben hat in diesem Land – und nirgends wurde das zunächst gemeldet. Lediglich vier lokale nordwest-englisches Blätter, die „North-West Evening Mail“, der „Burnley Express“, der „Burnley Citizen“ und der „Lancashire Telegraph“ brachten die Nachricht.

Hätten eine Anzahl englischer Internet-Sites sie nicht bestätigt, man hätte sie für eine Ente halten können, so völlig war zunächst der Medienboykott gegen diese Meldung. Man stelle sich vor, es wäre ein Muslim gewesen, der eine solche Sprengstoff- und Waffensammlung, einschließlich eines Raketenwerfers, angehäuft hätte – aber es war – ein Faschist.

Wer sich die Mühe machte, vor dem 20.Oktober „Grange dentist explosives“ zu googlen, fand seitenweise Internetseiten mit dieser Meldung finden, aber nicht eine einzige eines bürgerlichen Massenmediums!

Ein Zahnarzt im nordwestenglischen Städtchen Grange-over-Sands in der Provinz Lancashire hat riesige Mengen von Sprengstoffen und auch Waffen in seinem Haus bzw. seiner Praxis angehäuft. Es handele sich um einen Rekord für ganz England, meldeten die Lokal-Blätter.

Der Sprengstoff-Freak heißt Jackson, ist 62 Jahre alt und lebte in der Trend Road im Städtchen Nelson, Nachbarstadt von Grange. Am Freitag, den 6. Oktober 2006 hob die Polizei sein Waffen- und Sprengstoff-Nest aus und verhaftete den Mann in seiner Praxis. Es wurde unter anderem auch ein Schutzanzug gegen atomare und biologische Waffen gefunden.

Er wurde angeklagt, einen Sprengstoff-Anschlag vorbereitet zu haben. Neben Raketenwerfern und Chemikalien zur Sprengstoffherstellung sowie anwendungsfertigen Sprengstoffen fand die Polize in seinem Haus Literatur der „British National Party“, das ist das englische Gegenstück zur NPD.

Man war auf die Spur des Zahnarzt-Terroristen gekommen, als man im Haus seines mutmaßlichen Komplizen, einem Subjekt mit Namen Cottage aus der Stadt Colne in der gleichen Region, 22 verschiedene Chemikalien gefunden hatte, die zur Sprengstoffherstellung dienen können. Cottage ist ein früherer Wahlkandidat der British National Party.

Eigentlich ist dies keine Überraschung. Man weiß auch in Deutschland: Die wirklich gefährlichen Terroristen sind die Faschisten, Tausende von Gewalttaten jährlich gehen auf ihr Konto. Aber die bürgerlichen Massenmedien wollen uns lieber weismachen, die Muslims seien die Gefahr.

So unterschlägt man eben einfach solche Meldungen, während jeder Muslim, der auch nur eine Waffe hat, zum Terroristen hochstilisiert wird.

In München gab es letztlich einen Prozeß gegen eine Gruppe von Faschisten, die ebenfalls einen Sprengstoffanschlag vorbereitete. Auch dies wurde von den Medien „auf kleiner Flamme gekocht“.

Nach zwei Wochen des absoluten Schwegens liessen sich dann tatsächliche enige Massenmedien wie die britische BBC herab, kurze Meldungen hierüber zu bringen. Aber alles ohne Aufsehen und grosse Schlagzeilen. Das Wort Terrorist, das bei Muslimen so schnell von der Zunge geht, wird peinlich vermieden, nicht einmal in der Form des "mutmassichen Terroristen" gebracht. Wie kann ein Mann kein Terrorist sein, der riesige Sprengstoffmengen anhäuft und der Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen angeklagt wird?

Dagegen werden Festnahmen wie kürzlich in England und den USA, die Muslims betreffen, an die große Glocke gehängt und von der ständig steigenden Gefahr geredet. Es wird sogar davon gefaselt, der Islam würde demnächst die Herrschaft in Europa antreten. Nun aber sagt niemand, es gäbe die Gefahr der faschistischen Machtübernahme.

Es werden neue Gesetze, neue Videokameras beschlossen, bürgerliche Rechte abgebaut usw., alles wegen der drohenden Taten muslimisch-extremistischer Täter. Nur leider fand man in den beiden Fällen der Muslims gar nichts in den Wohnungen und mußte die angeblich gefährlichen Terroristen sang- und
klanglos wieder freilassen.

Wo sind sie nun, die Herren Stoiber, Pofalla, Schönbohm, Beckstein und Konsorten, die immer sofort zur Stelle sind, wenn es um Muslims geht, wo ist Herr Broder vom Spiegel mit seinem Kommentar?

>>Na, es sind Faschisten, die sind auf „unserer“ Seite, gegen die werden wir nichts sagen?<< Ist dies das Schema?

Wo sind die Meldungen als Aufmacher in der „Tagesschau“und „heute“? Wo die dicken Schlagzeilen der „Bild“? Wo der Spiegel, die Welt und die FAZ? Sie alle waren nicht in der Lage, die Meldung zu finden, so wie der Berichterstatter?

Jemand mag noch Zweifel gehabt haben an der These: 'Die bürgerlichen Medien sind gleichgeschaltet, sie fördern heimlich faschistische Täter'. Nun prüfe er selbst nach.

Veröffentlicht in der Berliner Umschau: 28. Oktober 2006. Der Artikel ist hier geringfügig redigiert und am 30.10.06 aktualisiert.

Open letter to the rulers in Germany

Proposal by Karl Weiss

In fact you almost persuaded us. We were nearly convinced of the stories of the alleged welfare state making all of us into a great family, of the constitutional state that enjoins justice for everyone, of the democracy where3 we supposedly join in the conversation and of constitutionality allegedly protecting everyone.

We were almost convinced we really had the same interests as your corporations, banks and politicians.

We almost believed that all our desires could become reality in capitalism: enough money to live, suitable housing, education for the childre4n, child care so women could cooperate, sufficient jobs for everyone who wants to work, a complete and progressive health care, training and places at a unive4rsity, a future worth living for our children, a decent pension after a full working life and perhaps a little extra every now and then.

It would be beautiful if a just state could be created here in capitalism.

But now we must admit shocked that all this was only a sleeping pill with a limited effect for us. You in no way provided all this for us. Tat we wanted this seems bluntly absurd.

The sixties, seventies and even the eighties almost sold all this as possible. We were almost there; not much was lacking. Having a car and taking a vacation was beautiful. We cannot deny this. But now we see already this cannot be afforded any more and will not last long. It was wonderful that some of us could fulfill the dream of a little house. Now we see how those who are unemployed cannot usually afford the payments.

Now you explain to us repeatedly and in detail: whether we have enough to eat, whether we have jobs and whether our children have a future – all this isn’t your problem. You only worry about your profit and we should not criticize.

You shocked us with the health reform and the ten-euro visitation fee for the doctor. Still we thought everything wasn’t so bad. When you cut the pensions again and again, we still hoped other politicians would cancel this. Then when Hartz IV (radically reducing social benefits by combining income support and unemployment money) was introduced, the promise that no one would suffer want if he or she couldn’t find work was broken. Then many were rebellious and the Monday demonstrations began. You trivialized this but have no illusions. The status quo will not last.

That all your parties, the laws, the media and even some social associations have accepted Hartz IV is deeply shocking to us. No constitutional court stopped this. Now we know, the constitutional state, democracy and the constitution are all hollow phrases to deceive us.

Still most of us are paralyzed by horror, unable to do anything and helpless about what must be done. But in the depths of our hearts, we know what we must do. Most of us will not yet admit this and wrestle with ourselves. More and more we realize: capitalism has not changed its face. You could only hide your real grimace for a brief phase in history. Capitalism has no future for our children or us. We will have to make the revolution and send you packing.

You abolish our jobs as you please. You cut our wages, lengthen our working hours, let the pensions fall to nothing and carry out the greatest tax increase (for us) in the history of Germany while your big corporations and banks pay no taxes any more. You cancel the apprenticeships that our children need and ignore those who have not found a stable work situation.

You call us social parasites when we don’t find any work, are sick, need care or are seniors. You defraud us of money that we and our fathers and mothers paid in to social security. You use the money for other things and now shrug your shoulders: there's nothing for you any more.

You have a strong grip on the newspapers, journals, television and radio. They shower us with your ideology that the state doesn’t exist to look after us when we are needy. Earlier it occurred to us that the unanimous ideology comes from the media and the responsible ones never stand on our side. This insight is beginning to spread like that insight that communists did not devour little children. Now we are also be4ginning to find alternative news on the Internet.

For years our real wages have been falling and are cut additionally by lengthened working hours. You want us to continue working to 67. There4 is even talk of pensions at 70.

We have started to reject this. In the elections that you always use as a great excuse (“The majority voted for this”), we have taught your politicians a lesson. In the last Bundestag election, 35% of those entitled to vote voted for your parties. Only 20% of the population has confidence in your politicians.

That the “Club of Rome,” one of your think tanks, proclaimed that only 20% will be needed in the future and the others will be without work is a coincidence. Thanks for the frankness.

The present does not make us worried and furious but the future you have earmarked for us. Nearly every one of us must expect unemployment before retiring. Then one is called work-shy. After paying in the social treasuries for decades, one is placated with alms far below the poverty line, unemployment benefits II or later pensions.

After humiliating petitions to authorities that send inspectors to our living quarters, politicians announce in a choir: social hammocks, social parasites and misuse!

For the rest of life, there are “vouchers” to get something to eat. Health care is so limited that necessary operations cannot be performed any more. One either moves into a tiny dwelling or becomes homeless. That is the future you design for us. Then you drum into our heads that people in developi9ng countries face worse conditions.

Thanks also that one of your politicians made clear to us that food is in no way guaranteed with the “voucher”: “Whoever does not work should not eat.”

Perhaps that already occurred to us – or some of us. People easily fall into resignation, despair or depression. Your plans are mainly directed against our children. While we noticed that class sizes increased more and more when the discussion about student tuition began, we saw when you cancelled more and more apprenticeships that our children were condemned to remain at home with us if they couldn’t find any work and were offered only part-time jobs, mini-jobs, one-euro jobs, contract work, practical assignments and precarious work.

We love our children and will not let you do this to them! This is crucial! We now fight against you even if our struggle was clumsy in the beginning. You don’t have4 the least presentiment how intense is the rage in our bellies and how wild is our determination. You are obviously not very impressed by our struggle. Those union leaders allied with your parties always successfully choked off the battles before they began. Still we learned. Look, the number of union members in the striking factories has doubled.

Yes, we will learn to be combative – and we will learn French. You should begin to tremble.


Englische Übersetzung des Artikels "Offener Brief an die Herrschenden" von Karl Weiss durch "Journalismus- Nachrichten von heute" vom 12. Oktober 2006. Link zur Originalübersetzung hier.

Der Artikel auf Deutsch ist hier.

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