US-Wirtschaft ungebremst Richtung Abgrund
Von Karl Weiss
Die April-Zahlen der US-Wirtschaft, jedenfalls jene, die von der Regierung nicht leicht gefälscht werden können, zeigen weiterhin alle auf Alarm. Das Haushaltsdefizit steigt und steigt, die Gesamt-Staatsschulden ebenfalls und die Steuereinahmen fallen. Das ist ein Szenario weit schlechter als etwa das von Griechenland.
Besonders fallen an den April-Zahlen des US-Bundeshaushalts die weiter sinkenden Steuereinnahmen auf. Das widerlegt alle Gerüchte von einer angeblich anziehenden Konjunktur. Vergleicht man etwa die Unternehmenssteuereinnahmen von Oktober bis einschließlich April des laufenden Fiskaljahres gegen die des Vorkrisenstandes, so kommt man gerade mal auf 45%. Zwar waren die Unternehmenssteuereinnahmen im dazwischen liegenden Fiskaljahr noch niedriger als die aktuellen, aber das macht nur etwa 9% aus. Es kann also keine Rede sein von einer selbsttragenden Erholung der US-Unternehmen.
Noch wichtiger aber ist das im April angefallene Defizit des Staatshaushaltes, denn der April ist jener Monat, in dem in den USA die Einkommensteuern gezahlt werden müssen und daher traditionell der Monat mit dem größten Haushaltsüberschuss. So hat es auch seit 1983 im April nie ein Defizit gegeben, zum Teil dagegen riesige Überschüsse, wie zum Beispiel im Jahr 2001 und 2007 mit Überschüssen im Bereich von 170 bis 190 Milliarden Dollar. Bereits im April vergangenen Jahres, der ja schon Krisenmonat war, gab es ein Defizit von etwa 20 Mrd. Dollar, aber in diesem April stieg das Defizit auf ein Allzeithoch von über 80 Mrd. Dollar. Das ist nur ein Monat, und noch dazu der beste des Jahres!
Bereits im letzten Fiskaljahr hatte es ein nie vorher gesehenes Haushaltsdefizit von über 1 400 Milliarden Dollar gegeben. Im laufenden Fiskaljahr sind nun nach sieben Monaten etwa 800 Milliarden Dollar Defizit erreicht, das dürfte also am Ende ein ähnlich desaströse Zahl ergeben.
Mit solchen laufend sich ansammelnden astronomischen Defiziten Monat für Monat steigt aber die Gesamtverschuldung schnell an – und die ist bereits heute aus dem Ruder gelaufen. Da die Staatsausgaben in keiner Weise gebremst werden, bedeutet das eine Explosion der US-Staatsschulden, die nun exponentiell ansteigen.
Dabei ist diese Exponentialkurve der gesamten US-Verschuldung bis jetzt noch nicht einmal durch steigende Zinsen beschleunigt. Wird dies eintreten, entweder, weil man der Inflation entgegensteuern will oder weil die internationalen Gläubiger höhere Renditen verlangen, um US-Staatsanleihen zu kaufen, so wird diese Kurve bald fast genau in die Senkrechte übergehen – das haben Exponentialkurven so an sich.
Der einzige Ausweg aus dem völligen Desaster wäre für die US-Regierung, nun massiv Ausgaben zu kürzen und/oder Steuern zu erhöhen, aber genau das kann Obama nicht tun, denn er würde die geringfügigen Anzeichen einer beginnenden Erholung der Wirtschaft damit abwürgen. Eine massive und schnelle Erholung und ein Zurück zu den Zahlen vor der Krise wäre jetzt das, was die USA bräuchten, aber nichts dergleichen ist am Horizont zu sehen.
Auch die Behauptungen einer Besserung am Arbeitsmarkt lassen sich nicht in den Zahlen des Einkommenssteueraufkommen ablesen, - im Gegenteil. Bereits im vergangenen Fiskaljahr waren die Einkommenssteuereinnahmen von etwa 1 146 Milliarden Dollar auf 915 Mrd. Dollar eingebrochen. Vergleicht man wieder den Zeitraum der ersten sieben Monate des laufenden Fiskaljahres, so kommt nun noch eine zusätzliche Verringerung von über 11 % dazu, das sind jetzt schon etwa 33% weniger als noch im Fiskaljahr 2007/2008.
Die gesamte Staatsverschuldung der USA ist mit Stand vom 30. 4. 2010 auf fast genau 13.000 Milliarden Dollar gestiegen. Das ist auch für die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt eine alles denkbare übersteigende Hypothek.
Bei jedem anderen Land mit solchen Zahlen hätte bereits seit langem die Spekulation gegen die Staatspapiere begonnen. Aber auch die USA werden am Ende nicht gegen diese Spekulation gefeit sein.
Und dann ist Feierabend, denn niemand kann dann mehr „helfen“ angesichts solcher Zahlen.
Veröffentlicht am 18. Mai 2010 in der Berliner Umschau