Mittwoch, 26. Mai 2010

Spanien, Spanien über alles!

Es gibt vielleicht noch kleine Restchen von Rechtsstaat – in Spanien

Von Karl Weiss

Erinnern Sie sich noch? Unter Präsident Bush haben die USA andauernd Leute in anderen Ländern gefangen genommen und in heimlichen Flügen in versteckte Gefängnisse gebracht und gefoltert. Diese Flüge wurden dann bekannt als CIA-Folterflüge. Mit der Zeit wurde dann auch immer klarer, dass die CIA-Agenten dabei mit dem Wissen und der heimlichen Zustimmung der jeweiligen europäischen Regierungen handelten.

Kurz: Die europäischen Staaten, die sich alle als Rechtsstaaten bezeichnen, machen schon mal „kleine Ausnahmen“ von der Rechtsstaatlichkeit.

Einer der bekanntesten Fälle in Deutschland war der von El Masri, einem in Neu-Ulm lebenden Gemüsehändler mit deutschem Pass, der 2004 in Mazedonien im früheren Jugoslawien Urlaub machte und dort vom CIA gekidnappt und verschleppt wurde. Der Jet, mit dem man ihn in eines der Geheimgefängnisse des CIA brachte, kam aus Palma de Mallorca, also spanischen Territorium, landete in Mazedonien, nahm den Entführten auf und brachte ihn in ein Gefängnis mit dem Namen Salz-Mine in Afghanistan. Dort wurde er lange und intensiv gefoltert. Schließlich mussten die CIA-Schergen einsehen, dass sie den falschen Mann gefangen hatten – oder schlicht und einfach einem falschen Verdacht aufgesessen waren.

Nun hatte man aber einen möglichen unerwünschten Zeugen, nicht nur bezüglich der illegalen CIA-Methoden wie Kidnappen und in Geheimgefängnisse verschleppen, sondern auch in bezug auf die Folter durch das offizielle US-Amerika. Man hielt ihn noch Monate fest, nachdem man bereits wusste, er hat nichts mit Terrorismus zu tun. Die spätere Außenministerin Rice, damals Sicherheitsbeauftragte des Präsidenten, musste höchstpersönlich seine Freilassung befehlen, sonst wäre er heute noch im „Gefängnis“. Man setzte ihn einfach irgendwo im Balkan aus (typische Art und Weise krimineller Organisationen).

Der Blog Karl Weiss hat bereits über den Fall berichtet: „Steinmeier in der Klemme“ ( http://karlweiss.twoday.net/stories/2633448/ ), „CIA-Heimatgebiet: Deutschland“ ( http://karlweiss.twoday.net/stories/3156075/ ) und „Wer solche Grundsätze hat...“ ( http://karlweiss.twoday.net/stories/4703988/ )

Es geht vor allem darum, dass – entgegen den Beteuerungen – die jeweiligen Regierungen in Europa Komplizen der illegalen Praktiken des CIA waren.

Und damit wären wir in der Aktualität und in Spanien angelangt. Dort haben nämlich Staatsanwälte einen Antrag gestellt, an den Richter Ismael Moreno in Madrid, ein Verfahren gegen insgesamt 13 Agenten des CIA zu eröffnen, die in die Entführung verwickelt waren und auf die folgenden Namen hören sollen:

James Fairing, Jason Franklin, Michael Grady, Lyle Edgar Lumsen III, Eric Matthew Fain, Charles Goldman Bryson, Kirk James Bird, Walter Richard Greensbore, Patricia O’Riley, Jane Payne, James O’Hale, John Richard Deckard und Héctor Lorenzo.

Die spanische Zeitung „El País“ veröffentlichte diese Namen – ganz offensichtlich in der Absicht, diese Zeitgenossen zu warnen, nicht nach Spanien einzureisen.

Was man diesen feinen Herren vorwirft, neben den Dingen wie Entführung, Freiheitsberaubung usw., ist dass sie alle mit gefälschten britischen Pässen nach Spanien eingereist seien.

Das alles, so berichtet die spanische Zeitung, sei den Zuständigen der damaligen spanischen Regierung unter Jose Maria Aznar bekannt gewesen.

Während man in Deutschland entsprechende Anklagen gegen die Entführer schon seit Jahren nicht mehr verfolgt (wenn auch das Verfahren noch nicht offiziell eingestellt wurde), besteht nun eine Chance, dass Spanien tatsächlich entsprechende Prozesse gegen die Agenten durchführt. Das wird natürlich alles in Abwesenheit geschehen, aber immerhin werden diese Agenten nicht mehr einfach im Außendienst des CIA eingesetzt werden können.

So gibt es auf diesem Kontinent, der nach einer schönen Frau Europa genannt wird, in einer Wüste von Vasallen der USA, die wie zu feudalen Zeiten selbstverständlich die „höhergestellten Herrschaften“ von jeder Strafverfolgung ausnehmen, vielleicht zumindest eine kleine Insel von Rechtsstaatlichkeit – Spanien.

Spanien, Spanien über alles!


Veröffentlicht am 26. Mai 2010 in der Berliner Umschau

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