BIP-Minus: 5,3 Prozent, 16 Prozent oder 36 Prozent?
Von Karl Weiss
In dieser Krise sei das deutsche Brutto-Inlandsprodukt (BIP) um 5,3% gefallen, doch jetzt seien wir bereits auf dem Weg aus der Krise, wird uns versichert. Sieht man sich aber die Fakten an, so wird klar: Der Einbruch betrug in Wirklichkeit mindestens 16%, nach realistischer Rechnung aber bis zu 36% und wir sind keineswegs auf dem Weg aus der Krise. Das statistische Bundesamt, Teil des Bundesinnenministeriums, versucht uns über den Löffel zu balbieren.
In Wirklichkeit kann man nämlich den ungeheuren Schuldenaufbau, mit dem Ausgaben finanziert wurden, nicht als Teil des BIP akzeptieren. Das BIP (früher nannte man die Kennzahl Brutto-Sozialprodukt und das war etwas anders definiert) soll eine Zahl sein, die uns einen Überblick über die Gesamt-Wirtschafts-Leistung eines Landes für einem bestimmten Zeitraum gibt.
Um aber einen wirklichen Einblick zu haben, muss die Neu-Verschuldung von diesem Wert abgezogen werden, denn Schuldenmachen ist ja keine Leistung.
Rechnet man nämlich die Neuverschuldung seit dem Beginn der Krise vom deutschen BIP herunter, kommt man statt einem Einbruch des BIP von 5,3% auf einen um 8,1% höheren Einbruch, also um 13,4%. Hierunter fällt alles, was auf Pump „geleistet“ wurde, wie zum Beispiel Sozialleistungen, Kurzarbeitergeld, Abwrackprämie und zusätzliche öffentliche Bauleistungen.
Aber auch das ist noch nicht der wirkliche Einbruch des BIP in Deutschland, denn die Bundesregierung hat, um uns leichter an der Nase herumführen zu können, die Bankenhilfen (Soffin) und jetzt wieder die Gelder für den „Europäischen Rettungsschirm“ in Schattenhaushalten versteckt.
Rechnet man auch nur weitere 50 Milliarden als verloren, wie es der Ex-Banker Jürgen Jahnke in seinem interessanten Portal www.jjahnke.net in diesem Artikel tut: http://www.jjahnke.net/rundbr71.html#2015 , so kommt man bereits auf einen BIP-Einbruch von etwa 16 % in dieser Krise.
Allerdings wird sich am Ende die Bankenhilfe plus die „Griechenlandhilfe“ (in Wirklichkeit auch nur Bankenhilfe) plus die für Spanien und was da noch alles kommen wird, nach jeder realistischen Einschätzung keinesfalls nur auf 50 Milliarden Euro belaufen. Eine Zahl von 200 bis 300 Milliarden Euro wird weit wahrscheinlicher sein.
Das ergäbe weitere 8,7% bis 13% des BIP, also dann zusammen nicht 16%, sondern etwa 22% bis 36%!
Das ist also das wahre Ausmaß der Krise in Deutschland: Ein Minus im BIP im Bereich zwischen 20 und 36%!
Doch die Bundesregierung hütet sich, diese Wahrheit zu sagen. Sie macht lieber Schulden und weist die dann als Anstieg des Brutto-Inlandsproduktes aus.
In dem oben verlinkten Artikel können Interessierte auch die tatsächliche Staatsverschuldung Deutschlands in zwei aufschlussreichen Graphiken sehen: Sie wird sich nach den Vorausberechnungen des Internationalen Währungsfonds IWF bis 2014 auf 90% des BIP aufbauen. Und da sind die in Schattenhaushalten versteckten „Hilfen“ und alles, was noch kommen wird, noch gar nicht eingerechnet!
Das ist zwar im Vergleich zur USA geradezu eine mäßige Verschuldung, aber für das deutsche Volk eine schwere Last. Wenn das alles einmal zurückgezahlt werden müsste, würde schon allein dies den deutschen Lebensstandard auf Entwicklungsland-Niveau bringen.
Da aber ein weltweiter Crash des Finanzsystems zu erwarten ist, wird sich damit auch alles erledigt haben, was Schulden heißt. Und wenn wir die Sozialistische Revolution gemacht haben werden, werden am nächsten Tag selbstverständlich alle Schulden des kapitalistischen Staates für nichtig erklärt.
Veröffentlicht am 31. Mai 2010 in der Berliner Umschau