Montag, 18. Februar 2008

Kosovo: 'Unabhängigkeit' öffnet Büchse der Pandora

Dies könnte der Ausgangspunkt des dritten Weltkriegs werden

Von Karl Weiss

17. Februar 2008: Das könnte einmal in zukünftigen Geschichtsbüchern als Ausgangsdatum der Entwicklung zum dritten Weltkrieg charakterisiert werden. Auch wenn das nichts über die wirklichen Ursachen eines solchen Weltkrieges aussagt, könnte die vorgebliche „Unabhängigkeitserklärung“ des Kosovo von Serbien der Knackpunkt werden, an dem sich eine neue Zweiteilung der Welt in die „westlichen Mächte“ und eine „östliche Achse“, basiert auf Russland und China, festmacht.

Kosovo

Alle besonnenen Köpfe in der westlichen Welt (darunter die Regierungen von Spanien und Griechenland) haben bereits mehrfach dringend davon abgeraten, eine Abspaltung des Kosovo von Belgrad zu unterstützen. Putin hat in an Klarheit nicht zu übertrefffenden Worten deutlich gemacht: Dies würde als absolute Herausforderung an Alles begriffen werden, für was Russland steht. Wer ein „unabhängiges“ Kosovo anerkennt, schlägt den Handschuh ins Gesicht Russlands.

Der gerade eben wiedergewählte serbische Präsident Thadic hat bereits vor den Wahlen und nun erneut als wiedergewählter Präsident mit den eindringlichsten Worten, die vorstellbar sind, davor gewarnt: „EU, USA, erkennt auf keinen Fall eine Unabhängigkeitserklärung Kosovos an! Ich biete euch enge Anlehnung an die EU an, ich biete euch wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit an, ich biete eine weitgehende Autonomie Kosovos an, aber erkennt niemals eine solche „Unabhängigkeit“ an!

Es gibt keine Notwendigkeit, wegen einer verschwindend kleinen Bevölkerung des Kosovo, die ohne jede Schwierigkeit weiterhin unter dem Schutz der EU als halbselbständige Provinz Serbiens weiterleben kann, internationale, nicht abzusehende Konsequenzen in Kauf zu nehmen, obwohl sich für die Provinz Kosovo überhaupt nichts zum Positiven wenden würde – im Gegenteil!

Die Kräfte, die sich da als neue Führer eines unabhängigen Landes aufplustern wollen – obwohl das Land doch nur zu einer Halb-Provinz Albaniens werden wird – sind faschistische und korrupte Politiker, die auch nicht annähernd so unterstützenswert sind wie Thadic.

Thadic hat deutlich gemacht, er wird, will er nicht von einem Proteststurm der Serben hinweggefegt werden, in keiner Weise mehr mit „dem Westen“ oder der EU eng zusammenarbeiten können, Europa wird sich ohne Not auf Dauer einen Todfeind innerhalb seiner Grenzen geschaffen haben – aber es hat alles nichts genutzt.

Die serbische Bevölkerung hat mit der Wahl Thadic hörbar einen Appell an die westlichen Mächte gerichte: „Seht nur, wir wählen einen Europa geneigten Politiker, aber macht dies nicht mit uns!“

Doch die Strategen in Washington, Brüssel und Berlin wollten nicht hören. „Wir müssen zu Ende bringen, was wir mit der Anerkennung Sloweniens, Kroatiens, Bosniens und Mazedoniens begonnen haben, auch der Kosovo muss unabhängig werden.“ Es geht darum, auf keinen Fall wieder die Hoffnung auf eine friedliche Welt aufkommen zu lassen, immer genügend Spannungen zu schaffen,wegen denen man sändig mit Terrorismus rechnen und daher alle bürgerliche Rechte abbauen muss.

In Wirklichkeit war damals, als man die Abtrennung von vier (inzwischen fünf) Ländern von Jugoslawien anerkannte, schon die Büchse der Pandora geöffnet worden, denn die internationalen völkerrechtlichen Regeln sahen unabdingbar vor: Die Abspaltung von Provinzen – sei es auch mit anderen Ethnien – darf niemals anerkannt werden, wenn der Zentralstaat dies nicht anerkennt.

Bevölkerungsgruppen in Jugoslawien 1991

Warum? Nun eben, weil dies die Büchse der Pandora öffnet! Es gibt tausende Provinzen in heutigen Staaten, die tendenziell die Forderung nach Abspaltung erheben könnten. Die ganze Welt würde ein Tollhaus, wenn man beginnt darauf einzugehen.

Doch auf dem Balkan hatte man – selten in der Geschichte – eine zweite Chance. Die Aufteilung Jugoslawiens war Tatsache und man hätte Kosovo bei Serbien lassen können und die Büchse der Pandora hätte sich wundersamerweise wieder geschlossen – weil geschichtliche Tatsachen neue Regeln schaffen, weil Dinge sich ändern können.

Doch niemand wollte hören. Die Serben müssen wieder und wieder zu spüren bekommen, dass man keine Sekunde Ungehorsam akzeptiert. „Sie sollen das bis ans Ende ihres Seins bereuen.“ Doch diesmal könnten es die Anderen sein, die einmal bereuen werden: „Hätten wir doch damals, 2008, den Kosovo nicht anerkannt. Diese undankbaren Albaner haben uns nur Ärger geschaffen.“

Es sei nur daran erinnert, welche Probleme die Türkei, der Irak, der Iran und Syrien mit ihrer kurdischen Minderheit haben.

Da gibt es auch die Fälle Berg-Karabach (Teil von Aserbeidschan), Süd-Ossetien und Abchasien, heute noch Teile von Georgien und Transnistrien, das nicht mehr zu Moldawien gehören will.

Es braucht hier nicht alles aufgezählt zu werden. Allein in Afrika gibt es an die Hundert Landesteile, die in irgendeinem Zusammenhang schon einmal als Kandidaten der Ablösung vom Zentralstaat genannt wurden.

Ja, weder Russland noch Serbien können im Moment etwas machen, sondern müssen zähnknirschend zusehen, wie ihnen ins Gesicht gespuckt wird. Ob dies aber positive Aussichten für die Zukunft zulässt, ist fraglich. Wem ins Gesicht gespuckt wird, der pflegt sich bei geeigneter Gelegenheit zu revanchieren.

Und da bieten sich die oben schon genannten Teilstaaten Berg-Karabach, Süd-Ossetien, Abschasien und Transnistrien an, Teile der dem Westen zugeneigten Staaten Aserbeidschan, Georgien und Moldawien. Würde es Russland zum Beispiel gelingen, die ganze Shanghai-Gruppe, also vor allem China, auf die Linie der Anerkennung dieser Staaten zu bringen, wenn sie sich für unabhängig erklärten, wäre dies eine Entwicklung, die der Westen ebenso zähneknirschend und machtlos hinnehmen müsste wie heute Russland und Serbien die „Unabhängigkeit“des Kosovo.

Das würde eine Konfrontation in noch stärkerem Aussmass als heute beinhalten.

Man stelle sich aber nur vor, Russland und China würden beginnen, nationalistische Separations-Bewegungen in den baskischen Gebieten Spaniens und Frankreichs und die katholischen Nordiren mit dreistelligen Millionenbeträgen jährlich zu unterstützen, wie dies die USA und Europa in Bosien, in Kroatien und in Slowenien getan haben. Dies wäre ein „casus belli“ in Reinkultur.

Gemach – weder Russland noch China werden dies tun in absehbarer Zukunft, denn dort sind weitsichtigere Politker an der Macht als bei Bushens, Sarkosys und Merkels. Aber wenn der Zeitpunkt gekommen ist, die Alleinherrschaft der USA (in Verbindung mit anderen westlichen Ländern) in Frage zu stellen, so werden dies probate Mittel sein.

Das würde aber dann bereits die direkte Entwicklung zu einem dritten Weltkrieg beinhalten. Es sei erinnert, Serbien – damals in Form eines serbischen Terroristen mit einem Anschlag auf den östereichischen Thronfolger – war bereits einmal Ansatzpunkt des Beginns eines Weltkrieges. Man schrieb das Jahr 1914 und es begann der erste Weltkrieg, der alles, was es bis dahin an Kriegen gegeben hatte, bei weitem in den Schatten stellte.


Veröffentlicht am 18. Februar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Zusatz zum Artikel

Also ich will ja nicht angeben, aber dies habe ich im Forum des FDP-Bundesverbandes gefunden:

http://forum.fdp-bundesverband.de/read.php?4,1079952,1080941

"Re: Krieg in Georgien
geschrieben von: steiner (IP gespeichert)
erstellt am: 12. August 2008 02:40


Der gute Karl Weiss hat die Entwicklung schon am 17.02.2008 vorausgesagt:

[Link zu diesem Artikel]

Er scheint wirklich Ahnung zu haben wovon er schreibt.

Steiner"

Das wurde im Zusammenhang der Diskussion über den Ossetien-Krieg geschrieben.

Oder sollte ich, statt stolz zu sein, besorgt sein, was ich falsch gemacht habe, wenn mich ein FDP-ler lobt?

Nun, ich habe es wirklich vorausgesagt - und es müssen ja nicht unbedingt alle in der FDP ein Brett vor dem Kopf haben, nicht?

Und da gibt es auch noch einen anderen, der die beiden einschlägigen Artikel in einen Zusammenang stellt, im 'Freigeistforum':

http://www.freigeister-forum.de/phpBB2/viewtopic.php?t=2744&postdays=0&postorder=asc&start=30

"siar

geistige Leuchte



Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 731

Verfasst am: 12.08.2008 04:01

Ich habe zwei interessante Kommentare gefunden, einer vom 17.02.2008 und einer von heute:

http://karlweiss.twoday.net/stories/4715451/
http://karlweiss.twoday.net/

Der Junge scheint ein kluges Köpfchen zu haben. Auf alle Fälle ist er jetzt erst mal bei meinen Favoriten.

bearnie besonders für Dich dürfte das interessant sein, da wird noch mal der Krieg in Serbien ein wenig aufgeschlüsselt.

Grüße

siar "

Also, die Freigeister sind mir denn doch irgendwie lieber als die FDP und an "siar" einen Gruss vom klugen Köpfchen.

Karl Weiss

Freitag, 15. Februar 2008

Warum wird der Amazonas-Urwald immer schneller vernichtet?

Die Schuldigen sind hier und dort

Von Karl Weiss

In der Berliner Umschau wurde kürzlich berichtet: Die Vernichtung des Regenwaldes im Amazonasgebiet wurde nicht nur nicht verringert, sie geht vielmehr in immer schnelleren Rhythmus voran. Das wurde als überraschend bezeichnet, ist es aber nicht, wenn man die Umstände in Brasilien und auf der Welt kennt.

In den vergangenen 5 Monaten wurden nach ersten Satelliten-Auswertungen 3 235 Quadratkilometer Regenwald im Amazonasgebiet durch Abholzen oder Abbrennen vernichtet. Das heißt, die Zerstörung hat sich innerhalb eines Jahres um weitere 40% erhöht gegenüber dem Vorjahr (das einen etwa gleichbleibend hohen Stand der vernichtenden Aktivitäten gegenüber dem Jahr zuvor aufgewiesen hatte). Um Missverständnissen vorzubeugen: Im Jahr 2006 war die Zerstörung des Regenwaldes nicht etwa eingestellt worden, es war lediglich für kurze Zeit keine noch weitere Beschleunigung des Prozesses zu beobachten.

Nach Bekanntwerden dieser Zahlen rief Präsident Lula einen Krisengipfel ein, der aber nichts brachte außer der Erkenntnis, daß man sich nicht einmal auf die Ursachen einigen kann in der Brasilianischen Regierung

Die zuständige Ministerin Marina Silva sagte, die Ausweitung von Agrikultur-Aktivitäten sei verantwortlich, doch der hierfür zuständige Agrarminister behauptete, die Brasilianischen Groß-Agrarier hätten es gar nicht nötig, Regenwald für eine Ausweitung der Aktivitäten zu zerstören, denn es gäbe genug brachliegende Flächen außerhalb der Regenwaldgebiete.

Brasilien (topographisch)

So kurios dies klingen mag, beide haben recht. Die Großgrundbesitzer Brasiliens roden und brennen nach Belieben Regenwald ab, denn dies ist die billigste Methode, an neues Weide- und Ackerland zu kommen, obwohl riesige Flächen auf deren Besitzungen brachliegen, die staatdessen verwendet werden könnten. Diese benötigen allerdings mehr Aufwand, um für Viehweiden oder Ackerland hergerichtet zu werden und so geht man den Weg der billigsten Lösung, wie der Kapitalismus befiehlt.

Die Aussage des Agrarministers, die auch noch von Präsident Lula bestätigt wurde, diente aber eben dazu, die Groß-Agrarier von jeder Schuld freizusprechen, damit sie nach Belieben weitermachen können. Die Aussichten sind also nicht rosig.

Wenn – und das dauert nicht mehr lange bei der jetzigen Geschwindigkeit (der Zeitrahmen wird auf 10 bis 20 Jahre geschätzt) – wesentliche Teile des Amazonas-Urwaldes verschwunden sein werden, wenn nur noch mittelgrosse, unzusammenhängende Stücke übrig sein werden, wird irgendwann der Umschlagpunkt erreicht werden werden, ab dem der Urwald nicht mehr ausreicht, um genug seines eigenen Regens zu produzieren. Das würde einen wahrscheinlich unumkehrbarer Prozess verursachen, der zur Versteppung und Verwüstung des Amazonasgebiets führte.

Regenwald

Der viele Regen, nach dem der Regenwald benannt ist, ist ja keiner, der von irgendwelchen Ozeanen herangeführt wird (bzw. nur in kleinem Teil ein solcher), sondern ein selbst produzierter Regen. Die Riesenmenge an Blättern schwitzt Feuchtigkeit aus, die von der Hitze nach oben getragen wird und dann, in kälteren Luftschichten, kondensiert und zu Wolken und Regen führt.

Ab jenem Moment würde der ‚Point of no return’ erreicht sein, für den Amazonas-Urwald und wahrscheinlich für die Menschheit, wie wir sie kennen. Ist der Regen für die Urwaldpflanzen nicht mehr ausreichend, sterben sie fast alle ab (die meisten Urwaldpflanzen benötigen im Schnitt etwa 2 000 mm Niederschläge pro Jahr, wir hatten in Deutschland vor dem Einsetzen der Klimawandels etwa 500 mm pro Jahr). Innerhalb eines Jahrzehnts würde der Rest des Urwaldes größtenteils verschwunden sein. Das Amazonasgebiet würde zu einer Steppe oder Wüste werden. Was das für das Klima auf der Erde für Folgen hätte, kann man nur erahnen.

Die bisher durchgeführten Szenarien hierüber in Computer-Simulationen sind schlicht katastrophal. Durch die freigewordene Menge an CO 2 würde der Treibhauseffekt fast schlagartig noch weiter erhöht, der ja sowieso bereits auf eine Klimakatastrophe zusteuert. Das Klima würde allgemein schnell heißer werden - weit schneller, als bisher in den Vorhersagen angegeben.

Das würde zu einem Anstieg der Verdunstung von Wasser und von Energie in der Luftschicht weltweit in einem gigantischen Umfang führen. Dadurch würden in vielen Weltgegenden sintflutartige Regenfälle allen bebaubaren Boden sowie Pflanzen und Wälder wegschwemmen, gleichzeitig würden sich durch intensive Trockenperioden und Hitze die Wüsten schnell und unwiderruftlich ausdehnen sowie neue entstehen. Der Mangel an Boden, auf dem Pflanzen wachsen können, würde diesen Effekt anschließend noch verstärken, also ein weiterer selbstverstärkender Effekt.

Amazonas

Die extremen Klimaerscheinungen (Platzregen für Tage, mörderische Hitze und Trockenheit) würden sich intensivieren und die pflanzliche Oberfläche des Planeten mehr und mehr zerstören. Ob, in welchem Masse und wie noch Teile der Menschheit auf einer mehr und mehr der Pflanzen entkleideten Erdoberfläche überleben könnten, bleibt der Vorstellungskraft jedes Einzelnen überlassen.

Die Forscher weisen auch auf die ungehäuren Energiemengen hin, die ein großes Regenwaldgebiet bindet (weil die Energie in Pflanzensubstanz umgesetzt wird und - in kleinerem Ausmaß - weil Energie zum Verdunsten von Wasser verbraucht wird – dieser letztere Effekt befördert diese Energie in höhere athmosphärische Schichten), die ohne diesen Regenwald freigesetzt würden. Das Ausbleiben des Regenwald-Effekts hätte wahrscheinlich weitere katastrophale Folgen. Erscheinungen wie verheerende Sandstürme, Hurrikans und Tornados würden sich wohl vervielfachen und auf den ganzen Globus ausweiten.

Schmelzendes Eis

Das brasilianische politische System verhindert, daß Lula, selbst wenn er wollte, einen tatsächlichen Kampf gegen das Abbrennen und Abholzen betreiben kann. Der brasilianische Präsident herrscht weitgehend über sogenannte „Vorläufige Dekrete“, die solange gelten bzw. in der Geltung verlängert werden können, bis das brasilianische Parlament sie mit Mehrheit für ungültig erklärt. Dabei müssen sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat mehrheitlich dagegen stimmen.

Lula muß nun andauernd an Hunderte von Parlamentarier und Senatoren Zugeständnisse machen, damit seine „Vorläufigen Dekrete“ nicht niedergestimmt werden bzw. er ein Gesetz durch das Parlament bringen kann. Er hat eine ganze Mannschaft von Kontaktpersonen ständig unterwegs, die zu den Parlamentariern Kontakt halten und die jeweiligen „Deals“ aushandeln.

Die meisten der brasilianischen Parlamentarier und Senatoren sind Mitglieder der Familien der Oligarchie Brasiliens, die sie sich gerne als ,Elite’ bezeichnen läßt (oder deren Beauftragte), d.h. der Großkapitalisten, der Großbankiers ,der Großgrundbesitzer und nicht zu vergessen die Groß-Holzhändler.

Was sie jeweils für sich aushandeln, ist ‚freie Hand’ für gewisse Geschäfte, die ihnen Vorteile bringen. Ein großer Teil davon sind eben genau Geschäfte mit Holzfirmen im Amazonasgebiet und neue Flächen für den Sojaanbau oder für Viehweiden. Unter ‚freie Hand’ ist zu verstehen, daß es keine Verfolgung entsprechender Übertretungen gibt, denn es ist in Brasilien natürlich offiziell verboten, Urwald abzuholzen oder niederzubrennen, ohne eine ausdrückliche Genehmigung dafür zu haben.

Im Endeffekt läuft das auf einen Deal hinaus: Die Oligarchie läßt Lula scheinbar regieren und bekommt dafür Straffreiheit für alle ihre Untaten. Daß sie, deren Familien alle schon schwerreich sind, sich um die Zukunft der Menschheit scheren, ist nicht zu erwarten. Die Raffsucht ist wohl unersättlich.

Ein Land, das von einer solchen Oligarchie beherrscht wird, braucht keine äußeren Feinde mehr.

Regenwald-Abholzung Brasilien

Die diversen Umweltorganisationen wie „Rettet den Regenwald“, ,Friedensforum’ und andere können also getrost ihre Kampagnen einstellen, in denen behauptet wird, es wäre der Zuckerrohranbau für den Benzin-Ersatz Alkohol oder das Bio-Diesel, die für die Abholzung des Regenwaldes verantwortlich seien. Es ist die Oligarchie. Sie würde auf jeden Fall abbrennen und abholzen - mit Alkohol und Biodiesel oder ohne.

Das beeindruckendste Beispiel für Lulas persönliche Verbindung zu den Tätern ist der Gouverneur (Ministerpräsident) des Bundeslandes Mato Grosso, im Süden des Amazonasgebietes, ein gewisser Herr Maggi, der „König der Soja“, der grösste Sojaanbauer der Welt, der jedes Jahr seine Anbauflächen ins Regenwaldgebiet ausdehnt und so zu einem der reichsten Männer Brasiliens geworden ist. Er gehört einer kleinen Partei an, die bis heute Teil der parlamentarischen Koalition Lulas ist.

Würde Lula anfangen, ernsthaft die Verantwortlichen für die Urwaldzerstörung zu verfolgen, hätte er innerhalb kürzester Zeit ein Absetzungsverfahren am Hals (Impeachment), das auch noch begeistert von den brasilianischen Medien verfolgt würde, die natürlich auch in den Händen der ‚Elite’ (sprich Oligarchie) sind.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Andererseits hat Lula aber auch nicht das Geld, wirklich effektiv die Täter der Zerstörung der Regenwälder zu verfolgen. Dazu wären ja Tausende von öffentlichen Angestellten und Polizisten und/oder eine besondere Truppe des Militärs erforderlich, zusammen mindestens 100 000 Mann, die in den kritischen Gebieten stationiert und mit Hubschraubern ausgerüstet werden und dort mit harter Hand gegen die bewaffneten Banden der Großgrundbesitzer, Sägewerksbesitzer, Holzhändler, Goldsucher und Kokainschmuggler und deren Hintermänner vorgehen müßten.

Das Militär würde dabei schon gleich gar nicht mitmachen, denn ein Teil der Gelder, die dort verdient werden, laufen über Korruption natürlich auch an führende Militärs, die „ein Auge zudrücken“.

Das Geld, das für das Stoppen der Regenwaldvernichtung gebraucht würde, geht stattdessen an die imperialistischen Länder, deren Banken, Spekulanten und Großkonzerne. Nach letzter Schätzung hat Brasilien allein im Jahr 2005 (neuere Angaben liegen nicht vor) etwa 70 Milliarden Dollar (70 Billion Dollars) nur an Zinsen für seine angeblichen Schulden gezahlt. Es geht also nicht um Zurückzahlen der Schulden, sondern nur um die Zinsen (müßte Deutschland diese Summe jährlich an Zinsen aufbringen, wäre es bald bankrott).

Diese Schulden stiegen bis vor kurzem auch noch jährlich an, ohne daß Brasilien etwa neue Gelder bekommen hätte. Das geht über die Automatik der Umrechnungskurse.

Hätte Lula diese 70 Milliarden Dollar pro Jahr (nur Zinsen!) für Zwecke innerhalb Brasiliens, könnte er natürlich neben anderen dringen Maßnahmen auch, sofern er die politische Möglichkeit und den politischen Willen dazu hätte, das Abholzen und Abbrennen stoppen, völlig und sofort. Man könnte große Wiederaufholzungsprojekte durchführen usw.

Aber die Verhältnisse, sie sind nicht so, sie sind imperialistisch und kapitalistisch. Wenn wir es nicht bald schaffen, den Kapitalismus auf den Müllhaufen der Geschichte zu befördern, kann es zu spät sein. Die jetzige junge Generation und unsere Kinder und/oder Enkel könnten dann all das oben Genannte erleben.

Natürlich könnte man auch von den entwickelten Ländern aus etwas machen, um der Regenwaldvernichtung Einhalt zu gebieten. Man könnte z.B. einen generellen Einfuhrstopp von Tropenhölzern in allen OECD-Staaten beschliessen. Das würde zumindest das Einschlagen aus Holzgründen zum Stillstand bringen.

Ebenso könnte man auf den Wahnwitz verzichten, Schuld-Zinsen von einem Land zu verlangen, das mit diesen Schulden geboren wurde, als es unabhängig wurde. Seitdem waren die Schulden immer nur umgewälzt worden. Der entsprechende Zinsverzicht könnte dann an reale Fortschritte in der Verhinderung der Regenwaldvernichtung gebunden werden.

Aber Sie ahnen schon, man wird in den entwickelten Ländern selbstverständlich nichts dergleichen tun. Da müsste man ja auf Profite verzichten und die Welt ist schliesslich ausschliesslich zu dem Zweck da, die Profite von Konzernen und Banken zu erhöhen. Wer also von hier aus mit dem Finger auf Brasilien zeigt, auf den zeigen vier Finger auf ihn selbst zurück.


Dieser Artikel ist zum Teil auf früheren Artikeln basiert, der erste davon von Elmar Getto, nämlich „Lulas Brasilien, Teil 4undLulas Brasilien, Teil 7“. Er ist aber so aktuell wie nur denkbar.


Veröffentlicht am 15. Februar 2008 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Donnerstag, 14. Februar 2008

Wer solche Grundsätze hat ...

Über Verbrecherorganisationen: BND: Anders als ausländische Drecks-Geheimdienste?

Von Karl Weiss

Nachdem nun feststeht, die CIA bricht ganz nach Belieben jegliche Gesetze – so hat sie das Kennzeichen des Flugzeugs, mit dem Jean-Bertrand Aristide von ihr aus Haiti entführt wurde im Jahr 2004, schlicht und einfach gefälscht, wie jetzt geade enthüllt wurde: Siehe auch hier, - stellt sich die Frage, was man unserem deutschen Gegenstück, dem BND, alles zutrauen kann.

Das am meisten herausragende Stück: Der BND wußte bereits früh von der Verschleppung des deutschen Staatsbürgers Al Masri, hat aber bewußt nichts unternommen. Aus US-Quellen war die Entführung als „Irrtum" bezeichnet worden. Als aber Al Masri gegen die Verantwortlichen des „Irrtum" in den USA klagen wollte, wurde seine Klage nicht angenommen, denn es seien „Sicherheitsinteressen des Staates" betroffen.

Fragt sich, was ist an angeblichen Irrtümern Sicherheitsinteresse? Daß das Image unbeschädigt bleiben soll, ist ein Sicherheitsinteresse? Nein, in Wirklichkeit lag keinerlei Irrtum vor. Man hatte nur einmal mehr jemanden entführt, gegen den bestenfalls vage Verdachtsmomente aufgrund der üblichen Geheimdienst-„Quellen" vorlagen, die hinreichend bekannt sind: Exil-Afghaner, Exil-Iraker, Exil-Iraner und ähnliche schräge Gestalten., die ein Interesse haben, ständig neue Geschichten zu erfinden, so wie damals die über die irakischen Massenvernichtungswaffen.

Bei diesen Kreisen, mit denen die Geheimdienste wie der BND eng zusammenarbeiten, handelt es sich meist um bekannte Kriminelle, die aus Gründen aus jenen Ländern fliehen mußten, die auch in jedem anderen Staat zu Verurteilungen geführt hätten. Bekanntestes Beispiel ist der Verbrecher Alawi, der es im Irak bis zum Ober-Quisling der US-Besatzer gebracht hatte.

Der CIA hat bereits Routine darin, die verschiedenen „Unregelmäßigkeiten", die an die Öffentlichkeit dringen, als Pleiten, Pech und Pannen zu entschuldigen, so wie die völlige Untätigkeit vor den Anschlägen des 11. September, über die umfangreiche und leicht entzifferbare Kenntnisse vorlagen. Doch ebenso klar ist, daß diese Geheimdienste nicht einfach ein Haufen von Dummköpfen sind. Sie stellen nur als Pannen dar, was sie nicht offenlegen dürfen, weil sie selbst mit im Cockpit saßen.

Das ist das Problem des BND wie jedes Geheimdienstes. Da sich jeder vernünftige Mensch weigert, die Drecksarbeit für einen solchen Dienst zu erledigen, ist man automatisch auf Kriminelle, dubiose Elemente und verkrachte Existenzen angewiesen, soweit man nicht Leute durch Erpressung „anwirbt" (Hier ist nicht von den Agenten die Rede, sondern von den Informanten).

Dadurch sind die erhaltenen Informationen fragwürdig und nach objektiven Maßstäben nichts wert. Da sich die Geheimdienste aber natürlich nicht selbst auflösen werden, werden sie immer eine Wichtigtuerei mit diesen wertlosen Informationen betreiben, die dann zu solchen Ergebnissen führen wie bei Al Masri.

Irgendein „Informant" hatte wohl etwas über ihn behauptet, was sich später als aus den Fingern gesogen herausstellte. Ein US-Dienst hatte seinen mazedonischen Lakaien (da weiß man, warum Jugoslawien zerschlagen werden mußte) aufgetragen, sich ihn zu schnappen und die taten, was man sie hieß, nicht ohne lange Geiselhaft für Al Masri.

Die Geisel wurde dann von einem jener (nicht existenten) Entführungs-Folter-Flüge an einen unbekannten Ort gebracht, wahrscheinlich nach Afghanistan und hochnotpeinlich befragt. Monate weiterer Geiselhaft folgten. Als sich dann endgültig herausstellte, daß mit ihm nichts anzufangen war und schon gar nicht irgendetwas vorlag gegen ihn, wurde er irgendwo im Balkan ausgesetzt, so wie es oft Verbrecherorganisationen machen, wenn sie sich einer nutzlosen Geisel entledigen wollen.

Nur handelte es sich diesmal um eine offizielle Verbrecherorganisation, die CIA. Das deutsche Pendant dazu, der BND, mußte nun zugeben, daß einer der ihren bereits im Januar 2004 von der Geiselnahme Al Masris erfahren hatte. Wie das aber bei befreundeten Verbrecherorganisationen üblich ist, hacken sie sich gegenseitig keine Augen aus. Der BND tat so, als wüßte er nichts.

Eine offizielle Regierungsstelle, die über die Geiselnahme eines ihrer Bürger im Ausland erfährt, müßte natürlich eigentlich aktiv werden, die diplomatischen Kanäle nutzen, die Botschafter in den entsprechenden Ländern in Bewegung setzen, die Öffentlichkeit informieren, so wie das üblich ist, wenn z.B. im Irak Deutsche entführt werden.

In diesem Fall wußte man aber, daß der kriminelle Geiselnehmer CIA hieß und da gelten natürlich alle Regeln nicht mehr. Der CIA darf entführen, wen er will, Deutschland wird ihm nie in die Parade fahren, Fragen stellen oder gar an die Öffentlichkeit gehen, nein, das würde ja unserem Verbündeten, der US-Regierung, nicht gefallen. Bündnisverpflichtungen gehen natürlich über Menschenrechte.

Was, sie glauben, Sie haben ein Recht, nicht ohne Richterspruch Ihrer Freiheit beraubt zu werden? I wo! Ein Recht auf körperliche Unversehrtheit? Lächerlich!

Hätte irgend etwas Reales gegen Al Masri vorgelegen, so hätte man ihn einfach in Deutschland verhaften könne, einen Haftbefehl beantragen und ihn verhören, so wie das die Regeln vorschreiben. Aber man wußte natürlich, von welchen Gestalten man die Informationen hatte, und daß man denen nicht trauen kann. Die hätten nie für eine Verhaftung getaugt.

Rechtsstaat? Sch.... auf den Rechtsstaat. In Wirklichkeit war der immer eine Illusion. „Wir machen, was wir wollen. Später dann sagen wir einfach, das sei eine „Panne" gewesen," so wie es jetzt der BND tut.

Wer solche Grundsätze hat, dem ist alles zuzutrauen.


Dieser Artikel beruht auf einem, den die 'Berliner Umschau' veröffentlicht hat am 8. 6. 2006. Beeindruckend, wie aktuell, nicht?

Dienstag, 12. Februar 2008

Die 'Türkei-Connection', Teil 2

Teil 2: Offizielle der USA warnten eine Spionageorganisation vor Verfolgung durch die CIA

Von Karl Weiss

Die Londoner Times hat veröffentlicht, wie US-Offizielle, beginnend im Jahr 2000, über eine private türkische Gesellschaft hoch geheime Atom-Unterlagen an Israel und an Pakistan (und damit später an den Iran, an Nord-Korea und an Libyen, wahrscheinlich auch an die Türkei und Saudi-Arabien) verkauft haben. Dieser Deal wird jetzt von Präsident Bush mit einer geheimen Gesetzesvorlage versucht nachträglich zu legalisieren. Es handelt sich um eine nach dem Atomwaffensperrvertrag international geächtete Tat – und um eine mit Todesstrafe bedrohte in den USA.

Türkei

Die CIA hatte allerdings Wind von diesem Spionage-Ring bekommen und setzte eine seiner Organisationen darauf an. Offenbar waren die 'Neocons' unter Pearle und Wolfowitz noch nicht allmächtig in der US-Administration zu jenem Zeitpunkt und so konnte eine von Regierungs-Offiziellen begangene Straftat noch vom FBI (wo Sibel Edmonds abgehörte Telefongespräche der „Türkei-Connection“ übersetzte) und von der CIA beobachtet werden.

Die Warnung

Zu einem bestimmten Zeitpunkt des Jahres 2001 (Bush Junior war gerade 1 Jahr im Amt) kam eine Organisation mit dem Namen Brewster Jennings in Kontakt mit dem Spionage-Ring. Es handelte sich allerdings nicht, wie offiziell angegeben, um eine Technologie-Export-Firma, sondern um eine Geheimorganisation der CIA. Dort war Valerie Plame, inzwischen als die berühmteste aufgedeckte CIA-Agentin weltweit bekannt, der Spionage-Organisation auf der Spur.

Da kam aus Kreisen von US-Offiziellen (sprich also aus höchsten Kreisen der Bush-Administration) ein Hinweis an Vertreter der Türkei-Connection, die sich in den USA aufhielten, jeden Kontakt mit Brewster Jennings zu vermeiden. So kam die CIA nie dazu, den Komplott aufzudecken und auch im FBI wurde dafür gesorgt, dass keinerlei Informationen, die 'Türkei-Connection' betreffend, ausgeplaudert wurden (Wir haben schon gehört: Sibel Edmonds wurde entlassen und mit einem strafbewehrten Sprechverbot belegt).

Wer diesen Hinweis gab (oder geben liess), muss also einerseits im wesentlichen über die Aktivitäten der ‚Türkei-Connection’ und der darin verwickelten US-Regierungsmitglieder informiert gewesen sein und andererseits so weit oben in der Hierarchie gestanden haben, dass er über die Namen von CIA-Deckorganisationen und über die Aufgaben dieser einzelnen Organisationen informiert war. Das deutet auf Personen hin, die direkt im Weissen Haus mit Bush arbeiteten oder auf solche aus dem Büro des Vize-Präsidenten Cheney. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass Bush darüber nichts gewusst hat, zumal er ja jetzt das Gesetz in die Legislative eingebracht hat, das den Geheimnisverrat legalisieren soll.

Man ist hier also unmittelbar am Machtzentrum.

Das Interview

Welch verheerende Wirkung die Weitergabe von Atomgeheimnissen wie bei der ‚Türkei-Connection’ hat, wird auch aus einem Interview des pakistanischen Journalisten Hamid Mir deutlich, bekannt durch seine Interviews mit Osama Bin Laden. In diesem Fall interviewte er den Polen und ehemaligen CIA-Agenten David Dastych. Das Interview wurde hier auf Englisch veröffentlicht.

Atombombe 2.Weltkrieg

Hier einige Ausschnitte und die Übersetzung:

“Q: Do you know anything about some US officials selling nuclear secrets to others?

A: I do, but only through my American contacts in the Intelligence and the FBI. Some corrupt US officials of the Department of Defence and State Department facilitated the theft of US nuclear secrets (technology) from American national laboratories -- Los Alamos and Sandia -- to customers in several countries, including Pakistan. This procedure involved Israeli and Turkish intelligence and also Pakistan's ISI.

Dr A Q Khan's laboratories were brokers for nuclear proliferation to other countries, including Algeria, Iraq, Iran, Libya, Syria, Myanmar and other states looking for nuclear technology. This information first surfaced five years ago through reports of a Turkish-American FBI translator, Ms Sibel Edmonds. She was gagged by US court decision and only recently she disclosed more information, which is still being blocked by the Bush Administration. (...)

Q: Is it correct that US officials sold nuclear secrets not only to Pakistan but also to Israel and some Arab countries?

A: Of course, they did. The main recipient of the most of the US nuclear information was always Israel, specifically after the capture, sentencing and jailing of their main spy in the USA. Jonathan Pollard, whose handler was a former top Israeli intelligence officer Rafi Eitan (now member of the Israeli government and chairman of the Pensioners Party).

An informal group in the Mossad composed of right-wing operatives and working hand-in-hand with the Turkish and Pakistani Intelligence was offering US nuclear technology to some Arab countries and to other countries. They did this for profit and, in some cases also for political motives, for example, to get direct proof of some foreign states illegally purchasing nuclear materials or technology. At present, this might be used as a justification to prove that Iran is developing nuclear weapons.”

Pakistan und USA

„Frage: Wissen Sie irgendetwas über den Verkauf von Atom-Geheimnissen durch bestimmte offizielle US-Stellen?

Antwort: Ja, durch meine Kontakte in den US-Geheimdiensten und im FBI. Einige bestechliche Beamte im Verteidigungs- und Aussen-Ministerium erleichterten den Diebstahl von technologischen US-Atom-Geheimnissen aus US–staatlichen Laboratorien – Los Alamos und Sandia -, die an Kunden in verschiedenen Ländern gingen, darunter Pakistan. Dieses Vorgehen wurde ausgeführt durch israelische und türkische Geheimdienste und auch den pakistanischen Geheimdienst ISI.

Die Laboratorien von Dr. A.Q. Khan waren Händler für die Weitergabe von Nuklear-Unterlagen an andere Länder, darunter Algerien, den Irak, Iran, Libyen, Syrien, Myanmar (Burma) und andere Staaten, die an Atombombentechnologie interessiert waren. Diese Information kam zum ersten Mal heraus vor fünf Jahren durch Berichte der türkisch-amerikanischen FBI-Übersetzerin Sibel Edmonds. Durch einen US-Gerichtsbeschluss erhielt sie ein strafbewehrtes Sprechverbot und nur kürzlich konnte sie mit einem Teil dieser Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gehen, während andere Informationen immer noch einem Veröffentlichungsverbot durch die Bush-Regierung unterliegen. (...)

Castor

Frage: Ist es korrekt, dass US-Regierungsbeamte Atom-Geheimnisse nicht nur an Pakistan, sondern auch an Israel und arabische Staaten verkauften?

Natürlich taten sie dies. Der Haupt-Empfänger der US-Atom-Informationen war immer Israel, speziell nach der Aufdeckung, Verurteilung und Gefängisstrafe ihres Haupt-Spions in den USA, Jonathan Pollard, dessen Kontaktmann ein früherer führender israelischer Geheimdienstagent war, Rafi Eitan (heute israelisches Regierungsmitglied und Vorsitzender der „Pensioners Party“).

Eine nicht-offizielle Gruppe innerhalb des Mossad, zusammengesetzt aus Rechtsaussen-Agenten, arbeitete Hand in Hand mit türkischen und pakistanischen Geheimdiensten. Sie boten arabischen Ländern, wie auch anderen, US-Atom-Technologie an. Sie taten es für Geld und in einigen Fällen auch aus politischen Motiven, um zum Beispiel direkte Beweise dafür zu bekommen, dass bestimmte Staaten illegalerweise Atom-Material und –Technologie aufkaufen. Im Moment mag dies benutzt werden als Verteidigung für die Behauptung, der Iran entwickele Atomwaffen.“

“Q: (…) how to control nuclear proliferation?

A: (…) I don't think the nuclear proliferation could be fully controlled any more. It slipped out of control completely.”

“Frage: (…) wie kann die Weiterverbreitung von Atomwaffen kontrolliert werden?

Antwort: (...) Ich glaube nicht, dass die Weiterverbreitung von Atomwaffen noch voll kontrolliert werden kann. Dies ist völlig ausser Kontrolle geraten.“


Bush und Wolfowitz

So stellt sich am Ende die Frage: Ist die ‚Türkei-Connection’ nur ein weiterer Fall von Spionage, in dem Regierungsgeheimnisse gegen Cash verkauft werden?

Nein, offensichtlich nicht, denn in Spionagefällen sind keine höchsten Regierungsbeamten einbezogen, die dafür sorgen, dass die Spione nicht auffliegen und die Weitergabe ungestört vor sich geht. Spionagefälle werden nicht nachträglich durch neue Gesetze legitimiert.

Komplott

Hier haben wir es vielmehr mit einem Komplott zu tun, in das höchste Regierungskreise der USA, wenn nicht Präsident und/oder Vize-Präsident selbst, einbezogen sind.

Welches Interesse hat die US-Regierung an der Verbreitung der Atomwaffentechnik, Verbreitung auch und gerade an arabische Staaten sowie an den Iran und an Pakistan? Welches Interesse hat sie daran, dass dadurch die Gefahr solcher Waffen auch in den Händen von Terroristen erhöht wird?

Nun, es ist der gleiche Grund, warum man 9/11 entweder mit organisiert oder jedenfalls bewusst hat geschehen lassen, der gleiche Grund, warum man dem Irak zuerst Chemie-Waffen geliefert hat und später versucht hat, sie als Vorwand für die Invasion zu benutzen,

Es geht darum, die Politik der Angst auf die Spitze zu treiben, das ganze Leben unter das Vorzeichen der Angst vor Terror und vor „Schurkenstaaten“ zu stellen, die Atombomben und anderes haben könnten und unter diesen Vorwänden in den freiheitlichen westlichen Gesellschaften Stück für Stück die bürgerlichen Freiheitsrechte abzubauen und sie in Diktaturen ohne bürgerliche Rechte umzuwandeln – immer mit dem Vorwand "Terroristen und andere" (siehe auch die Versuche, Tausende von Menschen als gefährliche Kinderschänder hinzustellen, weil sie ganz normale Fotos in den Computern haben, die eventuell als „aufreizend“ angesehen werden können).

Da wird dann leider – alles wegen des Terrorismus – nötig sein, sei es in den USA oder in Deutschland, alle Menschen Tag und Nacht vollständig zu überwachen, alle Computer direkt an die BKA-Computer anzuschliessen, Meinungsäusserungen der Wahrheitskommission vorzulegen, bevor sie veröffentlicht werden dürfen und ausserdem sollte man Familienangehörige, die als Dissidenten - und damit Terrorverdächtige – leider in Internationslager zu stecken waren, nicht mehr als zweimal im Jahr besuchen. Die Folter dort ist zu schrecklich anzusehen.

Das alles wird selbstverständlich nicht von heute auf morgen eingeführt, sondern nach und nach, in dem Maße, wie Terroranschläge geschehen, wie die Flut der „Kinderschänder“ in den Gefängnissen diese aus allen Nähten platzen lässt und wie auch Atombomben auftauchen bei Leuten, die sie nicht haben dürften.

Darum: Wehret den Anfängen!


Zum Teil 1 der 'Türkei-Connection'


Veröffentlicht am 12. Februar 2008 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Sonntag, 10. Februar 2008

Die 'Türkei-Connection', Teil 1

Teil 1: Bush versucht den Verkauf von Atom-Geheimnissen nachträglich zu legalisieren

Von Karl Weiss

US-Offizielle haben Atom-Unterlagen an eine private Gruppe verkauft, die sie an Israel und Pakistan weiter dealten (von wo sie an den Iran, Nord-Korea, Libyen und weitere gingen) Die Londoner Times hat veröffentlicht, wie US-Offizielle, beginnend im Jahr 2000, über eine private türkische Gesellschaft hoch geheime Atom-Unterlagen an Israel und an Pakistan (und damit später an den Iran, an Nord-Korea und an Libyen, wahrscheinlich auch an die Türkei und Saudi-Arabien) verkauft haben.

Castor

Dieser Deal wird jetzt von Präsident Bush mit einer geheimen Gesetzesvorlage versucht nachträglich zu legalisieren. Es handelt sich um eine nach dem Atomwaffensperrvertrag international geächtete Tat – und um eine mit Todesstrafe bedrohte in den USA.

Dies ist schlicht unglaublich. Der Schreiber dieser Zeilen hätte es auch nicht geglaubt und Sie nicht mit diesem Artikel belästigt, wäre da nicht ein Detail: Das Detail heißt Londoner Times. Dieses Blatt hat sich auch bereits der Unterschlagung von Fakten schuldig gemacht, aber wenn die Times etwas bringt, dann kann man seine Hand dafür ins Feuer legen: Alles ist bestens recherchiert und jeweils doppelt abgesichert.

Das gilt natürlich erst recht, wenn es ein wirklich heißes Eisen ist, wie in diesem Fall. Ein Eisen so heiß, dass der Präsident der Vereinigten Staaten vor ein internationales wie auch nationales Gericht gestellt werden müsste und eventuell auch noch der vorherige Präsident, sowie dass gegen die Vereinigten Staaten von Amerika Sanktionen des UN-Sicherheitsrats verhängt werden müssten. Aber langsam, alles der Reihe nach.

Zunächst seien hier einmal die drei Artikel der „Sunday Times“ verlinkt, die zu diesem Thema bisher erschienen sind, damit sich jeder überzeugen kann, hier wird keine halbgare Geschichte, basiert auf Vermutungen, erzählt:

6. Januar 2008

20. Januar 2008

27. Januar 2008

Was in diesen drei Artikeln erzählt wird, ist im wesentlichen das folgende:

Im Jahr 2000 kam es zu einem Kontakt einer privaten türkischen Organisation mit dem Namen American-Turkish Council (ATC) mit mehreren Diplomaten der Vereinigten Staaten in der Türkei. Die entscheidende Rolle spielte dabei nach allem, was man heute weiss, Marc Grossmann, ein Karriere-Diplomat und eng mit den Neocons um den US-Präsidenten Bush verbunden, unter Clinton Botschafter in der Türkei. Er war seit 2001 auf hohen Posten des US-Aussenministeriums und wurde kürzlich pensioniert.

Türkei

Doch um kein Aufsehen zu erregen, mussten verschieden Arme der US-Regierung dafür sorgen, dass alles geheim blieb und niemand der Beteiligten zur Rechenschaft gezogen wurde. In „antiwar.com“ heisst es dazu:

“…this group includes not only Grossman, but also Paul Wolfowitz, chief intellectual architect of the Iraq war and ex-World Bank president; former deputy defense secretary for policy Douglas J. Feith; Feith’s successor, Eric Edelman; and Richard Perle, the notorious uber-neocon whose unique ability to mix profiteering and warmongering forced him to resign his official capacity as a key administration adviser”

“..diese Gruppe [der „Unterstützer des Deals“] schliesst nicht nur Grossmann ein, sondern auch Paul Wolfowitz, den hauptsächlichen intellektuelle Planer des Irak-Krieges und ehemaligen Weltbank-Präsidenten; den früheren stellvertretenden Verteidigunsminister Douglas. J. Feith; Feiths Nachfolger Eric Edelmann und Richard Perle, der notorische Über-Neocon, dessen einmalige Gabe, grosse Profite mit Kriegstreiberei zu verbinden ihn zwang, seine offizielle Rolle als hauptsächlicher Regierungsberater aufzugeben.“

Bush und Wolfowitz

Beim ATC handelte es sich offenbar um eine Deck-Organisation für eine vereinigte Gruppe von Geheimdienst-Agenten aus der Türkei, aus Pakistan, aus Israel und aus Saudi-Arabien, die sich unter dem Mantel dieser Organisation mit Abgesandten von US-Stellen trafen, alles unter dem schützenden Mantel der türkischen US-Botschaft und von US-Konsulaten in der Türkei.

Es ging bei der ganzen Sache um hoch geheime militärische Unterlagen der Vereinigten Staaten, darunter solche über die Anreicherung von atomwaffenfähigen Uran, die Herstellung von Atombomben, aber auch um hochmoderne konventionelle Waffen, speziell Missil-Technik. Offenbar hatten die Auftraggeber aus Pakistan (das war nach diesen Erkenntnissen der Chef des pakistanischen Geheimdienstes Inter-Services Intelligence (ISI), Mahmud Ahmad, der 1989 den pakistanischen Diktator Pervez Musharraf an die Macht geputscht hatte) mit Hilfe israelischer Agenten, die viel Einfluss in den USA hatten (diese pakistanisch-israelische Achse benötigt bis heute eine Erklärung), sogenannte Maulwürfe in eine Reihe von akademischen Institutionen einschleusen können, die mit atomaren und anderen Waffen-Entwicklungen beschäftigt waren.

Die Maulwürfe kamen an hochgeheime Informationen und kopierten sie. Diese hochgeheimen Unterlagen mussten dann ausser Landes geschmuggelt werden. Ein risikoreiches Unternehmen! Wer erwischt worden wäre, hätte – wie in praktisch jedem Land - Höchststrafe wegen Landesverrat bzw. Hochverrat zu erwarten und Höchststrafe in den USA ist Todesstrafe. Würde sich wirklich herausstellen, dass Präsident Bush, damals im ersten Amtsjahr, hierin verwickelt war, hätte der Präsident der Vereinigten Staaten die Todesstrafe verwirkt!

Offenbar wurde das Schmuggeln so auf dem sichersten Weg, mit Diplomatengepäck, bewerkstelligt. Dazu mussten Diplomaten bestochen werden. Es flossen offenbar mehrmals und an verschiedene Personen Summen in der Grössenordnung zwischen 15 000 und 75 000 Dollar. Hier kommt anscheinend der damalige Botschafter der USA in der Türkei ins Spiel.

Das ATC war offenbar nur eine Deckorganisation, die direkt zu Mahmad Ahmad führte und von dort gingen die Informationen u.a. an den Vater der pakistanischen Atombombe, Abdul Qadeer Khan.

Pakistan und USA

Auch die in den Deal verwickelten israelischen Agenten bekamen die Informationen und Khan, das weiss man heute, gab all sein Wissen gegen gutes Geld an Nord-Korea, an Libyen und an den Iran weiter. Auch türkische und saudi-arabische Agenten sollen in die Sache verwickelt gewesen sein (man weiss aber nicht, ob deren Regierungen auch die Unterlagen bekamen).

Wenn es also, wie die USA selbst veröffentlicht haben, bis zum Jahr 2003 ein iranisches Atomwaffenprogramm gegeben haben soll, so haben die USA dazu die Unterlagen geliefert. Eventuell erklärt sich auch hieraus, wieso die USA immer weit kürzere Zeiträume angaben, bis zu denen der Iran funktionierende Atomwaffen haben könnte als die Internationale Atomenergiekommission. Wie auch immer, den Iran zu sanktionieren, weil er US-Unterlagen verwenden könnte, die man selbst verkauft hat, das ist schon ein wenig dreist, oder?

Heute kann man bestätigen, die Idee der Nicht-Weiterverbreitung der Atomwaffen ist gestorben. Jedes Land, das einigermassen sicher sein will, wird sich Atomwaffen beschaffen müssen. Die ‚Türkei-Connection’ hat dazu wesentlich mit beigetragen.

Kahn wurde bewiesen, er hatte wirklich seine Kenntnisse über Atomwaffen an verschiedene Länder verkauft und weitergegeben. Er wurde in Pakistan angeklagt und verurteilt deswegen und dann von Präsident Musharraf begnadigt. Ja, genau jener Musharraf, der einer jener blutigen Diktatoren in der Geschichte der Menschheit ist, ein enger Freund und Verbündeter der Regierung der Vereinigten Staaten und im Verdacht, an der Ermordung von Benazir Bhutto beteiligt gewesen zu sein.

Woher wissen wir (und die ‚London Times’) nun eigentlich von diesen Verkäufen von geheimem Nuklearmaterial an solche Staaten, von der Rolle Grossmanns usw.? Diese Informationen stammen von Sibel Edmonds.

Sibel Edmonds war zu jener Zeit (2000/2001) Übersetzerin für türkische Sprachen im FBI. Sie hatte damals viele abgehörte Telefongespräch für den FBI zu übersetzen, denn der FBI war diesem Spionageunwesen auf der Spur. Sie machte, wie dies natürlich Jemand innerhalb des FBI tun muss, Meldung von den Unregelmässigkeiten, von dem Geheimmaterial, das offenbar ins Ausland geschafft wurde und von den offen am Telefon angegeben Stellen zum Abholen der Bestechungsgelder.

Doch sie machte die Erfahrung, das FBI stellte die Nachforschungen (offensichtlich auf Anweisung von oben) ein und stattdessen wurde sie nun angeklagt, Unruhe im FBI verbreitet zu haben und wurde entlassen. Es waren also höchste Stellen selbst einbezogen, die Anweisungen an das FBI geben können!

Als sie mit ihren Kenntnissen an die Öffentlichkeit gehen wollte, erwirkte die US-Bundesstaatsanwaltschaft einen Maulkorb für sie (ein absolutes strafbewehrtes Verbot, über ihre Kenntnisse von innerhalb des FBI zu sprechen), der bis Ende 2007 ging. So kommt es, dass wir nun im Januar 2008 zum ersten Mal Dinge erfahren, die schon Jahre zurückliegen.

Sibel Edmonds ist auch schon vorher als „Whistleblower“ (Denunziant von Regierungs-Ungehäuerlichkeiten) aufgefallen. Sie hatte bei ihrer Übersetzertätigkeit auch Berichte von Agenten zu übersetzen, die eindeutig Erkenntnisse über die Vorbereitungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 beinhalteten und die Behauptung der US-Regierung widerlegten, man habe vor den Anschlägen nichts davon gewusst.

Sie hat dies bereits an die Öffentlichkeit gebracht und hat auch vor der 9/11-Kommission ausgesagt. Was sie sagte, wurde aber einfach ignoriert und taucht nicht im Bericht der Kommission auf.

Sibel D. Edmonds

Sibel Edmonds ist, das kann man heute ohne Übertreibung sagen, eine der grossen Heldinnen der Gegenwart. Der Mut und die zähe Kraft, die sie aufbringt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, obwohl sie weiss, sie legt sich mit der mächtigsten Organisation der Menschheit an, ist bewundernswert. Man fragt sich, ob es einen Mann gegeben hätte, der diesen Mut aufgebracht hätte.

Auch ihre Erkenntnisse über die „Türkei-Connection“ hat sie bereits vor einem Parlamentsausschuss in den USA vorgetragen, ohne dass irgendeiner der Abgeordneten es für nötig gehalten hätte, dieser Sache nachzugehen. Unten werden wir noch sehen, warum auch die oppositionellen Demokraten nichts verlauten liessen.

Was hat es nun eigentlich mit Atomgeheimnissen auf sich? Jeder mit ein wenig Physik-Ausbildung weiss heute, wie prinzipiell eine Atombombe funktioniert und jeder mit einer Offiziersausbildung in einem der bestehenden Heere hat auch genauere Kenntnisse, wie man eigentlich eine Atombombe oder Wasserstoffbombe macht. Ähnliches gilt für die Hochanreicherung von Uran.

Die Geheimnisse beziehen sich auf die schwierigen Details. Wer Atombomben bauen will, trifft auf bestimmte typische Schwierigkeiten, die z.B. damit zusammenhängen, dass man dies Ding ja nicht so einfach einmal testen kann. Jeder, der sich schon einmal mit technisch anspruchsvollen Projekten beschäftigt hat, weiss: Der Teufel sitzt im Detail. Für die Herstellung einer funktionierenden und handhabbaren Atombombe ohne Hilfe von aussen braucht auch ein Spezialisten-Team an die 20 Jahre (wenn man nicht unbegrenzte Mittel zur Verfügung hat).

Atombombe 2.Weltkrieg

Die Geheimnisse beziehen sich nun auf die erprobten Lösungen im Detail. Damit kann ein relativ kleines Team innerhalb von 3 oder 4 Jahren eine Atombombe und dann auch eine Rakete zum Verschiessen herstellen.

Nun – soweit mag man das noch nicht als so unglaublich sensationell ansehen. Spione gab es ja schon seit Urzeiten und Verräter in den eigenen Reihen auch. Es wäre also nicht weiter verwunderlich, wenn dies als ganz normale Spionage-Affäre zu einer Anzahl von Festnahmen, zu Prozessen und Verurteilungen führte, wie man dies ja schon kennt.

Die unglaubliche Sensation ist: Nichts dergleichen geschieht! Es gibt keinerlei bekannt gewordene Untersuchungen oder Ermittlungen hierüber, obwohl drei Artikel in der Londoner Times ja nun nicht gerade ein unentdeckbares Versteck darstellen.

Keine einzige Organisation der Massenmedien, weder eine Zeitung, ein Magazin oder ein Rundfunk- oder Fernsehsender berichtete hiervon, obwohl man ja immerhin nun fast einen Monat Zeit hatte, den ersten Times-Artikel zu entdecken, zu lesen und zu veröffentlichen, was da unglaubliches steht.

Auch andere öffentliche Organisationen, z.B. politische Parteien, Parlamente oder die Polizeien oder die Regierungen der westlichen Länder, die ja alle hiervon betroffen sind oder die Justizbehörden irgendeines dieser Länder oder, oder, oder – niemand reagiert. Es ist, als ob die Londoner Times keine Leser mehr hätte, als ob sie ein einsamer Rufer in der Wüste wäre!

Dies allerdings ruft nun wirklich unsere Aufmerksamkeit hervor. Was, in drei Teufels Namen, kann alle diese Institutionen dazu bringen, auf Tauchstation zu gehen und das Spiel der drei Affen zu betreiben: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen?

Es gibt nur eine denkbare Erklärung: Es wurde, wohl ausgehend von der US-Regierung und eventuell über Nato-Kreise und persönliche Verflechtungen, eine generelle Parole ausgegeben, diese Aussagen von Sibel Edmonds und die Artikel der Times zu ignorieren, so zu tun, als gäbe es sie nicht, obwohl die Times schreibt, sie hat die wesentlichen von Frau Edmonds gelieferten Fakten mit ihren Kontaktmännern beim CIA abgecheckt und sie wurden von dort bestätigt. Dass solche „Parolen“ auch mit gewaltigen Nachdruck ausgegeben werden können, um nicht zu sagen von handfesten Drohungen begleitet, kann man sich vorstellen.

Dass dies allerdings so vollständig funktioniert, lässt einen doch erschaudern.

Nun werden Sie sagen, da sist ja ein riesiger Skandal, das ist ja wirklich nicht mehr zu übertreffen, aber wir müssen Sie enttäuschen: Es ist!

Hören Sie nur das folgende: Offensichtlich im Bewusstsein, dass dies bereits so bekannt geworden ist, dass es kaum auf Dauer unter dem Teppich gehalten werden kann, hat man sich offenbar überlegt, was man machen könne, bevor diese Dinge zu Angelegenheiten von Polizei und Justiz werden. Das einfachste ist natürlich, sie einfach für offiziell, für legal zu erklären. Und genau das hat die Bush-Regierung vor.

Am 22. Januar, als also bereits der zweite Artikel hierüber erschienen war, legte die Bush-Regierung einen Gesetzentwurf dem Repräsentanenhaus vor, der schlicht und einfach beinhaltet, Atom-Geheimnisse an die Türkei weitergeben zu können. Seitdem hat man nichts gehört von diesem Gesetzentwurf. Niemand hat ihn erwähnt. Er liegt da ganz still im Kapitol in Washington und wartet.

Auf was? Ganz einfach: Ein von der Regierung eingebrachter Gesetzentwurf, der für drei Monate nicht behandelt wird, ist automatisch angenommen!

Hören Sie sie trapsen, die Nachtigall? Eben!

Man muss jetzt nur drei Monate das Stillschweigen durchhalten, dann ist man aus dem Gröbsten raus.

Da steht in der Begründung auch noch ein kleines Detail, das uns einen weiteren Hinweis gibt, warum nicht wenigstens die Opposition diesen Spionagefall aufdeckt:

Bush schreibt dort, es handele sich um eine Übergabe von Atomgeheimnissen an die Türkei, die bereits 2000 ins Auge gefasst wurde – und zwar von der Clinton-Regierung!
Die war ja im Jahr 2000 und die ersten 15 Tage des Jahres 2001 noch im Amt. Seine eigene Regierung habe die bereits angefangene Aktion fortgesetzt.

So hat er, ob dies nun der Wahrheit entspricht oder nicht, gleich die Demokraten ins Stillschweigeabkommen mit einbezogen. Würden doch auch Clinton und eventuelle Minister und andere Mitglieder seiner Regierung mit betroffen sein. So kann die Sache auch aus dem Wahlkampf herausgehalten werden, denn jeder hat Dreck am Stecken und wird die Affäre nicht ohne Not erwähnen.

Sie haben nun genug von soviel Massenvernichtung, Verbrechen, Spionage, Korruption und politischen Dreck? Wem sagen Sie das?


Veröffentlicht am 9. Februar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Hier geht es zum Teil 2 der 'Türkei-Connection'

Montag, 4. Februar 2008

Der Linkstrend hält an

"Grosse Koalition" weiter geschwächt

Von Karl Weiss

Der eindeutige Linkstrend bei den Bundesbürgern, der sich in allen Wahlen in der Bundesrepublik in den letzten Jahren abzeichnete, hat sich unverändert auch in den Landtagswahlen von Hessen und Niedersachsen weiter manifestiert. Das Hauptergebnis der Wahlen ist ein weiteres Abwenden von den beiden Parteien der „Großen Koalition“, was die Schwierigkeiten dieser Regierung für den Rest der Amtszeit noch weiter erhöhen dürfte.

Die Wahlauswertungen der Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen werden üblicherweise nur an den prozentualen Ergebnissen der Parteien festgemacht sowie an der Zahl der Mandate, die sie erhielt. Das führt aber zu Einseitigkeiten, so wie die Ansicht, die SPD habe in Hessen einen „großen Sieg“ errungen.

Erst wenn man auch die absolute Stimmenanzahl berücksichtigt, die historischen Fakten und die Bewegung in der Wahlbeteiligung, kann man zu Schlüssen über die Entwicklung der Stimmung in Deutschland kommen.

Seit Hartz IV

Tut man dies in Bezug auf die beiden Landtagswahlen vom Sonntag, kommt man zu einer klaren Einschätzung: Die Wähler haben, wie auch schon bei den vorherigen Landtagswahlen und bei der letzten Bundestagswahl, vor allem die beiden „Großen Volksparteien“ in offensichtlicher Weise abgestraft – und das ist nicht ein vorübergehender Trend, sondern eine Grundstimmung, die sich durch alle Wahlergebnisse der letzten Jahre seit Hartz IV zieht.

Dabei gibt es im wesentlichen keinerlei Tendenz, nach rechts zu gehen. Die Parteien am rechten Rand haben sogar noch einen Teil ihrer früheren Stimmen verloren. In Hessen, wo Koch einen Rechtsaussen-Wahlkampf geführt hat, wurde er abgewatscht wie noch kaum vorher ein Politiker in der Bundesrepublik in einer Wahl.

Mit anderen Worten: Es gibt einen generellen Linkstrend in der Wählerschaft. Der drückt sich aus:
  • In einer massiven Schwächung der rechten „Volkspartei“ CDU, die in beiden Ländern massiv Wählerstimmen verlor (keineswegs nur in Hessen!): 324 114 wählten in Hessen nicht mehr die CDU und 469 368 in Niedersachsen.
  • In einer Schwächung der SPD, die nun schon über viele Jahre in dieser Weise vor sich geht. In Niedersachsen, wo die SPD ihren grössten Einbruch bereits bei der letzten Landtagswahl hinnehmen musste, gelang es ihr, noch weiter Wähler zu verlieren und kam zum schlechtesten Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. In Hessen konnte die SPD zwar nicht nur Prozente, sondern auch Wähler dazugewinnen, aber nur in untergeordnetenm Masse bei den Arbeitern (lediglich 1% mehr Arbeiterstimmen). Damit drückt sich hierin keine Umkehr des Trends aus, sondern nur der indirekte Effekt des „ Abstrafens“ von Koch. Sowohl Hessen als auch Niedersachsen waren historische Hochburgen der SPD. Nun hat sie in Hessen lediglich das zweitschlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik geschafft.
  • In der ständig weiter wachsenden Schar der Nichtwähler. In Niedersachsen brach nach einer niedrigen Wahlbeteiligung beim letzten Mal diesmal erneut die Beteiligung um weitere 10% ein und erreichte den historischen Tiefstand von 57%. In einer typischen Arbeiterstadt wie Wolfsburg fiel sie sogar auf 50%.
  • In einer zusätzlichen Abkehr auch von den beiden liberalen Parteien FDP und Grüne. In ihrem Haupt-Stammland Hessen verloren die Grünen 70 000 Wähler bzw. 2,6 Prozentpunkte. In Niedersachsen verloren beide Parteien Wählerstimmen - trotz prozentualen Zuwächsen.
Die Linke 2008
  • In einer in diesem Ausmass unerwarteten Stärkung der Partei „Die Linke“. Nach den Erfolgen der Linkspartei in Landtagswahlen im Osten war sie als reine Ostpartei abgetan worden. Nach dem Einzug in die Bremer Bürgerschaft erklärte man, sie werde bestenfalls in den Stadtstaaten im Westen Fuss fassen können. Nun sind alle diese Prognosen über den Haufen geworfen. Inzwischen müssen selbst die hartleibigsten Kritiker schon zugestehen: Die Linke wird in eine Reihe von Flächenstaaten auch im Westen ins Parlament einziehen und damit die Zahl der weithin in den Parlamenten vertretenen Parteien auf fünf erhöhen. Es braucht kaum ausdrücklich erwähnt zu werden: In absoluten Wählerzahlen hat bei weitem die Linke gewonnen.
Interessant dabei, auch das Monopolkapital teilt diese Einschätzung: Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Jürgen Thumann warnte noch am Wahlabend:

"Ich betrachte die aktuelle Entwicklung mit allergrößter Sorge ... die Politik muss aufhören, ... über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung zu reden. Der Linksruck in Deutschland setzt sich fort."

Nun, wir können Thumann die letzten Hoffnungen nehmen. Auch wenn sich die Politkerkaste von ihm den Mund verbieten lässt und nie wieder über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung sprechen wird, werden die mündigen deutschen Bürger sich nicht das Denken von ihm verbieten lassen.

Wie schon ein altes deutsches Volkslied aus dem Widerstand gegen die (damals feudale) Obrigkeit sagt: „Die Gedanken sind frei!“

Hier der Text des Liedes, das etwa aus dem Jahr 1790 stammt und das 1842 von Hoffman von Fallersleben bearbeitet wurde (ja, genau jener, der „Das Lied der Deutschen“ schuf, dessen dritte Strophe heute unsere Nationalhymne ist), als Hymne an den aufgeklärten deutschen Bürger:

(Wer die Melodie eventuell nicht kennt, man kann das Lied auf einem Video auf dieser Seite gesungen hören.)


Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten,
sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich denk' was ich will und was mich beglücket,
doch alles in der Still', und wie es sich schicket.
Mein Wunsch, mein Begehren kann niemand verwehren,
es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei: Die Gedanken sind frei!

Und sperrt man mich ein in finstere Kerker,
das alles, das sind vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei, die Gedanken sind frei!

Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen
und denken dabei: Die Gedanken sind frei!



Veröffentlicht am 4. Februar 2008 in der Berliner Umschau, hier um den Text des Liedes ergänzt

Originalartikel

Samstag, 2. Februar 2008

Hartz IV führt in Obdachlosigkeit

Nun ist es offiziell!

Von Karl Weiss

Nun ist es offiziell: Hartz IV führt zur Obdachlosigkeit! Was bisher von den bürgerlichen Medien immer wieder in Frage gestellt und als “Panikmache“ bezeichnet wurde, was die Politiker von SPD und Grünen wie auch von FDP und CDU/CSU immer wieder bestritten („Niemand braucht wegen Hartz IV befürchten, obdachlos zu werden!“), ist bereits seit einiger Zeit für Manche Realität geworden und wurde nun auch offiziell von der Stadt Duisburg verkündet: Hartz IV führt zur Obdachlosigkeit.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Im Oktober 2004, über 150 000 Menschen jeden Montag auf der Strasse, drei Monate vor Inkrafttreten von Hartz IV, kurz nachdem die endgültige Version von Hartz IV verabschiedet war (aber noch nirgends zu erhalten war), hatte Elmar Getto eine umfangreiche Recherche gestartet, was mit Hartz IV auf die Menschen in Deutschland zukommt. Ein Sachbearbeiter beim Arbeitsamt gab Auskunft, ein spezialisierter Rechtsanwalt, ein kleiner Parteipolitiker und dazu wurden die Tageszeitungen und andere Publikationen ausgewertet. Obwohl damals zuverlässige Auskünfte fast nicht zu bekommen waren und vieles an der Gesetzgebung von den bürgerlichen Medien bewusst weggelassen und verharmlost wurde, um die Montagsdemos klein zu reden, gelang es Elmar, eine Vorausschau auf das neue Deutschland unter Hartz IV zu erstellen, die sich mehr und mehr als visionär erweist: „Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend“.

Hier einige Auszüge, in denen speziell auf die Tendenz hingewiesen wird, die Hartz IV-Betroffenen in die Obdachlosigkeit zu drücken:

„... wer nicht jeden der „Arbeitsplätze“, die ihm zugewiesen werden – seien es die 1 € - Jobs oder ‚reguläre’ Billigarbeit - ausfüllen kann, ohne aus persönlichen Gründen entlassen zu werden oder selbst zu kündigen, bekommt Sanktionen oder Streichung – und damit kann er seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten, muss Rechnungen unbezahlt lassen und geht damit den ersten Schritt auf dem Weg ohne Wiederkehr ins Elend.“

„... z.B. jene gehören, die bei der Arbeit einschlafen (Wächterjobs), jene, die wegen der Eintönigkeit der Arbeit ‚ausrasten’, jene, die unter der Schwerstarbeit zusammenbrechen, jene, die wegen der grossen Entfernung am Arbeitsplatz fehlen, jene, die sich nicht auf andauernd neue Arbeiten einstellen können und nicht zuletzt jene, die Fehler bei der Arbeit machen, sei es verursacht durch Schlafmangel durch stundenlange Anfahrtswege oder aus anderen Gründen. Es würde ja keine unzumutbaren Arbeiten oder Arbeiten in unzumutbaren Entfernungen mehr geben.“

Hartz-Protest 02

„Entscheidet der „Agent“ (...) auf Sanktionen (vorgesehen sind Kürzungen von 10%, 20%, 30% und 60% der Leistungen) oder auf Streichen des ALG II (bei jungen Arbeitslosen), gibt es kein Entrinnen.“

„Selbst wenn man zum Beispiel noch jemanden hätte, der einem eine Rechtsschutzversicherung zahlte, damit man wenigstens noch anwaltlichen Rat und Hilfe einholen könnte, würde man sein „Recht“ erst nach Durchlaufen aller juristischen Instanzen bekommen – und dann wäre man längst obdachlos und hätte längst keine Adresse mehr, wo man noch zum Gericht vorgeladen werden könnte.“

„Er wird irgendetwas nicht mehr zahlen können, z.B. eine Strom- oder Nebenkosten-Rechnung, Geld, das für das Heizöl vorgesehen war, hierfür verwenden müssen, einen Teil der Miete schuldig bleiben müssen oder ähnliches. Damit ist der Anfang des unaufhaltsamen Abstiegs ins Elend gemacht, denn von was wollte er dies in Zukunft bezahlen? Auch wenn er versuchte, die Schulden um und um zu wenden, um Zeit zu gewinnen, es bliebe ja nichts übrig, von dem er bezahlen und aus der Falle wieder herauskommen könnte. Irgendwann würde man ihm lebenswichtige Dienste kappen (Strom, Gas, Wasser, Heizung) und/oder ihn aus der Wohnung werfen und nichts würde sein „Abgleiten“ in Obdachlosigkeit und Elend mehr aufhalten können.“

Hartz-Protest 01

Dies ist nun genau, was einem Arbeitslosen in Duisburg geschah. Man strich ihm alles einschliesslich des Mietzuschusses und als er empört fragte, wie er denn noch leben sollte, beschied man ihm (vor Zeugen): "Die Stadt Duisburg erklärt, dass es sanktionierten alleinstehenden ALG II-Beziehern zuzumuten ist, obdachlos zu werden."

Mitstreiter von der Duisburger Montagsdemo, die den Betroffenen begleitet hatten, wurden Zeugen der Aussage und berichteten dies auf der letzten Duisburger Montagsdemo.

Damit wird Elmars damalige Aussage, Hartz IV als solches, wie auch das versuchte Abblasen der Montagsdemos durch einige „Linke“ sei objektiv ein Verbrechen, eindrucksvoll bestätigt.

Alle, die glaubten, man solle doch versuchen, einige wenige Veränderungen an Hartz IV zu erreichen und es dürfe nicht radikal die völlige Abschaffung gefordert werden, sind von der Wirklichkeit widerlegt. Das Motto, das die Montagsdemos noch heute verfolgen, ist richtig: „Weg mit Hartz IV, das Volk sind wir!"

Wer bei den Montagsdemos mitmachen will, erfährt hier mehr.


Veröffentlicht am 1. Februar 2008 in 'Nachrichten - heute'

Originalartikel


Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV–Empfänger müssen kalt duschen, im Dunkeln sitzen und Wasser trinken"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

"Hartz IV: Nieder auf die Knie!"

"Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

Freitag, 1. Februar 2008

1. Februar: Fleischpreis-Explosion in Europa?

Einfuhr billigen brasilianischen Rindfleisches gestoppt

Von Karl Weiss

Ab 1. Februar darf kein Rindfleisch aus Brasilien mehr in die EU. Das hat der zuständige Gesundheitskommissar der EU, Markos Kyprianou, am Tag vor dem Ablauf der Genehmigung, dem 30. Januar 2008, bekanntgegeben. Die Fleischexporte Brasiliens in die EU haben 2007 einen Umfang von 4,4 Milliarden US-Dollar gehabt, das ist ein ins Gewicht fallender Teil aller Fleischimporte. Es ist ein steiler Anstieg der Fleischpreise zu erwarten.

Brasilien ist der größte Fleischexporteur der Welt mit einem Anteil von 40% an allen Fleischexporten, ebenso der größte Exporteur von Rindfleisch und der größte von Hühnerfleisch. Der Anteil der EU an Brasiliens Fleischexporten ist bedeutend, aber keineswegs der größte. Noch mehr wird nach China, nach Russland und in Länder des Nahen und Mittleren Ostens exportiert

Fleischland Brasilien

Brasilianisches Rindfleisch hat die Preise in der EU niedrig gehalten, was dem Verbraucher zugute kam. Die Produzenten dagegen, das sind vor allem die Industrie-Grossbauern und die Lebensmittel-Industrie, fanden das gar nicht gut. Brasilien-Fleisch verdarb ihnen Maximalprofite. Sie haben daher ständig den Druck auf die EU-Kommission verstärkt, das Brasilianische Rindfleisch unter irgendeinem Vorwand aus der EU herauszuhalten. Besonders zeichnete sich dabei die irische Regierung aus, die eng mit Rinderzüchtern auf der grünen Insel liiert ist

Zuerst versuchte die Kommission etwas über die „Mad Cow“, den Rinderwahnsinn, auch BSE genannt. Es stellte sich aber bald heraus, andere Länder der EU waren da viel gefährlicher als Brasilien, wo es seit Jahren keinen Fall von BSE mehr gegeben hat. Während es in Europa üblich ist, Rinder mit gemahlenen Rindern zu füttern, was den BSE-Erreger weiterverbreiten kann, ist es in Brasilien für Alle ein Horror, überhaupt daran zu denken, man könne den Pflanzenfressern Rind gemahlene Artgenossen zu Fressen gegeben

Dann ging man auf die Sklavenarbeit. Es werden auf Farmen (Fazendas), die auch Rinder zum Schlachten verkaufen, Sklaven gehalten und man drohte, Brasilianisches Rindfleisch zu stoppen, wenn die Brasilianische Regierung das nicht unterbindet.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Diese sicherte daraufhin zu, die Fazendas, auf denen Rinder zum Export gehalten werden zu überprüfen und nur solche in eine Positiv-Liste aufzunehmen, die als sklavenfrei gelten. Man ging daran, zusammen mit den europäischen Behörden eine Positiv-Liste aufzustellen.

Währenddessen fanden die europäischen Behörden einen neuen Vorwand: Die Maul – und Klauenseuche. Vor zwei Jahren hatte es Fälle im Südwesten Brasiliens gegeben und eine Anzahl Rinder mussten geschlachtet und verbrannt werden.

Die EU-Kommission schickte dann eine Delegation nach Brasilien, die Fazendas und Schlacht- und Kühlhäuser inspizieren sollten, um die Gefahr einzuschätzen, ob aus Brasilien diese Rinderseuche eingeschleppt werden könnte. Was diese Kommission fand, ist mangelnde Rastreabilität der Brasil-Rinder. Darunter ist zu verstehen, nicht alle Rinder im Kühlhaus können lückenlos auf die Schlachthöfe und alle Fazendas zurückverfolgt werden, wo sie je gelebt haben. Dies sei aber notwendig, um auszuschliessen, dass sie eventuell auf einer Fazenda waren, die Maul- und Klauenseuche hatte.

In Rekordzeit hat nun die Brasilianische Regierung im Januar eine Positiv-Liste mit etwa 2700 Fazendas (von insgesamt etwa 10 000, die vorher exportierten) erstellt und nach Europa geschickt, die alle Kriterien der EU erfüllen sollen. Da eine Ultimatum bis Ende Januar gestellt wurde, hat man die Liste offensichtlich erstellt, ohne alle Fazendas zu inspizieren. Das nun wieder, was durch die extrem kurze Zeit des Ultimatums verursacht war, nahm die EU-Kommission zum Vorwand, um die Liste Brasiliens nicht zu akzeptieren und zugleich das generelle Verbot von Brasilianischem Rindfleisch zu erklären.

Ein ehemaliger Brasilianischer Agrarminister und heutige Chef des Exportverbandes Platini de Morais kommentierte dies mit den Worten: „Ich halte es lediglich für absurd, dass man das absolute Verbot von Rindfleisch aus den Staaten São Paulo, Paraná und Mato Grosso do Sul aufrecht erhielt, während in der gleichen Entscheidung englisches Rindfleisch freigegeben wird, wo die letzten Fälle von Maul- und Klauenseuche auftraten.“ Nach seiner Ansicht „macht dies deutlich, die Europäische Union legt zwei verschiedene Masse an, eins für die Vettern und eins für die Armen.“

Tatsache ist aber auch, die Liste der Brasilianischen Regierung war keineswegs überprüft. Ob sie überhaupt unter irgendwelchen Kriterien angelegt wurde, ist zweifelhaft.

Dagegen hat Radraig Walsh, der Chef des irischen Produzentenverbandes, die Entscheidung begrüsst. Die Zahl der autorisierten brasilianischen Farmen müsse limitiert werden. Nach dem Bericht der Delegation, so sagte er, dürften höchstens 300 brasilianische Fazendas die Erlaubnis erhalten, nach Europa zu exportieren.

300 Fazendas könnten nicht einmal 5% der bisher exportierten Menge erzeugen. Laut Walsh sei es aber sowieso besser, brasilianisches Fleich generell aus der EU zu halten.

Die EU-Kommission hat zugesagt, Inspektoren nach Brasilien zu schicken, die nach und nach bestimmte Fazendas besuchen und einige zur Export autorisieren können.

Bis auf diese Weise ins Gewicht fallende Mengen Brasilianischen Rindfleisches in die EU kommen könnten, würde es Jahre dauern.

Da zuviel Rindfleisch sowieso ungesund ist, kann die europäische Bevölkerung sich angesichts der nun mit Sicherheit steil steigenden Preise gleich an eine gesündere Ernährung gewöhnen.


Veröffentlicht am1. Februar 2008 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Mittwoch, 30. Januar 2008

Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 4

Teil 4: Widerlegen von Gegenargumenten

Von Karl Weiss

Auf den zweiten Teil des ‚Dossiers Totale Kreislaufwirtschaft‘ mit dem Titel „Dieses Irrenhaus könnte ein Paradies sein – Den Widerstand gegen den Kapitalismus organisieren“ kam ein Kommentar von ‚Köppnick‘ , der die wesentlichen Gegenargumente der Verfechter des bestehenden kapitalistischen Systems und des hemmungslosen Raubbaus bringt. Sie seien hier widerlegt.

Hier der Kommentar:

Köppnick - 14. Jan, 18:46

Die verschiedenen Rohstoffe und Abprodukte müssen jeder für sich bewertet werden. Am wenigstens problematisch ist das Verschwinden von Kohle, Erdöl und Erdgas für die weitere Existenz der Menschheit. Kohlenstoff und Wasserstoff stehen praktisch unbegrenzt in Form von Kohlendioxid und Wasser zur Verfügung. Die Verfahren zur Synthese von Kohlenwasserstoffen aus ihnen sind technisch einfach.

Theoretisch muss uns nicht einmal vor der Klimakatastrophe bange sein, denn es gibt technische Verfahren, um binnen weniger Jahrzehnte einen großen Teil des Kohlendioxids aus der Luft zu filtern. Was fehlt, ist der politische Wille und das zur Verfügung Stellen von ausreichend Geld.

Wenig problematisch sehe ich die Verringerung der Verfügbarkeit einiger chemischer Elemente. Die für das Leben notwendigen Stoffe (Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Eisen, ...) sind in ausreichender Menge vorhanden. Die in der Industrie benötigten kann man mehr oder weniger alle substituieren oder durch andere Techniken überflüssig machen.

Problematisch hingegen sind die in die Umwelt entlassenen Kunststoffe und ihre Verbrennungsprodukte, weil ihre Wirkung auf Lebewesen völlig unbekannt sind und aufgrund der schieren Vielzahl an Stoffen auch niemals aufgeklärt werden können.

Am problematischsten sind die radioaktiven Abprodukte zu bewerten. Während bei Kunststoffen wenigstens die Hoffnung besteht, dass in den folgenden tausenden von Jahren Sonne und Salzwasser viele dieser chemischen Verbindungen zerstören werden, gibt es keinen Mechanismus, der die Halbwertszeit radioaktiver Substanzen verringert. Bei einzelnen dieser Substanzen geht es nicht um Jahrhunderte oder Jahrtausende, sondern um Jahrmillionen.

Ich bin aber nicht pessimistisch, was unsere Fähigkeiten anbelangt, die anstehenden Probleme zu lösen. Es ist ja nicht nur so, dass unsere Probleme heute größer sind als früher, sondern im gleichen Maß sind auch unser Wissen und unsere Fähigkeiten gewachsen.

Und was den Kapitalismus betrifft: Ich hätte auch gern etwas Besseres, aber ich sehe derzeit keine funktionierende Alternative. Die wenigen Staaten auf der Welt, in denen etwas anderes probiert wird, sind technologisch weniger fortgeschritten und vielfach demokratisch nicht besser als das, was wir in den entwickelten kapitalistischen Staaten haben. Es ist sicher richtig, dass ein großer Teil der derzeitigen Probleme auf die Entwicklung des Kapitalismus zurückzuführen sind, aber die besten Möglichkeiten zur Lösung der Probleme gibt es auch nur dort.


Und hier meine Antwort:

Immerhin bemerkenswert, Köppnick: Sie sprechen sich nicht mit einem Wort gegen den Raubbau an den Rohstoffen der Erde aus. Mit anderen Worten: Sie verteidigen die irrwitzige Wegwerf-Ideologie, alles zu benutzen und dann als Abfall anzusehen, auf Halden zu befördern oder zu verbrennen. Irgendein vernünftiges Argument dafür bringen Sie allerdings nicht. Das einzige Argument, das Sie haben: Nach dem Ende aller dieser Rohstoffe werde es technische Möglichkeiten geben, diese Stoffe künstlich herzustellen oder sie gleichwertig zu ersetzen.

Tatsächlich ist dies so. Der menschliche Erfindergeist hat noch fast jede Herausforderung früher oder später gemeistert.

Allerdings müssen Sie in ihrem Kommentar indirekt selbst zugeben: Hier im Kapitalismus werden die bekannten Methoden nicht verwandt, ausser sie können Profite für einen Konzern erbringen. An dem von Ihnen gewählten Beispiel mit der Filterung des Kohlendioxids wird dies ja sehr deutlich. Obwohl eine Klimakatastrophe droht, die auf Dauer die Existenz der Menschheit gefährden würde, wie wir sie kennen, werden die bekannten Methoden, sie zu verhindern, nicht angewandt.

Insofern ist Ihre Aussage, wir würden schon alle Probleme lösen (und können daher getrost weiter raubbauen), mit nichts Faktischem untermauert.

Tatsächlich werden wir die Fähigkeiten haben, alle diese Probleme zu lösen, aber solange der Kapitalismus herrscht, werden sie trotzdem nicht gelöst - ausser breite Volksbewegungen erzwingen es.

Und dies einfach, weil hier allein die Besitzer und Manager der Gross-Konzerne und –Banken das Sagen haben und die tun nur, was den Profiten nützt. Die Menschheit, die kommenden Generationen, sind denen völlig egal. Darum nenne ich jene manchmal die Monster in den Vorstandsetagen.

Die Haltung: „Es wird schon irgendwie gelöst werden“ erinnert an die Aussage einer Romanfigur in Gabriel Garcias Marquez „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“:
„...wenn das Holz einmal zu Ende ist, gibt es längst Schiffe, die mit Erdöl fahren”.

Man nennt das üblicherweise ökologische Naivität.

Da gibt es auch eben noch ein anderes Problem: Die alternativen Stoffe und Methoden, die nach dem Verbrauch von bestimmten Rohstoffen deren Aufgabe übernehmen können, sind in der Regel weit aufwendiger, z.B. fünf Mal, zehn Mal, hundert Mal oder tausend Mal aufwendiger in der Herstellung oder im Abbau.

Was heisst das konkret? Die gesamten Werte, die in einem gegebenen Jahr (oder Monat) geschaffen werden, entsprechen in ihrem wirklichen Wert der Menge an Arbeit, die alle arbeitenden Menschen aufgebracht haben oder in anderen Worten, dem gerechten Lohn den sie dafür beanspruchen können und brauchen. Unser heutiger Lebensstil kann deshalb zum Teil recht aufwendig sein (man sehe sich nur die Zahl der Handys auf der Welt an, die fast alle nach Gebrauch weggeworfen werden), weil wir für fast Alles, was wir brauchen, die Rohstoffe überreich zur Verfügung haben. Werden wir einmal eine wesentliche Zahl von ihnen durch weit aufwendigere Verfahren ersetzen müssen, wird die Zahl aller geleisteten Arbeitsstunden (bzw. Ihr Wert) für weit weniger an benötigten oder wünscheswerten Gütern reichen.

Kurz: Der erreichte durchschnittliche Lebensstandard der Menschheit wird sich nicht halten lassen. Erst wenn man in Jahrhunderten genügend neue Werte angesammelt hat, wird man wieder auf ein von uns heute als normal angesehenes Lebensniveau kommen.

Das gilt auch, wenn wir dann bereits den Sozialismus haben. Wenn nicht, wird es sowieso keine Menschheit mehr geben, wie wir sie kennen. Im Sozialismus wird es selbstverständlich keine unfreiwillig Arbeitslosen geben und die Schaffenskraft Aller wird genutzt werden können zum Wohl der Menschheit. Damit wird zwar das genannte Problem verringert, aber die Tendenz bleibt eben trotzdem bestehen.

Am Schluss Ihres Kommentars durfte natürlich Ihre Verteidigung des Unterdrückungssystems Kapitalismus nicht fehlen. Wie üblich, versichern Sie, Sie hätten auch gern Besseres, aber das gäbe es eben nicht. Nur: Das wäre das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen.

Bereits heute produziert der Kapitalismus über 3 Millionen tote Kinder pro Jahr als Folge des Elends (die tatsächliche jährliche Zahl von toten Kindern, die indirekt mit der Armut in Verbindung stehen, ist sogar 10 Millionen). Tendenz: stark steigend. Der Kapitalismus kann heute nicht ein einziges der Probleme der Menschheit mehr lösen.
  • Kohlendioxid vermindern, Klimakatastrophe verhindern und Überleben der Spezies Mensch sichern? Fehlanzeige!
  • Atomare Abrüstung? Im Gegenteil!
  • Friedliches Zusammenleben? Nein, mehr und mehr Kriege!
  • Soziale Errungenschaften ausbauen? I wo, abbauen, eliminieren!
  • Bürgerliche Rechte sichern? Stattdessen Überwachungsstaat, Folter, Militärtribunale!
  • Hungerkatastrophen und Flüchtlings-Desaster eliminieren? Keine Rede davon! Mehr und mehr rutschen in absolutes Elend, mehr und mehr werden vertrieben!
  • Agrarsubventionen streichen, um Entwicklungsländern eine Chance zu geben? Nein, nicht daran zu denken!
  • Kein Abbrennen und Abholzen der Regenwälder und anderer Wälder mehr? Pustekuchen, jedes Jahr wachsen die Flächen der zerstörten „Lungen der Erde“.
  • Weltfriedenspolitik? Fehlanzeige, immer aggressivere Konfrontationen!
Aber zum Glück wird genauso geschichtlich gesetzmässig, wie nach der Urgemeinschaft die Sklavenhaltergesellschaft kam, wie nach der Sklavenhaltergesellschaft der Feudalismus kam und nach dem Feudalismus der Kapitalismus kam, nach dem Kapitalismus der Sozialismus kommen, wenn er dies auch nicht automatisch tut, sondern wir aufgerufen sind, diese Revolution zu machen.

Karl Marx

Ihre Hinweise, dass die ersten Versuche mit dem Sozialismus nicht von Dauer waren, sind richtig, aber so ist das mit allen grundlegenden Neuerungen: Die Idee kann noch so gut sein, erst nach einer Reihe von Versuchen gelingt es vollständig.

Das war nicht anderes, als der Mensch begann, Flugapparate zu bauen: Die ersten stürzten alle ab (was aber auch immer bedeutet, sie flogen vorher). Heute ist der Luftraum schon so voll, dass manchmal schon Flugzeuge in der Luft zusammenstossen.


Veröffentlicht am 30. Januar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Hier geht es zu Teil 1, zu Teil 2, zu Teil 3 und zu Teil 5 des Dossiers 'Totale Kreislaufwirtschaft'.

Dienstag, 29. Januar 2008

Exxon-Mobil gibt auf in Lateinamerika

Revolutionäre Gärung in Mittel- und Südamerika

Von Karl Weiss

Die immer deutlicher werdende revolutionäre Gärung in vielen Ländern Lateinamerikas hat anscheinend ein neues Opfer gefordert. Die Exxon-Mobil, größter Ölkonzern der Welt, will sich vollständig aus Lateinamerika zurück ziehen und die dortigen Besitze verkaufen. Der Exxon-Konzern reagiert damit auf verschiedene Verstaatlichungsaktionen und Abgabenerhöhungen an Staaten der Region. Kandidat für den Kauf des ganzen Pakets ist die halbstaatliche brasilianische Petrobras.

Exxon-Mobil ist bezüglich des Treibstoff-Marktes Marktführer in der Region. Allein in Brasilien verwaltet Exxon heute 1.800 Tankstellen sowie 43 Versorgungsterminals, hier noch unter dem Namen Esso. Neben Tankstellen und Versorgungsterminals hat Exxon-Mobil auch Raffinerien bzw. Beteiligungen an Raffinerien sowie Ölquellen bzw. Beteiligung an Ölquellen in Lateinamerika.

Sowohl in Venezuela als auch in Bolivien hat es letztlich Verstaatlichungen gegeben, die Infrastruktur-Anlagen der Erdöl- und Erdgasförderung betrafen. Auch in Ekuador gibt es jetzt solche Pläne. Soweit nicht verstaatlicht wurde, wurden Beteiligungen der jeweiligen staatlichen Öl-Unternehmen erzwungen und teilweise auch drastisch die Abgaben für die Förderlizenzen erhöht.

Mit anderen Worten: Mehr und mehr Länder in Mittel- und Südamerika wollen auch selbst beteiligt sein an dem Reichtum, der aus ihren Bodenschätzen fließt, nicht nur als Basis für die Profite von internationalen Öl-Konzernen dienen.

Ein klassisches Beispiel ist Venezuela, das lateinamerikanische Land mit der höchsten Erdölproduktion und den größten Ölreserven: Obwohl man schon seit langem einer der größten Erdölexporteure ist (Platz 4 oder 5, je nach Quelle), sah die Venezuelanische Bevölkerung absolut nichts von diesem Reichtum. Venezuela blieb eines der Armenhäuser Lateinamerikas – und das will dort schon etwas heißen.

Das Gross der Gewinne ging in die Taschen der Erdöl-Multis, ein kleinerer Teil ging an die nationale Oligarchie des Landes, einige tausend Familien, die seit den Zeiten der Unabhängigkeit des Landes dem Volk im Nacken sitzen und in extremem Reichtum und Luxus schwelgen, den sie vor allem aus den Staatskassen abzweigen. Diese Oligarchie ist traditionell eng mit den Vereinigten Staaten verbunden und stellte das Faustpfand des US-Imperalismus im Land dar.

Mit Präsident Chaves gibt es nun einzelne geringfügige Verbesserungen für das Volk, nachdem Venezuela jetzt einen etwas grösseren Anteil am Kuchen der Erdölgelder hat.

Brasilien war mit seiner halbstaatlichen Erdölgesllschaft Petrobras (51Prozent liegen beim Staat, der Rest in weit gestreuten Aktien, eines der größten Aktienvermögen Lateinamerikas) im Jahr 2006 die Öl-Autarkie feiern können, d.h. man produzierte eben so viel Erdöl wie man verbrauchte.

Logo Petrobras

Nachdem US-Experten es der brasilianischen Regierung vor einigen Jahrzehnten schriftlich gegeben hatten, es gebe kein Erdöl auf brasilianischem Boden, hat man trotzdem im Meer vor der Küste gesucht und traf auf nicht unerhebliche Reserven, die allerdings aus Tiefen von über Tausend Meter heraufgeholt werden müssen und unter Wasserschichten von Tausend und mehr Metern liegen. Ebenso ist dieses Erdöl eine mindere Qualität, ein sogenanntes „schweres“ Erdöl.

Ende letzten Jahres hat die Petrobras nun bekanntgegeben, im Meer vor der Küste der Bucht von Santos in noch größeren Tiefen und in noch tieferen Wassern ein erhebliches Feld von Erdöl und Erdgas gefunden zu haben, das die Reserven des bevölkerungsreichsten Landes Südamerikas um etwa 50 Prozent erhöht. Zudem ist dieses Erdöl von besserer Qualität. Damit wird (in etwa 7 Jahren) Brasilien unter die zehn oder elf größten Erdölförderländer (in etwa gleichauf mit Nigeria) vorstoßen und beginnen können, ins Gewicht fallende Mengen des „Schwarzen Goldes“ zu exportieren.

So ist die Petrobras zusammen mit der staatlichen venezuelanischen Ölfirma PdVSA natürlicher Kandidat, die Tankstellen, Anlagen und Liegenschaften der Exxon-Mobil zu kaufen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Exxon-Mobil nicht alles als Paket verkauft, sondern Ihre lateinamerikanischen Werte in kleineren Stücken veräußert.

Erhielte Petrobras den Zuschlag, begänne der einst verschwindend kleine Konzern in die Reihe der „Global Players“ vorzustoßen. Zwar wäre er auch dann noch nicht mit den Riesen-Multis der Ölbranche zu vergleichen (Exxon-Mobil, Chevron-Texaco, Shell, BP, Total), die alle zu den größten Unternehmen der Welt gehören, träte aber in die Konkurrenz mit den etwas kleineren Öl-Multis.

Die Exxon-Mobil gab unterdessen bekannt, sie werde ihre Aktivitäten in der Öl-Exploration und Förderung außerhalb der USA und Kanadas auf Afrika und Asien konzentrieren. Sie sei im Moment in wichtige Projekte in Azerbaijan, Norwegen, Kanada, Malaysia und in Ländern Afrikas involviert.


Veröffentlicht am 28. Januar 2008 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Montag, 28. Januar 2008

Besiegte Krankheiten kehren zurück - Gelbfieber in Brasilien

Liebe in den Zeiten des Gelbfiebers

Von Karl Weiss

Einer der wichtigen Romane des großen lateinamerikanischen Dichters und Schriftstellers Gabriel Garcia Marques ist „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“. Dies Werk des kolumbianischen Nobelpreisträgers, sicherlich eine der schönsten Liebesgeschichten der Literatur, erschien 1985 und blieb für lange Zeit in vielen Beststellerlisten.

Letztes Jahr kam die Geschichte als Film heraus, unter Regie von Mike Newell. Der Start des Films in Deutschland ist für den 21. Februar 2008 vorgesehen. Wer Näheres zum Film wissen will, hier ist der Link.

Die Cholera, eine Krankheit, die zu Zeiten des Romans, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, noch eine wichtige Rolle spielte, ist heute nur noch in wenigen Fällen eine wirkliche Gefahr. Das Cholera-Bakterium kann mit Antibiotika bekämpft werden. Das Gelbfieber dagegen, eine Krankheit, die von einem Virus übertragen wird, ist unheilbar und in 70% der Fälle tödlich. Das einzige Mittel dagegen ist die Impfung. Gleichzeitig ist diese Impfung eine der risikoreichsten von allen.

In Marques Roman erscheint die Cholera im Hintergrund, immer als dunkle Bedrohung. So ähnlich fühlt man sich heute in Brasilien, wenn man liebt, wie der Berichterstatter. Das Gelbfieber steht drohend am Horizont, so wird die Liebe um so bedeutender. „Carpe diem“.

Brasilien (topographisch)

Das Gelbfieber hat eine sogenannte wilde Form, die von einer Mücke mit Namen Haemagogus übertragen wird. Sie betrifft hauptsächlich wilde Tiere und nur in Ausnahmefällen Menschen, die sich in wilden, entlegene Gegenden aufhalten. Diese Form ist der Grund, warum allen Reisenden ins Amazonasgebiet die Impfung empfohlen wird.

So gibt es in Brasilien denn auch jedes Jahr in solchen Gegenden, fern jeder Zivilisation, Fälle von Infektionen und Toten durch Gelbfieber.

Die andere Form der Krankheit aber, das „städtische“ Gelbfieber, kann sich aus dieser Wildform entwickeln. Dieses Gelbfieber wird von der Mücke Aedes aegypti übertragen, dem Überträger des Denge-Fiebers - ein guter Bekannter fast aller Brasilianer. In diesem Moment, als diese Zeilen geschrieben werden, summt eine Mücke dieser Art um den Berichterstatter. Im Gegensatz zu deutschen Mücken sind die Dinger unheimlich schwer zu erschlagen.

Moskito Aedes aegypti

Es sind Mücken, etwas kleiner als unsere Deutschen, deren Beine schwarz-weiss gestreift sind – daher leicht zu erkennen.

Nun hat sich, zum ersten Mal in Brasilien seit den Zeiten des 2. Weltkriegs, ein solcher Stamm des Gelbfieber-Virus entwickelt, der von der Aedes-Mücke übertragen wird.

Der erste städtische Gelbfieber-Tote wurde in Brasiliens Hauptstadt Brasilia Anfang Januar registriert. Bis heute (23.1.08) sind es bereits 9 bestätigte Todesfälle durch Gelbfieber. Weitere 14 verdächtige Fälle sind in Untersuchung. Drei Personen haben sich bereits von der Erkrankung erholt oder sind auf dem Wege der Besserung.

Der erste Ausbruch scheint im ländlichen Gebiet des Bundestaates Goiás stattgefunden zu haben, das ist jener ländliche Staat im Landesinneren, der die Hauptstadt Brasilia umgibt. Der erste Todesfall war ein Tourist aus Brasilia, der sich in einem geschützten Erholungsgebiet von Goiás aufgehalten hatte und in einem Krankenhaus in Brasilia verstarb.

Das letzte Mal vorher, dass in Brasilien jemand an „städtischem“ Gelbfieber verstorben war, war 1942.

Erst am 10. Januar kam die Nachricht, es handelte sich wirklich um städtisches Gelbfieber. Die Brasilianer in fast allen Staaten und Regionen wurden aufgerufen, sich impfen zu lassen. Speziell in Goiás sind heute schon viele Einwohner geimpft. Allerdings ging dem Staat der Impfstoff aus und der staatliche Gesundheitssekretär von Goias erklärte, nun würde nur noch geimpft, wer ein staatliches Impfbuch vorweisen könne. Solche Bücher sind in ländlichen Gegenden in der Regel nicht vorhanden. Damit wird genau jenen, die sie am nötigsten brauchen, die Impfung vorenthalten.

Aber auch im Staat Minas Gerais, der an Goiás angrenzt, (von dem aus der Berichterstatter schreibt), besteht der Verdacht auf Gelbfieber. Im Norden des Staates, nahe der Grenze zu Goiás, wurden tote Affen gefunden, die eventuell Opfer der Krankheit wurden. Affen werden vom Gelbfieber genauso wie Menschen betroffen. Die Untersuchungen laufen noch.

1991 hatte sich der Berichterstatter bereits gegen Gelbfieber impfen lassen, weil eine touristische Reise ins Amazonasgebiet anstand. Wenige Tage nach der Impfung wurde er schwer krank und lag mit hohem Fieber und Schmerzen am ganzen Körper im Bett. Das ging zwar nach ein/zwei Tagen vorbei, war aber doch beängstigend.

Das ist eines der Probleme mit der Gelbfieber-Impfung. Die Impfreaktionen sind, individuell unterschiedlich, zum Teil äusserst schwer. Kindern und älteren Menschen wird darum von der Impfung abgeraten, wenn sie nicht unabdingbar ist. Der Impfschutz hält nur 10 Jahre vor und der Berichterstatter ist auch nicht jünger geworden seit 1991.

Bei der Massenabfertigung zum Impfen ist es vorgekommen, dass Personen, die keine Erfahrung damit haben, zweimal geimpft wurden. Sie liegen heute im Krankenhaus. Aber auch nur einfach geimpfte mussten in grosser Zahl in die Krankenhäuser eingeliefert werden. Heute liegen in ganz Brasilien weit mehr Patienten im Krankenhaus wegen der Impfung als wegen des Gelbfiebers.

Hier in Belo Horizonte sind Impfstationen an den beiden Flughäfen und am Busbahnhof eingerichtet, wo es bereits lange Schlangen gibt. Was tun?

So lebt man also seine Liebe in den Zeiten des Gelbfiebers.


Veröffentlicht am 28. Januar 2008 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel

Samstag, 26. Januar 2008

AIDS, Malaria und Tuberkulose

Besiegbare Krankheiten weiten sich immer mehr aus

Von Elmar Getto

Ein weiteres Anzeichen, daß der Kapitalismus nun beginnt, in die kapitalistische Barbarei überzugehen, ist der massive Anstieg von schweren Infektionserkrankungen, das Wiedererscheinen von ganz oder fast ausgerotteten Krankheiten und der beginnende Rückbau der Gesundheitsversorgung in den entwickelten Ländern.

So war z.B. die Tuberkulose eine Krankheit, die in den entwickelten Ländern praktisch ausgerottet war und nur noch in einigen wenigen Entwicklungsländern eine Rolle spielte, was man mit wenig Aufwand in den Griff bekommen hätte - wenn man gewollt hätte.

Heute ist die Tuberkulose eine über große Teile der Entwicklungsländer bereits als Epidemie verbeitete Krankheit, die sich rasend schnell auch in die ärmeren Gebiete der entwickelten Länder vorfrißt.

Irgendeine Rückkehr zu den Methoden, mit denen es gelang, diese Krankheit fast auszurotten, ist nicht vorgesehen, wozu auch? Es sind ja fast nur die Armen, die betroffen sind! In Deutschland zum Beispiel waren wegen TB, wie man damals sagte, Anfang der sechziger Jahre noch routinemäßig Lungen-Röntgen-Aufnahmen für die ganze Bevölkerung vorgeschrieben.

Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich wieder Krankheiten wie der Pest und der Lepra oder ähnliche Erkrankungen auszubreiten beginnen.

Das schreiendste Beispiel aber ist die Immunschwächekrankheit AIDS. Nachdem diese sich zunächst fast ungehemmt ausweitete, vor allem unterstützt durch die Legende, nur Gays und Drogensüchtige seinen betroffen, wurde sie - jedenfalls in vielen der entwickelten Länder -, hauptsächlich durch Aufklärung, zum langsameren Wachsen gebracht, in einige Ländern sogar zur Abnahme der jährlichen Neuerkrankungsfälle.

Dann wurden die antiretroviralen Medikamente entwickelt und es konnte die Zahl der weltweiten Todesfälle durch AIDS drastisch verringert werden. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis AIDS besiegt wäre.

Doch diese Entwicklung ist inzwischen längst zum Stehen gekommen und hat sich in ihr Gegenteil verkehrt. Die Zahl der Neuerkrankungen an AIDS steigt wieder unaufhaltsam, die Zahl der AIDS-Toten geht wieder in die Höhe, in einigen Ländern im Süden Afrikas kann man inzwischen davon sprechen, daß bereits die ganze Bevölkerung bedroht ist.

AIDS hat sich zu einer weltweiten Epidemie entwickelt und weitet seine Einflußsphäre kontinuierlich aus. Auch in Deutschland und den USA, wo die Zahl der Neuerkrankungen (genau gesagt: neu positiv getesteten) über Jahre zurück gegangen war, ist die Krankheit wieder auf dem Vormarsch. In Südostasien, China und Osteuropa, wo sie erst mit Verspätung ankam, ist die Steigerungsrate immens. Allein in der Ukraine sind inzwischen bereits 250.000 Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von 48 Millionen infiziert. In Deutschland sind es etwa 40.000 Personen im Moment.

Zu dieser Entwicklung hat mit die offizielle US-Politik beigetragen, der Kampf gegen AIDS dürfe ausschliesslich durch Aufrufe zur ehelichen Treue und zur Enthaltsamkeit geführt werden und auf keinen Fall durch Propagieren und Verteilen von Kondomen. Der Versuch, die Menschen dazu zu bringen, Sex nur noch innerhalb der Ehe zu machen, war immer schon verloren und wird auch jetzt nicht gewonnen werden können - abgesehen davon, dass damit religiöse Vorurteile den anderen Menschen übergestülpt werden sollen.

Man hat es inzwischen schriftlich, daß die Gesundheitsbehörden die Entwicklung dieser weltweiten Epidemie nicht mehr kontrollieren können. Die AIDS-Konferenz in Bangkok im vorletzten Jahr erklärte dies offiziell in ihrer Abschlußerklärung.

Im Moment sind weltweit 40,3 Millionen Menschen infiziert, das sind über doppelt so viele wie 1995, als es noch 19,9 Millionen waren. Davon sind 2,3 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Auch dieser Anteil ist dramatisch gewachsen. Allein im vorletzten Jahr haben sich 4,9 Millionen Menschen neu infiziert. Gestorben sind vorletztes Jahr bereits 3,1 Millionen Menschen an AIDS. Im gesamten Zeitraum von 1981 bis 2005 sind 25 Millionen an AIDS verstorben.

Im Moment erhalten 90% der Infizierten nicht die antiretroviralen Medikamente, die ihr Leben verlängern könnten, weil die Pharmakonzerne darauf bestehen, hieraus Maximalprofite zu ziehen und diese Medikamente damit für die meisten unerschwinglich sind.

15 Millionen Kinder auf der Welt wachsen im Moment als AIDS-Waisen auf. Für Medikamente und Projekte gegen die wichtigsten Infektions-Erkrankungen in den Entwicklungsländern, AIDS, Malaria und Tuberkulose, wurden nach Angaben der WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) für 2006 7,1 Milliarden Dollar benötigt. Die imperialistischen Länder haben aber nur 3,7 Milliarden zugesagt und nicht einmal das wurde ausgeschöpft, nicht ein Zehntel im ganzen Jahr dessen, was sie monatlich für Rüstung ausgeben.

Alarmierend ist aber auch das Vordringen bereits fast vergessener Krankheiten in den entwickelten Ländern.

In den USA ist die Situation besonders kritisch. Dort gibt es heute ganze Gebiete in bestimmten Bundeststaaten und ganze Stadtviertel in grossen Städten, wo fast niemand mehr irgendeine Art von Krankenversicherung hat. Da es sich um arme Bevölkerng handelt, haben sie damit keinerlei Zugang mehr zu Ärzten, Medikamenten, Erste-Hilfe-Stationen oder Krankenhäusern.

Die völlige Privatisierung des gesamten Gesundheitswesens, der Krankenkassen, Krankenhäuser und Krankenversicherungen, die auch in Deutschland bereits anvisiert ist, macht aus dem Gesundheitswesen eine Profitquelle für schnell wachsende Konzerne statt einer Dienstleistung für die Bevölkerung. Da bleiben die Armen natürlich auf der Strecke (und für die anderen steigen die Gesundheitskosten steil an). Je nach Quelle betrifft dies zwischen 10 und 20% der Bevölkerung im reichsten Land der Welt.

Obwohl die staatlichen Ausgaben für die Gesundheit pro Kopf der Bevölkerung höher sind als in den meisten anderen Ländern, kann das US-Gesundheitswesen als das ineffektivste aller grossen Länder angesehen werden. Gleichzeitig fallen die mit dem Gesundheitswesen befassten Konzerne wie Versicherungen, Pharma, Krankenhäuser und andere, von einem Freudentaumel in den nächsten aufgrund der steil ansteigenden Profite.

Auch in Deutschland gibt es bereits Zehntausende, die keine Krankenversicherung mehr haben, weil ihnen kein Hartz IV mehr zugestanden wird.

Das sind keine unerwünschten Nebenwirkungen des neoliberalen Ausverkaufs aller Werte, sondern dessen logische Konsequenz.

Ein anderes Beispiel ist die Malaria. Auch sie war durch eine Reihe von Maßnahmen bis etwa Ende der 80er-Jahre im wesentlichen bereits zurückgedrängt auf wenige „Hot Spots" in einigen Regenwaldgebieten ohne große Bevölkerung.

Heute gibt es bereits eine weltweite Malariaepidemie. Die Krankheit hat sich weit aus den tropischen Gebieten hinaus ausgeweitet, die jetzigen Erreger reagieren auf keines der klassischen alten Medikamente mehr und speziell unter den Ärmsten der Armen, die chronisch unterernährt sind, ist Malaria heute bereits die häufigste Todesursache, gerade auch unter Kindern.

Hätte auch nur einer der großen Pharmakonzerne auch nur einen Bruchteil dessen an Forschung und Entwicklung für neue Malaria-Medikamente oder eine Impfung ausgegeben wie man es für „Me too"-Arzneimittel tut, die längst auf dem Markt sind, aber eben vom Konkurrenten, dann hätte die Malaria schon ausgerottet werden können. Aber die betrifft ja fast nur Arme, also was kümmert es? Die Menschheit ist zu einem Mittel verkommen, die Profite der Großkonzerne zu sichern und zu erhöhen.

Auch im Fall AIDS wird gelegentlich ein neues antiretrovirales Medikament entwickelt, aber die eigentlich bei weitem nötigste Forschung und Entwicklung, die eines Impfstoffes, der die Krankheit ausrotten könnte, ist allerletzte Priorität der Pharmakonzerne. Auch von den jährlich 2 Milliarden Dollar für die öffentliche AIDS-Forschung gehen nur 650 Millionen in die Impfstoff-Forschung - und davon ist auch noch der weitaus größte Teil im Budget des „Walter Reed Army Institute" der US-Regierung, wo alles Mögliche geforscht wird für die militärische Anwendung solcher Retroviren, was als „Impfstoff-Forschung" getarnt ist.


Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Form am 2. Dezember 2004 in der Berliner Umschau. Hier eine vom Verfasser aktualisierte und erweiterte Version.

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