Montag, 21. April 2008

Natascha Kampusch - die kapitalistische Barbarei

Schutz von Verbrechensopfern oder Recht auf „Information der Öffentlichkeit“?

Von Karl Weiss

Hatte der eine oder andere vielleicht noch einen Zweifel, dass wir bereit in die ersten Bereiche der kapitalistischen Barbarei eintauchen, der mag sich den Fall Natascha Kampusch ansehen. Da bekommt selbst ein kerngesunder Mensch Schwierigkeiten, noch normal weiter zu atmen.

Natascha Kampusch

Natascha Kampusch ist eine Österreicherin, eine Wienerin, um es genau zu sagen, die als Kind mit 10 Jahren von einem Verbrecher entführt und für viele Jahre als Geisel (oder muss man sagen: als Sexsklavin?) gefangengehalten und wohl auch missbraucht wurde – der Fall einer unsäglichen Leidensgeschichte, die nur noch mit Fällen von Foltern aus US-gelernten Folterschulen wie Chile oder aus anderen, wie der Chinas, verglichen werden kann.(siehe zu Sexfolter von Frauen hier)

Hier die Beschreibung des Falles durch die „netzeitung“: „Die heute 19-jährige war 1998 als zehnjähriges Mädchen auf dem Schulweg im Norden Wiens entführt und danach von ihrem Kidnapper, Wolfgang Priklopil, acht Jahre in einem Verlies-ähnlichen Raum festgehalten worden. Im August 2006 gelang ihr die Flucht. Priklopil nahm sich daraufhin das Leben.“

Der Fall entfachte eine gewaltige Anteilnahme der Öffentlichkeit, speziell in Österreich, aber auch in Deutschland. Da gab es aber auch andere „anteilnehmende“ Interessen nach der gelungenen Flucht von Frau Kampusch: Bestimmte Kreise hatten ein Interesse, intime Details des Leidens von Frau Kampusch zu erfahren, speziell sexuelle Details.

Doch Frau Kampusch wurde zunächst verantwortungsbewusst vor solchen falschen „Anteilnehmern“ geschützt. Da nach dem Selbstmord des Täters (der sich im Grunde wohl des verdammenswerten Charakters seiner Tat bewusst war) auch keine Notwendigkeit bestand, zum Zwecke der Strafverfolgung irgendwelche intimen Einzelheiten an die Öffentlichkeit zu bringen, schien der Leidensweg des Opfers zunächst wirklich zu einem Ende gekommen zu sein.

Doch jene Kreise, die genaueres aus den schmuddeligen Details der Sexsklavin-Haft wissen wollten, gaben nicht so schnell auf.

So wurde Natascha Kampusch nach einer Zeit der „Besinnung“ gezwungen, in Aussagen vor der Polizei ausführlich Einzelheiten zu erzählen, obwohl dies für absolut nichts nutze war, es sei denn, dass sich perverse Personen daran aufgeilen könnten.

Kurz nach ihrer Flucht hatte Natascha Kampusch ausfürlich einer jungen Kriminalbeamtin erzählt, was ihr widerfahren war, aber die Wiener Staatsanwaltschaft/Polizei hatte in einem Akt bemerkenswerter Weisheit dies Protokoll vernichtet und das einzige Exemplar an das Opfer ausgehändigt. Das gleiche geschah mit dem Tagebuch, das die gequälte junge Frau in der Geiselhaft geschrieben hatte: Es wurde dem Opfer der Tat ausgehändigt, so dass niemand die Chance hätte, irgendwelche Einzelheiten einsehen zu können.

Doch danach hat man aus unerklärlichen Gründen das Opfer gezwungen, nun erneut ausführlich der Polizei Details zu erzählen. Zwar wurde ihr zugesichert, dies seien selbstverständlich Polizeiprotokolle, die niemals von Unbefugten eingesehen werden könnten, aber da lag der Hase im Pfeffer.

Als nämlich jene gewissen Kreise Wind bekamen von diesen Protokollen, sannen sie darauf, wie man in den Besitz solcher pikanter Einzelheiten kommen könnte. Gesagt – getan: Es wurde unter einem Vorwand ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet, der sich mit solchen Dingen zu beschäftigen haben würde und natürlich Einblick in solche Protokolle haben müsste. Der Vorwand war, man wollte untersuchen, ob der Täter eventuell Komplizen gehabt haben könnte.

Nicht zufällig spielten die Politiker vom äussersten rechten Rand, in Österreich nennen sie sich FPÖ, eine entscheidende Rolle beim Einsetzen dieses Ausschusses. Die extreme Rechte, die immer die „Werte der Familie“ beschwört, ist traditionell heuchlerisch und besonders geil auf schwülstige Details. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ist Peter Fichtenbauer von der FPÖ.

So kam es, wie es kommen musste: Kaum war das Protokoll der Polizei an den Ausschuss übergeben worden, kamen seitenweise Auszüge an die Öffentlichkeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Leck beim Ausschuss lag oder bei der Polizei, die jene Gelegenheit wahrgenommen haben mag: Irgendjemand bekam Geld zugeschustert, um diese intimen und schmerzvollen Privat-Erlebnisse von Frau Kampusch an einen Verlag weiterzugeben, der dies dann in Wien in ein sogenanntes Anzeigenblatt beförderte, kostenlos verteilt, damit sich Hunderttausende oder Millionen an den sexuellen Einzelheiten verlustieren konnten.

Das ist das klassische Szenario der beginnenden kapitalistischen Barbarei. Der Schutz von Verbrechensopfern muss natürlich hinter dem „Interesse der Öffentlichkeit auf Information“ zurücktreten.

Der Verlag des Anzeigenblattes konnte selbstverständlich für die auf insgesamt fünf Seiten veröffentlichten schmierigen Details viele neue Anzeigen aquirieren, und das, appellierend an die niedrigsten Instinkte der Menschen, zu einer genussvollen Umsatzsteigerung machen und natürlich vor allem zu einer geilen Profitsteigerung.

Wie bei den Mohammed-Karikaturen, die ebenfalls mit den Rechtsaussen in Verbindung stehen, wird Dreckschweinerei als "Meinungsfreiheit" ausgegeben.

Was wird nun in der kapitalistischen Barbarei mit den Verantwortlichen dieses Verlags passieren? Deportation nach Guantanamo oder Diego Garcia? Langsame und schmerzvolle Todesstrafe? Lebenslang? Millionen-Entschädigungen? Langjährige Gefängnisstrafen? Gefängnisstrafen auf Bewährung?

Nun, der geneigte Leser weiss bereits die Antwort: Nichts dergleichen! Man wird weitermachen wie gehabt.

Der Chefredateur, der diese Möglichkeit aufgetan hätte, würde vielmehr einen speziellen Bonus bekommen und man wird auf den nächsten sensationellen Fall aus sein – wenn möglich, mit sexuellen Details.

Wie gut, dass es Verbrechen gibt - und speziell Verbrechen mit Sex!

Das ist das normale Vorgehen in der kapitalistischen Barbarei. Würde man den Verantwortlichen im Verlag befragen, er würde sagen, man habe diese Gesellschaft ja nicht erfunden, man bediene nur Wünsche dieser Gesellschaft.

Ja, im Grunde hat er recht. Diese Gesellschaft nennt sich Kapitalismus und sie muss so schnell wie möglich abgeschafft werden, speziell jetzt, da sie schon immer deutlicher in die Barbarei übergeht.

Dann werden wir auch wieder in der Lage sein, Verbrechensopfer würdig zu behandeln oder besser: Verbrechen nach und nach ganz abzuschaffen.


Veröffentlicht am 21. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Samstag, 19. April 2008

Libertadors 2008 - Ende der Gruppenphase

Scheidet Vorjahressieger Boca Juniors aus?

Von Karl Weiss

In der Copa Libertadores, dem südamerikanischen Gegenstück zur „Champions Leage“, geht die Gruppenphase nun in die letzten Begegnungen und die wesentlichen Entscheidungen, bis auf eine, sind wohl gefallen. Im wesentlichen haben sich die Favoriten durchgesetzt. Allerdings läuft der Vorjahressieger und Hauptfavorit Boca Juniors Gefahr, sich nicht zu qualifizieren. Der Verein aus der argentinischen Hauptstadt ist auf die Hilfe des mexikanischen Clubs Atlas angewiesen. Was am meisten auffällt, ist die Ausgeglichenheit des Feldes.

Wenn, wie es am wahrscheinlichsen ist, am 22. April Colo Colo aus Santiago de Chile zu Hause zumindest ein Unentschieden gegen Atlas schafft – und damit Boca Juniors draussen bleibt (wenn man nicht im Fall eines Unentschiedens von Atlas mit mehr als zwei Toren Unterschied gewinnt), ergibt sich nach aller Wahrscheinlichkeit folgendes Bild:

Von den 5 brasilianischen Vereinen Cruzeiro, Flamengo, Santos, São Paulo und Fluminense kommen alle durch. Von den 6 gestarteten argentiniscchen Clubs qualifizieren sich 4: San Lorenzo, Estudiantes, Lanus und River Plate. Mexiko verliert einen der drei gestarteten Vereine, es verbleiben: Atlas und America. Im übrigen wird es dann im Achtelfinale noch zwei Vereine aus Kolumbien geben (Cúcuta und Atletico Nacional) und jewels einen Verein aus Chile (Colo Colo), aus Uruguay (Nacional) und Equador (LDU).

Es gibt auch noch eine Chance, dass es der brasilianische Meister São Paulo nicht schafft, wenn man im letzten Spiel zu Hause gegen die starke kolumbianische Mannschaft von Atletico Nacional nur ein Unentschieden erreicht oder sogar verliert. Im Fall eines Unentschiedens und eines Sieges der chilenischen Mannschaft von Audax Italiano in Paraguay wäre das chilenische Team Gruppensieger und São Paulo wäre mit der schlechteren Tordifferenz gegenüber Atletico ausgeschieden.

Das Ausscheiden des brasilianischen Meisters wäre eine genauso grosse Überraschung wie das des argentinischen Favoriten.

Die Ausgeglichenheit der Mannschaften zeigt sich einerseits darin, dass kein Verein auch nur dem Idealergebnis von 18 Punkten in sechs Spielen nahekam. Im Moment ist Fluminense Rio de Janeiro mit 13 Punkten an der Spitze, aber es können noch Atlas (Mexiko) und Flamengo Rio de Janeiro gleichziehen, wenn sie gewinnen.

Die geringste Punktzahl liegt mit 2 bei Unión Maracaibo aus Venezuela und Coronel Bolognesi aus Peru, welche immerhin jeweils zwei Unentschieden geschafft haben, aber die einzigen Mannschaft sind, die nicht zumindest einen Sieg errungen haben.

Ausgeschieden sind bei den beschriebenen ausstehenden Ergebnissen alle drei Mannschaften aus Peru, zwei der sechs Vereine aus Argentinien, jeweils beide Clubs aus Bolivien, Venezuela und Paraguay, jeweils einer der beiden Vertreter aus Uruguay und Equador, einer der drei Vereine aus Mexiko und zwei der drei Vertreter aus Chile.

In Südamerika wird das Achtelfinale unter den verbliebenen 16 Mannschaften nicht ausgelost, sondern es spielen der Club mit dem besten Gruppenergebnis gegen den mit dem schlechtesten, der zweite gegen den Vorletzten usw. Dabei gelten als Kriterien in dieser Reihenfolge: Zahl der Punkte, Zahl der Siege, Tordifferenz, Zahl der geschossenen Tore und das Los.

Fluminense hat eine grosse Chance, als bester aus den Gruppenspielen hervorzugehen, da es ein Torverhältnis von 8 aufweist. Allerdings könnte das bedeuten, man käme direkt gegen den Mitfavoriten America aus Mexico-Stadt, der nämlich mit 9 Punkten aus drei Siegen und drei Niederlagen und einer ausgeglichenen Tordifferenz wohl als schlechtester Verein der qualifizierten dastehen wird.

São Paulo könnte im Falle eines Unentschiedens im letzten Spiel als zweitschlechtester Verein ins Rennen gehen und könnte dann typischerweise auf Flamengo Rio de Janeiro treffen, dem man wohl einen Sieg gegen das peruanische Team Colonel Bolognesi im heimischen Marcanã-Stadion zutrauen kann, was die Mannschaft zur zweitbesten der Gruppenphase machen würde.

Die noch ausstehenden Spiele der Gruppenphase finden am 22. und 23 April statt, die Achtelfinalbegegnungen am 30. April und am 14. Mai. Die Mannschaft mit den schlechteren Gruppenergebnissen muss jeweils zuerst zu Hause antreten.

Übrigens ergeben sich die Viertelfinale automatisch aus den Achtelfinalbegegnungen. Es wird also bis zum Ende des Turniers nicht mehr ausgelost. Dieses System ("Die Vereine setzen sich selbst") wird dieses Jahr zum ersten Mal angewandt, weil es immer Querelen mit gesetzten Begegnungen und Auslosungen gegeben hat.


Veröffentlicht am 19. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Freitag, 18. April 2008

Neues riesiges Erdölfeld vor der brasilianischen Küste?

Brasilien: Wirtschafts-Boom

Von Karl Weiss

Hatte man noch vor kurzem gehört, in Brasilien wurde ein neues, großes Erdölfeld im Meer vor der Küste des Staates São Paulo gefunden („Brasilien wird Erdölland“), so gibt es nun schon wieder Neuigkeiten. Es ist heraus gesickert: Ein noch weit größeres Feld wurde, ebenfalls im Meer weit von jeglichem Land, vor der Küste des Bundesstaates Rio de Janeiro gefunden. Es soll angeblich das größte Feld sein, das seit dreißig Jahren auf der Welt gefunden wurde. Zusammen mit diesem Feld könnte Brasilien bis 2020 in die Reihe der wichtigen Erdölproduzenten und -exporteure aufrücken.

Erdöl

Aus noch zu klärenden Gründen hat der Chef der staatlichen brasilianischen Ölbehörde am 14.4.2008 verlauten lassen, die brasilianische halbstaatliche Petrobras habe eines der mächtigsten Erdölfelder aller Zeiten gefunden (genau gesagt: das drittgrößte, geschätzte 33 Billionen Barrel). Noch am gleichen Tag reagierte die Petrobras. Sie dementierte nicht, sagte aber, es handele sich lediglich um erste Hinweise. Die tatsächliche Gehalt des Feldes müsse erst noch bestätigt werden. Das ist immerhin ein bemerkenswertes Nicht-Dementi.

Logo Petrobras

Gehorsam machte der Kurs der Petrobras-Aktien einen Sprung nach oben. Eventuell war diese Ankündigung genau zu diesem Zweck gemacht worden, um mit Aktienspekulationen Geld zu verdienen.

Wie auch immer, es ist keineswegs überraschend, dass es dort noch mehr Öl gibt, denn es handelt sich um die gleiche geologische Formation wie die des vorherigen Fundes.

Die beiden Felder liegen weit draußen im Meer, in Wassertiefen von etwa 3000 - 4000 Metern, wobei das Erdöl noch einmal Kilometer unter dem Meeeresboden liegt. Man wird in diesem – wie auch dem vorher gefundenen – Feld von einer Tiefe vom Bohrschiff bis zum Öl von etwa 7 Kilometer ausgehen müssen. Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, solches Erdöl zu fördern.

Die Petrobras hat aber zusammen mit spezialisierten Firmen (darunter Halliburton) in diesen Jahren so grundlegende und schnelle Fortschritte in der Explorations- und Fördertechnik aus grossen Wassertiefen und grossen Tiefen unter dem Meeresboden gemacht, dass es heute bereits möglich ist, an ein Erschliessen solcher Vorkommen zu denken, wenn auch der Aufwand enorm ist.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Der Verfasser dieser Zeilen hatte in seiner Zeit in Rio de Janeiro die grosse Ehre, einen der führenden Spezialisten in diesen Tiefwasser-Förderungen persönlich kennenzulernen, den Italiener Vincenzo Russo, der Anfang dieses Jahres leider vorzeitig verstorben ist. Dessen Sohn ist gerade dabei zu versuchen in seines Vaters Fusstapfen zu treten.

Da trifft es sich gut, dass der Rohölpreis entgegen allen Voraussagen von Rekord zu Rekord eilt. Am Tag der Bekanntgabe wurde gerade die Grenze von 111 Dollar pro Barrel überschritten.

In Niteroi im Bundesstatt Rio de Janeiro hat sich alles etabliert, was für Tiefsee-Ölprospektion und –förderung Rang und Namen hat, darunter einige Werften, die spezialisiert sind auf Bohr- und Förderschiffe. Bei solchen Wassertiefen kann man natürlich nicht mehr mit Plattformen arbeiten, die auf dem Meeresboden stehen, sondern muss mit schwimmenden Plattformen bohren und fördern. Das Erforschen, Bohren und Schiffebauen bis zur Förderung dauert unter den genannten Bedingungen etwa 7 Jahre. Nun, was tut man nicht alles, um der Erde noch die letzten Tropfen des schwarzen, schmierigen Nasses zu entlocken.

Brasilien (topographisch)

Sollten sich tatsächlich die vermuteten Grössenordnungen der beiden neuen Entdeckungen bewahrheiten, könnte Brasilien bis zum Jahre 2020 zu den grossen Erdölförderländern gehören, wie auch zu den grossen Exporteuren, wie etwa Saudi-Arabien, der Iran und Venezuela. Die spanische ‚El Pais‘ sieht Lula sogar schon als ‚neuen Ölscheich‘.

Erdöl 1

Das trifft sich zufällig mit anderen Nachrichten, die in Brasilien zum Köpfen einiger Champagnerflaschen führten. Die Wirtschaft brummt und im Gegensatz zu Deutschlands angeblichem „Boom“ kommt auch etwas davon unten beim kleinen Mann an. Die brasilianischen Lebensmittelsupermärkte melden seit etwa 10 Monaten Monat für Monat Umsatzsteigerungen im Bereich zwischen 20 und 32% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das heisst, Brasiliens “kleiner Mann“ hat mehr Geld auszugeben und kauft mehr und höherwertige Lebensmittel.

Chávez und Lula

Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin katastrophal hoch, aber die Zahl der offiziellen Arbeitsplätze steigt seit zwei Jahren deutlich an. Auch jene Brasilianer, die sich mit Gelegenheitsarbeit über Wasser halten, die hausieren oder sich auf andere Weise ein kleines Einkommen sichern, haben mehr zu tun, mehr Geld und mehr auszugeben.

Mit Präsident Lulas Programm „Familien-Stipendium“ (bolsa família) und zwei anderen Programmen wurde der Hungertod in Brasilien fast vollständig ausgerottet. Familien (das heisst fast immer: Mütter) mit Kindern bekommen,wenn sie bedürftig sind und die Kinder im Schulalter die Schule besuchen, eine Art von Lebensmittelgutschein im Wert von (im Moment) 79 Reais pro Kopf (das sind etwa 30 Euro) monatlich. Die Umrechnung in Euro ist allerdings nicht korrekt, denn sie wurde über den Wechselkurs gemacht. Lebensmittel kosten aber in Brasilien weit weniger als entsprechend der Umrechnung in Euro. Ein Beispiel: Brasiliens Grundnahrungsmittel Reis kauft man hier bei Sonderangeboten zu 6 oder 7 Reais für das Paket mit 5 kg, also etwa 1,2 bis 1,4 Reais pro Kg (das wären nach der Umrechnung 45 bis 52 Cents pro Kilo).

Viele Menschen leben zwar weiterhin in Favelas oder abgelegenen ländlichen Elends-Siedlungen ohne menschenwürdige Bedingungen, haben aber wenigstens etwas zu essen. Die typischen Armutskrankheiten sind aber weiterhin allgegenwärtig und führen zu häufigen Todesfällen, speziell bei Kindern. Dies auch und gerade wegen des desaströsen Zustands, in dem sich das öffentliche Gesundheitswesen Brasiliens befindet.

Trotzdem haben aber Programme wie ‚bolsa família‘ und andere das Ansehen Lulas auf neue Höchstwerte gebracht. Seine Zustimmungsquote in Umfragen in Brasilien lässt sich nur noch mit der Putins in Russland vergleichen. Könnte er 2010 für eine dritte Amtszeit kandidieren, wäre sein Wiederwahl sicher. Auf seine Partei PT hat allerdings fast nichts von diesem Ansehen abgefärbt. Die konservative Opposition rechnet sich jetzt bereits einen leichten Sieg bei jenen Präsidentenwahlen aus und will Brasilien wieder auf den Weg der unterwürfigen Merkel-Politik gegenüber den Vereinigten Staaten zurückführen.

Die Automobilindustrie Brasiliens meldet ein Rekordergebnis nach dem anderen. Die zuletzt gemeldeten Steigerungsraten des Auto-Absatzes liegen imSchnitt bei 30% gegenüber dem Vorjahresmonat.



Wie schon gemeldet, wird das Werk des Autoherstellers mit der höchsten Zahl von verkauften Autos, Fiat (hier im Grossraum Belo Horizonte), gerade auf eine Tagesproduktion von 5200 Wagen ausgeweitet, was den größten Einzelstandort aller Automobilwerke auf der Welt bedeuten wird.

Das Bruttosozialprodukt (genau gesagt: Gross National Product) Brasiliens stieg letztes Jahr etwa 5% real und für dieses Jahr wird erneut einWachstum in dieser Grössenordnung erwartet. Das kann zwar nicht mit den Wachstumsraten der anderen BRIC-Länder mithalten (Brasilien, Russland, Indien, China, die vier ‚emerging countries‘), aber es ist ein „gesundes“ Wachstum, denn es beruht hauptsächlich auf gestiegenem Inlands-Konsum.

Aber die wirklich großen Gewinners des brasilianischen Booms sind natürlich die Reichen und Superreichen. Zum Beispiel jene, die vom vorherigen Präsidenten Cardoso für einen Appel und ein Ei die damals staatliche Minengesellschaft „Compania Vale do Rio Doce“ nachgeworfen bekamen, heute die Privatfirma mit den höchsten Gewinnen in ganz Lateinamerika. Diese Firma hat sich jetzt in ‚Vale‘ unbenannt und besitzt die meisten „Goldgruben“ in Brasilien. Was aber die wahnwitzigen Gewinne ausmacht, ist gar nicht so sehr das Gold, es ist vielmehr hauptsächlich das Eisenerz.

Gold

Die Vale besitzt die größten Eisenerzvorkommen auf der Welt und verkauft das meiste Eisenerz auf der Welt. Brasilien ist der größte Exporteur von Eisenerz. Die Mengen an Eisenerzvorräten hier im Bereich des Zentrums des Staates Minas Gerais, von dem aus dieser Artikel geschrieben wird, sind so gigantisch, dass man im Moment ein riesiges Förderband in Planung hat, das von hier zur Küste in Rio de Janeiro führen wird, über 450 km!

Die Vale hat vor einem Monat bekanntgegeben,ihre Eisenerzkontrakte mit den Stahlwerken der Welt für 2008 (es werden jeweils Jahreskontrakte abgeschlossen) seien mit Preisen um 69% höher als 2007 abgeschlossen worden, das besonders begehrte hochprozentige Eisenerz aus Carajás im Amazonasgebiet sogar um 75% höher als im Vorjahr!

Da kann sich der Verbraucher weltweit auf einen Sprung nach oben in der Inflation gefasst machen – und das gerade jetzt, da die Weltwirtschaft beginnt, in eine Wirtschaftskrise abzustürzen.

Es sind also nicht nur die Lebensmittelpreise, die steigen. Brasilien profitiert aber auch von diesen Steigerungen. Die Preise für Sojaöl z.B., sind glatt um die Hälfte gestiegen – und Brasilien ist auch der größte Exporteur von Soja und Sojaprodukten.

Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände

Genau in diesem Moment ist Erntezeit für Soja (hier ist jetzt Herbst) und die tagelangen Schlangen von Soja-Lastwagen vor dem hauptsächlichen Soja-Ausfuhrhafen Paranaguá im Bundestaat Paraná sind bereits Legende.

Die Freudentränen bei der brasilianischen Oligarchie fliessen also reichlich, aber hier fallen auch einige Brosamen für die Mittelschicht und die Armen ab.


Veröffentlicht am 18. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Donnerstag, 17. April 2008

Hartz IV: Nicht der gesunde Menschenverstand

„Klar wie Klossbrühe, mit Hartz IV kann es so nicht weitergehen“


Von Elmar Getto


Dies schrieb Nadja Klinger im ‚Tagesspiegel‘ am 1. Juni 2005 – Hartz IV war gerade ein halbes Jahr alt:

Hartz IV, ein halbes Jahr nach der Einführung

Elmar auf Stuttgarter Modemo Jan 06, Polizeifahrzeuge

“ [Hartz IV:] Da ist was faul. (...) Die Reform (...) bietet (...) nicht mal vage Aussichten. Sie ist teurer als gedacht, steckt ihre Nase in private Bindungen, greift nach redlich verdientem Vermögen, zerstört Lebenspläne. Sie bringt keine Jobs. Das Gesetz, das ihr zugrunde liegt, erscheint mehr und mehr wie eine Anleitung zum Scheitern. Es harmoniert mit der Wirklichkeit wie der Elefant mit dem Porzellanladen.”
“Für ein Gesetz, das den Menschen derart an die Existenz geht, können bereits jetzt unangemessen viele Mängel aufgelistet werden.”
“Es gibt Probleme mit dem Kindergeld, bei Eigenheimzulagen, der Krankenversicherung und der Berufsunfallrente, mit Mietwohnungen, unehelichen Lebensgemeinschaften, Wohngemeinschaften, mit Frauen in Frauenhäusern, volljährigen Sprößlingen, leiblichen und nichtleiblichen, mit denen, die bei Eltern leben, und jenen, die ausgezogen sind.”
“Merkt sie [Hartz IV-Ombudsfrau Bergmann], daß insgesamt etwas faul ist?”
Sie sagt: „Es war nicht abzusehen, wie weit das Gesetz in andere Lebensbereiche hineinreicht.“
Die Frauen an der Hotline des Ombudsrates. „Die Fragen der Anrufer drehen sich immer um die Existenz“, sagt eine.
" ... klar ist wie Kloßbrühe, daß es mit Hartz IV so nicht weitergehen kann, ...“

Hätte der Autor dies in der ‚Berliner Umschau‘ geschrieben, wäre das ganz normal gewesen, aber es sind alles Zitate aus einem Artikel des Berliner „Tagesspiegel” mit dem Titel „Anleitung zum Scheitern“. Die Journalistin Nadja Klinger begleitete die ehemalige Ministerin und damalige Ombudsfrau für Hartz IV, Bergmann, eine Zeit bei ihrer Arbeit und sprach mit den Frauen an der damaligen Hotline für Hartz IV.

Da erlebte sie, was Hartz IV wirklich bedeutet und schrieb es in den Artikel. Journalisten, die ‚gegen den Strom’ schreiben, müssen Mut haben. Manchmal läßt die Chefredaktion so etwas durchgehen. So ein Artikel unter Tausenden in die „richtige” Richtung kann nicht viel schaden, sogar als Alibi dienen.

Hartz-Protest 02

Trotzdem, angesichts der Tatsache, daß Hartz IV Deutschland durchwirbelt (oder besser, wie die Journalistin schreibt: wie ein Elefant im Porzellanladen haust), beginnen hier und dort langsam, aber sicher, mutige Journalisten auch im Mainstream die Wahrheit zu schreiben. War es letzte Woche eine Journalistin der “Welt”, die aufdeckte, daß Ein-Euro-Zwangsarbeiter bereits Schulstunden geben, ist es diese Woche der ‚Tagesspiegel’.

Meldung ist bereits Kommentar – oder Lüge

Berichterstattung über irgendein beliebiges Detail von Hartz IV ist einer der krassesten Fälle für einen Journalisten. Entweder er verdreht und verbiegt in himmelschreiender Weise oder er schreibt die Wahrheit, dann klingt der Artikel automatisch wie eine schwere Anklage gegen unseren Politiker-Einheitsbrei von CDUGRÜNESPDFDPCSU. Die behauptete Möglichkeit, "objektiv“ zu berichten und Meldung und Kommentar zu trennen, gibt es nicht. Meldung ist bereits Kommentar.

Was Ex-Ministerin Bergmann sagte

Bemerkenswert zwei Äußerungen der damaligen Hartz-IV-Ombudsfrau Bergmann, die natürlich Verfechterin von Hartz IV ist (sonst hätte man sie ja nicht auf diesen Posten berufen). Selbst sie muß, wie oben zitiert, zugeben, dass Hartz IV in alle Bereiche des Lebens eingreift und keineswegs etwa „nur“ eine ‚Reform’ der Sozial- und Arbeitslosenhilfe ist.

Als die Sprache auf den damals noch unterschiedlichen ‚Regelsatz’ für Ost und West kommt, sagt sie : „Ja, da hätte der gesunde Menschenverstand genügt.“

Hartz-Protest 01

Hören Sie, die Herren Politikerr und die Dame Merkel, was da eine aus Ihren eigenen Reihen über Ihren Verstand sagt? Der gesunde eines Menschen... ist er nicht!

Diese Aussage macht sie in Beisein einer Journalistin, wissend, das wird wohl veröffentlicht. Sie, die nun Tag für Tag fein säuberlich notieren muss, wie Hartz IV wirklich aussieht, ist anscheinend auch schon genervt. Auch daß sie nach Aussagen der Journalistin andauernd beide Hände hebt in Beteuerung ihrer Unschuld und immer betont, sie habe das Gesetz nicht gemacht, läßt nicht gerade darauf schliessen, daß sie ein Hartz-IV-Fan ist. Trotzdem verliert sie natürlich nicht die Contenance und findet die „Reform“ weiterhin richtig.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Man weiss nicht mehr, was man sagen soll

Sehr deutlich auch der Teil des Artikels, in dem berichtet wird, was die Damen am Telephon der Ombuds-Hotline in Potsdam zum Schweigen bringt:

„Wenn Leute aus Wohnungen müssen oder Familien monatelang kein Geld erhalten, weil sie ein Eigenheim mit Zulage gebaut haben. Wenn Obdachlosen Geld verweigert wird, weil sie keine Meldebescheinigung vorlegen. Wenn ihnen Essen in der Suppenküche von den Leistungen abgezogen und in ihren Unterlagen zum Wohnraumzuschuss vermerkt wird: Kein Bedarf. Wenn Anrufer erzählen, welchen Tipp das Jobcenter gibt: Beschweren Sie sich beim Ombudsrat! Oder wenn gar Mitarbeiter der Hotline der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit anrufen! Sie fragen die Rostocker Frauen, was sie mit den vielen unzufriedenen Leuten machen sollen.”

Gezwungen, auseinanderzuziehen

Schließlich auch das, was die Berliner Umschau bereits vorausgesagt hat und was auch eingetreten ist: Hartz IV zwingt reihenweise Leute auseinanderzuziehen: Eltern und Kinder, Verwandte, einfach in Wohngemeinschaft Lebende oder Lebensgefährten, denn wenn man zusammen wohnt, kriegt man weniger oder es wird das Einkommen des anderen angerechnet. Allein die Tatsache, daß man in der gleichen Wohnung wohnt oder im gleichen Haus, reicht bereits aus. Inzwischen gibt es auch schon ein Urteil des Berliner Sozialgerichts, daß dies rechtmäßig sei. Deutsche Richter zeigen mal wieder ihre Fratze – bekannt aus dunklen Zeiten.

Diese Regelung führt natürlich automatisch dazu, daß die Bedürftigen, denen mit dieser Begründung das Geld gestrichen wird, auseinanderziehen, soweit sie denn einen Wohnung finden. Nicht umsonst sind in Deutschland kleine billige Wohnungen immer schwerer zu finden auf dem Wohnungsmarkt – und die waren schon vorher rar.

Der Artikel sagt dazu: „Die Bedarfsgemeinschaften, in die man die Bundesrepublik unterteilt hat, lösen sich auf. Mütter und Kinder ziehen auseinander, Ehen werden geschieden. Der Bedarf am Geld, das der Staat Alleinlebenden gibt, ist existenzieller als der Bedarf an Gemeinschaft.“

Die Reaktion des damals zuständigen Ministers Clement

Wie einer mit jener Art von Verstand, der nicht der gesunde eines Menschen ist, darauf reagiert, bewies Minister Clement, der am gleichen Tag genau zu diesem Thema Stellung nahm: „Wir werden verstärkt gegen Sozialmißbrauch und Abzockermentalität vorgehen. Es gibt eine bemerkenswerte Vervielfältigung von Bedarfsgemeinschaften.“

Es sind also nicht die raffsüchtigen Mitglieder der Politikerkaste, die neben den bereits mehr als üppigen Diäten und Gehältern und Altersabsicherungen auch noch die Millionenzuweisungen der deutschen Großkonzerne erhalten und verstecken, die eine Abzockermentalität haben, nein, es sind die Arbeitslosen ohne Geld, die verzweifelt um ihre Existenz kämpfen und Gemeinschaft aufgeben, um Geld zu erhalten. Die Welt steht auf dem Kopf und dreht sich verkehrt rum!

Nicht der gesunde Menschenverstand

Ja, da muß man der ehemaligen Bundesministerin Bergmann wirklich Recht geben, der gesunde Verstand eines Menschen ist dies nicht, entweder er ist krank oder er ist unmenschlich.



Dieser Hartz-IV-Artikel ist nun bald drei Jahre alt und brauchte nur unwesentlich (vom Autor) redigiert zu werden, um heute taufrisch zu klingen. Nur ein Wahnsinns-Hackebeil wie Hartz IV bringt so etwas zustande.

Montag, 14. April 2008

Dafür ist kein Geld da!

Die Legende vom Sparen

Von Karl Weiss

Landauf, landab erklären Politiker, Medien und auch ein Teil der irregeleiteten Bundesbürger, es müsse eben gespart werden. Es sei eben nicht mehr so viel zu verteilen da und da müsse jeder sein Scherflein beitragen. Kein Kindergarten, öffentliche Bäder geschlossen, öffentlicher Nahverkehr unbezahlbar, mehr als 30 Kinder in einer Klasse: Tut uns ja so leid, aber man muß sparen. Es fehlt einfach Geld an allen Ecken und Enden!

Die allgemeine Sparorgie ist nichts als eine Legende, das ganze Spargetue ist nicht mehr als „bullshit", wie sich unsere amerikanischen Freunde auszudrücken pflegen.

Die Linke 2008

Leider haben sich auch bereits weite Teile der 'Linken' auf diese Sprachregelung eingelassen. In Berlin, wo sie mitregieren, erklären die „Genossen", es sei eben kein Geld da.

Wenn man sich den Bundeshaushalt ansieht, so müßte der also geschrumpft sein - 30, 40%. Das ist aber wundersamerweise nicht der Fall. Er ist im wesentlichen gleichgeblieben. Nur kleine Veränderungen von Jahr zu Jahr, mal etwas nach unten, mal etwas nach oben. Moment mal, wie kann das sein, wenn doch überall das Geld hinten und vorne fehlt?

Warum glauben die Politiker eigentlich, wir seien so dumm, daß wir nicht einmal die Zahlen des Bundeshaushalts der letzten Jahre und dieses Jahres vergleichen können?

Filbinger und Kohl

Das Ganze begann unter der Regierung Kohl. Die Monopolkonzerne hatten ageordnet, daß nun Schluß mit lustig sein mußte, soziale Leistungen sollten rigoros abgebaut werden. Gehorsam startete Kohl die erste Sondierung, den ersten Versuch, massiv Soziales abzubauen und zu sehen, was geschieht. Doch die Regierung Kohl und die Herren der Konzerne fielen voll aufs Maul. Man hatte dort angefangen, wo die größte Kampfkraft der Arbeiter lag: Man versuchte als erstes, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kappen und bereitete bereits das Ende der Steuerbefreiung der Nacht- und Schichtzuschläge vor.

Daraufhin begannen Streiks in mehreren großen Betreiben, hauptsächlich bei Mercedes, zunächst befristet. Praktisch alle Arbeiter machten mit. Die SPD-gelenkten Gewerkschaftsführungen sahen die große Gelegenheit, der scheinbar unschlagbaren Kohl-Regierung eins auszuwischen und ihre Partei als Alternative anzupreisen. Sie organisierten die Streiks und Kohl mußte schnellstens zurückrudern, um nicht in die Situation zu geraten, die ein Villepaine in Frankreich vor zwei Jahren kennengelernt hat.

Schröder

Der Mythos der Kohl-Regierung war vorbei, der Weg war frei für Schröders und Fischers Sieg 1998 in den Bundestagswahlen. Das war genau, was die Monopole nun brauchten. Sie wußten, das die Arbeiter ohne die SPD-Führer nur schwerlich streiken konnten, also brauchte man die SPD an der Regierung. Und so geschah es. Die meisten, die damals SPD und Grüne wählten, glaubten, ein kleineres Übel gegenüber der CDU-FDP-Regierung gewählt zu haben. In Wirklichkeit hatte man genau das gewählt, was die Monopole nun wollten.

Bereits kurz nach der Regierungsübernahme beschloß Rot-Grün die größte Unternehmenssteuer-Entlastung, die Deutschland je gesehen hat. Es wurden alle Arten von Abschreibungsmöglichkeiten eingeführt, speziell für all jene Dinge, die große Konzerne abschreiben wollen. So kam man zum Ergebnis, daß die Monopolkonzerne in vielen Fällen praktisch keine Steuern mehr zahlen brauchten, z.T. sogar Geld aus anderen Jahren wieder herausbekamen.

Du verlagerst deine Fertigung nach Polen? Klar, daß du alle Kosten dafür abschreiben kannst! Dein Gewinn ist in Irland angefallen? Brauchst du in Deutschland keine Steuern mehr bezahlen, auch wenn lediglich der Verkauf über Irland abgewickelt wurde! Deine Aktien sind gefallen? Kannst du von den Steuern absetzen! Kosten für Entlassungs- und Frühpensionierungsaktionen? Kannst du von den Steuern absetzen! Die Krise hat dir Verluste beschert? Dafür bekommst du Steuern vom letzten Jahr wieder raus! Usw. Usf. Insgesamt fehlen seitdem etwa 100 bis 150 Milliarden Euros jedes Jahr im Staatssäckel, während in den Vorstandsetagen ohne Unterlaß die Sektkorken knallen.

Wie sich bald zeigen sollte, wurden diese verluste aber fats vollst6andig in die Gemeinden verlagert, w6ahrend der Bundeshaushalt fast gleich blieb. In den gemeinden, wo die Bürger wohnen, fehlt es vorne und hinten, oben im Bund, wo die Politiker hausen, ist weiterhin Überfluss angesagt.

Diese ganze „Reform" wurde zunächst in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil die Folgen nicht unmittelbar zu sehen waren. Noch schien ja alles seinen gewohnten Gang zu gehen.

Charakteristisch war auch, daß diese Unternehmenssteuer-Abschaffung praktisch nicht auf kleinere Betriebe anzuwenden war. Für sie blieben die Steuern vielmehr im wesentlichen gleich hoch. Da wurde klar wie kaum je zuvor, daß wir nicht mehr im normalen Kapitalismus, sondern im Monopolkapitalismus leben, in dem nur die großen, die Monopol-Konzerne das Sagen haben.

Als dann, bereits während der ersten rot-grünen Legislaturperiode, nach und nach die öffentlichen Leistungen in den Kommunen (und auch Ländern) abgebaut zu werden begannen, merkten zunächst nur wenige, daß es das Geld der Konzerne war, das nicht mehr in den Kommunen und Ländern ankam, die daraufhin Grundlegendes zu streichen begannen.

Es begann die Zeit der Privatisierungen, der „Public-Private"-Konzepte, das Herunterfahren der Lehrerstellen, das Schließen von Schulen, die Krankenhäuser ließ man einschnurzeln usw. usf.

Aber auch auf Bundesebene würden Leistungen für den Bürger abgebaut. Die Bahn wurde aufs Abstellgleis gefahren, die Post zum Tode verurteilt, der öffentliche Nahverkehr mehr und mehr ausgedünnt.

Man stelle sich nur vor, wenn die Unternehmensbesteuerung noch so wäre wie zu Kohls Zeiten. Es stünden zwischen 100 und 150 Milliarden Euros mehr zur Verfügung. Man könnte eine wirkliche Familienförderung durchführen, Kindergärten für alle anbieten, die Schulklassen verkleinern, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und billigere Tickets anbieten, die Bahn zu einem wirklichen Verkehrsmittel für Alle und alle Güter ausbauen - zu angemessenen Preisen -, die öffentlichen Bäder wieder öffnen, die preiswerten Wohnungen in der öffentlichen Hand lassen, die Krankenhäuser zu wirklichen Gesundheitszentren machen - und hätte immer noch Geld übrig für weitere wichtige Aufgaben.

Stattdessen wurde all dies Geld den Großkonzernen in den Rachen geworfen, die sich dafür mit mehr und mehr Entlassungen und Stellenabbau bedankten.

Als es dann 2002 wieder ans Wählen ging, hattten schon eine Reihe von Rot-Grün-Wählern gemerkt, daß von „kleinerem Übel" keine Rede sein konnte. Doch mit dem Trick vorzugeben, man werde sich nicht am Irak-Krieg der US-Regierung beteiligen, konnte Rot-Grün noch ein zweites Mal triumphieren, wenn auch knapp und nicht für eine ganze Legislaturperiode. In Wirklichkeit war der Beitrag der Bundesrepublik als „Etappe" für den völkerrechtswidrigen Krieg weit größer als zum Beispiel der von Spanien oder Italien und ist es bis heute, während deren Truppen längst zu Hause sind.

Nun wurde das zweite große „Reform"-Projekt der Monopole in Auftrag gegeben. Diesmal sollte der massive Abbau von Löhnen, die Einführung von Niedrigstlöhnen und das Durchlöchern des gesamten Netzes von Tarifverträgen erreicht werden. Man war sich klar, dies war nicht dadurch möglich, daß man einfach in den Tarifrunden minus 10% forderte. Es wurde das Projekt Hartz IV geboren, erstellt in einer Komission durch die Monopolverbände und Schröder zum Umsetzen vorgelegt, der dann auch keine Zeit verlor.

Hartz-Protest 02

Man mußte die Arbeitslosen in Armut stürzen, sie demütigen bis aufs Unterhemd, so daß der Fall in die Arbeitslosigkeit für die Arbeiter (und Angestellten) zum absoluten Alptraum würde. Dann brauchte man nur noch Entlassungen ankündigen und konnte jegliche Verschlechterung durchsetzen, denn damit würden ja angeblich jene Entlassungen verhindert. In Wirklichkeit wird zuerst verschlechtert und dann doch entlassen. Ebenso würde man so einen Niedrigstlohnbereich einführen können, denn der wäre ja immer noch besser als Hartz IV.

So wurde dann - wieder unter dem Vorwand von angeblichem Sparen - Hartz IV durchgezogen. In Wirklichkeit war jedem klar, der rechnen konnte, daß Hartz IV selbstverständlich keinen Cent Einsparung bringen, sondern eher mehr kosten würde, so wie es dann ja auch kam. Auch daß Hartz IV natürlich nicht einen mehr in Arbeit bringen würde, die ihren Mann ernährt, war völlig klar. Es ging ja auch nicht um Einsparungen und nicht um Arbeitsplätze, sondern um mehr Profite für die großen Monopolkonzerne.

Man braucht sich nur die Unternehmensberichte durchsehen, die für die Jahre 2005, 2006 und jetzt auch schon 2007 veröffentlicht wurden: Es hat geklappt, die Profite haben Höhen erreicht, die selbst hartgesottenen Spitzen-Managern die Freudentränen in die Augen treiben.

Insoweit hört es sich auch immer wieder rührend an, wenn bemängelt wird, daß Hartz IV doch eine so riesige Bürokratie geschaffen habe, daß es so schlecht gemacht sei. Es ist genauso gemacht, wie es sein sollte.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Aber selbst wenn wir dies alles nicht berücksichtigen. Wenn wir einfach sagen: Nun, mehr als da ist, ist eben nicht in der Steuerkasse, wäre denn dann wenigstens die Sparhysterie gerechtfertigt?

Nicht die Bohne.

Sieht man sich nämlich genau an, für was alles Geld da ist, Millionen und Milliarden von Euros da sind, wird klar, daß mans wirklich hat, aber eben nur für das, was man will.

Schweigen wir hier von Militärausgaben und Auslandseinsätzen, für die immer genug Geld da ist, nehmen wir andere Beispiele.

Reden wir hier auch nicht von den gewaltigen Kosten für die Betreuung, den Transport und die Aufbewahrung der Atommüllabfälle, für die jene Energie-Konzerne keinen Cent bezahlen müssen.

Fangen wir mal mit den ca. 100 Milliarden Euro an, die Deutschland jedes Jahr in die Europäische Union zahlt. Jeder Cent davon ist rausgeworfenens Geld. Diese unglaubliche Summe von Geld wird nämlich fast ausschließlich für zwei Dinge ausgegeben: Für die Brüsseler Bürokratie und für Subventionen, die fast ausschließlich an Reiche und Konzerne gehen.

Daß die Brüsseler Bürokratie so überflüssig ist wie ein Kropf, bracht nicht mehr eigens erläutert zu werden. Um Verordnungen darüber zu schaffen, um wieviel cm die Verpackung größer sein darf als das Produkt, dafür braucht man keinen Apparat von 21 000 Bürokraten, das könnte im Einvernehmen der Länderministerien geregelt werden - wenn so etwas denn regelwürdig ist.

Aber auch die Subventionen Europas, laufen sie unter dem Namen Agrarsubventionen oder Regionalfonds oder anderen, haben keinerlei Daseinsberechtigung. Weder die kleinen Bauern werden davor gerettet, ihre Höfe aufgeben zu müssen noch werden unterentwickelte Regionen Europas gestützt. In Wirklichkeit sind das alles Gelder, die am Ende in den Taschen von Superreichen, Politikern und Großkonzerne landen.

Was man mit 100 Milliarden jährlich alles Sinnvolles anfangen könnte!

Um sich nur einmal ein Bild zu machen, was da für eine Schlange am Busen der Steuerzahlen genährt wurde, hier einige Zahlen vom unabhängigen österreichischen Europa-Abgeordneten Hans-Peter Martin zum Beamten-Futtertrog Brüssel:

Die durchschnittliche Pension eines Europa-Beamten beträgt 5.509 Euro, das ist der Durchschnitt, also vom Pförtner bis zum Generaldirektor. Die Ausgaben allein für Pensionen dieser Beamten sind seit 1999 um 75% angestiegen. Heute stehen bereits Pensionszusagen fest, die den europäischen Steuerzahler mit 22,8 Milliarden Euro belasten werden - bei wohlgemerkt, wie gesagt, nur 21.000 Beamten!

Martin Bangemann

Bereits jetzt gibt es 7.500 ehemalige Euro-Beamte, wie z.B. Skandalnudel Bangemann. Die durchschnittliche Pension der Spitzenbeamten beträgt 10.500 Euro! Allein die Pensionsleistungen kommen heute auf 491,5 Millionen Euro jährlich. 2004 gab es eine Sonderregelung, daß die Beamten bereits mit 50 in Pension gehen konnten, während unsereiner bis 67 warten muss, bis er seine Mini-rente bekommt. Gehen sie in Pension, bekommen sie zunächst einmal 6 Monate ihr Gehalt weiter, dann für 5 Jahre 70%. Das alles sind keine Renten, sondern Pensionen, für die also bestenfalls symbolische Eigenleistungen eingezahlt werden. Na, man hats ja!

Aber nicht nur für den allseits unbeliebten Brüsseler Wasserkopf und seine Subventionen wird Geld zum Fenster hinaus geworfen.

Ein besonders interessantes Kapitel ist das Übergeben von Hunderten von Millionen von Euros an Firmen, die dies absolut nicht brauchen. Zum Beispiel trifft das zu auf die FIFA. Es handelt sich um eine der reichsten Handels-Firmen im ganzen Sportgeschäft. Was sie verkauft? Sportrechte! Die Rechte, die sie für die WM in Deutschland verkauft hat, darunter Fernsehrechte, Werberechte, Eintrittskarten usw. werden auf größenordnungsmäßig 3 Milliarden Schweizer Franken geschätzt, allein die Fernsehrechte kosteten 1,8 Milliarden Euro.

Nun, verehrter Leser, wenn Sie eine Firma aufmachen, die in Deutschland etwas verkauft, dann müssen Sie natürlich dafür Steuern zahlen. Nicht so die FIFA. Ihr wurde im Rahmen der deutschen Bewerbung für die WM 2006 im Jahre 1998 zugesagt, daß sie völlig steuerbefreit sein würde. Damit hat man nach „Wikipedia" auf etwa 250 Millionen Euro verzichtet.

In diesen 250 Millionen Euro aber noch keineswegs eingeschlossen die ganzen Polizeiaufgebote und sonstigen staatlichen Maßnahmen, um die WM zu organisieren und abzusichern. Auch das alles, was von jeder anderen Firma natürlich bezahlt werden müßte, wird der FIFA umsonst gegeben. Aber man hats ja, warum soll man dann nicht ein bißchen der FIFA abgeben, nicht wahr?

So könnte man noch seitenweise weitermachen. Von Milliarden, die monatlich an die christlichen Kirchen fliessen, von weiteren Milliarden, für die unbedingt riesige Truppentransporter gekauft werden mussten, von weiteren Milliarden, die in den Leipziger Flughafen flossen, um schnell überallhin auf der Welt Truppen fliegen zu können usw. usw. Es wird Geld verpulvert, daß es eine Art hat, während man uns gleichzeitig weismachen will, es würde gespart und es sei kein Geld vorhanden.


Dieser Artikel war in seiner ursprünglichen Form bereits im Jahr 2006 erschienen. Es ist wirklich auffallend, wie aktuell er ist, obwohl nur leicht aktualisiert, gerade jetzt, als allüberall Milliardenbeträge zur Rettung von Banken und Landesbanken übrig sind und mit vollen Händen ausgegeben werden.

Dienstag, 8. April 2008

Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 5: Kryo-Recycling statt Müllverbrennung

Kreislaufwirtschaft und Kryo-Recycling statt Müllverbrennung

Von Karl Weiss

Die Müllverbrennung ist heute Deutschland- und Europaweit die Methode der Wahl, um die Mengen an Abfall zu verringern und um hohe Profite für Betreibergesellschaften solcher Anlagen zu erzielen. Dagegen steht das moderne Kryo-Recycling-Verfahren, das die Zukunftslösung in der Trennung von Abfallstoffen und damit zur Vorbereitung ihrer stofflichen Wiederverwendung darstellen dürfte.

Kraftwerk

Die Gefahren der Müllverbrenung liegen nicht nur in der völlig ungerechtfertigten Vernichtung hochwertiger Stoffe, die mit relativ geringem Aufwand zu neuen Wertstoffen umgewandelt werden könnten, sondern auch in den gefährlichen Stoffen, die an die Luft, in die Umwelt und in Restabfall-Deponien abgegeben werden.

Die Behauptung, die Verbrennung mit Energiegewinnung von z.B. wertvollen Kunststoffen sei eine „energetische Wiederverwendung“, ist eine lächerliche Schönrednerei. Es ist die Vernichtung eines hochwertigen Stoffes, in den die Gesellschaft eine Menge Arbeit und Energie gesteckt hat, um was zu gewinnen? Energie!

Nur kann diese Energie kinderleicht durch ein System von Sonnen-Paneelen in den Wüsten der Welt gewonnen werden, ohne deshalb andere Stoffe vernichten zu müssen. Siehe den ersten Teil des Dossiers Totale Kreislaufwirtschaft.

Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund

Die Kunststoffe werden nicht recycelt!

Allein die deutsche Müllverbrennung wird auf etwa 25 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr an vernichteten Werten geschätzt. Kann sich die Gesellschaft das leisten? Dazu kommt auch noch das unverschämte Täuschen der Menschen, die fein säuberlich ihre Kunststoffabfälle von anderem Müll trennen und die Plastikverpackungen in den Geschäften abgeben und dann erleben müssen: Ein wesentlicher Teil dieser Kunststoffe wird zusammen mit Restmüll in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Ein anderer Teil dient als teilweiser Kohleersatz in Hochöfen (wird also ebenfalls verbrannt), ein weiterer wird in Zement-Drehrohröfen verbrannt.

Der Anteil der wirklich wiederverwendeten Abfälle von Kunststoffen dagegen ist nach Expertenangaben, die nicht der Verbrennungslobby angehören, gering. Hierzu schreibt die Bürgerbewegung Total Recycling: „... beziffern namhafte Kunststoffchemiker die werkstoffliche Recyclingquote von Thermoplasten auf 10 - 12 % der Produktionsmenge (SCHWARZL, 1990; JOCHEN, 1998; PFAENDNER, 1998; Huckestein, 2000). Dabei macht die direkte Rückführung von Produktionsabfällen (Verschnitt- und Ausschussware), also das sog. In-House-Recycling innerhalb der Hersteller- oder Verarbeiterfirmen, den größten Teil aus.“

Das bedeutet nichts anderes, als dass über 90% der gebrauchten Kunststoffe, die in deutschen Haushalten in vorbildlicher Weise getrennt und zu den Sammelstellen gebracht werden und die gebrauchten Kunststoff-Verpackungen, die in die Tonnen des „Grünen Punkts“ wandern, anschliessend nicht recycelt, sondern verbrannt werden!

Dies ist ein Skandal absurden Ausmasses!

Globale Erwärmung

Müllverbrennung

Dazu kommt, wie man an verschiedenen Beispielen, wie Köln und Mühlheim gesehen hat: Müllverbrennungsanlagen sind Korruptionsmühlen! Kaum eine, bei der nicht ein Korruptionsfall aufgedeckt wurde oder vermutet, aber nicht untersucht wird.

Doch die Müllverbrennungsanlagen haben noch viele andere „Nebenwirkungen“.

Eine wichtige ist verursacht durch das Mischen von Kunststoffabfällen mit Restmüll: Das Kochsalz aus dem Restmüll verursacht zusammen mit den Kunststoffen bei den hohen Verbrennungstemperaturen das Entstehen von chlorierten Ringverbindungen wie chlorierte Benzole und Phenole und sogar chlorierte Biphenyle wie das berühmte Supergift Dioxin. Auch wenn nicht Dioxin entsteht, sind alle diese Verbindungen Atemgifte, wenn sie aus den Schornsteinen der Müllverbrennungsanlagen in der Form von an Feinstaub gebundenen Tröfchen in die Luft hinaus gelassen werden, oft auch krebserregend und speziell Allergien-Verursacher.

Auch entstehen Halon und FCKW-Verbindungen, die aus den Fabriken durch die Arbeitsschutzverordnung längst verbannt sind, aber der Allgemeinheit in der Nähe von Müllverbrennungsanlagen zugemutet werden (und nicht nur in der Nähe!).

Dazu kommen die Schwermetalle, die aus den Kunststoffen stammen können oder auch aus dem Restmüll. Während sie im Müll typischerweise als wasserunlösliche und nicht magenlösliche Salze vorliegen, werden sie durch die hohem Verbrennungstemperaturen aktiviert. Sie entweichen zum Teil aus den Schornsteinen in Form organischer Schwermetallverbindungen oder als flüchtige Salze.

Ein eigener Grund, alle Müllverbrennungsanlagen stillzulegen ist natürlich auch der Ausstoss von zusätzlichem CO2 – und dies, obwohl inzwischen alle wissen, dies ist der Grund für die globale Erwärmung, die inzwischen schon in eine Klimakatastrophe überzugehen beginnt.

Grönland-Erwärmung-Stand-1985

Grönland Erwärmung Stand 2002

Grönland Erwärmung Überblick - Kartenausschnitt

Doch damit nicht genug, die Halone und FCKWs schaffen auch eine neues Problem mit der Ozonschicht, die sich gerade zu erholen begann.

Aber es geht noch weiter: Eines der schwersten Probleme jeder Müllverbrennungsanlage sind die in den Elektrofiltern abgetrennten hochgiftigen Stäube und die anfallenden Schlacken. Aus einer Tonne Müll, der aus völlig harmlosem Hausmüll und aus ebenso inoffensiven Kunststoffabfällen besteht, entstehen in einer Müllverbrennungsanlage etwa 5 Tonnen verunreinigte Abluft und eine halbe Tonne giftiger Stäube und Schlacken.

Versucht man dann die Schlacken noch irgendeiner Verwertung zuzuführen, z.B. Tennisplatz-Kieselrot, so können beim Zerbrechen der Körnchen hochgiftige eingeschlossene Gase freigesetzt werden, die dann zu unerklärlichen Erkrankungen der Sportler führen.

Alle genannten Schwermetallverbindungen und chlorierten Kohlenwasserstoffe sind typische fettlösliche Giftstoffe, die – einmal in den Körper gelangt, z.B. durch Schlachtvieh, sich in den Fettzellen des Körpers anreichern und – selbst in kleinen Monatsmengen aufgenommen,nach Jahren eine ernste Gefährdung darstellen und zu scheinbar unerklärlichen Vergiftungen, z.B. bei Krankheiten, führen können.

Noch gefährlicher ist es, wenn solche Stoffe in Nervenzellen oder ins Immunsystem kommen. Sie können schwere Störungen auslösen, von AIDS-ähnlichen Symptomen bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen. Sie können auch die Blut-Hirnschranke schädigen, so dass öllösliche Stoffe ins Gehirn gelangen können und das Verhalten von scheinbar Geisteskranken auslösen.

Für alle diese Effekte gibt es keine Mindestmengen, denn die Stoffe können sich über Jahre anreichern und dann gefährliche Konzentrationen erreichen. Die Beteuerungen der Betreiber, die Müllverbrennungsanlagen würden keine Giftstoffe oberhalb der erlaubten Grenzwerte ausstossen, sind daher Schall und Rauch (im wahrsten Sinne des Wortes).

Mit den abgeschiedenen Stäuben und den Schlacken schaffen die Müllverbrennungsanlagen ausserdem ein neues Sondermüllproblem, das es vorher gar nicht gab. Wertvolle abgedichtetet Lagerräume für Sondermüll müssen so mit völlig unnötigem und überflüssigem Sondermüll belegt werden und stehen nicht mehr für solche Sondermüllmengen zur Verfügung, die tatsächlich nicht zu vermeiden sind.

Schliesslich ist noch zu erwähnen: Die Müllverbrennngsanlagen erzeugen Salz-, Fluss- und Schwefelsäure, die – vom Regen aus der Luft geholt – als „Saurer Regen“ zum Waldsterben beitragen.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Der Feinstaub und Fein-Russ aus den Müllverbrennungsanlagen trägt generell zur Feinstaubproblematik bei, die speziell in deutschen Grosstädten bereits alarmierende Grössenordnung erreicht hat. Lungengängige Feinstäube und Feinrusse verursachen Lungenkrebs!

Generell bedenklich sind die aus fluorhaltige Kunststoffabfällen stammenden Fluor-Gehalte in den Abgasen (Flusssäure-Gas), Feinstäuben (verschieden Fluoride und organische Fluorsubstanzen) und wasserlöslichen Fluorsalzen (zusammen mit Regen).
Fluor kommt in der Natur praktisch nur als inoffensiver Flussspat vor. Alle anderen Fluorverbindungen sind potentiell der Gesundheit und den Lebewesen abträglich. Im Laufe von Jahren tonnenweise solche Stoffe in die Luft zu blasen ist unverantwortlich.

Eine Reihe von Schwermetallen, die in den Abgasen von Müllverbrennungsanlagen nachzuweisen sind, wie z.B. Kobalt, sind krebserregend. Auch bei solchen krebserregenden Substanzen, die sich im Körper anreichern können, gibt es generell keine verträglichen Höchstmengen.

Schmelzendes Eis

Nach Ansicht der „Bürgerbewegung Total Recycling“ sind Müllverbrennungsanlagen „absolut zweifelsfrei chaotische Großsyntheseanlagen von Giftstoffen mit Langzeitwirkung“.

Treffende Karikatur

Kryo-Recycling

Kreislaufwirtschaft

Das Kryo-Recycling ist die heute wohl am meisten fortgeschrittene Methode der Trennung von Abfällen zur Wiederverwertung, speziell der Kunststoff-Abfälle und Elektronik-Abfälle, aber auch in Mischung mit anderen Abfällen. Sie wurde von Prof. Dr. med Harry Rosin zusammen mit anderen Experten entwickelt. Prof Rosin ist jener Erfinder, der als erster auf die Gefahren der damals verwendeten Kühlgase für die Ozonschicht hingewiesen hat und den Öko-Kühlschrank entwickelte, der heute die Voraussetzung dafür ist, dass sich die Ozonschicht schon zu erholen beginnt.

Das Kryo-Recycling beruht auf der Methode des Abkühlens der „Abfälle“, was sie versprödet (ein seit vielen Jahrzehnten bekannter Effekt) und einer Feinvermahlung zugänglich macht (thermoplastische Kunststoffe sind bei Raumtemperatur nicht zu vermahlen, weil sie die Mahlwalzen zusetzen).

Das Mahlgut kann anschliessend durch verschiedene bereits bekannte Methoden in reine Aussgangsstoffe getrennt werden, was Voraussetzung für eine fast vollständige Wiederverwertung der vorher für Abfälle gehaltenen Stoffe ist.

Unter den Trennverfahren für das sich ergebende feine Pulver sind die nach der Dichte mit längst ausgereiften Verfahren die am meisten angewandten. Dazu kommt für Stoffe mit fast gleicher Dichte spektroskopische Trennverfahren. Man kann so praktisch alle Abfallstoffe und speziell die problematischen Kunststoff-Fraktion und Elektronic-Teil-Fraktion der Abfallstoffe in fast völlig reine Pulver der einzelnen Inhaltsstoffe trennen, was eine Wiederverwendung von fast allen von ihnen in bekannten Verfahren ermöglicht.

Für Kunststoffe gilt dabei: Man braucht für ihre Gewinnung aus Abfällen nur etwa 10% der Energie im Vergleich zu jener, die Kunststoffe neu herzustellen.

Beim Kryo-Recycling wird im Gegensatz zum bereits früher bekannten Cryo-Verfahren (mit C) nicht flüssiger Stickstoff zum Abkühlen verwendet, sondern ein Gasgemisch aus Propan, Ethan und Methan, das bei -160 Grad eine vorzügliche Aufbereitung zum Vermahlen garantiert. Dadurch wird der extrem hohe Energiebedarf zur Herstellung verflüssigten Stickstoffs vermieden und mit gemässigten Kosten eine vollständige Trennung der Komponenten von z.B. Kunststoffen, aber auch von Handys, Computern und anderen elektronischen Geräten ermöglicht, was die praktisch vollständige stoffliche Wiederverwertung garantiert. Im Vergleich zum Stickstoff-Verfahren belaufen sich die Kosten nur auf etwa ein Zehntel, weil das kalte Gas nicht verloren geht, wie beim Abkühlen mit flüssigen Stickstoff, sondern im geschlossenen Kreislauf geführt wird.

Prof . Rosin schreibt zu den Grundsätzen des Verfahrens:

„Wenn "Müll" nicht mehr Müll hieße, wer käme auf die Idee, teure Ware in Deponien zu vergraben oder schadstoffbildend zu verbrennen? Die Gefahren der Schadstoffbildung durch "Müll"-Verbrennung spitzten sich extrem zu, als sich ab etwa 1990 die ersten großen Abfallberge aus alten Computern anhäuften. Wohin damit ? Elektronikschrott - zusammen mit Alt-Kunststoffen und "Restmüll" - zu verbrennen, erzeugt eine der schlimmsten Giftküchen: Die Gehäuse waren/sind oft aus PVC und die Leiterplatinen mit Flammschutzmitteln imprägniert (bis zu 8 Gew.% Fluor oder Brom). Die Metalle, besonders Kupfer, wirken bei hohen Temperaturen als chemische Katalysatoren für Tausende neu entstehende Gifte, wie z.B. Vinylchlorid, Phosgen usw. - bis hin zu den Dioxinen vom Typ des "Seveso-Giftes" und den noch viel giftigeren Fluor- und Brom-Dioxinen!“

(siehe hier.)

Statt die wertvollen Plastikstoffe wirklich wiederzuverwerten, werden sie unter anderem auch (wiederum mit hohem Energieaufwand) zu flüssigen chemischen Rohstoffen gecrackt, aus denen dann (erneut mit hohem Aufwand) wieder Kunsststoffe hergestellt werden können – ein absurdes Verfahren.

Das Kryo-Recycling nutzt dagegen die hochwertige Struktur des Kunststoffes maximal aus. Oberflächen der Kunststoffteile, die durch Oxidation ein verändertes Verhalten aufweisen, können zudem praktisch vollständig von den inneren Teilen der Kunststoffe (60 – 80%) getrennt werden, die unmittelbar wie der eben neu hergestellte Kunststoff einsatzfähig sind, während die anoxidierten Oberflächen für weniger hochwertige Anwendungen zu Verfügung stehen.

Es wurde bereits nachgewiesen: Das Verfahren kann sowohl für thermoplastische Kunststoffe wie Polyethylen und Polypropylen angewandt werden, die aufgeschmolzen und so in neue Formen gespritzt werden können, als auch für elastomere und duroplaste Kunststoffe, wie Polyamide, Polyetylenterephthalat (PET), Kunstgummi usw. Oft kann man Duroplaste auch bei Raumtemperatur vermahlen. Sie können nach dem Mahlen mit speziellen Verfahren oberflächlich aktiviert werden, so dass sie erneut zum Formen des ursprünglichen Kunststoffes eingesetzt werden können.

Das Kryo-Recycling-Verfahren ist bis heute noch nicht grosstechnisch erprobt, weil heftigste politische Widerstände die Investitionen für eine solche Erprobung verhindert haben. Unsere heissgeliebten Politiker sehen ihre Möglichkeiten schwinden, mit „kleinen Nebeneinnahmen“ aus den Müllverbrennungsanlagen zu rechnen. Zudem sind sie in der Ideologie verhaftet, die Behandlung von Abfallstoffen müsse Profite für eine Firma erbringen.

In dieser Hinsicht aber ist die umwelt- und zukunftsfreundliche Wiederverwendung und Aufbereitung zur Wiederverwendung der Müllverbrennung klar unterlegen. Den (umsonst angelieferten) Müll zu verbrennen und den gewonnenen Strom (oder eventuell Fernwärme) in das Netz einzuspeisen ist für die Betreibergesellschaft ein gutes Geschäft, aber für die Menschen eine Katastrophe.

Hier zeigt sich ein weiteres Mal, wie der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Probleme der Menschheit zu lösen, weil seine Mechanismen die Interessen der Gemeinschaft nicht kennen, nur die Profitinteressen.


Veröffentlicht am 8. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 7. April 2008

Hartz-IV-Empfänger müssen im Dunkeln sitzen, kalt duschen und Wasser trinken

Das grenzt schon an leichte Formen von Folter

Von Karl Weiss

Hatte irgendeiner noch Zweifel an der sadistischen Veranlagung unserer Politiker von christlicher, „sozial“demokratischer, grüner und liberaler Provenienz, so kann er die nun getrost vergessen. Es geht bei der Gestaltung von Hartz IV anscheinend wirklich um sadistische Quälereien.

Hartz-Protest 02

Das sei übertrieben? Na, lesen Sie dies erst einmal.

Das Bundessozialgericht in Kassel muss nun in Bundesunsozialgericht umbenannt werden, denn es hat abgesegnet, was sich die die Arbeitsagenturen bzw. Arbeitsgemeinschaften (ARGE) als Quälereien für die Arbeitslosen ausgedacht haben. Eigentlich steht im Gesetz, es müssen neben der Miete auch die Nebenkosten ersetzt werden – und jeder weiss, was Nebenkosten sind: Sie umfassen zumindest Strom, Wasser, Heizung, Warmwasser (falls zentral), Gas (soweit vorhanden) und meist auch noch einiges andere.

Ein Teil dieser Nebenkosten kommt nicht in die jährliche Nebenkostenabrechnung, sondern wird vom Mieter direkt mit dem Versorgungsunternehmen abgerechnet, aber es bleiben doch Nebenkosten.

Hartz-Protest 01

Nun haben die ach wie so beliebten deutschen Politiker und ihre Helfershelfer in den Arbeitsagenturen und ARGEn dies einfach umdefiniert, denn sie wussten ja, wozu Hartz IV geschaffen wurde: Die Arbeitslosen sollen als abschreckendes Beispiel dienen, damit jene, die noch Arbeit haben, jede, aber auch jede Verschlechterung hinnehmen, die verspricht (wenn auch falsch), nicht auch in diese Lage zu kommen.

Dazu müssen die Arbeitslosen logischerweise höllisch gequält werden und das tut man.

Strom und Warmwasser keine Nebenkosten!

Man definierte: Strom und Warmwasser gehört nicht zu den Nebenkosten. Anders ausgedrückt: Der ALG-II-Empfänger bekommt diese Kosten nicht ersetzt. Entweder er bringt sie aus den 347 Euro auf oder er muss eben im Dunkeln sitzen und kalt duschen.

Das grenzt schon an leichte Formen von Folter.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Nun weiss man aber bereits zur Genüge: Jene 347 Euro reichen auch so schon hinten und vorne nicht für einen normalen Lebenswandel. Der Berliner SPD-Wirtschaftssenator Sarrazin hat uns ja den Gefallen getan, uns vorzurechenen, von was für einem Frass wir leben müssen, wenn wir arbeitslos sind. Von seiner Veröffentlichung, die nach hinten losging, haben wir speziell erfahren: Es sind keinerlei Getränke vorgesehen! Der Arbeitslose muss Wasser trinken!

<< Wo kämen wir denn da hin, wenn unnütze Glieder der Gemeinschaft auch noch Getränke bekämen! Sollen sie Wasser trinken und uns noch auf den Knien danken, dass sie das überhaupt bekommen! Man stelle sich vor: Ein Arbeitsloser mit einem Glas Bier! Das wäre doch unerhört! Oder gar einen Fruchtsaft? Kommt nicht in Frage! Da könnte er ja länger leben als vorgesehen und uns weiter auf der Tasche liegen! Gesunde Ernährung? Für die nicht! Sollen sie so schnell wie möglich verrecken! >>

Danke, Herr Sarrazin, dass Sie uns so eindrücklich klar gemacht haben, was sie von den Millionen Arbeitslosen halten! Sonst hätte die geringfügige Möglichkeit bestanden, wir hätten vielleicht noch einen Rest von Vertrauen für Ihre SPD und/oder die anderen Parteien aufgebracht, die Hartz IV beschlossen haben und umsetzen: Die CDU/CSU, die Grünen und die FDP.

Und nicht zu vergessen, die dahinter stehen: Deren Auftraggeber in den Konzern- und Bank-Zentralen.

So ist nun klar geworden, was vorher mehr vermutet wurde:

Die Arbeitslosen müssen im Dunkeln sitzen, kalt duschen und Wasser trinken!


Veröffentlicht am 7. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

"Hartz IV: Nieder auf die Knie!"

"Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

Freitag, 4. April 2008

600 000 hart gezählte Blog-Klicks

In eigener Sache

In dieser Woche kann dieses Blog den 600 000. Besucher feiern (laut 'Blogcounter'). Das ist schon ganz nett für ein Blog, das kaum viel mehr als eineinhalb Jahre auf dem Buckel hat, für ein Blog, das ja bis vor kurzem nur Artikel enthielt, die schon anderswo erschienen waren. Erst jetzt habe ich mich ja entschlossen, hier auch Erstveröffentlichungen zu bringen.

Dabei ist bemerkenswert, dass fast 540 000 dieser Besuche auf den Zeitraum der letzten 12 Monate entfallen (ebenfalls laut 'Blogcounter').

Es handelt sich bei dieser Zahl nicht etwa um die Anzahl von Klicks auf Artikel oder Bilder, sondern um die Anzahl der Besucher. Die Anzahl der Klicks insgesamt ist pro Tag meist etwa beim doppeltem der Zahl der Besucher (auch dies laut 'blogcounter').

Aus der Zahl der Klicks, die direkt ohne 'Referrer' auf die Startseite kommen, geht hervor: Etwa ein Drittel der Besucher sind "treue Leser", die dies Blog wahrscheinlich in der Lesezeichen-Liste haben oder anderweitig direkt auf die Startseite oder eine andere registrierte Seite gehen.

Ein weiteres Drittel kommt über Bild-Abfragen auf dies Blog, hauptsächlich über 'images.google'. Dies Blog ist also eine beliebte Quelle für Abbildungen, speziell für Nachrichtenbilder.

Das letzte Drittel kommt über andere 'Referrer' hierher, davon ein grosser Teil über Suchmaschinen. Der grösste andere 'Referrer' ist 'Net-News-Global'.

Montag, 31. März 2008

Lohnrückforderungen - der Skandal

Die blanke Wut

Von Karl Weiss

Wer glaubte, im Land von Hartz IV, in dem das Verfassungsgericht die heimliche Ausforschung der Computer freigegeben hat, könne nichts noch Absurderes geschehen, hat sich getäuscht. Jetzt werden die entlassenen Arbeiter pleite gegangener Unternehmen noch mit Forderungen nach Lohnrückzahlungen verfolgt!

Wie in der Sendung ‚Fakt‘ im Ersten Fernsehen berichtet wurde (hier), lässt die neue Konkursordnung zu – beschlossen von unseren heissgeliebten Politkern - , dass der Konkursverwalter bzw. Insolvenzverwalter die in der letzten Zeit vor der Pleite des Unternehmens gezahlten Löhne von den Mitarbeitern zurückfordern kann. Dies gilt dann, wenn die Arbeitnehmer Anzeichen dafür hatten, die Firma könnte dicht machen.

In einem von insgesamt vier Fällen wurden die Löhne von mehreren Mitarbeitern (wahrscheinlich aber von allen) zurückgefordert und es gibt bereits ein Gerichtsurteil, das tatsächlich den Arbeiter Uwe Trautmann verurteilt, etwa 3 700 Euro an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen. Der zuständige Richter argumentierte, Trautmann habe ja bereits Verspätungen in der Lohnauszahlung bemerkt, also habe er Anzeichen gehabt, die Firma stehe vor dem Ende. Wenn er dort weiterhin arbeite und Geld in Form von Lohn für diese Arbeit aus der Firma abziehe, so sei er nach dem Wortlaut der neuen Insolvenzordnung verpflichtet , dies Geld zurückzuerstatten, damit es den Gläubigern der Firma zur Verfügung gestellt werden kann.

Bevor die Insolvenzordnung von unseren heissgeliebten „Volksparteien“ geändert worden war, waren Löhne grundsätzlich unantastbar und ausstehende Löhne sogar bevorzugt gegenüber Gläubigerforderungen. Aber genau das hat man aus der neuen Fassung gestrichen.

Neben Trautmann sollen in der gleichen Firma laut dem „Ersten“ etwa 100 weitere Mitarbeiter Schreiben mit der Forderung der Lohnrückzahlung erhalten haben. In einer anderen Firma, die ebenfalls die Pforten schliessen musste, hat es Heiner Conrad erwischt. Von ihm wurden 3 300 Euro zurüchgefordert und die Amtsrichterin in Gera bestätigte die Berechtigung dazu. Nun weiss Konrad nicht, woher das Geld nehmen.

Soweit, mit 4 Firmen in Sachsen (nach Angaben des sächsischen DGB), in denen eine unbekannte Anzahl von Arbeitern (wahrscheinlich über 100) auf Lohnrückzahlung verklagt wurde, war der Stand im letzten Jahr. Nun hat das „Erste“ in einer neuen Sendung dieses Jahr aufgedeckt, die Sache mit den Lohnrückforderungen ist bereits flächendeckend.

Als Beispiel wird die Hinterlassenschaft der bankrott gegangenen Firma „Holz-Nützel“ aufgegriffen. Vom Arbeiter Keven Ortleb werden mehr als 3000 Euro Lohn aus den letzten drei Monaten der Firma zurückverlangt, denn er habe wissen können, die Firma gehe pleite. Auch hier waren die Löhne am Ende mehrfach verspätet ausgezahlt worden.

Insgesamt 120 frühere Arbeitnehmer von Holz-Nützel wurden vom Insolvenzverwalter auf Rückzahlung der in den letzten drei Monaten erhaltenen Löhne und Gehälter verklagt.

Der Insolvenzverwalter hört auf den schönen Namen Irrgang und man möchte meinen, dieser Name sage etwas über seine Taten, aber die Richter sind da anderer Meinung. Er bekommt vor Gericht Recht. Es steht so in der Insolvenzordnung.

Herr Baumann vom Rechtsschutz des sächsischen DGB sagt dazu: „...müsste man alle Arbeitnehmer bundesweit in Kenntnis setzen, dass bei einer verzögerten Lohnzahlung, sofort de facto selbst gekündigt wird oder die Arbeitskraft sofort zurückgehalten wird. Oder man eben schauen muss, dass man vielleicht sogar selbst einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht stellt.“

Sozialprotest DGB

Der Beitrag im „Ersten“ hat allerdings nicht nachgefragt, warum der DGB nicht eine Kampagne gegen diese Praktiken und diese Gesetzesänderung begonnen hat. Nun, es ist klar: Da sitzen Gewerkschaftsführer, denen zum Teil das SPD-Parteihemd näher ist als als der DGB-Rock. Und wer hat diese Änderung der Insolvenzordnung durchgeboxt?

Ja, Sie haben richtig geraten: Schröder mit seiner SPD – und auch noch unterstützt von den Grünen, die natürlich auch nichts von dieser Geschichte wissen wollen. Sie haben immerhin den Ver.di-Vorsitzenden Bsirske in ihren Reihen, aber von dem hat man diesbezüglich auch nichts gehört – na warum wohl?

Nun hat die CDU natürlich Gelegenheit, Punkte gut zu machen und sie hat daher dieses heisse Eisen aufgegriffen und mit der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin die Abänderung dieses Paragraphen durchgesetzt – oder? Pustekuchen. Die CDU/CSU ist genauso auf Tauschstation wie die Urheber-Parteien.

Kennzeichnend die Reaktion, als das „ Erste“ bei dem zuständigen Justizministerium nach einem Gespräch hierüber fragte. Man gebe kein Interview zu diesem Thema, herrschte man die Fernsehreporter an. Stattdessen wurde eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, in der man behauptete, die Arbeitnehmer seien genügend geschützt im Fall von Insolvenzen, denn sie könnten ja Konkursgeld beantragen.

Nur hat die Sache einen kleinen Haken: Das Konkursgeld ist niedriger als die Rückforderungen! Ausserdem ist es als Hilfe vorgesehen, bis man wieder Arbeit findet, nicht als Aufbesserung für Pleitengläubiger. Aber wer kümmert sich um solche Kleinigkeiten, wenn man das Bundesjustizministerium ist. Da ist man schon genug beschäftigt, noch mehr Geld den Grosskonzernen zuzuschustern, da hat man keine Zeit, sich um kleine Leute zu kümmern, die zuerst arbeitslos werden, weil die Firma pleite geht und dann auch noch ihr hart verdientes Geld aus den Rippen geleiert bekommen.

Auch die deutschen bürgerlichen Medien haben nichts über diesen Skandal gebracht, „Fakt“ im „Ersten“ blieb die einzige Stimme, obwohl Beiträge im ersten Fernsehprogramm ja nun nicht gerade geheim sind.

Der oben schon erwähnte gerupfte Uwe Trautmann bekam vom Insolvenzverwalter auch noch den zynische Rat, doch seine Ersparnisse aufzulösen. Nur: Er hatte 4,32 Euro Stundenlohn. Von was sollte er da Ersparnisse anlegen?

Auf die Frage, was angesichts dieser Dinge in ihm vorgeht, antwortet er: „Die Wut! Die blanke Wut!“


Veröffentlicht am 31. März 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Mittwoch, 26. März 2008

Was mit ölreichen Regionen passiert

Die armen Titanier

satire-ein-satire-aus-dot-com

Von Elmar Getto


Weil er so humorvoll ist, hier noch einmal dieser Artikel über den Jupitermond Titan, der ursprünglich in "RBI-Aktuell" am 1. Februar 2005 erschien.

Nach neuesten Erkenntnissen ist Condolezza Rice bereits seit Tagen dabei, die Invasion auf den Titan zu planen, um den Titaniern Demokratie zu bringen.

Das wird ein Massaker!

Mein Mitgefühl mit den Titaniern ist groß, ja schon fast grenzenlos. Hat doch die europäische Sonde Huygens, als sie auf dem Titan, dem Saturnmond, gelandet ist, eine schreckliche Entdeckung gemacht:

Die ganze Oberfläche des Mondes ist voller Kohlenwasserstoffe: Es regnet Methan, es gibt Meere voller Butan und Hexan und längerkettigere Kohlenwasserstoffe, sogenannte Öle, bilden ganze Sümpfe.

Öle? Öle! Eben!

Während man auf unserem armen Planeten kilometertief bohren oder teure Bohrinseln ins Meer stellen muß, ist das Öl und Gas dort schlicht und einfach im Überfluß auf der Oberfläche vorhanden, man muß es nur ins Raumschiff pumpen! Noch dazu sind die begehrten Kohlenwasserstoffe dort nicht in Form zäher, hochviskoser Massen vorhanden, sondern bereits fertig in kleinen Molekülen, die man hier Benzin, Diesel und Erdgas nennt.

Daß dies die Aufmerksamkeit von US-Ölkonzernen geweckt hat und die ihre Leute (George W., Condolezza und andere) bereits darauf angesetzt haben, braucht nicht zu verwundern. Es wird für die nächsten Wochen erwartet, daß Condolezza auf ihrer nächsten größeren Rede als Außenministerin bereits die Titanier in die Liste der „Vorposten der Tyrranei“ aufnimmt. Voraussichtlich wird die titanische Tyrranei vorgezogen und wird bereits nach dem Iran drankommen.

Damit bleibt genug Zeit, um einen gesetzten älteren Herrn aus Schweden dorthin zu senden, um als UN-Missionär zu klären, ob dort Titanier vorhanden sind. Man kann bereits mit Sicherheit sagen, daß sein Aussage vor dem Weltsicherheitsrat, es seien keine Titanier zu finden gewesen, noch am gleichen Tag von Condolezza widerlegt werden wird, denn es liegen sichere Geheimdiensterkenntnisse vor, daß es Titanier gibt, daß dort eine Tyrannei herrscht, der Tyrann Abdul Ben Assad heißt und den ganzen Planet Erde bedroht.

Wir werden mit Sicherheit von einer Mission hören, die den Titan in wenigen Tagen vollständig erobert, die Angriffsabsichten Abduls Ben Assads auf die Erde aufdeckt und nach einiger Suche auch ihn selber aufspürt. Bereits nach wenigen Monaten werden demokratische Wahlen stattfinden, in denen Botschafter Negroponte mit überwiegender Mehrheit gewählt wird. Die „eingebetteten Reporter“ werden in den wenigen Momenten, in denen sie in ihren Betten aufwachen, Stein und Bein schwören, sie hätten die Titanier und Abdul gesehen, allerdings werden aus Sicherheitsgründen keine Photos erlaubt sein.

Erst viel später wird man erfahren, daß aus Sicherheitsgründen alle Titanier in Sondergefängnisse gebracht werden mußten, wo aber weithin mit absolut humanen Methoden gefangen gehalten wird. Wenn einzelne Soldaten über ihre Befugnisse hinausgingen und Titanier gefoltert haben sollten, so werden sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Einer der US-Soldaten hatte allerdings die Anweisungen nicht richtig gelesen und hatte auf dem Titan ein Streichholz entzündet. Damit ging der ganze Mond in einer Explosion auf, da all die vielen Kohlenwasserstoffe ja leicht entzündlich sind. Von der Erde aus war aber nicht mehr als ein kleiner Lichtblitz zu sehen.

Die Tatsache, daß es auf dem Titan keinen Sauerstoff gibt und somit auch kein Brand entstehen kann, ist absolut ohne Bedeutung, denn die US-Regierung hat sich von der Abwesenheit bestimmter Dinge an einem Ort noch nie davon abhalten lassen, dort Tod und Zerstörung zu verbreiten.

Montag, 24. März 2008

Unrechtstaat Bundesrepublik und die beiden grösseren Übel

Der Fall Kurnaz und was "Kanzlerkandidat" Steinmeier damit zu tun hatte

Von Karl Weiss

Da Steinmeier im Moment gerade zum Kanzlerkandidaten hochgejubelt wird, hier noch einmal jener Artikel, in dem sein Basis-Unrecht aufgedeckt wird. Ein Unrechtskanzler?

Wenn die Bundesrepublik Deutschland denn je eine Rechtsstaat war - was zu bezweifeln ist -, dann hat sie spätestens 2002 aufgehört, einer zu sein. Schröder sei Dank. Der Fall Kurnaz spricht Bände über das, was die Rot-Grüne Koalition unter „Rechtsstaat” verstand. Auf Deutsch heißt das Obrigkeitsstaat. Der Hauptakteur: Der damals im Kanzleramt zuständige Steinmeier.

Das Ganze begann eigentlich schon vorher, als die CDU mit ihrer Kampagne gegen den Doppelpass (zwei Staatsbürgerschaften) mit Vorurteilen gegen Türken Wahlerfolge erreichen wollte, was dann logischerweise auch einen der unglaublichsten von allen, Roland Koch in Hessen, auf den Ministerpräsidentenstuhl gebracht hat - an dem er heute noch klebt.

Was in jedem Land der Welt gang und gäbe ist und auch in Deutschland vorher schon praktiziert wurde und hier und bei anderen weiterhin praktiziert wird, nämlich die Duldung des Beibehaltens der vorherigen Staatsbürgerschaft für einbürgerungswillige Ausländer, wurde nun plötzlich für Türken verboten.

Die offiziellen Regelungen lauten, daß Alle nur die deutsche Staatsbügerschaft annehmen können, wenn sie die vorherige gleichzeitig ablegen. In der Praxis wird der Doppelpass weiterhin geduldet, wenn es sich um Franzosen, Engländer, Liechtensteiner oder Schweden handelt, nur bei den Türken geht man hinterher, so daß eine absurde Situation für jene Türken entsteht, die in Deutschland geboren wurden und ins Erwachsenenalter kommen, wie das für Murat Kurnaz zutraf.

Obwohl internationales Recht ihnen in diesem Fall die deutsche Staatsbürgerschaft zuspricht und sie sowieso nach so vielen Jahren vor Abschiebung durch internationales Recht geschützt sind, tut Deutschland so, als seien sie noch keine Bundesbürger, um dem Wortlaut des CDU-Antidoppelpass-Gesetzes zu genügen.

Weder das Bundesverfasungsgericht noch der Europäische Gerichtshof oder das Europäische Menschenrechtstribunal haben bisher die Bundesregierung für diesen Bruch internationalen Rechts verurteilt. Rechtsbruch, wenn er denn auf verbreiteten Vorurteilen beruht, darf geschehen. Wenn Sie demnächst mal zufällig eines Rechtsbruchs angeklagt sind, erinnern Sie sich daran!

Kurnaz war also kein deutscher Staatsbürger, aber nach internationalem Recht in Deutschland mit allen Rechten ausgestattet und nicht deportierbar, als er, 18jährig, 2001 den Islam entdeckte und mehr über ihn wissen wollte. Er reiste nach Pakistan und begann den Islam zu studieren. Nur hatte er das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

Die pakistanische Regierung war damals offenbar von der US-Regierung aufgefordert worden, eine gewisse Anzahl von Islamisten, also islamischen „Gotteskriegern“, an die US-Truppen zu liefern, die gerade eben Afghanistan überfallen hatten und kaum Islamisten auftreiben konnten.

Die pakistanische Regierung gehorchte, aber sie machte sich nicht die Mühe, eventuelle pakistanische Islamisten an die US-Regierung zu liefern. Stattdessen lieferte man einfach eine Anzahl von willkürlich in Pakistan festgenommenen Ausländern, die irgendetwas mit dem Islam zu tun hatten, aber, wie sich später herausstellte, nichts mit „Gotteskriegern“ gemein hatten. Einer von ihnen war der Deutsche (ohne diese Staatsangehörigkeit) Murat Kurnaz.

Wie in Pakistan üblich, wurden die festgenommenen Ausländer erst einmal ein wenig gefoltert. Die USA sollten später erklären, sie wären dafür nicht verantwortlich. Murat Kurnaz wurde u.a. „sexuell gefoltert“, sprich vergewaltigt. US-Regierungen sind natürlich nie verantwortlich für das, was sie anderen anordnen.

Als Kurnaz den Amerikanern in Afghanistan übergeben wurde, brachte man ihn zusammen mit anderen „feindlichen Kämpfern“ nach Guantánamo. Bereits nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß Kurnaz nichts mit militant-extremistischem Islamismus zu tun hatte. Bereits im Jahre 2002 wurde daher bei der türkischen Regierung und bei der Bundesregierung angefragt, ob man den geplagten Folterknechten im kubanischen US-Stützpunkt nicht den Jungen (er war nun 19 Jahre alt) abnehmen wollte. Er habe nichts ausgefressen.

Die türkische Regierung fühlte sich nicht zuständig, weil es sich eindeutig um einen Deutschen handelte, auch wenn er formal noch den türkischen Pass hatte. Er war in Deutschland geboren und hatte nie woanders gelebt als in Deutschland, man wußte nicht einmal, ob er überhaupt türkisch sprach.

Und nun kommt die „rechtsstaatliche“ deutsche rot-grüne Regierung ins Spiel. Obwohl sie verpflichtet war, Kurnaz aufzunehmen, weil er in Deutschland dauerhaft Bleiberecht erworben hatte, lehnte man ab, ihn den Amis abzunehmen.

Die Begründung dafür ist absurd (der heutige Aussenminister Steinmeier): Man "wollte sich keine Terroristen ins Land holen". Obwohl die "oberste internationale Instanz in Terrorismus", die US-Behörden, ihn für schuldlos erklärte, erfand die deutsche Regierung einen terroristischen Hintergrund für Kurnaz, um einen Türken weniger in Deutschland zu haben. Man verurteilte ihn mit dieser Entscheidung zu 4 weiteren Jahren Guantánamo.

Damit waren alle rechtsstaatlichen Regeln gebrochen. Neben der Verweigerung des Staatsbürgerschft erklärte man ihn jetzt schuldig für Taten, von denen man wußte, daß er sie nicht begangen hatte. Damit hat der deutsche Rechtsstaat, wenn es ihn denn gab, aufgehört zu existieren.

Das sind exakt die Zustände, wie sie in obrigkeitsstaatlichen feudalen Regimen herrschten - oder in den dunkelsten Militärdiktaturen heute: Willkürakte der Obrigkeit, Anklagen, von denen man weiß, daß sie falsch sind, beliebig langes Festhalten ohne Gerichtsverfahren, Folter.

Und dies auch noch zur Beachtung für jene, die immer noch glauben, die SPD sei ein kleineres Übel: Die jetzige Bundesregierung unter CDU-Merkel hat Kurnaz aufgenommen. Aber um gleich dem Irrtum vorzubeugen, nun sei die CDU das kleinere Übel, hat man ihn gleich angeklagt: Er sei verdächtig, einer terroristischen Vereinigung anzugehören!

Die Übel sind übel und die BRD ist ein Unrechtsstaat.


Artikel der Berliner Umschau vom 29. August 2006, hier aktualisiert und redigiert.

Freitag, 21. März 2008

Huren der Macht

Hamburg: Grüne als Schill-Ersatz für Ole

Von Karl Weiss

Ein Kommentator im Internet nannte es beim Namen, als er über den Kniefall der Grünen (genau: Grün-Alternative Liste) in Hamburg gegenüber der CDU von Ole van Beust berichtete: „Huren der Macht“. Obwohl sie natürlich wissen, niemand, der Grün wählte, wollte eine Neuauflage einer van-Beust-Koalition, haben die Grünen einer schwarz-grünen Regierung zugestimmt.

Schill und van Beust

Und das mit dem gleichen van Beust, der sich nicht gescheut hatte, mit einem Schill zu koalieren und ihn sogar zum Innensenator der Hansestadt zu machen.

Die Grünen stellen also nun einen Schill-Ersatz dar. Das scheint ihnen nichts auszumachen, so verludert sind sie schon, wenn die Fleischtöpfe der Macht winken.

Schill 1

Insoweit hat jetzt ein unappetitliches Filmchen, das jemand in ‚You Tube‘ eingestellt hat, eine gewisse Bedeutung gewonnen.

Es zeigt nämlich Schill beim „Koksen“ (Kokain-Konsum) und in einer zweiten Szene, in der er sagt, nun wirke das „Koks“ bei ihm. Danach zieht er im Film noch über Schwarze („Neger“) her. Das Filmchen ist so unschön, dass wir es hier nicht verlinken. Es reicht, wenn man weiss, was drauf ist.

Schill beim Koksen

Erwartete man nun, dass Schill sich aus seinem brasilianischen Exil zu Wort meldete , eventuell über einen deutschen Anwalt und erklärt, das sei natürlich nicht er auf dem Film, das sei alles gestellt mit Schauspielern, so sah man sich getäuscht.

Stattdessen ist nun eine Berliner Rechtsanwältin aufgetaucht in Schills Namen und hat die Authentizität der Bilder bestätigt (Zeitungsmeldungen vom 17.3.08).

Da wird nun nämlich eine alte Episode wieder aufgewärmt, die spielte, als Schill Senator der Hansestadt Hamburg war – was diese jetzt am liebsten nicht mehr wahr haben wollte.

Schill 2

Ihm war damals aus Quellen, die nicht ans Tageslicht kamen, vorgeworfen worden, er konsumiere Kokain. Empört wies Schill dies zurück und gab auch eine Haarsträhne zur Untersuchung, wobei allerdings nicht gesichert war, es sei seine. Kein Kokain wurde gefunden und die Hamburger CDU, die jetzt mit den Grünen ins Bett will, dröhnte nur so von Empörung: Das sei eine unglaubliche und infame Rufmordkampagne gegen Schill mit dem Kokain. Haben die Grünen diese heftige Verteidigung Schills vergessen? Na, wenn eine Regierungsbeteiligung lockt, mit ausgewachsenen Senatoren-Posten, da lässt schon einmal ein wenig das Gedächtnis nach.

Bleibt noch nachzutragen, was es mit dem Video-Film auf sich hat, nachdem den Grünen wohl nicht mehr zu helfen ist auf ihren Weg in die Umarmung mit van Beust.

Das Filmchen wurde offenbar in Schills neuer Wahlheimat Brasilien aufgenommen. Nach Zeitungsangaben soll er in Rio de Janeiro leben. Nachforschungen in der Gaststätte, in der angeblich verkehren soll, haben allerdings zu keinem Ergebnis geführt.

Anscheinend hat sich Schill in Brasilien deutsche Freunde angelacht, die nicht nur Gutes wollten (auf dem Video wird deutsch gesprochen). Sie haben wohl eine mehrtägige Party mit Schill, Kokain und Prostituierten gefeiert und alles durch ein einseitig verspiegeltes Glas aufgenommen.

Es soll sich um insgesamt 18 Stunden Video-Material handeln, dabei auch und vor allem ausgedehnte Sex-Szenen mit Gruppen-Sex und allem drum und dran. Ironisch dabei: Die Sex-Szenen sollen mit schwarzen Prostituierten sein. Schill hat also wirklich nichts für Schwarze übrig, aber sehr viel für schwarze Prostituierte. Nur noch Ekel vor solchen Persönlichkeiten, die sich auch noch als Retter der Enterbten aufspielten!

Man habe bereits letztes Jahr versucht, Schill mit diesem Film zu erpressen. Nachdem Schill abgelehnt hatte, versuchte man das Material Hamburger Politikern und dann an verschiedene Verlage zu verkaufen, offenbar ohne Erfolg.

Nun hat sich als einzige Veröffentlichung die ‚Bild‘ interessiert gezeigt, ausgerechnet jenes Blatt, das damals zusammen mit dem Schwesterblatt ‚Hamburger Morgenpost‘ den seinerzeitigen Richter Schill so hochgejubelt hat, dass er nach der Gründung der Schill-Partei in Hamburg 19% der Wählerstimmen bekam. Seine Tiraden bezüglich Kriminellen und Ausländern kamen bei einer bestimmten Klientel an, die sonst eher CDU wählt oder auch schon mal die Faschisten.

Der Skandal war schon damals, dass van Beust und die CDU mit ihm koalierten, obwohl diese Art von Charakter nun ja zur Genüge bekannt ist und man wusste, man wird sich ‚merde‘ einhandeln. Aber man brauchte ihn zum Regieren und so gab man den Innensenatorposten an einen erklärten Gegner der Menschenrechte.

Und van Beust war der Hauptverantwortliche. Auch er musste sich bewusst gewesen sein, von einem Schill kann nur Schmutz kommen, aber er wollte Regierender Bürgermeister werden und da ist jede noch so dreckige Koalition recht.

Und in diesem Dreck wollen sich nun die Grünen suhlen.


Veröffentlicht am 20. März 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

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