Freitag, 27. Februar 2009

Lasst uns allle unsere Automobil-Industrien retten!

Tu, was ich sage, tu nicht , was ich tue!

Von Karl Weiss

Über Jahrzehnte haben die imperialistischen Staaten ihren „Untertanen“, den Staaten der Dritten Welt und den Schwellenländern, eingeschärft, was sie zu tun hätten: Staatsausgaben senken, den Staat zurückfahren bis fast zum Nullpunkt, alle Staatsunternehmen privatisieren, keinerlei Subventionen für die heimische Industrie und Landwirtschaft, in welcher Form auch immer, Einfuhrzölle kappen und keine Exporte subventionieren. Wer sich nicht daran hielt, wurde dem Orkus preisgegeben. Beispiel: Zimbabwe.

Kraftwerk

So, dozierte man, würden diese Länder sich instandsetzen, den Entwicklungsrückstand aufzuholen und einer prosperierenden Zukunft entgegensehen. Das Ergebnis davon war ein Desaster für die Entwicklungsländer. Sie gerieten in immer größere Abhängigkeit von den Imperialisten und deren Kredite, konnten aber nicht aus der Umklammerung heraus, weil sie von den Krediten von Weltbank und IWF abhingen, die nur den „Gehorsamen“ gewährt wurden. Soweit sich einige Länder der Dritten Welt (China, Indien, Brasilien) zu Schwellenländern entwickeln konnten, erreichten sie dies dort und in dem Masse, indem sie alle diese Regeln missachteten und das Gegenteil taten, sobald sie halbwegs unabhängig von neuen Weltbank- und IWF-Krediten waren.

Wirtschaftsmacht China

Man hätte dies leicht voraussehen können, denn die Entwicklung von einem unterentwickelten Land zu einem modernen Industriestaat wurde in allen Fällen im wesentlichen durch das Gegenteil erreicht.

England, Frankreich, die USA, Japan, Deutschland, sie alle hatten während der ganzen Zeit ihrer Entwicklung einen aufgeblähten Staatsapparat, der mit überdurchschnittlicher Bezahlung eine wachsende Binnennachfrage schaffte als Grundlage der Entwicklung. Alle diese Staaten hatten während ihrer Entwicklung eine Wand von Einfuhrzöllen rund um sich aufgebaut und stärkten so die einheimische Industrie und Landwirtschaft. Sie alle hatten während dieser Periode alle wesentlichen Dienstleistungen und Grossindustrien in der Hand des Staates (mit wenigen Ausnahmen), wie zum Beispiel die Stahlindustrie und die Minen, die Post- und Telefondienste, die Bahnen, das Erziehungswesen und die Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, ebenso wie die Abwasserbehandlung und den Bau und Unterhalt von Straßen und in manchen Fällen auch die Banken.

Atomkraftwerk

Sie subventionierten alle ihre Exporte und Deutschland tut dies bis heute mit den berühmten Hermes-Krediten. Bis heute schützen sowohl die USA wie auch Japan und die EU ihre einheimische Landwirtschaft mit horrenden Subventionen. Auch die einheimische industrie erhält durch verschiedene Mechanismen hohe Subventionen. Es gibt in allen imperialistischen Ländern praktisch keine größere Industrieansiedlung, die nicht durch dutzende, hunderte oder tausende von Millionen Euro, Dollar oder Yen subventioniert wird. Von kostenloser Überlassung des Geländes über zinsfreie Kredite oder solche mit unüblich niedrigen Zinsen, über Steuerbefreiungen hin zu verlorenen Zuschüssen ist alles in der Palette.

Northern Rock Pleite

Demgegenüber wurden die Entwicklungsländer gezwungen, jeden Ansatz einer heimischen Industrie absterben zu lassen, die eigene Landwirtschaft nicht gegen die subventionierten Produkte aus den imperialistischen Ländern zu schützen und sich ausschließlich auf Erzeugung von Rohstoffen zu konzentrieren, deren Preise mehr und mehr verfielen.

Das Ergebnis ist die wachsende Verelendung der Bevölkerung in den Entwicklungsländern, Kriege um Rohstoffe, instabile und korrupte Regierungen, Rebellen-Organisationen, die durch Imperialisten gesponsert werden, keinerlei nennenswerte einheimische Industrie und keine ausreichende einheimische Nahrungsmittelerzeugung. Als Folge dieser Politik der Ausbeutung und Unterdrückung sterben heute Zig Millionen Menschen jährlich an Hunger und anderen Begleitumständen des Elends, davon einige Millionen Kinder.

Fisk Iraq 145858

All dies war bereits vor dem Beginn der Krise bekannt, doch nun nimmt die Farce immer groteskere Züge an.

Die Prediger der Regeln der Nicht-Entwicklung (allen voran Bundespräsident Köhler, über Jahre Chef des IWF) sind weiterhin am Ruder und tröten ihre Weisheiten weiterhin in die Landschaft, so als ob die Realität nicht bestünde. Einige „Marktwirtschafts“-Fanatiker der Union und die gesamte FDP machen sich dabei besonders lächerlich.

Regierungsbank

Das wird jetzt besonders absurd, weil in der Krise nun alle imperialistischen Staaten wiederum zu den Werkzeugen greifen, die sie so lange benutzt hatten: Verstaatlichung, Teilverstaatlichung, großzügige Kredite zu Winz-Zinsen, Subventionen für die heimische Industrie, speziell die Autoindustrie und gigantische Aufblähung der Staatsausgaben, um den Abschwung zu verlangsamen.

Hier eine kleine Zusammenstellung (wer weiss, vielleicht lernen ja die Entwicklungsländer, wie man es machen muss):

Frankreich gewährte seiner Automobilindustrie (Renault, Peugeot, Citroen und RenaultTrucks, das zu Volvo gehört) einen großzügigen Kredit von 6,5 Mrd. Euro über fünf Jahre bei einem Zinssatz von 6% - bei den Banken hätte es das Doppelte gekostet. Als Bedingung wurde gestellt, die Firmen dürften keinen ihrer Standorte in Frankreich schließen (will sagen: „Die in anderen Ländern dürft ihr zumachen, soviel ihr wollt“). Außerdem hat Frankreich mit 19 Mio. Euro einen Anteil am Autozulieferer Valeo erworben sowie eine Abwrackprämie von 1000 Euro eingeführt.

Nacktfoto der französischen Präsidentengattin

Schweden – ein Land mit geringer Bevölkerung – hat für die heimische Automobilindustrie ein Paket in der Höhe von umgerechnet 2,6 Mrd. Euro geschnürt, verteilt auf Notkredite, Bürgschaften und Fördermittel. Davon profitiert vor allem Volvo, eine Ford-Tochter. Dagegen sieht man lächelnd zu, wie Saab (GM-Tochter) gegen die Wand fährt.

Man beachte: Scheinbar unerklärliche Willkür ist Bestandteil aller Subventionen. In den USA ließ man Lehmann Brothers den Bach hinunter gehen, rettete aber deren Konkurrenten Goldmann Sachs und die Grossbanken Bank of Amerika und Citi Group.

In den USA erhielten General Motors bereits 13,4 Mrd. $ und Chrysler 4 Mrd. $. Beide fordern mittlerweile schon einen Nachschub von rund 13 Mrd. $.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Deutschland hat bereits 1,5 Mrd. Euro des 50-Mrd-Konjunkturprogramms speziell für die Abwrackprämie als Unterstützung der Automobilindustrie bereitgestellt – mit 2500 Euro die höchste von allen. Jetzt wird ernsthaft erwogen, ob auf irgendeine Weise Opel und /oder Schäffler unterstützt werden sollen, während man andere Autoteilehersteller kalt lächelnd Pleite gehen ließ.

Deutschland: Frankfurt

Italien hat 2 Mrd. Euro für eine Abwrackprämie von 1500 Euro bereitgestellt, die allerdings auch für Elektrogeräte gelten soll. Wie in Frankreich, wurde die Gewährung an die Automobilindustrie davon abhängig gemacht, dass Beschäftigungsgarantien für die italienischen Werke gegeben werden (auch hier: „Im Ausland dürft ihr alles zumachen“).

Südkorea hat Daewoo (GM-Tochter) bereits eine Unterstützung in noch unbekannter Höhe zugesagt. Neben der Automobilindustrie wird gezielt auch die Stahl- und Schiffsbau-Industrie unterstützt.

Kia Autohalde

Russland schützt die Autoindustrie des Landes durch die Erhöhung der Importzölle. Im fernen Osten des Landes gibt es deshalb schon Aufstände, weil die Bevölkerung eigentlich auf die billigen Autos aus Japan angewiesen ist. Außerdem will die Regierung Autokäufer mit Beihilfen zu Krediten unterstützen. Die Regierung will den Banken rund 2 Mrd. Rubel (rund 44 Mio. Euro) zahlen, damit diese die Zinsen für Kaufkredite für 30 ausgewählte Modelle senken.

Sehr interessant, dass für alle diese „Hilfen“ keinerlei Regeln gelten, sie willkürlich nach „Nasenprämie“ und ohne irgendwelche „Gerechtigkeitsanforderungen“ vergeben werden, obwohl es sich in allen Fällen um horrende Beträge handelt. Haben Sie in Deutschland z.B. einen Wagen, der acht Jahre alt ist und keine neun, gehen Sie leer aus, während ihr Nachbar mit seiner alten Gurke 2500 Euro einsteckt. Dazu kommt, dass Hartz-IV-Geschädigte von der Teilnahme ausgeschlossen wurden. Nun haben da natürlich die meisten sowieso längst kein Auto mehr, aber für eine kleine Zahl von ihnen hätte das eine wichtige Hilfe sein können, doch noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, z.B. in die nächste grössere Stadt fahren zu können, wo es noch eine Montagsdemonstration gibt.

Elmar auf Stuttgarter Modemo Jan 06, Polizeifahrzeuge

Auch wurde bisher in keinem einzigen Fall eine Unterstützung davon abhängig gemacht, dass die Welt-Auto-Industrie ihren Boykott von alternativen Autos ohne oder jenen mit stark verringertem Kohlendioxid-Ausstoß aufgibt. Alle Elektro-, Wasserstoff-, Solar-, Brennstoffzellen-, Biokraftstoff- usw. Autos sind bisher erfolgreich von den Autobossen verhindert wurden, weil man sein Monopol behalten will.


In Brasilien baut Renault dieses und andere Flex-Autos, die Benzin und Alkohol in jeder Mischung verarbeiten können. In Europa: Fehlanzeige.

Diese Subventionen und Verstaatlichungen sind aber auch und gerade darum ein Skandal, weil man den armen Ländern das Gegenteil predigte und predigt. Es herrscht das Motto: Tu, was ich sage, tu nicht , was ich tue!

Nun sollten wir aber das Gegenteil tun und diese Politiker bei ihren Taten nehmen, nicht den Worten. Wir sollten in wochenlanges Hohnlachen ausbrechen, wenn sie uns das nächste Mal erklären, es sei kein Geld da für einen Kindergarten, eine Krippe oder einen Hort, für ein Schwimmbad, für kleinere Klassen in der Schule, für die Gebührenfreiheit der Universitäten, für ein Jugendzentrum, für die Rückführung von Ein-Euro-Jobs in bezahlte Arbeit und vieles, vieles mehr.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!


Veröffentlicht am 27. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 25. Februar 2009

Karneval in Rio

Da dies inzwischen bereits Tradition ist, seien auch dieses Jahr zu Karneval wieder einige markante Fotos der Karnevalsumzüge in Rio ins Blog gestellt. Dieses Jahr mit Suchbild-Spiel für die Damenwelt: Wer das beträchtliche "Ding" entdeckt, darf es behalten.

Karl Weiss


Karneval in Rio 2009 - 1

Karneval in Rio 2009 - 2

Karneval In Rio 2009 - 3

Karneval in Rio 2009 - 4

Karneval in Rio 2009 - 5

Karneval in Rio 2009 - 6

Karneval in Rio 2009 - 7

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Karneval in Rio 2009 - 11

Karneval in Rio 2009 - 11

Karneval in Rio 2009 - 12

Karneval in Rio 2009 - 13

Karneval in Rio 2009 - 14

Karneval in Rio 2009 - 15

Karneval in Rio 2009 -15

Carnaval Rio 2009 20

Carnaval Rio 2009 21

Karneval Rio 2009 24

Karneval Rio 2009 23

Karneval Rio 2009 22

Montag, 23. Februar 2009

Endzeitkrise des Kapitalismus

Götterdämmerung

Von Karl Weiss

Ganz, ganz, ganz langsam beginnen die Politiker, die Bankiers, die ‚unfehlbaren’ Manager der Grosskonzerne, die Mogule der Medien und deren Lakaien zu begreifen, diese Krise, die im „Schwarzen September 2008“ mit dem Paukenschlag des Bankrotts der Lehman Bothers begann, hat nichts mit solchen Krisen wie jene zu Ende der 80er-Jahre zu tun oder solchen wie zu Beginn des neuen Jahrtausends, diese Krise ist auch nicht mit jener Depression zu vergleichen, die 1929 mit einem Börsen-Crash begann und sich praktisch bis zum Beginn des 2.Weltkriegs 1939 hinzog, nein, diese Krise hat Ausmasse und wird sie zum Teil noch erreichen, die alles vorher gesehene in den Schatten stellen, sie wird die Endzeitkrise des Kapitalismus sein, sie ist die Götterdämmerung.

Deutschland Absatzentwicklung Markit Flash bis 1.09
Der hier gezeigte Index Markit Flash ist einer der schnellsten und zuverlässigsten Anzeiger der aktuellen Entwicklung des Absatzes der gewerblichen und Dienstleistungs-Firmen in Deutschland. Der Absturz da am Ende ist nicht nur beängstigend, weil das niedrigste Niveaus des Indexes erreicht wurde, der seit 14 Jahren besteht, sondern vor allem wegen der Steilheit des Absturzes. Hält dies weitere Monate an, werden Halbierungen von Absatzzahlen erreicht.

Gewagte Vorhersage? Wir werden sehen. Eine einigermassen realistische Abschätzung wird damit beginnen müssen, was noch an Schulden, an abzuschreibenden Werten auf die Banken und Zentralbanken der Welt zukommt. Wie bereits in früheren Artikeln gezeigt, ist da noch zumindest eine gleiche Grössenordnung angesagt wie das, was bereits bekannt ist und zu den grossen „Banken-Unterstützungspaketen“ geführt hat.

Der Rettungs-Plan

Doch damit sind die Banken und Zentralbanken noch keineswegs aus dem Schneider. Was im Moment anrollt ist nach der Finanzkrise und der Wirtschaftskrise (die mit vielen Firmen-Bankrotten ja noch viele Kredite platzen lassen wird) die Krise der Währungen und der Länder. Was ein Land mit winzig kleiner Bevölkerung, Island, vorgemacht hat, wird von einer bisher noch unbekannten Anzahl von Ländern nacherxerziert werden und das wird weit gigantischere Folgen haben als alles, was wir bisher in der Krise gesehen haben.

Nach allem, was man heute weiss, sind eine Anzahl von Ländern Kandidaten für solche Bankrott-Erklärungen, darunter die Ukraine, Ungarn, die baltischen Staaten, Griechenland, Irland und Portugal, mit Einschränkungen auch Spanien, sowie eine Unzahl von Staaten der dritten Welt, die angesichts der fallenden Rohstoff-Preise (und Rohstoffe sind fast immer die einzigen Werte, über die sie verfügen) in immer schwierigere wirtschaftliche Lagen geraten.

Verschuldung osteuropäischer Länder bei westlichen Banken - Stand Sept. 2008
Wenn einige dieser Osteuropa-Staaten zahlngsunfähig werden, wird dies westliche Baken im Dutzend hinwegfegen.


Als unmittelbar gefährdet gelten laut einer Studie, die von der „Financial Times Deutschland“ zitiert wird, Benin, Burundi, Gambia, Liberia, Mosambik, Niger sowie São Tomé und Príncipe. Ein hohes Risiko, zahlungsunfähig zu werden, laufen ausserdem Guinea, Mali, der Sudan, Burkina Faso, Ruanda und Äthiopien.

Wer diese Aufzählung aufmerksam verfolgt hat, wird unweigerlich gestutzt haben: Moment mal, Griechenland, Irland und Portugal, ebenso wie Spanien, sind Teil des Euro-Systems – und da beginnen bereits die wirklich grösseren Probleme. Wenn die stärkeren Staaten des Euro – und das heisst natürlich zunächst Deutschland, danach eventuell noch Frankreich – beginnen müssen, den Euro über eine Unterstützung von bankrott gehenden Staaten zu verteidigen, dann werden die Banken-Rettungsprogramme und Konjunkturprogramme lächerlich kleine „Peanuts“ sein im Vergleich zu den Summen, die dann fällig werden.

Europäische Union: Zinsdifferenz für Staatsanleihen gegen Deutschland, 15/02/09
Diese Übersicht zeigt, welche EU-Staaten um wieviel mehr an Zinsen für Staatsanleihen zahlen müssen als Deutschland. Grosse Unterschiede bedeuten: Die Anleger haben kein Vertrauen mehr in die Staatsfinanzen jenes Staates.

Wenn die Grosse Koalition plant, mit einer Grundgesetzänderung einer Obergrenze der Verschuldung festzulegen, „um die kommenden Generationen nicht über alle Massen zu belasten“, so belegt das nur: Sie haben nichts begriffen. Sie gehen entweder wirklich immer noch davon aus, dass es sich um eine Krise „wie gehabt“ handelt und bald wieder der Aufschwung kommt, was belegen würde, sie sind nicht einmal in der Lage, Statistiken zu lesen, oder sie betrügen wissentlich die Menschen.

Deutschland - Brutto-Inlandsprodukt - 2000 bis 2008 Quartale gegen Vorquartale
Die 2,1% pro Quartal an Einbruch im 4. Quartal 2008 bedeuten eine Jahresrate von 8,4%!

Die plötzliche Sorge um die „kommenden Generationen“ ist ausserdem nicht glaubwürdig, denn es waren ja genau diese Politiker, die den Raubbau von allen Werten der Menschheit zum Wohle der Konzerne getätigt haben, was den kommenden Generationen tatsächlich eine ungehäure Bürde auferlegt.

BÖrsenkurse Dow Dax und Nikkei von Juli 2007 bis 23/02/2009

Nur, wenn eine wesentliche Anzahl von Ländern bankrott geht, darunter Euro-Länder, so gibt es keine überlebenden Banken mehr, denn alle diese Länder sind verschuldet und ihr Bankrott bedeutet, alle diese Werte sind verloren. Die Banken müssen sie abschreiben und das übersteigt fast immer ihr Eigenkapital.

Am Anfang der Krise, gleich am ersten Tag, nachdem die Lehmann Brothers den Bach hinunter gegangen waren, wurden – alle erinnern sich noch – riesige Bankenrettungspakete geschnürt. In den USA war ein solches Riesenpaket von 740 Mrd. Dollar innerhalb von einer Woche anwendungsfertig.

Die gleiche USA hat aber kurz danach mit bedauerndem Achselzucken reagiert, als der grösste Staat der USA, Kalifornien, den Bankrott anmeldete. Keinerlei „bailout-plan“, es ging ja nur um staatliche Dienstleistungen am Bürger, um Schulen, Universitäten, Kindergärten, Behörden und vieles andere.

Was ist denn nun so heilig an Banken, dass man sie unbedingt retten muss, während die Belange der Bevölkerung unwichtig sind? In Deutschland zum Beispiel wurden bereits deutlich über 100 Milliarden Euro in die Hypo Real Estate gepumpt, während man für die Konjunkturspritze nur 50 Mrd. bereit stellte. Man sagt uns, sie würden das Welt-Finanzsystem repräsentieren. Das ist mit anderen Worten der Kapitalismus. Die Banken sind die Hohepriester der Religion Kapitalismus, die das Privateigentum anbetet.

Es wird aber keine Bank überleben, das ist unmöglich, wenn der grösste Teil aller Kredite auf der Welt platzt – wenn eine grosse Anzahl hochverschuldeter Staaten die Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen. Das wird um das Zehnfache das Eigenkapital aller Banken zusammen überschreiten.

Natürlich kann man versuchen, einzelne Banken zu retten, indem man sie verstaatlicht. Aber dann muss der Staat alle diese Abschreibungen übernehmen. Und je mehr er davon übernimmt, wird er selbst und seine Währung zum nächsten Bankrott-Kandidaten.

Dollar Gasp

Angesichts der Billionen-Pakete der USA steht jetzt schon fest: Der Dollar wird fallen. Die USA werden pleite gehen und nie mehr sein, was sie waren. Jetzt wird angesichts der Spekulation gegen die „Südschiene“ der Euro-Staaten (Spanien, Italien, Portugal, Griechenland) bereits deutlich: Auch der Euro wird letztlich nicht überleben. Wenn man versuchen wird, ihn zu retten, wird damit nur gutes Geld dem schlechten nachgeworfen – was die Euro-Regierungen natürlich nicht hindern wird, es trotzdem zu versuchen.

Nur werden sie damit wertvolle weitere Zig Milliarden verlieren, die sie eigentlich noch gebraucht hätten, um selbst mit einer Währung zu überleben. Auf diese Art und Weise werden reihenweise weitere Staaten die Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen, weil sie versucht haben, mit riesigen Milliardenprogrammen das System zu retten. Diese Staats-Bankrotte werden dann erneut riesige Abschreibungsbedürfnisse bei den überlebenden Staaten, Banken und Währungen hervorrufen.

Und das Ganze, während die Produktions- und Absatzzahlen der gewerblichen Wirtschaft ebenso wie die Umsatzahlen der Dienstleister sich praktisch in freiem Fall befinden – und das praktisch weltweit! Die pleite gehenden Firmen werden bald Legion sein und jede von ihnen hinterlässt geplatzte Kredite.

Die Länder, die dringend Steuereinnahmen brauchen werden, um alle diese Ausfälle bei Banken, Staaten und Währungen zu versuchen zu kompensieren, werden einer zweistelligen Prozentzahl der Verringerung an Steuereinnahmen gegenüberstehen und das Jahr für Jahr die nächsten Jahre. Was werden sie tun? Steuern erhöhen? Für die Vermögenden?

Nun, am Ende mögen sie wirklich dazu übergehen, aber dann wird es längst zu spät sein. Alle Kinder werden schon im Brunnen liegen und man wird sowieso ein völlig neue Basis brauchen, wenn man noch einmal versuchen sollte, die Grundlagen eines kapitalistischen Systems neu zu definieren.

Und was wird man mit den Ländern der dritten Welt tun, die reihenweise Bankrott gehen? Die Währungen all dieser Länder werden nichts mehr Wert sein. Sie werden kein Geld mehr haben, um Lebensmittel einzukaufen. Das Charakteristikum praktisch aller Entwicklungsländer ist, dass sie keine ausreichende interne Nahrungsmittelproduktion haben. Die reichen Länder haben dies mit allen Mitteln verhindert, um ihren eigenen Landwirtschaften die Absatzmärkte zu öffnen.

Wird man lächelnd zusehen, wenn Hunderte von Millionen oder sogar Milliarden Menschen verhungern? Wird man ihnen Lebensmittel schicken? Wie lange? Die nächsten hundert Jahre? Wer will das zahlen?

In zehn Jahren, wenn wir Anfang 2019 stehen, wird die Krise noch nicht ausgestanden sein, wenn es bis dahin noch einen Kapitalismus geben wird, was nach aller Wahrscheinlichkeit nicht der Fall sein wird. Nur werden alle jetzigen verzweifelten Bemühungen, da noch etwas zu retten, aus der Sicht jener Zeit als lächerlich erscheinen. Man wird darüber spotten, dass man fragte, ob Opel gerettet werden solle, statt zu fragen: Wollen wir eigentlich noch Autos? Statt einem Welt-Kapitalismus kann sich dann schlimmstenfalls die kapitalistische Barbarei herausbilden, wo die Superreichen ihre eigenen Privatarmeen haben und den Rest der Menschheit (soweit er überlebt hat) versklaven und terrorisieren.

Aber was ist denn nun eigentlich passiert, dass alles zusammenbricht, werden Sie fragen? Was passiert ist: Die Gesetze der Ökonomie sind ehern. Karl Marx hat sie genau dargelgt. Man kann sie nicht zu seinen Gunsten umbiegen. Aber genau das wurde versucht.

Karl Marx

In den Jahren nach dem Zusammenbruch des Imperiums der Sowjetunion wurden die Kapitalisten masslos. Sie merkten, sie können sich durch eine generelle Neuorientierung der weltweiten Wirtschaft noch weit mehr bereichern („Globalisierung“). Da aber diese Trillionen und Trillionen von Zusatzverdienste infolge der Umverteilung aller Werte zu den Grosskonzernen nicht für profitbringende Produktion oder Dienstleistungen eingesetzt werden konnten, denn die Weltbevölkerung konnte ja nicht mehr konsumieren, weil ihre Einkommen ja nicht in gleichem Masse stiegen, wurden sie zu Trillionen und Trillionen von Spekulationsgeldern.

Sie erinnern sich, wie Deutsche-Bank-Ackermann noch vor nicht allzu langer Zeit erklärte, seine Bank werde mindestens 25% auf eingeseztes Kapital an Profit pro Jahr machen und gleich eine Anzahl von Angestellten entliess, um dies zu unterstreichen? Wo waren da alle die Ökonomen, die Volkswirte, um zu fragen, wie dies möglich sei. Haben sie im Volkswirtschaftsstudium nicht aufgepasst? Wie kann in einer Realwirtschaft, in der selbst mächtige Grosskonzerne mit Produkten und Dienstleistungen Schwierigkeiten haben, 10% auf eingesetztes Kapital pro Jahr zu verdienen (ausgenommen von kurzzeitigen Ausnahmesituationen), wie kann dann eine Bank zu 25% pro Jahr kommen?

Nun, was die Banken und eine Menge anderer Institutionen taten: Sie schoben eine Trillionen-dicke Kreditblase an. Das führte zu höherem Konsum auf der Basis von Krediten und führte sogar für die Jahre von 2005 bis 2008 zu einem gewissen Wirtschaftswachstum in einer Anzahl von Ländern, aber alles auf Kredit. Damit konnte der Ausbruch der Überproduktionskrise hinausgeschoben werden aber nur um nun umso gewaltiger zuzuschlagen. Alle jene hohen Gewinne aber waren Luftbuchungen, sie waren Ausgeburt einer Blase. Nur – sie fielen wirklich an. Die Deutsche Bank hat ja ihre 25% aufs Jahr erreicht und entsprechend an ihre Aktionäre ausgezahlt.

Doch dann, ausgehend vom Jahr 2006, als die Immobilienpreise in den USA, aufgeblasen durch Kredite, zu purzeln begannen, platzten die Kredite, zuerst lokal und ohne grosse internationale Auswirkungen, dann immer mehr und nun in frenetischem Rhythmus und sie sind weiterhin am Platzen und werden noch Jahre platzen.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Alle die Trillionen von Dollars und Euros und Yen, die da an Privatpersonen gingen aufgrund der Kreditblase, sind nun da in den Händen von Reichen, Superreichen und Super-Superreichen. All dies Geld muss vernichtet werden, denn ihm stehen keine wirklichen Werte gegenüber, es waren nur Luftbuchungen. Aber wie bringt man die Kapitalisten dazu, ihr Geld zu vernichten? Klar, das geht nicht im Kapitalismus. Der betet ja das Privateigentum an. Man kann diese Leute nicht auffordern, sich auf einem öffentlichen Platz zu treffen und all ihr Geld dorthin in Banknoten zu bringen und zu verbrennen. Genau das fordern aber die ehernen Gesetze der Ökonomie. Die Ökonomie akzeptiert keine Scheinwerte, denen nichts Wirkliches gegenübersteht und sie wird die Krise weiter vertiefen, bis alle diese Werte vernichtet sind.

Die Besitzer dieser Werte könnten dies im Grunde wissen, denn sie sind ja meistens keine Vollidioten, aber sie wollen es natürlich nicht wahrhaben. Sie haben nichts dagegen, dass die Werte der anderen vernichtet werden, aber bitte nicht ihre eigenen. Viele von ihnen haben ja schon beträchliche Mengen an Geld verloren, weil sie Aktien hatten, die jetzt auf vorher unvorstellbare Tiefstände gefallen sind, weil sie Geld bei Lehmann Brothers oder in Island hatten, weil sie Anteile von Northern Rock hatten oder weil ihre Anteile an Unternehmen gewaltig im Wert verloren haben.

Northern Rock Pleite

Verfolgt man die grossen Kapitalflüsse seit dem September 2008, so ist klar: Die Besitzer all dieser Werte sind in panischer Flucht vor der Kapitalvernichtung, sie versuchen auf Teufel komm raus „sichere Häfen“ zu fnden, wo ihr Geld zumindest nicht wegschmilzt wie Butter an der Sonne. Sie haben ihre Gelder fast vollständig aus Entwicklungs- und Schwellenländern abgezogen, denn dort erwarten sie grössere Risiken als in den führenden Industrieländern. Sie akzeptieren heute Verzinsungen, die fast genau der Inflationsrate entsprechen, also keinerlei Zuwachs versprechen, nur um nicht noch mehr Geld zu verlieren. Es sei daran erinnert, vor kurzem sassen sie noch auf hohen Rossen und wollten 25% jährlich! Nun aber haben sie in unglaublich weitem Masse Dollar-Bonds gekauft, die praktisch keine reale Verzinsung bieten, also US-Staatsanleihen, denn die USA waren immer der Hort der Sicherheit für das Kapital.

Das hat den Dollarkurs in die Höhe getrieben. Nun, aber, seit etwa drei Wochen, scheinen einige von ihnen schon gemerkt zu haben, der Dollar ist kein „sicherer Hafen“, im Gegenteil. Die unglaublichen Trillionen-Programme der US-Regierung zur Bankenhilfe, zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Hilfe für Häuschenbesitzer, die sich mit Krediten übernommen haben, haben bereits jedes Mass überschritten. Diese Bonds werden nie bezahlt werden. Der Dollar wird platzen wie eine reife Frucht.

So beginnt jetzt langsam der Goldpreis in Dollar zu steigen. Gold ist immer die letzte Zuflucht des Kapitals, wenn nichts mehr sonst hilft. Nur wird mit all diesen Manövern die Krise immer weiter verlängert, denn sie kann nicht auf dem Talboden ankommen, solange diese Kapitalmengen unterwegs und nicht vernichtet sind.

Gleichzeitig sind die Besitzer aber auch die Mächtigen in dieser Gesellschaft. Sie haben umfangreiche Möglichkeiten, den Verlust all dieser Werte zu verzögern. Und so vertieft sich die Krise, 2010, 2011, 2012 usw. usf.

Scheiss-Kapitalismus

Steht da oben, das seien nicht alle Vollidioten? Nun, das stimmt nur bedingt. Der Verband der Metallindustrie in Deutschland zum Beispiel spielt immer noch „business as usual“. Man verlangt von der Gewerkschaft, einen Teil der vereinbarten Lohnerhöhungen zu verschieben, was im Tarif-Vertrag für Firmen mit finanziellen Schwierigkeiten vorgesehen war. Sie haben bis heute nicht begriffen, was der Kern der Krise ist: Die Menschen auf der Welt haben nicht genug Geld, um all die produzierten Güter und angebotenen Dienstleistungen zu kaufen, deshalb muss ein Teil dieser Produktion und dieser Dienstleistungsangebote vernichtet werden. Wenn die Metall-Arbeitgeber also fordern, die Lohnerhöhungen zu verschieben, vertiefen sie so die Krise und gefährden ihre Betriebe noch mehr. Die Arbeiter dagegen, die auf den vereinbarten Erhöhungen bestehen, sind darauf aus, die Krise zu vermindern und den einen oder anderen Betrieb überleben zu lassen. Also Metall-Arbeitgeber hat offenbar nicht viel mit Intelligenz zu tun.

Nun fragt sich nur, werden die Völker der Welt sich wirklich gefallen lassen, für Jahre und Jahrzehnte durch die Krise und in Arbeitslosigkeit und Armut geschleppt zu werden, bis die Kapitalisten ihre faulen Gewinne losgworden sind? Oder wird sich nicht die Kenntnis darüber verbreiten, man muss sich nicht alles gefallen lassen. Es gibt den Sozialismus, in dem das Volk das sagen hat. Wer will da noch warten, bis der Kapitalismus sich ausgekrieselt hat?

Das sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn da nicht eine klare Mehrheit der Menschheit dem Kapitalismus den Todesstoss versetzt und die lichte Zukunft der Menschheit ohne Ausbeutung und Unterdrückung einleitete.


Veröffentlicht am 23. Februar 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel (27.2.09)

Wie um die Aussagen dieses Artikels zu unterstreichen, kommt nun, kurz nach seiner Veröffentlichung, die Zusage eines ersten Hilfspaketes für osteuropäische Banken und andere Unternehmen dort: "Die schwer in Schlagseite geratenen osteuropäischen Länder und ihre Banken können auf eine erste Finanzspritze aus dem Westen bauen. Wie die drei großen Entwicklungsbanken Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie die Europäische Investitionsbank ankündigten, wird eine Summe von rund 25 Mrd. Euro zur Unterstützung taumelnder Banken nach Osteuropa gepumpt."

Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dies wird keineswegs ausreichen:

"Die bereitgestellte Summe erweist sich vorerst als Tropfen auf den heißen Stein.
Dass es mit den 25 Mrd. Euro jedoch noch nicht getan ist, geht aus Schätzungen des Finanzbedarfs zwischen 100 und 150 Mrd. Euro hervor. Auch Weltbank-Chef Robert Zoellick rechnet mit einer Summe von insgesamt rund 120 Mrd. Dollar, die zur Rekapitalisierung der Banken in der Region nötig sei."

Freitag, 20. Februar 2009

Tiefster Einbruch in ganz Europa

Neue Krisenzahlen Deutschland

Von Karl Weiss

Soeben sind die neusten statistischen Zahlen zur Wirtschaftskrise in Deutschland hereingekommen: Im vierten Quartal 2008 hat die deutsche Wirtschaft einen Einbruch von 2,1% erlebt, den höchsten von allen bedeutenden Ländern, was einer Jahresrate von 8,4% entspricht. Gleichzeitig spinnt Wirtschaftsminister Guttenberg von „einem baldigen Aufschwung“.

Deutschland - Brutto-Inlandsprodukt - 2000 bis 2008 Quartale gegen Vorquartale

Die drei wesentlichen Faktoren des Rekord-Abschwungs – eine Jahresrate des Falls von über 8% im BIP hat es selbst in der Depression der dreißiger Jahre nur in extremen Ausnahmefällen gegeben – sind die Anlageninvestitionen (da es keine zahlbaren Kredite gibt, werden keine neuen Anlagen gekauft), danach der Außenbeitrag (Exporte, die sind besonders stark eingebrochen, weil im Ausland in fast allen Ländern gleichzeitig der Abschwung einsetzte) und als drittes die Konsumausgaben.

Diese drei Haupt-Faktoren für den in Deutschland am schärfsten ausfallenden Niedergang sind äußerst interessant:

Dass keine Anlageninvestitionen gemacht werden, ist natürlich zum einen eine Folge der Wirtschaftskrise: Wenn der Absatz stockt, wird man nicht in neue Anlagen investieren. Allerdings könnten kostensparende Investitionen eine Lösung von Problemen sein. Doch auch das geht geht nicht, denn man hat kaum Cash und wird es auch nicht für Investitionen ausgeben, man braucht Kredit. Aber der ist unverschämt teuer: Die Banken zocken und verlieren – dann muss ihnen angeblich geholfen werden und als Ausgleich geben sie keine Kredite mehr zu vernünftigen Bedingungen. Im Kapitalismus dürfen Banken alles – und du, lieber Bürger, darfst alles zahlen!

Welt-Vergleich - Bruttoinlandsprodukt - 4. Quartal 2008 gegen Vorquartal

Dass die Exporte einbrechen, ist in einer starken Wirtschaftskrise natürlich. Nur trifft das die Länder unterschiedlich: Wer das gesamte Wachstum ausschließlich auf Exporten basiert hat, anstatt gleichzeitig die Entwicklung von internem Konsum und Exporten anzustreben, wer durch brutale Lohndrückerei gewaltsam auf dem internationalen Markt ein Ersatzwachstum erzielt, wer Exportweltmeister ist, statt eine ausgeglichene Wirtschaftentwicklung zu betreiben, der wird weit stärkere Einbrüche als die anderen erleben.

Und schließlich die Konsumausgaben im Inland. Hartz IV und die damit eingeleitete Lohnspirale nach unten haben die Unternehmer und Politiker in Deutschland in Glücksausbrüchen schwelgen lassen. Nun kommt der Kater: Die eingebrochene Binnennachfrage kann keinerlei Ausgleich schaffen. Zwar wird vom Wirtschaftsministerium (vorher Glos, jetzt völlig gleichlautend: Durchblicker Guttenberg) für die zweite Jahreshälfte ein Einsetzen des Aufschwungs vorhergesagt, aber der soll von Binnennachfrage getragen werden. Wo soll die herkommen angesichts der Mini-Löhne, der Kurzarbeit und den Massen-Entlassungen? Hat man vor, 20% Lohn- und Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst zu geben?

Hier der internationale Vergleich 4. Quartal 2008 von Deutschland mit den wichtigsten Ländern (Veränderung Brutto-Inlandsprodukt gegenüber Vorquartal):

Deutschland: -2,1%

Italien: -1,8%

Großbritannien: -1,5%

Frankreich: -1,2%

USA: -1,0%

Japan: 0,1% (3. Quartal, nach einer Pressemeldung liegt der Einbruch im 4. Quartal in der Nähe des deutschen)

Da passt es ins Bild, dass gestern die Zahl von 1 Million in Kurzarbeit veröffentlicht wurde, was bekanntlich mit Lohn-Einbussen verbunden ist und damit den Binnenkonsum noch weiter drückt.

Hier noch einmal den schon in einem anderen Artikel gebrachten Vergleich der Entwicklung der Reallöhne pro Kopf in europäischen Ländern von 2000 bis 2008:

Statistik Reallöhne

Was werden uns Merkel und Guttenberg in der 2. Jahreshälfte erzählen, wenn keinerlei Aufschwung erfolgt ist – kurz vor den Bundestagswahlen?


Veröffentlicht am 20. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 18. Februar 2009

EU-Produktion kollabiert

Beispiellose Einbrüche aller Industriesektoren

Von Karl Weiss

Als „Kollaps aller Industriesektoren“ bezeichnet die EU-Kommission in einer internen Analyse den wirtschaftlichen Abschwung. Während deutsche Minister noch von einem „Problem hauptsächlich der Automobilindustrie“ schwafeln, wird EU-weit bereits festgestellt: Beispiellose Einbrüche in allen Industriezweigen.

EU: Industrieproduktion 2007 bis 12.2008

Kommissar Verheugen wird zitiert: „Völlig neu sind Ausmaß und Geschwindigkeit der Krise.“ Sowohl das verarbeitende als auch das Baugewerbe erleiden „bisher nicht gekannte Produktions- und Absatzrückgänge“. Es ist Tatsache, dass die Automobilindustrie am stärksten betroffen ist, weil bei ihr die verschlechterten Kreditbedingungen eine besondere Rolle spielen und zur eigentlichen Wirtschaftskrise hinzukommen. 60 bis 80 % der Privatwagen werden über Kredit gekauft, weiss die Studie.

Dazu kommt, die Monopolkonzerne können wegen der Finanzkrise nicht das Mittel des Auflegens von Anleihen benutzen, das ihnen typischerweise als billige Geldquelle zur Verfügung steht. Die beiden französischen Autobauer PSA (Peugeot und Citroen) und Renault haben vergeblich versucht, solche Anleihen zu verkaufen. Die Anleger sind in Panik und kaufen praktisch nur Staatsanleihen.

Besonders dramatisch ist laut der Studie die Lage bei den Lastwagen. Die monatlichen Lkw-Bestellungen in der EU seien von 38.000 im Januar 2008 auf 600 im November zusammengebrochen. "Es muss betont werden, dass die tägliche Produktionskapazität eines europäischen Herstellers allein schon bei rund 900 Fahrzeugen liegt", heißt es in dem Papier.

In der Stahlindustrie liegen die Absatzeinbrüche bei 43 bis 57%. China, Indien, Russland und möglicherweise die USA schotten ihre Märkte immer weiter gegen EU-Stahl ab. Zugleich warnt Verheugen vor allzuviel „Unternehmensrettungen“: „Die finanziellen Möglichkeiten der EU und der Mitgliedsstaaten stoßen an ihre Grenzen.“

Auf einem EU-Sondergipfel zur Krise am 1. März sollen die Probleme besprochen werden.


Veröffentlicht am 18. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 17. Februar 2009

Derivate - 'All diese Verluste gingen vorher als Gewinne an Privatpersonen'

Ein Interview mit einem Banker über die Quintessenz der Finanzkrise

Von Karl Weiss

Dieses Interview wurde durch schriftliche Fragen und Antworten durchgeführt, wobei z.T. mehrmals nachgefragt wurde. Es wurde anschliessend redaktionell bearbeitet – das betrifft zum Beispiel die Übersetzung von Spezial-Banker-Kauderwelsch, das für den Normalbürger unverständlich ist. Hier ist nur ein kleiner Teil des Interviews wiedergegeben, der den Kern der Finanzkrise betrifft.

Der Interviewte, wir nennen ihn hier Walter, ist Deutscher und arbeitet bei einer international tätigen Bank in einem Land in Südamerika. Weil er einige Dinge beschreibt, die seine Chefs eventuell nicht gerne so in der Öffentlichkeit sehen, hat er mich gebeten, seine Identität nicht offenzulegen.

Insofern ist dies kein journalistisch einwandfreies Interview. Aber vom Inhalt her kann beurteilt werden, ob es die Sache trifft und ob es Wert war, veröffentlicht zu werden, ohne (wie es korrekt wäre) die Person des Interviewten offenzulegen.


Frage: Hallo Walter, die Banken stehen ja nun wegen der Finanzkrise im Mittelpunkt des Interesses. Ich danke dir daher, dich für dies Interview zur Verfügung gestellt zu haben. (...) Was alle interessiert, was sind das für Risiken, was sind das für „Derivate“, die da den Banken solche Schwierigkeiten bereiten? Es scheint, ein wesentlicher Teil der Banken kann nur mit Staatshilfe überleben, weil man mit hohen Summen von „Derivaten“ spekuliert hat. Kannst du uns das ein wenig erklären?

Walter: Ja, im Prinzip sind „Derivate“ Wertpapiere, die sich auf bestimmte bestehende Verpflichtungen (Schulden) beziehen und ein gebündeltes Stück Erwartung von zukünftigen Gewinnen bzw. Wertsteigerungen darstellen. Ein typisches Beispiel für die Grundlage davon hast du ja schon in jenem Artikel beschrieben, den du mir zur Verfügung gestellt hast. Da wird das Beispiel der „Sub Prime Hypotheken“ gebracht. Übrigens meinen Glückwunsch zu diesem Artikel. [Das bezieht sich auf „Woran die Banken kranken“] (...)

Der Rettungs-Plan

Ein anderes Beispiel für eine zugrunde liegende „Schuld“, d.h. Gewinnerwartung, ist dies – ich nehme hier ein Beispiel, wie es sich so ähnlich in meiner Praxis zugetragen hat: Ein Mann hatte vor fünf Jahren eine Anzahl von Eigentumswohnungen, die er vermietete. Nehmen wir an, er erhielt im Jahr 100 000 Dollar an Mieteinnahmen aus ihnen. Nun liess er in einem ersten Schritt die Bank diese Vermietungen verwalten, dann hatte er keine Arbeit mehr damit. Die Bank zieht ihm dafür 10% der Einkünfte ab, also 10 000 Dollar pro Jahr. Das ist für die Bank fast reiner Gewinn, denn sie hat sowieso eine Immobilienabteilung, wo nur ein bischen zusätzliche Arbeit anfällt.

Nun wollte aber der Mann mit den Eigentumswohnungen sich eine neue Jacht kaufen und brauchte Cash. Er bietet der Bank einen Vertrag an, der dieser die Einnahmen der nächsten fünf Jahre aus diesen Eigentumswohnunen zusagt, wenn man ihm einen hohen Betrag an Bargeld übergibt. Die Bank nimmt an und lässt ihn 15% der Summe an Abgabe zahlen (...). Das bedeutet, er erhält nicht 450 000 Dollar, sondern nur 382 500. Die anderen 67 500 gedenkt die Bank einzustecken. Doch das ist für die Bank noch keineswegs ausreichend, 15% auf 5 Jahre ist sogar wenig.

Doch die Bank verlangt auch die Verpfändung von einer der Eigentumswohnungen, die zu jenem Zeitpunkt in etwa den Wert von 450 000 Dollar repräsentierte, als Sicherheit. Das hatte für die Bank den grossen Vorteil, sie konnte eine Hypothek zu günstigen Zinsen auf diese Eigentumswohnung aufnehmen. Zu jenem Zeitpunkt waren 1% pro Jahr möglich! Das geht unter Banken, aber es gibt auch einen Trick, wie die Bank sich selbst eine solche Hypothek „auszahlen“ kann, ohne Zinsen in diesem Fall. Das wichtige an der ganzen Sache ist, für die Auszahlung von 382 500 Dollar an den Mann mit den Eigentumswohnungen braucht man fast kein Geld der Aktionäre oder der Einleger anzutasten. Mit anderen Worten: Man bekommt Zinsen, ohne Geld einzahlen zu müssen!

Nun tut die Bank noch ein Übriges, denn sie will nicht nur Zinsen ohne Einzahlung kassieren, sie will eine hohe Rendite, ohne überhaupt Kapital investiert zu haben: Sie erhöht die Mieten der Eigentumswohnungen um den maximal denkbaren Wert. Zwar gibt das teilweise Widersprüche und Zivil-Prozesse, aber ein Teil der Mieter wird sich mit Sicherheit einschüchtern lassen von den Namen der Rechtsanwaltskanzleien, mit denen sie es aufnehmnen müssten, resigniert und zieht aus. Dann kann die Bank zu deutlich höherer Miete neu vermieten. Insgesamt rechnet die Bank innerhalb der fünf Jahre da nun zum Beispiel mit zusätzlichen Einnahmen von 100 000 Dollar

Also machen wir die Rechnung auf: Die Bank hat dem Mann 382 500 Dollar ausgezahlt, musste aber dafür nicht in die Tasche greifen (genau gesagt, gibt es da geringe Zinskosten, aber das kann hier vernachlässigt werden). Sie erhält von ihm sowieso schon 50 000 Dollar für die 5 Jahre wegen der Verwaltung. Dazu kommen nun die 15%, also die 67 500 und eben die erwarteten zusätzlichen 100 000, macht zusammen 217 000 Dollar an Einnahmen. Die eigenen Kosten für die Verwaltung, die Anwälte, die kleinen Zinskosten usw. setzt sie mit 17 000 an, also 200 000 in fünf Jahren Reingewinn, das sind 40 000 pro Jahr, also über 10% auf die Nominalsumme, aber in Wirklichkeit müssen hierfür nur etwa 17 000 Dollar aufgebracht werden. Mit einem Einsatz von 17 000 Dollar fünf Jahre hintereinander 40 000 Reingewinn zu machen, das muss einem erst mal einer nachmachen. Verteilt man die 17 000 auf 5 Jahre, so sind das pro Jahr 3 400 Dollar Kapitaleinsatz. Damit bedeuten 40 000 Dollar über 1000% Gewinn – und das fünf Jahre lang!

Nun hatte aber die Bank eine hohe Anzahl solcher Geschäfte, vielleicht nicht alle mit über 1000% Gewinn jährlich, aber eben doch auch andere sehr gute Geschäfte, die allerdings allesamt in Wirklichkeit erst noch realisiert werden müssen. Nun bündelt sie eine hohe Anzahl solcher Geschäfte zu einem „Derivat“ und bietet dies anderen Banken an, zum Beispiel mit einer Gewinnerwarteung von 30% im Jahr bei einem Gesamtkapitaleinsatz von 30 Millionen Dollar. Das ist „Erwartung“, das wird nicht garantiert! Das wird sie natürlich nur los, wenn ihr die Ratingagenturen für dieses Derivat eine gute Klassifizierung geben, zum Beispiel AA. Das bekommt sie, weil es die berühmte XY-Bank ist. Sie verkauft also das Derivat und erhält Cash dafür, eben 30 Millionen Dollar. Nun hat also eine andere Bank diese Gewinnerwartung in der Hand – und naürlich das Risiko.

Denn was passiert nun? Dort, wo der Mann die Eigentumswohnungen hat, platzt die Immobilienblase, die Wohnungen verlieren rasend an Wert und auch die Mieten sind in Talfahrt. Der Hypothek von 450 000 auf das verpfändete Appartment steht nach kurzer Zeit nur noch ein Wert von 250 000 gegenüber. Es klappt, alle Mieter aus den Wohnungen rauszukriegen, aber die Neuvermietung zu annehmbaren Preisen ist nicht möglich. Lange Leerstände. Schliesslich muss man sich mit der Vermietung zum halben Preis zufriedengeben, um nicht noch mehr zu verlieren und selbst dann kann man nicht alle vermieten.

Statt 500 000 Dollar Mieteinnahmen in 5 Jahren hat man am Ende nur 200 000 erzielt.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Dazu kommt: Die Hypothek muss zurückgezahlt werden, denn am Ende der fünf Jahre hat der Verpfänder natürlich das Recht, sein Eigentum ohne Belastung zurückzuerhalten. Da aber inzwischen November 2008 ist und die Banken untereinander kein Geld mehr fast ohne Zinsen verleihen, muss dazu nun richtig Geld in die Hand genommen werden. In einem solchen Fall kann es sich leicht ergeben, dass man für einen solchen Betrag von 367 500 Dollar, den man ausgegeben hat, nur 100 000 zurückbekommt, also statt über 1000 % Gewinn einen Verlust von fast zwei Drittel der Summe verbuchen muss. Das wird zwar dadurch abgemildert, dass am Anfang nicht wirklich Geld aus den Einlagen genommen werden musste, aber das gilt ja nur für die Bank, die das Derivat verkauft hat. Jene andere Bank, die es gekauft hat, musste ja wirklich 30 Millionen Dollar auf den Tisch des Hauses legen. Sie muss also in so einem Fall glatt einen Verlust von – sagen wir - 21 der 30 Millionen Dollar in die Bilanz schreiben, wenn auch die anderen Teile des Derivats im gleichen Sinne eingebrochen sind. (...)

Es sind ja noch viele andere Geschäfte im Derivat und die Bank, die es gekauft hat, muss nun das Bündel aufschnüren und eines der Geschäfte nach dem anderen überprüfen und sehen, wo wirklich Geld hereinkam und wo nicht. Darum dauert es auch so lange, bis die Banken ihre Verluste übersehen können. Die Banken benutzen dies aber auch, wenn es darum geht, zu verstecken, dass man schon pleite ist. Man erklärt in alle Himmelsrichtungen, es sei bereits alles verbucht, schreibt ein, zwei Quartale rote Zahlen und hofft auf Staatsknete. Niemand weiss ja, wieviel vom Gesamt wirklich schon abgeschrieben wurde.

F.: Vielen Dank für diese Erläuterungen. Handelt es sich dabei im Kern immer um Immobiliengeschäfte?

W.: Nein, da sind auch andere Geschäfte dabei. Hier ein anderes Beispiel aus meiner Praxis. Nehmen wir noch einmal den Mann mit den Wohnungen. Er hat ja von den 382 500 Dollar eine Jacht gekauft. Nehmen wir nun einmal an, er hat die nicht zu seinem Vergnügen gekauft, sondern um mit dem Verleih Geld zu verdienen. Er zahlt einer Jachtverleih-Agentur 5 000 Dollar pro Monat für einen Liegeplatz und die Dienste und die verleiht für ihn die Jacht. Nehmen wir an, er kann 150 000 Dollar pro Jahr mit diesem Verleih verdienen, das macht abzüglich der 12 Mal 5 000 = 60 000 also einen Gewinn von 90 000 Dollar pro Jahr.

Nehmen wir nun an, er hat Geschmack am Verleih von Jachten gefunden und will eine weitere kaufen. Dazu will er mit der Bank etwas ähnliches machen wie mit seinen Wohnungen. Er verkauft die Einnahmen aus dem Jacht-Verleih an eine Bank und erhält dafür Geld für eine weitere – natürlich mit Abschlag. Nehmen wir also wieder einen Fünf-Jahres-Zeitraum. Der theoretisch erzielbare Gewinn in dieser Zeit mit dem Verleih der ersten Jacht ist 5 mal 90 000, also 450 000 Dollar. Diesmal will die Bank 20% Tantieme (Abgabe), zahlt also nur 360 000 Dollar aus. 20% auf fünf Jahre ist wiederum sehr billiges Geld, aber die Bank lässt sich wiederum das Objekt, in diesem Fall die Jacht (die erste), als Sicherheit überschreiben. Nun kann sie auf diese Sicherheit wiederum eine grosse Menge Billig-Geld aufnehmen. Da war es zu jenen Zeiten möglich, eine Schuldverschreibung auf den vollen Kaufpreis der Jacht, also 382 500 Dollar, zu bekommen. Damit hat man also das Geld zum Auszahlen wieder fast umsonst bekommen und noch 22 500 Dollar dazu.

So ein Geschäft könnte die Bank wiederum in ein Derivat verpackt und verkauft haben. Nun brach aber die Wirtschaftskrise aus und der Jacht-Verleih kam praktisch zum Erliegen. Warum? Die Superreichen, die auch jetzt noch Superreich sind, haben fast alle selbst Jachten. Der Verleih fand im wesentlichen an mittlere Finanzmanager statt, die jetzt reihenweise auf die Strasse flogen, so wie zum Beispiel fast die ganze Belegschaft von Lehman Brothers. Andere müssen täglich mit Entlassung rechnen und leihen sich auch keine Jachten mehr aus.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

Nun schwimmt die Jacht also nutzlos im Wasser, kostet 5 000 Dollar pro Monat und bringt fast nichts ein. Auch ihr tatsächlicher Wert bricht damit ein und trotzdem muss der Betrag zum Zurückzahlen der Schuldverschreibung mit dem vollen Wert aufgebracht werden, aber die anderen Banken leihen einem kein Billig-Geld mehr. Damit wird diese Story mit der Leih-Jacht zu einem der schärfsten Verlustgeschäfte der Krise. Das Ganze bleibt wieder bei jener Bank hängen, die jenes Derivat gekauft hat.

F.: Das war sehr aufschlussreich. Könntest du jetzt einmal für unsere Leser aufzeigen, wo eigentlich das Geld herkam, wer gewonnen hat bei dem Geschäft und wer Verluste gemacht hat. Wo ging das Geld hin, das nun fehlt?

W.: Zunächst: Wer hat den ganzen Wahnsinn finanziert? Das war im wesentlichen China. Die dortige Regierung hat nämlich immer und jegliche Dollarbonds aufgekauft, welche die US-Fed [US-Zentralbank] ausgegeben hat und tut dies bis heute. Damit konnten die USA ihre Verschuldung ins grenzenlose treiben, sind nun aber auf Gedeih und Verderb mit China verbunden. Zweitens: Wer hat den Gewinn eingesteckt? Ganz klar: Zum einen der Besitzer der Eigentumswohnungen, der ja für fünf volle Jahre grosse Teile der Erträge bekam, obwohl die später gar nicht anfielen. Als zweites die erste Bank, die das Derivat verkauft hat. Sie musste ja die Verluste nicht tragen, hat aber die Gewinne längst an ihre Top-Manager und Aktionäre ausgeschüttet. Drittens: Wer hat den Verlust? Die andere Bank, die jenes Derivat gekauft hat, im Vertrauen auf jene Bank und die Rating-Agentur.

Selbstverständlich stehen allen jetzt auftauchenden Verlusten frühere Gewinne gegenüber, die alle bei Privatpersonen gelandet sind. Ja, so ist das: Alle diese Verluste gingen vorher als Gewinne an Privatpersonen. Die Verluste hängen jetzt bei Finanzinstitutionen und werden an den Steuerzahler weitergereicht.


Veröffentlicht am 17. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 16. Februar 2009

Hartz IV 2009: Persönliche Notlagen? Die "Arge" sch.... drauf!

Hartz IV ist Skandal!

Von Karl Weiss

Es gibt unzählige Fälle in der Welt von Hartz IV, in denen die „Argen“ die Auszahlung von Leistungen verweigern, einfach nicht zahlen, auch und gerade dann, wenn der Antragsteller völlig ohne Mittel ist und nichts mehr zu Essen hat. Es scheint, der Herr de Sade persönlich hat die „Argen“ in Sadismus ausgebildet. Andererseits ist die „Arge“ Bonn, eine der berüchtigsten von allen, aber schnell bei der Hand, die Polizei zu holen und Hausverbote auszusprechen, wenn Begleitpersonen auf den Rechten der Betroffenen bestehen.

In Bonn war vor einiger Zeit schon einmal der Gerichtsvorsteher auf dem Weg zur Oberbürgermeisterin, um ihren BMW zu pfänden, weil sich die „Arge“ immer wieder geweigert hatte, Leistungen auszuzahlen.

Eine Anzahl von Hartz-IV-Geschädigten hatte sich an das „Erwerbslosenforum“ gewandt, weil ihnen über einen Monat oder sogar mehrere Monate keine Leistungen von der „Arge“ Bonn ausgezahlt worden waren. Immer wenn die Geschädigten bei der Arge vorsprechen wollten, wurden sie abgewiesen – eine Praxis, die nicht nur in Bonn alltäglich ist.

So gingen denn Begleitpersonen von der Kölner Erwerbsloseninitiative und vom Erwerbslosenforum mit ihnen und erreichten tatsächlich, dass sie vorgelassen wurden. Doch einem der Antragsteller wurde erneut die Anname des Antrags verweigert, was gar nicht zulässig ist. Als die Begleitpersonen dagegen protestierten, erklärte eine Person von der Bonner Arge den Arbeitsablauf gestört und holte die Polizei, um die Beistände entfernen zu lassen. Die aber, statt zuerst einmal die Situation zu klären, kam denn auch gleich dem Verlangen der Arge nach und entfernte die Beistände. Auch dies gesetzwidrig, denn jeder hat Anspruch auf Beistände, wenn er zur Behörde geht.

Aber die Frage von Gesetzwidrigkeiten ist inzwischen sowieso nicht mehr auf der Tagesordnung, denn die sind so häufig bei Hartz IV, dass die gesetzeskonformen Teile dagegen untergehen. Das ganze Hartz IV ist eine Gesetzwidrigkeit – und so war es auch geplant, es ist ein Skandal!

Hier neue Beispiele:

M. war arbeitslos geworden und hatte im November seinen Antrag auf Arbeitslosengeld 2 abgegeben, hat aber bis heute kein Geld erhalten, ebensowenig wie einen Bescheid. Die Arge behauptet, es fehlten zwei Kontoauszüge. Die hat er aber bereits drei Mal dort abgegeben. Solche Fälle von bei der Behörde „verlorenen“ Unterlagen und verschlampten Anträge sind Legion. Das Arbeitslosenforum gab M. einen Betrag zum Lebensunterhalt, bis er endlich Geld sieht, denn er ist mittellos und ohne Lebensmittel und müsste hungern, wenn es nach der CDUSPDGrüneFDPCSU-Behörde gehen würde.

Anderes Beispiel:

Frau S. Hat sich von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und hat eine schwerkranke Tochter. Sie hat eine Wohnung gefunden, doch keinerlei Möbel. Ihr steht eine Erstausstattung mit Möbeln zu, doch die Arge übernahm das wochenlang nicht. Frau S. muss mit ihrer Tochter auf einer Decke auf dem Boden in der leeren Wohnung schlafen. Die Arge weiss das und bleibt untätig. Schliesslich können Beistände, die mit Frau S. zur Arge gehen, erreichen, dass die Übernahme der Möbel für die darauffolgende Woche zugesagt wird. Allerdings ist der zugesagte Betrag zu gering. Das reicht nicht hinten und vorne. Der Sachbearbeiter erklärt schnippisch, man könne ja widersprechen.

Weiteres Beispiel:

Die Schülerin V. geht zur Fachschule und hat Anspruch auf die Leistungen. Doch die ARGE rührt sich wochenlang nicht nach der Abgabe des Antrags. Schliesslich wurden ihr mit grosser Verspätung die Leistungen für Januar ausgezahlt und eine Mietgarantie zugesagt. Die Miete wurde aber nicht bezahlt. V. ist von Kündigung bedroht. Ein Schreiben des Anwalts rührt die Behörde nicht im mindesten. Offenbar sch... man drauf. Erst nach einem Eilantrag beim Sozialgericht wird schliesslich die Miete überwiesen. Es habe einen Zahlendreher bei der Kontonummer gegeben. Doch im Februar wieder das gleiche Lied. Die Leistung wird nicht bezahlt, die Miete auch nicht. Schliesslich erreichen Begleitpersonen, dass V. wenigstens 100 Euro bekommt. Für die kommende Woche ist Bezahlung zugesagt. Was wird dann wohl die Ausrede sein?


Veröffentlicht am 16. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Samstag, 14. Februar 2009

Die Krise hat Marx auf die Tagesordnung gebracht

Die bürgerliche Presse hat schon Angst und versucht zu ironisieren

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Verwundert schreibt die „Süddeutsche“ (hier) im Wirtschaftsteil (!) unter dem Titel „Frisches Kapital“: „Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele animiert, über das System an sich nachzudenken.“ Es gibt Marx-Studiengruppen an Universitäten und ausserhalb und das „Kapital“ von Karl Marx wie auch das „Kommunistische Manifest“, das er zusammen mit Friedrich Engels verfasst hat, sind Verkaufsschlager.

Karl Marx

Der Berliner Dietz-Verlag hat das „Kapital“ nach eigenen Angaben 2008 rund 3500 Mal verkauft, als Rekordtitel des Verlags, fast das dreifache des Vorjahres und das Fünffache von 2005. "Das ist zwar nicht nur durch die Krise hoch gegangen, aber sie hat sicher noch einmal einen Schub gegeben" wird der Geschäftsführer des Verlages zitiert. Der erste Band, so berichtet er, war sogar sechs Wochen lang ausverkauft nach dem Beginn der Krise. Man behalf sich mit dem entsprechenden Band aus der Gesamtausgabe.

Auch ein Sprecher des Kroener-Verlages, der ebenfalls das „Kapital“ vertriebt, spricht von einer „enormen Steigerung der Nachfrage“.

Der Studentenverband der Linken hat in 38 Städten in Deutschland Leserkreise Karl Marx organisiert. An verschiedenen Hochschulen werden – von diesem Verband und von Privatpersonen - ausserhalb des normalen Studienbetriebes Marx-Seminare organisiert – freiwillig, zusätzlich zum Studium.

Im Leserkreis an der Leipziger Uni wurde die Nachfrage so gross, dass man in zwei Gruppen teilen musste. Doch dieses Interesse ist nicht erst seit dem „Schwarzen September“ 2008 erwacht. Der Leserkreis dort besteht schon seit eineinhalb Jahren, nur ist er jetzt viel grösser geworden.

Da trifft es sich gut, dass 2008 auch das Marx-Jubiläums-Jahr war, 125. Todestag. Da hatte die gleiche „Süddeutsche“, die heute von den Leserkreisen berichtet, noch über Buchhandlungen geschrieben: „ ... lagert in der Abteilung Philosophie "Marx, Karl" mit seinem "Kapital" und wird nicht gekauft.“

Damals, vor einen Jahr (wie lange das nun schon in der Vergangenheit zu liegen scheint, nicht wahr?) hatte man auch einen Text zur MLPD im Gedenkartikel zum 125.Todestag, im gewohnt zynisch-arroganten Ton. Hier ist, was ein bürgerlicher Journalist über die MLPD zu sagen hat:

„Ein bekannter Vertreter dieser auch K-Gruppen genannten Organisationen ist die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands, kurz MLPD.

Im vergangenen Jahr hat die Partei mit ihren geschätzten 2300 Mitgliedern ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Damals, im Juni 1982, hatten sich versprengte Kommunisten und Sozialisten aus ganz Deutschland in einem Bochumer Hotel zusammengefunden. Es war ein Geheimtreffen, nicht einmal die Lieben daheim sollten davon etwas erfahren. Erst Monate nach der Gründung hat es einen offiziellen Gründungskongress gegeben.

Hervorgegangen ist die MLPD aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD). Darin waren all jene organisiert, die links von der DKP eine politische Heimat suchten. Im Gegensatz zur DKP war den MLPDlern die DDR verhasst - dort werde nicht der wahre Sozialismus gelebt, hieß es, sondern lediglich ein neuer Typ des Kapitalismus wiederhergestellt.

Erster Vorsitzender der neuen Partei wurde und ist bis heute Stefan Engel, ein gelernter Schlosser. Inzwischen gibt der selbsternannte Arbeiterführer, Internationalist und Theoretiker als Beruf "Freier Publizist" an. Als solcher erteilt er den Genossen an der MLPD-eigenen Kaderakademie Nachhilfe in der "Erlernung der dialektischen Methode in der Arbeiterbewegung", wie es in einer Selbstbeschreibung heißt.

Unermüdlich kämpfen er und seine Genossen für die Auferstehung des Kommunismus. Die MLPD verstehe sich als "Vorhutorganisation" für den "echten Sozialismus". Weil das nicht unbedingt grundgesetzkonform ist, wird sie wohl auch vom Verfassungsschutz beobachtet.

(...)
Drei wirklich große Erfolge können der MLDP zugeschrieben werden: Mit Monika Gärtner-Engel, der Ex-Frau von Stefan Engel, sitzt ein echtes ZK-Mitglied der MLDP im Stadtrat von Gelsenkirchen; bei der Bundestagswahl 2005 sammelte sie 45.116 Zweitstimmen - verglichen mit 1998 (4713 Stimmen) hat sich das Ergebnis praktisch verzehnfacht; mit Michael May hat die MLPD den größten politischen Einzelspender Deutschlands (mehr als 2,5 Millionen Euro hat er einmal vermacht) auf ihrer Seite.

Bei der Wahl 2005 ist es der MLPD übrigens nicht gelungen, mit der PDS gemeinsame Sache zu machen. Den Biskys und Gysis war die MLPD wohl doch viel zu links.“

Nimmt man die Ironie heraus, so kann man das Unbehagen über diese „Gruppe“ spüren – und wie viel angenehmer ihm die Biskys und Gysis sind. Anscheinend werden die bürgerlichen Schreiberlinge sich langsam an das Gefühl des Unbehagens gewöhnen müssen.

Wie begannen Marzx und Engels doch ihr „Kommunistisches Manifest“: „Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst des Kommunismus.“

Freitag, 13. Februar 2009

Schon wieder faschistischer Überfall auf wehrlose Person

Die Polizei weiss von gar nichts – Die NZZ sagt „angeblich“

Von Karl Weiss

Ein neuer Fall aus der Reihe von Überfällen von Faschisten auf harmlose und wehrlose Bürger erschüttert im Moment die Schlagzeilen hier in Brasilien. Nur fand dieser Überfall nicht in Brasilien statt (im Gegenteil, hier treten Skinheads so gut wie nicht in Erscheinung), sondern in der Schweiz. Die Brasilianerin Paula Oliveira, 26 Jahre, ist Rechtsanwältin und arbeitete in der Schweiz bei einer internationalen Firma mit Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung. An einem Bahnhof in einem Randgebiet von Zürich wurden drei Skin-Heads auf sie aufmerksam.



Sie wurde in einen abgelegenen Park geschleppt, geschlagen, getreten, gefoltert und am ganzen Körper mit insgesamt etwa 100 Schnitten durch Teppichmesser übersät. Sie war schwanger mit Zwillingen und erlitt einen Abort als Folge dieses Anschlags (wahrscheinlich wegen der schweren Tritte in den Bauch).

Die Polizei wurde nach dem Abort auf der Bahnhofstoilette gerufen und konnte sich der immensen Zahl der Schnitte am Körper vergewissern und nach der Einlieferung ins Krankenhaus auch innerhalb 5 Minuten die Tatsache des Aborts bestätigt bekommen. Trotzdem behauptet die Polizei bis heute, Tage nach dem Anschlag, die medizinischen Umstände seien ungeklärt. Das Opfer berichtete, die Polizisten hätten sie immer wieder insistierend befragt, ob sie sich die Schnitte nicht selbst beigebracht hätte. Die Polizei hat den Überfall nicht in seinen täglichen Report von Gewalttaten aufgenommen, angeblich, weil die Umstände „offen“ seien.

Die Neue Züricher Zeitung (NZZ), ein Blatt, das üblicherweise als „konservativ“ bezeichnet wird, aber auch schon mehrmals Sympathien für Rechtsextremisten erkennen ließ, berichtet in folgender Weise:

„Brasilianerin soll misshandelt worden sein.“ „Angeblich Übergriff von Rassisten in Zürich.“ „Ein Sprecher der Stadtpolizei Zürich (...) hat am Donnerstagmorgen [!!] grundsätzlich bestätigt, dass es am Montagabend [!!! Also drei Tage nicht gemeldet!] beim Bahnhof Stettbach einen Vorfall gegeben habe, an den eine Patrouille ausgerückt sei.“ „Wieso die Gewaltanwendung nicht kommuniziert worden ist, ließ der Polizeisprecher offen.“ „...der zuständige Polizeidetektiv Zweifel an der Version der Brasilianerin geäußert habe. Bei der Befragung habe er vom mutmaßlichen Opfer wissen wollen, ob es sich die Verletzungen selber zugefügt habe.“



In einem anderen Artikel berichtet man: „Am Montagabend, 9. Februar 2009, wurde die Stadtpolizei Zürich zum Bahnhof Stettbach gerufen, da sich dort eine Frau mit Schnittverletzungen befand. Die Umstände, die zu diesen Verletzungen geführt haben, sind unklar. Die Stadtpolizei Zürich ermittelt und sucht Zeugen.“

Im gezielten Weglassen von Informationen sind die Reaktionäre Meister. In jenem oben angeführten Artikel wird nicht mit einem Wort erwähnt, dass Frau Oliveira in der Schweiz Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung hat. Da in den entwickelten Ländern öfters illegale Ausländer aufgegriffen werden, wird damit indirekt angedeutet, es könne sich um eine solche gehandelt haben.

Die brasilianische Botschaft in der Schweiz teilte mit, die Züricher Polizei habe sich geweigert, ihr irgendwelche Informationen über den Fall zu geben. Wenn man Auskünfte wolle, solle man sich an das Opfer wenden.

Die NZZ wurde überhaupt erst auf den Vorfall aufmerksam, weil die großen brasilianischen Medien über den Fall berichteten. Hätte es das nicht gegeben, wäre der Überfall in der Schweiz oder in Deutschland bis heute nicht bekannt.

Nun stellen Sie sich einmal vor, es hätte sich um einen Schweizer Rentner gehandelt, der von ausländischen Jugendlichen verprügelt und zerschnitten worden wäre. Hätte die NZZ dann auch gesagt „angeblich“. Hätte die Polizei die Gewalttat nicht gemeldet, weil nicht alle Einzelheiten geklärt wurden? Hätte man ständig insistierend den Rentner gefragt, ob er sich die Verletzungen selbst beigebracht hätte?

Das Opfer hat berichtet (um das zu wissen, musste man die brasilianischen Medien lesen), die drei Angreifer seien glatzköpfig gewesen. Einer der drei habe am Hinterkopf ein Hakenkreuz tätowiert gehabt (!). Die drei seinen wohl auf sie aufmerksam geworden, weil sie am Ausgang des Bahnhofs mit ihrer Mutter auf Portugiesisch telefoniert habe.

Offenbar beschlossen die drei „starken Machos“, so stark, dass sie es zu dritt wagten, es mit einer Frau aufzunehmen (das sagt bereits alles über Faschisten), als sie sahen, sie ist schwanger und spricht ausländisch, es den Ausländern zu zeigen, auch noch Kinder in der Schweiz bekommen zu wollen.

Es ist offensichtlich, selbst eine Geisteskranke könnte sich schwerlich hundert Schnitte am Körper beibringen – ganz zu schweigen von Schnitten, die Buchstabenkombinationen ergeben und von Tritten in den Bauch, die einen Abort provozieren. Und diese Frau, eine wirklich erfolgreiche Brasilianerin – Rechtsanwältin, bei einem internationalen Konzern beschäftigt, in die Schweiz zum Arbeiten geschickt, mit einem Schweizer liiert, Zwillinge erwartend – hat nun wirklich so gar nichts von einer Geisteskranken. Die Versuche von Polizei und NZZ, die These von den selbst beigebrachten Verletzungen aufrecht zu erhalten, ist zum Scheitern verurteilt.

Trotzdem zeigt die Frechheit, mit der dies immer wieder betont wird, wie sicher sich inzwischen solche Helfershelfer der Faschisten bereits fühlen können in Europa.

Und da wir gerade bei Helfershelfern der Faschisten sind: Die Skinheads haben nicht einfach nur die Haut von Frau Oliveira zerschnitten, sie haben auch an mehren Körperstellen das Signum der rechtsextremistischen Schweizer Partei SVP eingeritzt. Da wird diese Partei doch einiges zu klären haben.

Es gibt auch bereits eine Stellungnahme der Partei dazu, die schlicht erklärt, man habe damit nichts zu tun, aber ganz so leicht wird man da wohl nicht davonkommen. Wie wären die Täter auf die Idee gekommen, den Namen dieser Partei in die Haut des Opfers zu ritzen, wenn sie sich nicht dort wohl aufgehoben fühlten? Da reicht es nicht aus zu erklären, man sei gegen gewaltsame Anschläge gegen Ausländer, wenn gleichzeitig auf der Internet-Site der Partei gegen Ausländer gehetzt wird. Auch die anderen Parteien der Schweizer Regierungskoalition werden erklären müssen, wie sie es sich vorstellen, weiter mit dieser Partei zu koalieren.

Das Schema ist das Gleiche wie im Fall des Passauer Polizeidirektors Mannichl, wo interessierte rechte Kreise das Opfer zum Täter stilisieren wollen. Näheres dazu in diesem Artikel: „Mordanschlag auf Polizeidirektor: Staatsschutz gab Alibi“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/5481202/ )

Auch im Fall Mannichl war der Zusammenhang völlig klar: Mannichl war als Gegner der NPD bekannt und hatte schon anonyme und offene Drohungen erhalten. Nun zu versuchen, den Mordversuch an ihm als „Familienstreitigkeit“ darzustellen, ist absurd.

Auch jetzt tauchen im Internet wieder jene Stimmen von ganz rechts auf, aus dem Umfeld von Broder und ähnlichen Gesellen und in bestimmten Blogs und in Kommentaren zu Meldungen hierzu. Als Beispiel sei hier nur die atemberaubende Unverschämtheit im Blog „Fakt-Fiktion“ zitiert, wo der Protagonist, der sich hinter einem Spitznamen versteckt und keine Kontaktadresse angibt, folgendes zum Fall der verprügelten und zerschnittenen brasilianischen Anwältin schreibt:

„Haha! Brasilianerin “SVP” eingeritzt! Beweis siehe Foto! Kommt uns doch irgendwie bekannt vor!“

Wer angesichts eines so misshandelten Körpers und eines unfreiwilligen Abortes in lautes Gelächter ausbrechen kann, der kann einem nur kalte Schauer den Rücken hinunter laufen lassen. Man stelle sich vor, wenn dieses Gesocks wieder an die Macht käme!

Inzwischen musste die Brasilianerin, die schon in ihre Wohnung in der Schweiz zurückgekehrt war, erneut ins Krankenhaus eingeliefert werden. Offenbar hatte man auch im Krankenhaus der Geschichte keinen Glauben geschenkt. Tritte mit schweren Stiefeln in den Bauch, die einen Abort provozieren, können offenbar auch andere schwere Schäden verursachen. Dazu kommt: Eine an hundert Stellen eingeritzte Haut ist extrem für Infektionen anfällig. Wieso man die brasilianische Anwältin nach Hause geschickt hatte, ist unverständlich.

Aber so ist es in einer Welt von „Konservativen“ und offenen Rechtsextremen: Ausländer sind generell unglaubwürdig, während einheimische Skinheads Schutz verdienen.


Veröffentlicht am 13. Februar 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel

Tatsächlich scheint sich jetzt herauszustellen, dass die Brasilianerin diesen Überfall vorgetäuscht hat, aus welchen Gründen auch immer. Es war ein Fehler von mir, diese Möglichkeit im Artikel nicht erwähnt zu haben, denn es ging ja gar nicht um diesen Einzelfall.

Aber nun haben die Faschisten schon wieder zugeschlagen, wie um die Berechtigung dieses Artikels trotzdem zu unterstreichen.

Bei der Rückfahrt vom faschistischen Aufmarsch in Dresden am 14. Februar 2009 und den entsprechenden Gegendemonstrationen hat ein Bus voller bewaffneter faschistischer Verbrecher eine Gruppe von Gegendemonstranten überfallen, die an einer Autobahnraststätte in Thüringen Pause machten. Mehrere der Gegendemonstranten, die mit einem vom DGB gecharterten Bus unterwegs waren, wurden verletzt, zwei mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Interessant, wie die Polizei immer die Busse mit Gegendemonstranten durchsucht und jedes Stückchen Transparent-Holz beschlagnahmt, das zu einem Schlagstock umgewidmet werden könnte. Die Busse der Faschisten dagegen (auf der Rückfahrt!) strotzen nur so vor Totschlägern, Schlagringen, Schlagstöcken, Würgeketten usw. Was will uns das sagen?


Weiterer Zusatz zum Artikel

Wie um die Notwendigkeit dieses Artikels zu unterstreichen - und unabhängig, ob Frau Oliveira wirklich von Skinheads überfallen wurde - ist soaeben die Statistik "rechtsextremer" (will sagen faschistischer) Gewalttaten von 2008 veröffentlicht worden:
Meldung vom 17.2.09:
"Die Zahl der rechtsextremen Straftaten ist laut «tagesschau.de» im Jahr 2008 deutlich gestiegen. Nach vorläufigen Angaben des Bundesinnenministeriums habe es im vergangenen Jahr fast 14 000 rechtsextreme Straftaten gegeben, berichtete das Internet-Portal am Dienstag.
Darunter seien 735 Gewalttaten gewesen. Im Jahr 2007 hätten die vorläufigen Zahlen mit 10 935 deutlich unter den aktuellen Werten gelegen, die das Bundesinnenministerium auf monatliche Anfragen der Linksfraktion übermittelt habe. Die Zahl der bei Gewalttaten verletzten Menschen sei von knapp 600 auf 773 gestiegen.
Damit liegen die Werte laut «tagesschau.de» für 2008 auf Rekordniveau. (...) Auch habe es 2008 mindestens ein Tötungsdelikt gegeben, das in der Statistik noch nicht enthalten sei."

Donnerstag, 12. Februar 2009

Ist das bei Ihnen in der Firma?

Überwachungskameras auch auf dem Klo

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Wie wir schon von den Fällen Lidl, Telekom und Bahn wissen, die Neugier der Oberen in den Firmen über die privaten Dinge aller Beschäftigten bis hinein in ihre intimsten und persönlichsten Belange und am meisten empfindlichen Daten ist unersättlich und man sagt auch noch ganz frech, das sei geboten, um eventuelle kleine Vergehen von einigen wenigen Beschäftigten aufzuklären.

Wir wissen heute, die Bahn hat von über 100 000 Mitarbeitern die Kombination Name - Kontonummer an private Organisationen weitergegeben. Für einhunderttausend solche Kombinationen zahlen heute kriminelle Organisationen Millionen von Euro. Denn mit dieser Kombination kann jeder klevere Kriminelle Konten abräumen, speziell wenn er noch Verbindungsmänner in den grossen Banken hat, die für ihre Dienste weit mehr beziehen als ihr monatliches Gehalt.

Video-Überwachung auch auf dem Klo

Sehen Sie sich also dies Photo gut an. Kennen Sie den Typen vielleicht? Ist das vielleicht in Ihrer Firma, wo sogar auf dem Klo eine versteckte Kamera angebracht ist?

Und selbst wenn es das nicht ist, seien Sie generell misstrauisch. Alle Möchte-Gern-Sherlock-Holmes in den Direktionsetagen sind nun auf den Geschmack gekommen. Bei Lidl ist keiner von ihnen belangt worden, lediglich die Firma bekam eine "Peanuts"-Geldstrafe. Bei der Telecom bisher nichts! Keinerlei Bestrafung - alle scheinen unter den Tischen zu liegen vor Lachen über die "Aufklärer". Und das gleiche bei der Bahn. Mehdorn ordnete ein kleines Bauernopfer an und wird unversehrt herauskommen.

Da wird Ihr Chef nicht nachstehen wollen. Forschen Sie nach!

Übrigens: Auf dem Klo (und nicht nur dort) pflegen die Kameras hinter dem Lüftungsgitter angebracht zu sein.

Dienstag, 10. Februar 2009

Sind die lernfähig?

“ ... die berühmte Binnennachfrage”

Von Karl Weiss

In Davos in der vorletzten Woche wurde es mehrmals angesprochen: Man könne die dort Versammelten nicht einfach generell verurteilen, weil sie (zusammen mit anderen) die Hauptverantwortlichen für die multiple Krise sind, denn sie könnten ja lernen aus den Fehlern und in Zukunft zu einem „stabilen Kapitalismus“ beitragen. Sind sie wirklich lernfähig? Ist ein "stabiler Kapitalismus" möglich, in dem die Binnennachfrage immer der tatsächlichen Produktion angepasst wird?Die Antwort ist in einem Kommentar von letzter Woche zu finden.

Deutschland: Brutto-Inlandsprodukt, Einkommen, Renten, Prozent gegen Vorjahr, bis 2008

In der „Süddeutschen“ wird der Tarifabschluss bei der Bahn kommentiert. Wird er dort begrüsst, als Zeichen der Zeit, dass man seine Lektion gelernt hat? Zum ersten Mal seit langer Zeit ein Tarifabschluss bei der Bahn, der (wenn auch geringfügig) über der Inflationsrate liegt, zum ersten Mal seit langer Zeit bei einem der grossen Arbeitgeber in Deutschland eine (wenn auch minimale) Reallohn–Anhebung? Nein, man will die Lektion nicht lernen.

Der Abschluss wird – wie immer – als Ausgeburt der Unvernunft dargestellt: „Tarifverträge sind selten das Ergebnis von Vernunft oder Unvernunft.“ Es wird gedroht: „Abgerechnet wird später.“ – und dann noch einmal: „Abgerechnet wird danach.“ Ein Horrorgemälde: „Die Lohnsteigerungen ... übertreffen ... auch diejenigen aus dem zurückliegenden Aufschwung.“ Mein Gott wie fürchterlich! Da lagen sie nämlich weit unter der Inflationsrate.

Die Binnennachfrage wird ironisiert: „die berühmte Binnennachfrage“. Und natürlich, das durfte nicht fehlen: „ ... weil höhere Löhne für die Firma, die sie zahlen muss, erst einmal bedeuten, dass die Kosten dieser Firma steigen, ohne dass diese unmittelbar Aussicht auf mehr Absatz hat.“

Nun könnte man natürlich argumentieren: Wie stellt sich denn der Kommentator vor, dass der Absatz von Bahnfahrkarten der Bahn ansteigt, wenn es keine erhöhte Binnennachfrage gibt? Auf Ausländer hoffen, in deren Heimatländer noch die Binnenachfrage belebt wird? Werden die nach Deutschland kommen und hier bahnfahren?

Aber es ist aussichtslos zu argumentieren. Der Kommentator hat sein Einmaleins gelernt und da gibt es keine Binnennachfrage. Da gibt es nur Export, Export, Export. Deshalb, so weiss er, ist die Krise auch nicht hausgemacht, sondern die Schuld der Ausländer. Die kaufen einfach nicht mehr die deutschen Waren, diese Idioten!

Glauben Sie wirklich, diese Bande von Nutzniessern und Apologeten des Kapitalismus ist lernfähig? Glauben Sie, die werden einen „stabilen Kapitalismus“ schaffen, in dem jedes Jahr auf der Basis Inflation plus Produktivitätsanstieg die Löhne erhöht werden? Na sehen Sie!


Veröffentlicht am 10. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Zusatz zum Artikel

Hier die unten von "expat" erwähnte Statistik

Entwicklung der Reallöhne pro Kopf* in Europa von 2000 bis 2008

Statistik Reallöhne

Montag, 9. Februar 2009

Woran die Banken kranken

„Lass alle Hoffnung fahren!“

Von Karl Weiss

Es kann absolut keine Rede davon sein, dass die „Bankenrettungspakete“, von denen inzwischen bereits jedes Land, das etwas auf sich hält, eins oder mehrere hat, für die gewaltigen Risiken ausreichen könnten, die sich im Taumel der riesigen Profite aus Spekulationen aufgehäuft haben. Im Artikel „Weitere gigantische Finanzmarktrisikenvom 28. Oktober 2008 hatte der Berichterstatter bereits darauf aufmerksam gemacht. Vielmehr kommt da mindestens noch einmal eine gleiche Grössenordnung nach oder sogar noch einmal weit mehr.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Um zu verstehen, um was es sich eigentlich handelt, sei hier ein stark vereinfachtes Beispiel gebracht:

Nehmen wir an, es gab ein Einfamilienhaus im US-Staat Ohio (eines der großen Zentren der jetzigen Zwangsversteigerungen) Ende 2004/Anfang 2005, das nach normalen Maßstäben 100.000 Dollar wert gewesen wäre, bereits abgezahlt. Nun hatte sich aber die Immobilienblase aufgewölbt und das Haus wurde mit 200.000 Dollar eingeschätzt. Zu jener Zeit gab es nun Finanzinstitutionen, die volle 200.000 Dollar als Hypothek auf ein solches Haus ausschütteten.

Nun werden Sie sagen, das ist doch verrückt, man kann doch keine Hypothek auf den volle Wert ausschütten, noch dazu in einer Hochpreisphase. Interessanterweise endeten diese Verrücktheiten nicht damit. Man gab vielmehr diese verrückten Hypotheken auch noch an Hausbesitzer, die bestenfalls für die Hälfte der fälligen monatlichen Abzahlungsraten ‚gut’ waren. Das nannte man intern „Sub-Prime-Hypo“. Ob das nun wirklich verrückt war, ist aber die Frage. Man kann auch die These aufstellen, die Bank musste lediglich groß genug sein, um sicher sein zu können: Im Fall, das alles auffliegt, kann sie die Politik zwingen, ihre Verluste aus Steuerzahlergeldern aufzufangen.

Der Rettungs-Plan

Zu jener Zeit konnte eine große Bank Gelder von der Fed (der US-Zentralbank) zu 1 % Zinsen pro Jahr (oder einem ähnlichem Wert) bekommen. Das war weniger als die Inflationsrate, also in Wirklichkeit bekam man dieses Geld geschenkt (man musste es natürlich zurückzahlen, aber später, wenn es schon weniger wert war). Man wolle die Überproduktionskrise verhindern (in Wirklichkeit wurde sie nur hinausgezögert, um dann umso intensiver zuzuschlagen) und wollte riesige Konsummengen über Kredit finanzieren. So nahmen die Banken denn wahnwitzige Mengen von Billiggeld (oder Umsonstgeld) auf und drückten Extrem-Risiko-Kredite (Sub-Primes) in den Markt, dass den Konsumenten das Wasser im Munde zusammenlief.

Doch zurück zu unserem Haus in Ohio: Der Zinssatz war am Anfang 4% pro Jahr, das war relativ extrem billig für einen Privatmann und extrem viel Geld für den Hausbesitzer. Nehmen wir an, es sei eine Rückzahlung des eigentlichen Wertes über 25 Jahre Laufzeit vereinbart worden. Dann hatte also die Familie des Hausbesitzers, nennen wir ihn John Doe, monatlich etwa 1340 Dollar zu zahlen.

Nun kam allerdings das Jahr 2006 und die Zinsen stiegen auf 5,5% im Jahr und die Bank wollte wegen des erhöhten Risikos eine Rückzahlung innerhalb 20 Jahren (sehen Sie mal in Ihrem Hypothekenvertrag nach, die Bank hat das Recht dazu, dies jederzeit zu verlangen), damit erhöhte sich die monatliche Zahlung auf etwa 1740 Dollar, was diese Familie schon in Schwierigkeiten brachte, aber noch aufzubringen war, wenn man an vielen anderen Dingen sparte. Doch dann kam das Jahr 2007 und die Zinsen stiegen auf 7% und die Rückzahlungsfrist wurde auf 15 Jahre neu festgesetzt und damit stieg die monatliche Zahlung auf 2280 Dollar. Das war zu viel für die Familie. Nun nahm man einen neuen Kredit auf, diesmal auf den schicken Toyota SUV, den man (u.a.) von den ursprünglichen 200 000 Dollar gekauft hatte, mit dem bezahlte man die Raten und hoffte, die Zinsen würden wieder fallen im nächsten Jahr und eventuell auch erneut auf 20 Jahre umgeschuldet werden.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Als aber das Jahr 2008 kam, war es umgekehrt: Die Bank (das war längst nicht mehr der Kreditvermittler, bei dem man die Hypothek bekommen hatte, sondern eine ganz andere, den Does unbekannte Bank in einem fernen Land) verlangte eine erneute Zinserhöhung und erneut eine schnellere Rückzahlung. Damit waren die Möglichkeiten der Does erschöpft. Man musste das Haus aufgeben und bekam dafür von der Bank immerhin eine Ausgleichsquittung, man sei nichts mehr schuldig (In Wirklichkeit begehen Banken nicht solche Großzügigkeit, aber es läuft sowieso aufs Gleiche hinaus, denn bald wird bei den Does nichts mehr zu holen sein). Der Toyota, auf den beliehen worden war, wurde auch bald zu teuer in den Raten und auch ihn verloren die Does – immerhin ohne weitere Schulden zu haben, denn jetzt brauchte man sein Geld für die Miete.

Die Bank hatte nun Anfang 2008 eine Haus, dessen Wert zu diesem Zeitpunkt noch mit 120 000 Dollar bewertet wurde, denn die Immobilienblase war schon seit geraumer Zeit am Platzen. Wäre der Wert noch bei 200 000 geblieben, hätte die Bank immerhin 10,7% Zinsen pro Jahr auf seine ursprünglich eingesetzten 200 000 Dollar erzielt gehabt. Hätte man – sagen wir – 800 000 solcher Kredite ohne die Immobilienkrise durchgebracht, hätte man einen Reingewinn von grössenordnungsmässig 16 Milliarden Dollar („Billions of Dollars“) pro Janr verbuchen können, ohne auch nur einen müden Cent an Eigenmitteln (Einlagen der Kunden) eingesetzt zu haben. 16 Milliarden Dollar Reingewinn pro Jahr ohne Eigenkapital zu benutzen, das ist selbst für einen hartgesottenen Banker etwas, was ihm Freudentränen in die Augen treibt.

Mit dem Wertverfall aber kam man auf einen offiziellen Verlust von 15 660 Dollar plus dem verringertem Wert des Hauses von 80 000 Dollar (da kommt eigentlich noch ein kleiner Zinsgewinn dazu, aber die Details interessieren im Moment nicht). Diesen Verlust musste man nun abschreiben, d.h. er musste in die Bilanzen eingehen.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

Das war aber zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr realistisch. Obwohl die Bank einen satten Verlust abgeschrieben hatte (etwa 100 000 Dollar, war der Buchwert immer noch bei weitem zu hoch. In Wirklichkeit ist das Haus ja nur noch wert, was bei einer Zwangsversteigerung erzielt wird und das wäre dann Ende 2008 gewesen, aber da war auch der nominale Wert bereits auf 75 000 gesunken, bei einer Zwangsversteigerung wären nur 60 000 zu erzielen gewesen, denn fast niemand kauft bei Immobilienpreisen im freien Fall ein Haus, wenn es schon bald viel billiger sein wird. Dieser zusätzliche Verlust von weiteren 60 000 Dollar über den vorherigen hinaus steht aber noch nicht in den Büchern der Bank. Dort steht noch ein Wert von 120 000 (Sie erinnern sich, wie damals Banken Verluste angaben, gleichzeitig aber viele sagten, da kommt noch viel nach).

Nun kam aber auch noch die Wirtschaftskrise und in der Region von Cincinnati, wo die Does wohnen, werden Zehntausende auf die Straße gesetzt. Damit brechen die Immobilienpreise noch weiter ein. Heute, Februar 2009, ist für das Haus der Does nicht mehr als 45 000 zu erzielen, weil in einer solchen Situation niemand ein Haus kauft. Wahrscheinlich wird sich der Wert am Ende auf etwa 30 000 einpendeln. Das wäre der Wert, bei dem Spekulanten zugreifen würden, denn man hofft, irgendwann werde sich wieder ein Markt für Häuser entwickeln.

Dieser Wert von 30 000 für jenes Haus, für das man 200 000 ausgegeben hat, ist aber ein Desaster für die Bank. Wenn sie noch 800 000 andere Häuser mit ähnlichen Zahlen hat, so ist sie schlicht pleite, denn sie hätte um die 136 Mrd. Dollar an Verlusten abzuschreiben, während ihr Eigenkapital nur – sagen wir – 80 Mrd. Dollar beträgt. Nur weiss das noch niemand. Wenn man es wüsste, würde die Aktie auf Null fallen und niemand würde der Bank mehr sein Geld anvertrauen. Also, psssst!

Northern Rock Pleite

Man hat für den ersten Verlust (der war etwa 100 000 Dollar, nicht wahr?) bereits Gelder von Staat in Anspruch genommen aber man muss unbedingt den noch ausstehenden Verlust verheimlichen. Vielleicht kann man nacheinander noch zweimal Staatsgelder in Anspruch nehmen, vielleicht lässt sich ja die Pleite vermeiden.

Das Ganze sollte so ungefähr deutlich machen, was bisher in der Finanzkrise geschah und was noch aussteht. Es sei dazugesagt, das ist extrem vereinfacht, taugt aber zur Verdeutlichung.

Das Ausschlaggebende ist nicht nur, dass die Banken bestimmte Wertberichtigungen bisher nicht gemacht haben und dies verschweigen, sondern auch, dass die Wirtschaftskrise, die im Kern die Finanzkrise ausgelöst hat (nicht: verursacht hat), nun ständig die Finanzkrise weiter verschärft und vice versa.

Der Bundesbankpräsident Weber z.B. sagt dazu im Januar 2009: „Das eigentliche Ausmaß der weltweiten Finanzkrise ist noch längst nicht absehbar. Der wirtschaftliche Abschwung ist stärker und weltweit umfassender, als wir das erwartet haben. Es macht mir Sorge, daß es noch nicht gelungen ist, die Krise an den Finanzmärkten einzudämmen. Es gibt derzeit immer neue Verwerfungen, mehr betroffene Segmente und neue Verluste, die zu weiterem Abschreibungsbedarf führen".

Immobilienkrise USA

Das kann man die zweite Phase der Finanzkrise nennen. Sie wird noch einmal mindestens so schlimm wie die erste und ist erst am Anfang. Wenn also die USA einen Banken-‚bailout’-Plan von 850 Mrd. (in amerikanischem Englisch: Billions) Dollar aufgelegt hatten und einen wesentlichen Teil des Geldes bereits ausgegeben haben (nicht wirklich ausgegeben, aber garantiert, was aufs Gleiche hinausläuft), so wird noch einmal eine vergleichbare Grössenordnung auf sie zukommen oder eventuell weit mehr. Darum haben bestimmte Fachleute bereits angeregt, den gesamten Bankensektor zu verstaatlichen, denn das kommt billiger. Wenn also die Bundesrepublik einen „Banken-Rettungsschirm“ von 450 Mrd. Euro aufgespannt hat (und andauernd versichert, das Geld sei ja nicht weg, es seien nur Garantien – doch das ist nichts als Pfeifen im dunklen Wald), so wird noch weit mehr auf sie zukommen. Nichts umsonst ist auch hier die Verstaatlichung aller Banken (oder fast aller) bereits im Gespräch. Man hat sogar schon einen Gesetzesentwurf dafür vorgelegt, wie man ohne zu hohe Kosten enteignen kann.

In Davos, wo sich vorletzte Woche fast alle Hauptverantwortlichen der Finanzkrise versammelten und so taten als seien sie diejenigen, welche die Menschheit vor der Krise retten könnten, waren sich fast alle einig: Die Finanzkrise ist bei weitem nicht ausgestanden. Voraussichtlich kommt noch weit mehr als das Doppelte der bereits garantierten Summen. Der Professor Roubini, einer der die Krise hatte kommen sehen, schätzte dort die noch ausstehenden Verluste und nicht getätigten Abschreibungen auf etwa 3,6 Billionen Dollar (in US-Englisch: Trillions of Dollars), also 3600 Milliarden Dollar, davon etwa die Hälfte in den USA, die andere in Europa. Der US-Anteil von 1,8 Billionen stünde einem gesamten Kapital (zu Beginn der Krise) der US-Finanzinstitutionen von 1,4 Billionen Dollar gegenüber, also ist man generell pleite.

Dabei wurde hervorgehoben, dass es sich beim zweiten Teil der Finanzkrise nicht einfach um eine Bankenkrise handeln werde, sondern weit mehr Institutionen betroffen sein werden, so wie Hedge-Fonds, wie Kreditkartenorganisationen, die Versicherungen, Rückversicherer und auch bei vielen Firmen „faule“ Papiere auftauchen werden (der Milliardär Merkle konnte ein Lied davon singen, als er sich vor den Zug warf). Ebenso wird es nicht mehr nur um platzende Hypotheken gehen, sondern auch um riesige Mengen an Kreditkarten-Rechnungen, die nicht mehr bezahlt werden können und um Autokredite, die nicht mehr bezahlt werden und um andere geplatzte Kredite.

Börsenkurse in der Krise: Dow, Dax und Nikkei von August 2008 bis Oktober 2008

Auf diesem Weg ist jede Entlassungwelle eine neue Verschärfung der Krise und jede Verschärfung der Finanzkrise verursacht weniger bezahlbare Kredite für die Unternehmen, was wieder Entlassungwellen verursacht und so weiter.

Die Finanz- und Kredit- und Wirtschaftskrise schaukeln sich so gegenseitig hoch bis zum Tor der Hölle, wo laut Dante steht: „Lass alle Hoffnung fahren!“

Natürlich könnte man versuchen den Kapitalisten zu erklären, sie sollten sich mit weniger Gewinn zufriedengeben und nicht entlassen, um dieses Aufschaukeln zu verhindern, aber das geht im Kapitalismus nicht. Würde einer der Kapitalisten dies wirklich tun, würde er schnellstens von seinen Konkurenten vom Markt verdrängt.

Massive Streiks, Generalstreiks und Volksaufstände könnten dies schaffen, aber davon sind wir noch etwas entfernt.

Und wenn wir soweit sind, dann werden wir uns natürlich nicht mit einer geringfügig verringerten Kapitalismus-Krise zufriedengeben, sondern gleich das ganze System hinwegfegen und weltweit den echten Sozialismus errichten, oder nicht?

Lesen wir Marx und Engels, wir werden es demnächst brauchen!


Veröffentlicht am 9. Februar 2009 in der Berliner Umschau

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