Freitag, 4. September 2009

Meinungsumfragen – die zweite große Lüge

Dossier Meinungsbefragungen

Von Karl Weiss

Dieses Dossier wurde vom Bürger-Journalisten zum Teil erstellt auf der Grundlage eines Briefwechsels (per E-Mail) zwischen einem guten Bekannten hier in Brasilien (Deutscher in Brasilien wie der Bürger-Journalist) mit seinem Freund in Deutschland, der Psychologe ist und bei einem der Meinungsbefragungs-Institute arbeitet. Die Namen werden nicht veröffentlicht, weil jener Psychologe nicht will, dass sein Arbeitgeber erfährt, er hat „Internas“ ausgeplaudert.

Regierungsbank

Fast im Wochenrhythmus erscheint in allen Medien die neueste Meinungsumfrage über die Politiker und Parteien, welche die Deutschen angeblich bevorzugen. Da heißt es dann, die CDU/CSU habe einen Prozentpunkt zugelegt, ebenso wie die FDP und beide hätten über 50% und ähnliches. Das sind alles absurde Lügen! Die Wahrheit ist, es handelt sich bei diesen Ergebnissen von Befragungen um getürkte Resultate, die keinerlei minimalem Anspruch an wissenschaftliche Arbeit genügen und nur zur Manipulierung der Öffentlichkeit dienen.

Dazu sind die Interpretationen der vorgelegten Zahlen noch falsch. Nach der größten Lüge, den monatlichen Arbeitslosenzahlen aus Nürnberg, ist dies die zweite riesige Lüge, mit der versucht wird, die Deutschen übers Ohr zu hauen.

Bereits bei den Bundestagswahlen 2005 erwiesen sich die Vorhersagen aller Meinungsbefragungs-Institute als völlig falsch. Sie hatten übereinstimmend einen klaren Sieg (mit mindestens vier Prozentpunkten Abstand) des schwarz-gelben Gespanns von CDU/CSU mit der FDP vorhergesagt. Das war der Hintergrund des absurden Auftretens von Schröder an jenem Wahlabend, an das sich die meisten noch erinnern. Ein Stück absurdes Theater vom Feinsten! Er trat als Wahlsieger auf mit allem Brimborium und war doch in Wirklichkeit der Verlierer, wenn auch nicht so vernichtend wie vorhergesagt.

SPD Oktober 2007

Alle Meinungsbefragungs-Institute hatten das Wahlergebnis in der Größenordnung von 5 bis 6 Prozentpunkten falsch vorhergesagt, und zwar übereinstimmend zu hoch für die Christlichen und zu niedrig für die Sozis. Es reichte deutlich nicht für Schwarz-Gelb.

Bis heute haben die Institute keine vernünftige Erklärung für diese Falsch-Information abgegeben. Man erklärte lediglich, es hätte einen Meinungsumschwung in der letzten Woche vor den Wahlen gegeben, den sie nicht mehr ermitteln konnten. Das ist Quatsch. Fünf bis sechs Prozentpunkte sind Millionen von Menschen! Es gab in jener Woche keinerlei Ereignis, das einen so riesigen Meinungsumschwung verursacht haben könnte.

Die Tatsache ist, die von den Instituten verwendeten Methoden der Befragung und Auswertung können überhaupt keine zuverlässigen Ergebnisse haben, weil die Zeiten heute nicht mehr so statisch sind in den politischen Meinungen wie das für Jahrzehnte in Deutschland galt.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

In den Fünfziger-, Sechziger-Jahren und zum großen Teil auch noch den Siebziger- und Achtziger-Jahren waren die politischen Meinungen und Vorlieben der Deutschen relativ statisch und es gab maximal ein oder zwei Prozentpunkte von Veränderungen im Zeitraum von Jahren. So konnten die Umfragen fast gar nicht falsch liegen, da sie ja Ergebnisse mit einer Genauigkeit von Plus-Minus 3 %-Punkte darstellen. Zwar mischte das Auftreten der Grünen als vierte Partei ein wenig die Parteienlandschaft auf, aber das normalisierte sich schnell, als die Grünen zur etablierten Klientel-Partei wurden.

Die Medien gaben sich aber mit der Erklärung der Institute für den Fehler bei der Bundestagswahl zufrieden und geben weiterhin vor, den Ergebnissen der Umfragen zu glauben. Sie veröffentlichen sie, so als ob es jene massive Abweichungen nie gegeben hätte.

Ein vergleichbarer, wenn auch nicht so massiver Fehler trat auch bei den Europa-Wahlen diese Jahr auf. Noch eine Woche zuvor hatten die betreffenden Institute eine klare Mehrheit für Schwarz-Gelb gefunden (so wie vor den letzten Bundestags-Wahlen und nun aktuell auch wieder). Die Europa-Wahlergebnisse zeichneten sich aber eben gerade dadurch aus, dass es keine Mehrheit für Schwarz-Gelb gab. Auch das Wahlergebnis für die Linke wurde deutlich höher vorhergesagt als es dann wirklich bei den Wahlen war.

Westerwelle

Auch bei den Landtagswalen Ende August waren die Vorhersagen so, dass es fast überall für Schwarz-gelb gereicht hätte. Tatsache ist, weder im Saarland noch in Thüringen kann die CDU mit den Liberalen eine Regierung bilden. Eine schwarz-gelbe Regierung gibt es in ganz Deutschland nur in extremen schwarzen Hochburgen wie Bayern und Sachsen und im Sonderfall Nordrhein-Westfalen.

Wiederum: Es gibt keine Erklärungen der Institute für diese Abweichungen und die Medien fragen auch nicht nach, stellen nicht in Frage. Wiederum werden unkommentiert die letzten Ergebnisse veröffentlicht, so als ob es da nie massive Differenzen gegeben hätte.

Pfau

Die Wahrheit ist: Die Institute verwenden Methoden für ihre Befragungen und die Auswertungen, die nicht den Anforderungen der Wissenschaftlichkeit entsprechend den Regeln der Repräsentativ-Befragungen genügen. Sie tun dies, weil sie untereinander in Konkurrenz stehen und korrekte Befragungen extrem aufwendig und teuer sind. So hat man „vereinfachte Befragungen“ erfunden, die von Schein-Wissenschaftlern den Segen der „Wissenschaftlichkeit“ bekamen, aber in Wirklichkeit keine wirkliche Repräsentativität garantieren.

Schröder

Nur einige wenige der nicht erfüllten Punkte:

1. Für wirklich repräsentative Befragungen muss man sich eine feste Klientel halten, also Leute, die einen kleinen Zusatzverdienst erhalten und dafür bei jeder Gelegenheit die Fragen beantworten. Diese Personen müssen nach speziellen Kriterien ausgesucht sein. Das würde pro Institut zwischen tausend und dreitausend Personen umfassen und die Befragungen immens verteuern. Soweit man eine solche Klientel hat, ist sie viel zu klein.

2. Man muss die Befragung von Personen außerhalb dieser Klientel sorgfältig planen und gezielt Personen unterschiedlichsten Typus ansprechen, wenn man den Anforderungen der Wissenschaftlichkeit genügen will. Das schließt aus, sich einfach auf die Straße zu stellen und Leute anzusprechen. Das schließt ebenfalls und vor allem Telefonbefragungen aus. Es ist klar: Es handelt sich bei Personen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle auf der Straße sind, um eine kleine Auswahl aus der breiten Vielfältigkeit der Bevölkerung. Das gleiche gilt für jene Personen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Hause sind und ans Telefon gehen. Das kann auch nicht dadurch gelöst werden, dass am Telefon nach der Person gefragt wird, auf die das Telefon zugelassen ist, weil man dann eine extrem männliche Auswahl trifft.

3. Dies, nämlich mehr befragte Männer als Frauen, kann man mit Faktoren versuchen zu neutralisieren, so wie auch andere Einseitigkeiten bei der befragten Auswahl von Menschen. Diese Faktoren beruhen auf jahrelangen Beobachtungen, so z.B. dass Ältere konservativer wählen als Jüngere, das Landbevölkerung ebenfalls zu den Konservativen neigt, dass Akademiker zu Grünen und FDP neigen, dass Frauen eher zu den Sozialdemokraten neigen als Männer usw. Doch diese Faktoren sind durch die tiefe Aufgewühltheit vieler der heutigen Menschen in Deutschland nicht mehr zuverlässig und führen eher zu Fehlern als dass sie korrigieren.

Reichstag - Bundestag

Was ist passiert in Deutschland? Ein wesentlicher Teil der Deutschen hat begonnen, die Politik und die Politiker zu verachten und neigt dazu, entweder gar nicht mehr wählen zu gehen oder gezielt Protest-Stimmen abzugeben. Es gibt einen generellen Linkstrend im Bewusstsein der Deutschen. Das kommt zum einen in der ständig wachsenden Zahl der Nicht-Wähler zum Ausdruck, zum anderen darin, dass sich links der Sozialdemokraten eine Partei im Bundestag etablieren konnte und schließlich auch darin, dass diese Tendenz zum Protest den Rechtsradikalen (bisher) so gut wie keine zusätzlichen Wähler in die Arme getrieben hat.

Dieser Trend zieht sich durch die ganze Bevölkerung, aber eben nicht gleichmäßig und zum Teil zeitversetzt bei verschiedenen Gruppen der Bevölkerung. Damit sind all die schönen Hilfsmittel, die den Demoskopen an die Hand gegeben wurden, zum Teil unbrauchbar geworden, ohne dass der Demoskop eigentlich weiß, welche davon und in welchem Masse und bezogen auf welche Gruppen der Bevölkerung. So konnte man z.B. in letzter Zeit beobachten, dass bestimmte ländliche Regionen sich deutlich von der generellen Tendenz der konservativen Landbevölkerung abgetrennt haben.

Dazu kommt ein anderer Effekt: Das Mittel von Befragungen, Umfragen usw. wird in ausgedehnter Weise von verschiedenen Unternehmen zu allen möglichen Zwecken abgewandt, wobei die absolute Geheimhaltung der erfassten Daten nicht immer garantiert ist. Das hat dazu geführt, dass mehr und mehr Menschen in Deutschland ablehnen, sich befragen zu lassen. Dadurch wird es für die Institute immer schwieriger, mit der einmal erfolgten Auswahl eine repräsentativen Schnitt durch die Bevölkerung zu erreichen. Wer ablehnt, befragt zu werden, ist ja nicht klar einzuschätzen. Man kann nicht einfach sagen, das ist ein typischer Wähler der Linken oder etwas ähnliches. Man muss dann wieder und wieder versuchen, auf einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung zu kommen. Auch das verteuert die Befragungen. Es gibt Rezepte, damit umzugehen, ohne wieder und wieder neue Gruppen von Menschen zu befragen. Diese Rezepte sind aber ein neuer Quell von Unsicherheiten.

Bundestag - Reichstag

Um einmal einen Eindruck zu bekommen, wie das konkret aussieht, hier ein erfundenes Ergebnis einer Umfrage der „Sonntagsfrage“ („Wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären?“), das aber nicht weit von der Realität liegt:

Sagen wir, es wären zufällig genau 1000 Menschen befragt worden und nehmen wir an, die Auswahl dieser Personen wurde mit außergewöhnlicher Sorgfalt vorgenommen (außergewöhnlich will sagen, in Wirklichkeit wird dies nicht so sorgfältig von den Instituten gemacht). Nun hätten wir folgendes Ergebnis:

Bundesregierung 3

106 der Befragten weigerten sich, an der Befragung teilzunehmen (10,6%)

184 der Befragten erklärten, sie hätten sich noch nicht entschieden, ob sie zur Wahl gehen bzw. welche Partei sie wählen (18,4%)

193 der Befragten erklärten, sie würden nicht zur Wahl gehen bzw. ungültig wählen (19,3%)

192 der Befragten erklärten, sie würden CDU bzw. CSU wählen (19,2%)

136 der Befragten erklärten, sie würden SPD wählen (13,6%)

51 der Befragen erklärten, sie würden FDP wählen (5,1%)

40 der Befragten erklärten, sie würden Grüne wählen (4,0%)

31 der Befragten erklärten, sie würden die Linke wählen (3,1%)

4 der Befragten erklärten, sie würden die NPD oder eine andere rechtsextremistische Partei wählen (0,4%)

16 der Befragten erklärten, sie würden Piratenpartei wählen (1,6%)

47 der Befragten erklärten, sie würden eine andere der kleinen Parteien wählen (4,7%)

Was tut nun der Demoskop typischerweise? Er eliminiert zunächst einmal die Verweigerer, so als ob es sie nie gegeben hätte, obwohl später in der Auswertung stehen wird, man habe 1000 Personen befragt. Das ist schon die erste Lüge. Und das kann auch schon deutliche Abweichungen von der Wirklichkeit verursachen, weil man ja nicht weiß, was diese Verweigerer am Wahltag tun werden. Daraus ergeben sich dann folgende Prozentzahlen:

Unentschieden: 20,6%

Nichtwähler: 21,6%

CDU/CSU: 21,5%

SPD: 15,2%

FDP: 5,7%

Grüne: 4,5%

Linke: 3,5%

NPD: 0,4%

Piraten: 1,8%

Sonstige: 5,2%

Dann kommt der nächste Schritt: Die Unentschiedenen werden etwa im gleichen Verhältnis auf alle Gruppen verteilt, wie es deren Prozentzahl ausmacht. Das ergibt:

Nichtwähler 193+47= 240 (26,8%)

CDU/CSU: 192+46=238 (26,6%)

SPD: 136+34=170 (19,0%)

FDP: 51 + 15= 66 ( 7,4%)

Grüne: 40 + 13= 53 ( 5,9%)

Linke: 31 + 9 = 40 ( 4,5%)

NPD: 4 + 1 = 5 ( 0,6%)

Piraten: 16 + 6 = 22 ( 2,5%)

Sonstige: 47 + 13=60 (6,7%)

Neues Gesamt: 894

Nun kommt der nächste Schritt der „Auswertung“: Der Demoskop zieht einfach einmal die Nichtwähler aus dem Ergebnis heraus und errechnet die sich dann ergebenden Prozentzahlen (weil ja das Wahlergebnis sich immer auf angegebene Stimmen bezieht, nicht auf Wahlberechtigte), das ergibt dann:

Neues Gesamt: 654

CDU/CSU: 36,4%

SPD: 26,0%

FDP: 10,1%

Grüne: 8,1%

Linke: 6,1%

NPD: 0,8%

Piraten: 3,4%

Sonstige: 9,2%

Nun ist aber der Prozess der „Auswertung“ noch nicht abgeschlossen. Jetzt müssen vielmehr die oben schon erwähnten Faktoren angewandt werden, weil man nicht genau einen Durchschnitt der Bevölkerung befragt hat. Danach sieht es dann im angenommenen Fall so aus:

CDU/CSU: 37,2%

SPD: 27,0%

FDP: 12,2%

Grüne: 10,1%

Linke: 7,1%

NPD: 1,4%

Piraten: 2,0%

Sonstige: 8,5%

Und nun wird das gemacht, was auch beim Wahlergebnis herauskommt: Die 5%-Klausel wird angelegt. Das heißt, NPD, Piraten und Sonstige kommen nicht ins Parlament, also müssen die Prozentergebnisse auf die anderen umgelenkt werden. Dies ist selbstverständlich eine durch Nichts zu rechtfertigende Prozedur, aber man macht das eben so. Außerdem muss man dies tun, weil durch die Faktoren die Summe der Prozente die Hundert überschritten hatten.

Danach sieht es dann so aus:

CDU/CSU: 39,7%

SPD: 28,8%

FDP: 13,0%

Grüne: 10,8%

Linke: 7,6%

Nun hat man, was man wollte: Schwarz-Gelb kommt deutlich über 50%. Rot-Rot-Grün kommt auf keine Mehrheit. Eine Ampel wäre möglich, aber warum sollte man eine Ampel machen, wenn doch Schwarz-Gelb geht.

Es sei noch einmal erwähnt, dies ist ein hypothetisches Umfrageergebnis, das konstruiert wurde, um das Prinzip zu zeigen.

Wie Sie leicht überprüfen können, war am Anfang die Summe der Prozente der CDU/CSU und der FDP bei weitem nicht bei 50%. Die Schwierigkeiten entstehen eben genau dann, wenn die Institute nicht das wirkliche Ergebnis der Umfragen bekanntgeben, sondern es „aufbereiten“.

Dabei wird der Prozess der Aufbereitung aber nicht deutlich gemacht, sondern es wird so getan, als würden tatsächlich 39,7% der wahlberechtigten Bürger CDU/CSU gut finden und 13 Prozent die FDP. Wenn Sie oben nachsehen, werden Sie feststellen, es waren in der Umfrage selbst nur 19,2 % bzw. 5,1%. Diese „wunderbare Prozentvermehrung“ ist die eigentliche Zentral-Lüge dieser Demoskopie.

Das Gleiche erleben wir ja am Wahlabend, wenn die Ergebnisse erscheinen: Die Prozent von Wahlberechtigten und die absoluten Zahlen werden unterdrückt. Stattdessen dreht sich alles um die relativen Prozente der abgegebenen gültigen Stimmen abzüglich derjenigen, die nicht ins Parlament kommen. Auf diese Art und Weise versuchen Politik, Demoskopen und Medien gemeinsam, uns vorzugaukeln, es gäbe eine riesengroße Zahl von Bundesbürgern, die alle diese Politik für richtig halten und diese Politiker für vertrauenswürdig.

Zu all dem kommt noch, die Zahlen von demoskopischen Umfrage-Ergebnissen dieser Art sind mit einer Genauigkeit von Plus-Minus 3% ermittelt. Dies ist in jeder Pressemitteilung unten im Kleingedruckten ausgeführt. Aber die Medien interpretieren die Ergebnisse, als ob sie ganz genau wären (auch wenn man den großen Lapsus doch gesehen hat). So schreibt man z.B. bei einer Erhöhung um 1% gegenüber der vorherigen Ergebnis, diejenige Partei hätte zugelegt. In Wirklichkeit ist eine Variation von 1% innerhalb der Schwankungsbreite und kann allein auf die Methode zurückzuführen sein. Es gibt also keinerlei „zugelegt“. Erst wenn mehr als 3% zusätzlich oder weniger gemessen wird, kann man davon sprechen, eine Partei habe zugelegt oder in der Wählergunst abgenommen.


Veröffentlicht am 4. September 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 3. September 2009

Buback-Mord: Hat der „Verfassungsschutz“ mitgeschossen?

Verena Becker erhielt hohe Summen vom Geheimdienst

Von Karl Weiss

Am Mittwochabend, 2.9.09, ist mit Zeugen in einer ARD-Dokumentation eine fast unglaubliche Zusammenarbeit belegt werden: Der „Verfassungschutz“, der offenbar alles andere tut als die Verfassung zu schützen, hat Verena Becker im zeitlichen Zusammenhang mit dem Mord an dem damaligen Bundesanwalt Buback mit hohen Summen bezahlt. Sie wurde vor kurzem wegen des Verdachts der Beteiligung an diesem Mord festgenommen. Es ist von insgesamt 100.000 Mark die Rede.

RAF

Der ehemalige Verfassungsschutz-Beamte Ridder wird in der Dokumentation mit Aussagen zitiert, die den Verfassungsschutz in ein Licht bringen, eigene Agenten und Kontaktpersonen im Täterkreis zu haben und keinerlei Abstand zu ihm zu wahren. So wird offenbar durch staatliche Stellen die Hysterie wegen Terroristen hochgeputscht, die dann den Abbau demokratischer Rechte erleichtern soll.

Regierungen, die den Inlandsgeheimdienst in solche innnige Verbindungen mit terroristischen Tätern bringen, haben offenbar alles andere im Sinn als uns vor Terroranschlägen zu schützen. Man muss sogar fragen, ob da nicht Staatsangestellte bzw. vom Staat Bezahlte selbst in Terrorakte verwickelt sind.

Angesichts des massiven Abbaus von demokratischen Rechten im Zusammenhang mit Terror-Delikten ist dies ein unerträgliches Vorgehen, das die ganze Position des Staates als neutraler Mittler im Auftrag der breiten Bevölkerung in Frage stellt. Ein Staat, der mit terroristischen Tätern im Bett liegt, muss selbst als terroristisch gekennzeichnet werden!

Zwar behauptet niemand, das Geld sei an Frau Becker geflossen, um sie für den Mord zu bezahlen, aber die Benutzung von „Agenten“ (oder bezahlten „Kontaktpersonen“) in Verbrechergruppen darf nie dazu führen, dass solche Personen an Schwerstkriminalität beteiligt werden.

Vor allem wird jetzt immer unklarer, warum Verena Becker damals nicht mit wegen des Buback-Mordes angeklagt wurde, obwohl inzwischen klar ist, der eigentlich für diesen Anschlag als Mörder verurteilte Knut Folkerts ist es wahrscheinlich gar nicht gewesen, denn er ist Linkshänder und die Schüsse wurden nach Zeugenaussagen von der rechten Seite her abgegeben. Es gab damals auch mehrere Aussagen, der vermummte Todesschütze hinten auf dem Motorrad sei dem Aussehen nach eher eine Frau gewesen, denen aber bewusst nicht nachgegangen wurde. Den anderen möglichen Täter, Wisniewski, den Frau Becker jetzt denunziert, kann aber von der Statur her kaum mit einer Frau verwechselt werden.

Hat der deutsche Staat Verena Becker all die Jahre vor der Mordanklage geschützt, weil sie Verbindungsperson des Verfassungsschutzes in der RAF war? Der ehemalige Verfassungsschützer spricht von „massenhaft Versäumnisse“ im Zusammenhang mit der Aufklärung des Buback-Mordes. Waren die etwa absichtlich?

Es wäre eine staatliche Straftat, wenn staatliche Stellen eine private (nicht die öffentliche) Vereinbarung des „Kronzeugenschutzes“ mit Frau Becker abgeschlossen hätten.

All diese Fragen sind ungeheuer aktuell, denn wir erleben heute wiederum ein Terror-Hysterie und im Fall der Sauerland-Terroristen wurden ebenfalls Geheimdienstagenten in der eigentlichen Terrorgruppe ausgemacht. In diesem Gerichtsverfahren wird mit allen Mitteln verhindert, dass die wirkliche Rolle dieser Agenten bei den Vorbereitungen von Terroranschlägen deutlich wird. Fördert der Staat gezielt Terror, um Angst machen zu können und dann Rechte abzubauen?

Dies ist keine rhetorische Frage, denn der Innenminister hat bereits klar gestellt, es gibt bei Terrorverdacht keine Unschuldsvermutung mehr (eines der wesentlichsten Grundrechte, das uns vor willkürlichen Verhaftungen schützt). Ebenso hat der „Verteidigungs“-Minister bereits klar gesagt, er werde ein Flugzeug mit Terroristen abschießen lassen, obwohl das Verfassungsgericht dieses Recht verneint hat. Jung erklärte, er habe bereits seine Militär-Jet-Piloten, die das für ihn besorgen würden.

„Verfassung? Ein unsinniges Stück beschriebenes Papier!“ denkt wohl Minister Jung. Und dieses Politiker-Pack wagt es, ihren Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ zu nennen!


Veröffentlicht am 3. September 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel

Hier einige kurze Ausschnitte aus jener Sendung des Deutschlandfunks, die unten in den Kommentaren von "Der Andere" verlinkt wurde:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dasfeature/918250/

Ein Käfig voller Enten?
(...)

"Am 26. August übergab Alaeddine T., wie ihm geheißen war, die Tüte in einer Moschee in Braunschweig. Der junge Mann, der sie dort entgegen nahm, war eine gute Woche später auf der ganzen Welt bekannt: Fritz Gelowicz. (...) In den Schuhen aus der Türkei waren 20 Sprengzünder versteckt. Der Mann, der die Tüte in Istanbul übergeben hatte, war offenbar ein Kontaktmann des amerikanischen Geheimdienstes CIA und stammt aus der Pfalz, wie stern.de aus Sicherheitskreisen erfuhr. Mevlüt K., ein 29-jähriger Türke aus Ludwigshafen....."

O-Ton Nübel:
"Wir stießen bei unseren Recherchen auf der Person Mevlüt K., der in Ludwigshafen gelebt hat und der von der Polizei gesucht wurde. (...) Wir erfuhren, dass er in die Türkei ging, dort inhaftiert wurde und nachdem, was wir recherchiert haben, dann offensichtlich vom türkischen Geheimdienst quasi rekrutiert worden sein soll - in Absprache aber auch mit dem amerikanischen Geheimdienst CIA. Tatsache ist, wie jetzt Recherchen ergeben haben, die auf einer breiten Aktengrundlage basieren, dass in der Tat dieser Mevlüt K. nach Einschätzungen und Erkenntnissen des BKA eine erhebliche Rolle bei der Zünderbeschaffung gespielt hat. (...) Und Mevlüt K. hat von demher eine entscheidende Rolle gespielt, dass nach Erkenntnissen des BKA er mit den maßgeblichen Leuten, die die Zünder beschafft haben, engen Kontakt hatte, er als Chef galt (...) und er offensichtlich auch der war, der einen Teil der Zünder diesem jungen Mann mitgab nach Deutschland, das heißt eine ganz zentrale Funktion. Und da fragt man sich natürlich schon, wenn einer, von dem man erfährt, dass er Kontakte zu Geheimdiensten haben soll, er einer der maßgeblich Beteiligten dieser Terrorvorbereitungen war."

Autor:
Das aber fragen sich offenbar nur sehr wenige Journalisten. In diesem Falle allerdings wurde von einigen Medien wie zum Beispiel Spiegel online die Rolle von Mevlüt K. sogar thematisiert...

O-Ton: (Nübel)
"Allerdings in einer Diktion, die mich wirklich wundert, nämlich ausschließlich als Erfolg der staatlichen Stellen, auch des Bundesnachrichtendienstes. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass man sich dort doch eher der Diktion staatlicher Stellen anschließt, um nicht gar zu sagen: die übernimmt - um vielleicht auch nicht die eigene Linie verlassen zu müssen."

Autor:
So gesehen müssen diese Medien dann ja auch nicht mehr fragen, wo sich Mevlüt K. heute aufhält.

O-Ton: (Nübel)
"Eine gute Frage. Nachdem, was uns gesagt wird, lebt er in der Türkei - zu unserer Überraschung frei. Er scheint kein Problem mit den Ermittlungsbehörden zu haben. (...) Was uns wundert, denn der andere Tatverdächtige im Sauerlandkomplex, dem das BKA ja auch vorwirft, bei der Beschaffung der Zünder beteiligt zu sein, den hat man vor einigen Monaten in der Türkei festgenommen. Mevlüt K. ist weiterhin auf freiem Fuß, obwohl gegen ihn ein Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft läuft."

Autor:
Attila Selek ist der vierte Angeklagte im Prozess gegen die Sauerlandzelle. Auch er wird beschuldigt, bei der Beschaffung der Zünder beteiligt gewesen zu sein. Es ist auffällig, wie wenig sich die Medien für diesen Herren interessieren. Warum? Müsste man dann vielleicht auch wieder an Mevlüt K. erinnern? Und was war denn eigentlich die Rolle von Mevlüt K.? Womöglich war er ein V-Mann, aber - und darüber kann auch Rainer Nübel nur spekulieren...

O-Ton: (Nübel)
"Nur ist halt einfach die Frage, ob nicht staatliche Stellen relativ nahe dran waren ( ... ) bei diesem neuralgischen Punkt der Zünderbeschaffung, ein Stück weit das auch mit dirigiert haben. Die drei in Oberschledorn hätten hantieren können mit Wasserstoffperoxyd wie sie wollten - ohne Zünder ging nichts. Und da könnte die Theorie dahingehen, dass man zumindest so weit ging, was ja auch Fakt ist, dass die Zünder ja auch an die drei gekommen sind. Ob es eine bewusste Hinführung war im Sinne dessen, dass man quasi auch die Belege dafür haben wollte - wäre eine logische Ergänzung dieser Theorie."

(...)

O-Ton: (Elsässer)
"Eine Sache ist ganz wichtig, was in der medialen Darstellung keine Rolle spielt, nämlich, dass der Chef der Gruppe, dieser Fritz Gelowicz, praktisch gecoacht wurde über Jahre hinweg von einem Ulmer Hassprediger, der seinerseits auf der Gehaltsliste des Verfassungsschutzes stand, ein gewisser Yehia Yousif."

Autor:
Und immerhin der ARD-Film - und sonst fast niemand - erwähnt wenigstens diesen Arzt und seine sonderbaren Beziehungen zu den Sicherheitsbehörden:

O-Ton: (Film)
"Yousif arbeitet jahrelang auch als Informant für den Geheimdienst. Doch es stellt sich heraus, er hat nur allgemeine Informationen weitergegeben. Und so weiß der Verfassungsschutz letztlich nur: Irgendetwas braut sich da zusammen."

Autor:
Das möchte man sich auf der Zunge zergehen lassen: Einer der schlimmsten islamistischen Ideologen arbeitet jahrelang für den deutschen Verfassungsschutz, soll aber angeblich nichts Wichtiges verraten haben? Woher wissen das die Autoren? Haben sie das recherchiert oder plappern sie nur nach, was ihnen in strategischer Absicht gesteckt wurde? Glauben sie tatsächlich der Verfassungsschutz würde Yehia Yousif zur erstrangigen Quelle erklären?

O-Ton: (Elsässer)
"Der hat - und jetzt zitiere ich wieder den Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg - dieser Hassprediger Yehia Yousif hat die Fäden der Sauerlandzelle gezogen bis hin zu ihrer Verhaftung. Trotzdem spricht heute niemand von dem. Und dieser Mann, dieser Hassprediger, früher Ulm, lebt heute unbehelligt in Saudi Arabien, ohne dass es m. W. einen Auslieferungsbefehl deutscherseits gibt. (...)
Und dieser Yehia Yousif, Hassprediger, war nicht ein kleines ( ... ) Verfassungsschutz, sondern hat nach Angaben des Verfassungsschutzes sechs Jahre für sie gearbeitet."

Autor:
Ein Hassprediger arbeitete für den Verfassungsschutz und stiftete aus der Bahn geratene Jugendliche zur Vorbereitung von Anschlägen an, die wiederum ein Innenminister zum Anlass für die Verschärfung von Gesetzen, den Abbau von Grundrechten nutzt?

Mittwoch, 2. September 2009

Der Linkstrend setzt sich fort

Landtagswahlen

Von Karl Weiss

Wie üblich, werden die Wahlergebnisse der drei Landtagswahlen im Saarland, in Sachsen und in Thüringen und der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen praktisch ausschließlich in Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen angegeben. Dadurch werden die wirklichen Ergebnisse mehr verdeckt als geklärt.

Die kapitalistischen Einheits-Medien tönen praktisch unisono: Einbruch nur der CDU; SPD geht nun mit grosser Zuversicht in die Bundestagswahlen; ein Trend zu den kleinen Parteien.

Das ist genau nicht das Ergebnis. Zieht man die absoluten Stimmenzahlen und die Wahlbeteiligung mit in die Auswertung, kommt man zu einer anderen Auswertung: In der Deutschen Bevölkerung gibt es einen generellen Linkstrend. Wie kommt man zu dieser Erkenntnis?

1. Die wichtigsten Resultate der letzten Landtagswahlen und auch der jetzigen zeigen klar: Die Deutschen sehen jene Politiker mehr und mehr mit Abscheu und trauen keinem von ihnen mehr. Nur so lässt sich erklären, dass trotz der intensiven Aufrufe, zur Wahl zu gehen, sonst habe man kein Recht, in der Politik mitzureden, die Wahlbeteiligungen ständig weiter fallen. In Thüringen mit 55,5% Beteiligung und in Sachsen mit 51,9% wurden neue Rekorde in niedriger Wahlbeteiligung bei diesen Landtagswahlen aufgestellt.

2. Die beiden früheren „Volksparteien“ – beide können inzwischen als Rechtsparteien angesehen werden - verlieren praktisch ohne Unterlass Wähler, mal schneller, mal weniger schnell, mal mehr bei der SPD, mal mehr bei der CDU. Dieser Trend fand bereits vor der Grossen Koalition statt und hat sich während dieser letzten Legislaturperiode im allgemeinen sogar noch beschleunigt. Man kann mit Sicherheit vorhersagen: Beide werden bei den Bundestagswahlen neue Minus-Rekorde in der Zahl ihrer Wähler bei Bundestagswahlen seit Jahrzehnten aufstellen.

3. Die CDU/CSU: Ihr werden in den Umfragen ständig um die 38 bis 40% der abgegebenen Stimmen zugestanden, doch dies dient nur dem Täuschen der Bundesbürger. In Thüringen mit 31,2% und im Saarland mit 34,5% kam die CDU zu Einbrüchen, die geradezu geschichtlich sind. Das sind beides Bundesländer, in denen vor wenigen Jahren noch eine absolute CDU-Mehrheit herrschte! Sachsen dagegen gilt (neben Bayern) noch gewissermassen als Stammland der CDU bzw. CSU. Auch hier: Noch vor kurzem auf stolzen Rossen mit absoluter Mehrheit. Insofern sind auch die 40,2% der CDU in Sachsen nichts weiter als einen neuer gewaltiger Einbruch, denn die Wahlbeteiligung in Sachsen ist nun fast genau bei der Hälfte der Wahlberechtigten angelangt. Heute gibt es kein Bundesland mit absoluter CDU- oder CSU-Mehrheit mehr! Die Vorstellung, die CDU/CSU könnte bei den Bundestagswahlen in die Nähe der 40% kommen, ist abenteuerlich!

4. Die SPD: Sie wird von der Mehrheit der Deutschen auch bereits als rechte Partei wahrgenommen und die Wähler laufen ihr ebenfalls in Scharen davon. In Sachsen ist sie sowieso bereits im 10%-Ghetto, auch hier: Deutliche Verluste an Wählern, auch wenn die relative Prozentzahl gleichblieb. In Thüringen verlor sie nicht Wähler, weil sie bereits vor vier Jahren einen Einbruch erlebte. Der geringe Gewinn in Prozenten spiegelt aber keinen Zuwachs von Wählern wieder, weil die Wahlbeteiligung auch hier fiel. Im Saarland, wo zum ersten Mal nach der Vereinigung von Lafontaine mit der WASG und der PDS Landtagswahlen stattfanden, gab es als Sonderbewegung gegen den allgemeinen Trend eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als 4 Jahre zuvor (etwa plus 13%). Doch das ist fast allein auf den Effekt Lafontaine zurückzuführen und so kamen denn die zusätzlichen Stimmen fast alle der Linken zu gute, die dort ihr höchstes Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland einfahren konnte: Über 20% der abgegebenen Stimmen. Auch hier erneute Stimmen-Verluste für CDU und SPD. Der Linkstrend kommt klar zum Ausdruck.

5. Die „kleineren Parteien“. Angeblich gäbe es einen Trend zu FDP und Grünen, zum Teil auch zur Linken. Das ist eine falsche Interpretation. Grüne und FDP sind nun bereits eine gute Zeit in der Opposition, die FDP schon über 10 Jahre. Da kann man sich leichter als Alternative darstellen, weil man nicht für die Politik verantwortlich gemacht werden kann. Sobald einer der beiden (oder beide) in die Regierung eintreten, werden sie alle diese Neu-Wähler wieder verlieren, denn man wird sehen, sie sind keine Alternativen. Beide werden in diesem Fall erneut Schwierigkeiten haben, überall in die Landtage einzuziehen. Die Linke dagegen ist ein anderer Fall. Sie profitiert von dem Linkstrend der Deutschen. Sie kann bis zu einem bestimmten Grad wirklich als Alternative wahrgenommen werden und hat denn auch im Saarland einen echten Sieg errungen. In Thüringen aber stagniert sie schon, wenn auch auf hohem Niveau (27,4%). In Sachsen allerdings, wo sie nach der CDU schon die zweitstärkste Kraft war – und auch blieb – verlor sie massiv Wähler, was durch den Prozentverlust ( - 3,3%) nur unzureichend wiedergegeben wird. Dort hatten die Wähler Anschaungsunterricht in „Linke“, als der Privatisierung von städtischen Wohnungen zugestimmt wurde.

6. Der wichtigste Beleg für den Linkstrend in der Deutschen Bevölkerung ist aber das Abschneiden der Rechtsextremisten und Faschisten. Gerade Thüringen und Sachsen waren zwei der wichtigsten Hochburgen. In beiden Ländern verloren sie aber Stimmen und Prozente, in Thüringen blieben sie außerhalb des Parlaments. Das belegt in phantastischer Weise: Die Deutschen haben ihre Lektion gelernt. In der tiefsten Wirtschaftskrise seit derjenigen, die Hitler nach oben spülte, gibt es nicht die geringste Tendenz zu den Faschisten! Das ist in Europa einmalig! Der deutsche Michel belegt eine tiefe und generelle politische Aufgeklärtheit, die jedem denkenden Menschen das Herz höher schlagen lässt. Sieht man zum Beispiel in unsere Nachbarländer Frankreich, Dänemark oder Österreich, so wird deutlich, wie aufgeklärt der deutsche Wähler ist.

Nun mag jemand einwenden, die ständig sinkenden Wahlbeteiligungen seien nicht auf einen Linkstrend oder eine politische Aufgeklärtheit zurückzuführen, sondern auf eine allgemeine Politikverdrossenheit, wie uns die kapitalistischen Einheitsmedien weismachen wollen. Aber gerade die Saarland-Wahlen haben diese These widerlegt: Wenn die Wähler etwas sehen, was sie als linke Alternative ansehen können, gehen sie wieder zur Wahl und wählen diese Alternative. Sie sind also auf der Suche nach einer wirklichen Alternative – und zwar links. Das hat nichts mit Politikverdrossenheit zu tun, sondern ist eine immens politische Bewegung.

Veröffentlicht am 2. September 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 1. September 2009

Deutsche Steuergelder für Militärdiktatur

Ist die FDP eine demokratische Partei?

Von Karl Weiss

Die Situation in Honduras ist weiterhin ein Stachel im Fleisch Lateinamerikas. Seit dem 28. Juni herrscht eine Militärclique in dem mittelamerikanischen Staat. Der gewählte Präsident Zelaya wurde gewaltsam außer Landes gebracht.

Die Demonstrationen und Kundgebungen der Demokraten gegen die Diktatur in Honduras werden gewaltsam und mehr und mehr unterdrückt. Doch der europäische Skandal an dieser Sache ist: Eine Deutsche aus Steuergeldern unterstützte Partei-Stiftung macht Stimmung für die Diktatur und gegen die Demokratie: Die Naumann-Stiftung der FDP.

Hier in Lateinamerika sind die Menschen extrem sensibilisiert, wenn es um Militärdiktaturen geht, denn praktisch alle halbwegs bedeutenden Länder hier sind bereits durch Perioden der Militärdiktatur gegangen, manche mehrmals. Man weiß hier, welche Leiden für die Bevölkerung das bedeutet, Folter, Morde und Willkür, denn alle diese Diktaturen wurden gegen die einfachen Menschen im Lande errichtet und haben in ausnahmslos allen Fällen die Armut im Lande erhöht. Die Oligarchie des Landes dagegen, die meist direkt in die Militärputsche verwickelt war, wurde dadurch immer schneller reicher.

In allen Fällen waren es Stellen der USA, die jene Militärputsche in Auftrag gegeben hatten. So gibt es die klare Aussage des damaligen Botschafters der USA in Brasilien, dass er im Auftrag von Präsident Kennedy in einer Besprechung in den USA 1963 aufgefordert wurde, die Notwendigkeit eines "militärischen Eingreifens" an die brasilianischen Militärs weiterzugeben, was dann zum Militärputsch führte. Nach der Ermordung Kennedys wurde der Militärputsch in Brasilien im Jahr 1964 durchgeführt, der die gesamte brasilianische Gesellschaft umgekrempelt hat - zum Negativen.

Noch heute kann man verschiedene der negativen Auswirkungen des brasilianischen Militärputsches hier "bewundern", vor allem die Einführung der extremen Korruption, die auch nach dem Ende der Militärdiktatur im Jahr 1988 - 24 Jahre danach - nicht geändert wurde.

So empfindet es eine große Mehrheit der Bevölkerung in Lateinamerika als persönlichen Angriff, wenn mal wieder ein Militärputsch versucht wird oder erfolgreich durchgeführt wird - so wie der versuchte Putsch gegen den gewählten Präsidenten Hugo Chávez in Venezuela im Jahre 2002 (der erwiesenermaßen ebenfalls US-Ursachen hatte) und wie nun der - zunächst - erfolgreichen Putsch gegen Zelaya in Honduras.

Allerdings sind die Zeiten für Putschisten heute nicht mehr so einfach wie in den Sechziger und Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Alle internationalen Organisationen, die UN, die EU, die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) haben den Putsch verurteilt und die Rückkehr zum demokratischen Regime gefordert, aber auch alle lateinamerikanischen Staaten ohne Ausnahme haben sich gegen diesen Putsch ausgesprochen.

Selbst Präsident Obama und Außenministerin Clinton haben scheinheilig versichert, der Putsch sei zu verurteilen. Sie hätten ihn leicht verhindern können, wenn sie ihren Militärs klare anderweitige Anweisungen gegeben hätten, aber sie haben in voller Gewissheit, dass die Anweisung des Putsches aus US-Militärkreisen kam, den Putsch formal verurteilt, aber gleichzeitig alle Versuche des abgesetzten Präsidenten Zelaya, an die Macht zurückzukehren, als "Abenteurertum" verurteilt.

So weit - so schlecht.

Nun kommt aber der europäische Teil des Skandals: Die Naumann-Stiftung der FDP hat den Putsch direkt vor Ort mit Beauftragten der Stiftung unterstützt und trommelt seit dem Putsch für die Militärdiktatoren. Obwohl die FDP schon mehrfach von besonnenen Personen, sogar Parteigängern der FDP, aufgefordert wurde, ihrer Stiftung Grenzen aufzuzeigen, agitiert diese Stiftung seit dem Putsch extrem offensiv für die Putschisten.

Man bringt scheindemokratische Argumente vor: Der abgesetzte Präsident Zelaya habe versucht, eine Verfassungsänderung zu inszenieren, die ihm eine weitere Amtszeit möglich gemacht hätte. Dies sind offenbar vorgeschobene Argumente. Nirgendwo auf der Welt steht vorgeschrieben, Demokratie ende immer mit zwei Amtszeiten. Adenauer und Kohl in Deutschland herrschten für mehr als zwei Amtszeiten von vier Jahren und niemand behauptete, dies sei ein Putsch gegen die Demokratie.

Nun haben sich eine Anzahl von Organisationen der deutschen Öffentlichkeit und ebenfalls eine Anzahl von Bundestagsabgeordneten an die zuständigen Minister gewandt, um eine Überprüfung der Aktivitäten der Naumann-Stiftung einzuleiten.

Unter den Organisationen sind attac, das Ökonomische Büro für Frieden und Gerechtigkeit, die Zeitschrift ila, das Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika, der AK Internationalismus der IG Metall, die Christliche Initiative Romero und die Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft, unter den Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe von den Grünen, Dr. Gregor Gysi, Bundestagsfraktions-Vorsitzender der Linken, Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken, Sven Gigold, Europaabgeordneter der Grünen, Monika Knoche, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Hans-Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Grünen, sowie weitere Personen des politischen und öffentlichen Lebens.

Westerwelle
Warum nur kann ich dieses Lächeln nicht als freundlich empfinden?

Die Unterzeichner weisen u.a. darauf hin, dass die Organisation "Humans Rights Watch" die Anwendung exzessiver Gewalt gegen Demonstranten festgestellt hat und dass Demonstranten und Mitglieder der Opposition ermordet wurden. Speziell wird darauf aufmerksam gemacht, das die von der Naumann-Stiftung geförderte Jugendorganisation "Generation für den Wandel" an gewalttätigen Übergriffen gegen Mitglieder der Demokratiebewegung teilnimmt.

Auch wenn diese Eingabe in unverständlicher Weise völlig ohne konkrete Ankündigung weiterer Schritte bleibt und keine wirklich ernsthafte Folgerung verlangt, muss die Stossrichtung doch als richtig angesehen werden. Allerdings haben die Unterzeichner vergessen, sich an die zu wenden, für die das gerade jetzt vor den Bundestagswahlen von Bedeutung sein könnte: Die Bundesbürger.

Pfau

Die meisten halten die FDP für eine demokratische Partei, aber angesichts der Aktivitäten dieser Parteistiftung muss dies deutlich relativiert werden. Es besteht vielmehr der starke Eindruck, die FDP hält Demokratie nur so lange für wichtig, wie sie ihren Intentionen zuträglich ist. Sobald sie nicht mehr genehm ist, wird auf Diktatur umgeschaltet. Die FDP hatte Wochen Zeit, diesen Eindruck zu vermeiden.

Doch Westerwelle hat es nicht ein einziges Mal für nötig gehalten, hierzu Stellung zu nehmen. Das lässt den Schluss zu, man befürwortet in Worten die Demokratie in der Bundesrepublik, hält sie aber nur so lange für gut, wie man sie ausnutzen kann.

Die FDP hat viel zu erklären. Jeder, der sich überlegt, sie zu wählen, beachte aufmerksam diesen Teil ihrer Aktivität.


Veröffentlicht am 1. September 2009 in der Berliner Umschau

Samstag, 29. August 2009

Doch die Verhältnisse - ...

...die sind nicht so!

Von Karl Weiss

Der eilig vor den Wahlen herbeigerufene „Aufschwung“ (Guttenberg, CSU) wird nicht stattfinden. Die positiven „Stimmungs-Zahlen“ sind nicht in wirkliche Einkäufe umgeschlagen. Der Massenkonsum in Deutschland geht deutlich zurück. Warum wohl?

Die Financial Times Deutschland (FTD) hat sich in den letzten zwei Wochen extrem aus dem Fenster gelehnt mit ihren Vorhersagen: „Rezession ist beendet“, „Die Indikatoren im Positiven“, „GfK: Excellentes Konsumklima“, „Ifo signalisiert Ende der Misere“ und „Konsumklima hellt sich auf“. Was davon übrig blieb, zeigte sich am 26.8.09, als die Zahlen des Umsatzes des Einzelhandels im ersten Halbjahr veröffentlicht wurden:

Über 2% Umsatzrückgang über das ganze Halbjahr, das ist seit vielen Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen. Der Juni, der eigentlich alles heraureissen sollte mit einem deutlichem Plus, ergab stattdessen einen hohen Rückgang: 1,6% in einem einzigen Monat! Real, also den Preisrückgang mit eingerechnet, wurden es sogar 1,8%.

Für das ganze erste Halbjahr waren es im Vergleich zum Vorjahr 2,3 % und real 2,1%. Diese letztere Zahl (real) ist ein Rekord.

Vielleicht mag einer meinen, na, ein bisschen mehr als 2% Rückgang, das ist ja noch mässig im Vergleich zum Rückgang des Industrieumsatzes oder zum massiven Exportrückgang von über 30%. Aber die Zahlen des Massenkonsums können natürlich nicht mit solchen Raten einbrechen wie die Verkäufe der Industrie oder der Auslandsabsatz. Ein wesentlicher Teil des Konsums besteht aus Grundnahrungsmitteln und anderen Waren, bei denen der Konsument nicht so einfach einsparen kann.

Wer sparen muss, weil einer in der Familie keinen Arbeitsplatz mehr hat oder weil der einzige Verdiener auf Arbeitslosengeld steht, der beginnt zuerst an teuren Auslandsreisen, teuren Autos, an aufschiebbaren Reparaturen, an Essen ausser Haus und Theater- und Kinobesuchen zu sparen, der bestellt das Kabelfernsehen ab oder begrenzt die Zahl der Handys in der Familie – alles Dinge, die sich nicht im Einzelhandelsumsatz ausdrücken. Wer in Hartz IV fällt, muss sich natürlich weit über das hinaus einschränken, aber das ist gerade nicht das Thema.

Darum sind die Veränderungen im (preisbereinigten) Einzelhandelsumsatz auch generell sehr gering. Ein Auf oder Ab von 0,5% bedeutet bereits gewaltige Veränderungen, zumal dies auch eine der grössten Zahlen im Wirtschaftsgeschehen eines Landes ist. Über 2% minus im Jahresvergleich (oder ein Einbruch wie im Juni von 1,6% in einem Monat) stellen hier Welten dar.

Und das ist noch keineswegs die schlechteste Nachricht. Das ist vielmehr jene, die von der FTD so ausgedrückt wird: „Das war erst der Anfang“. Sie zitiert einen Experten: „Mittelfristig dürfte der Einzelhandel noch stärker belastet werden, wenn Kurzarbeit in Stellenabbau umgewandelt wird. Dann bleibt vielen Beschäftigten weniger in den Taschen."

Ganz offen werden jetzt schon überall Massenentlassungen nach den Wahlen angekündigt.

Werden wir uns das gefallen lassen? Wennn man seinen Arbeitsplatz verlieren soll, dann können die Kapitalisten mit nichts mehr drohen. Dann muss gestreikt werden!

Veröffentlicht am 28. August 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 26. August 2009

Die verlogenste amtliche deutsche Statistik

"Arbeitslose? - Gibts fast nicht!"

Von Karl Weiss

Was die Bundesregierung da über ihre "Bundesagentur" in Nürnberg monatlich an Zahlen veröffentlicht, hat inzwischen nicht einmal mehr eine entfernte Ähnlichkeit mit der tatsächlichen Lage am Arbeitsmarkt. Man kann davon ausgehen: Die tatsächlichen Zahlen der Arbeitslosigkeit liegen im Bereich des Doppelten der dort angegebenen Zahlen. Die "Erfolgsmeldungen", die Arbeitslosigkeit sei sogar geringfügig zurückgegangen, wenn man die saisonalen Schwankungen einbezieht, sind wild an den Haaren herbeigezogene Berechnungstricks.


Unter http://www.jjahnke.net/arbeitjul09.html hat sich der Ex-Bankier Joachim Jahnke in seinem Informationsportal www.jjahnke.net/ der Mühe unterzogen, die Arbeitslosendaten vom Juli 2009 unter die Lupe zu nehmen und zu zerpflücken.

Er belegt dort u.a.: "Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit lassen (...) eine Beurteilung der Entwicklung kaum noch zu, weil immer neue Veränderungen und Manipulationen in der statistischen Basis erfolgt sind." und kommt zum Schluss: "Diese „Statistik" ist inzwischen die bei Weitem verlogenste, die amtlich in Deutschland erstellt wird."

Die letzten drei grundlegenden Veränderungen in der Erfassung sind diese:

1. Seit 2007 werden die über 58-jährigen, auch wenn sie noch Arbeit suchen, aus den Zahlen herausgenommen (außer in bestimmten Fällen). Das heißt im zukünftigen Zustand der Rente ab 67, dass 9 (neun!) Jahrgänge zum großen Teil aus der Arbeitslosenzahlen einfach herausgenommen wurden. Auch jetzt sind es bereits sieben Jahrgänge. Kein Wunder, dass die "gefühlte Arbeitslosenzahl" und die veröffentlichte seit diesem Zeitpunkt begannen, immer weiter auseinander zu klaffen.

2. Seit diesem Jahr hat man eine noch infamere Streichung vorgenommen: Es werden einfach alle Arbeitslosen, die von der Bundesagentur an private "Arbeitsvermittler" abgegeben wurden, nicht mehr als Arbeitslose gezählt. Wie jeder weiß, vermitteln diese privaten "Vermittlungsagenturen" keine Sau. Sie laden lediglich zu Vorträgen ein, auf denen Banalitäten plattgetreten werden und eventuell einmal zu einem Kurs von 2 Stunden, wie man Bewerbungen und Lebensläufe schreibt. So als ob Stellen unbesetzt blieben, weil die Bewerbungen oder Lebensläufe schlecht geschrieben waren. Nach diesem Schema könnte die Bundesregierung die Arbeitslosenzahlen leicht auf Null bringen, in dem man einfach alle Arbeitslosen an private „Bildungsträger“ verweist.

3. Seit diesem Juli hat man nun noch eine andere Variante gefunden, wie man Arbeitslose verstecken kann: Die "Unterbeschäftigung". Dazu gehören zunächst einmal jene bei den privaten Arbeitsvermittlern und außerdem alle, die "Beschäftigungsgesellschaften" sitzen, dann Altersteilzeit, wer Zuschüsse für die Gründung von Kleinstunternehmen bekommen hat und noch eine große Anzahl anderer Arbeitsloser, wie jene in Altersteilzeit usw.

Insgesamt führt dies dazu, dass nur noch 56,7 % derer, die irgendeine Art der Unterstützung für Arbeitslose bekommen, in der amtlichen Statistik als arbeitslos geführt sind!

Kurz: Die Arbeitslosenzahlen werden fast genau halbiert!

Wenn Bundesarbeitsminister Scholz von „einer kleinen Sensation“ spricht und die Juli-Daten der Arbeitslosigkeit als überraschend niedrig bezeichnet, so feiert er damit nur die von ihm zu verantwortenden Beschönigungen.

Tatsächlich ist der Einbruch am Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik nicht dem Desaster zu vergleichen, dass in den USA bereits eingetreten ist, aber das ist fast ausschließlich dem in Deutschland extrem genutzten Mittel der Kurzarbeit zu verdanken. Nach allem, was man heute weiß, wird aber nach Auslaufen der Kurzarbeit (und damit nach den Wahlen) ein wesentlicher Teil derjenigen, die nun in Kurzarbeit sind, von Entlassung bedroht sein. Dann wird das Desaster auch in Deutschland angekommen sein.

Veröffentlicht am 25. August 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 25. August 2009

Israel: Organ-Raubmorde?

Ein schwedischer Journalist recherchiert

Übersetzung von Karl Weiss

Der schwedische Recherchierjournalist Donald Boström hat in Sachen Organhandel ermittelt. Sein Artikel erschien im 'Aftonbladet' vom 17. August 2009. Eine Übersetzung des Artikels ins Englische wurde bei Steinbergrecherche veröffentlicht am 21.August 2009, hier. Er wurde hier von Karl Weiss auf Deutsch übersetzt.

Dort kann man auch die englische Originalübersetzung verlinkt finden sowie die Aussage des Schwedischen Außenministers, der es abgelehnt hat, diese Veröffentlichung zu verurteilen. Ebenso kann man dort verlinkt finden Informationen über das Umfeld des im Artikel genannten mutmaßlichen Verbrechers Rosenbaum und über seine Verbindungen zu Israel. Ebenso findet man dort 7 weitere Links zum internationalen Handel mit Organen und einen Link zu Informationen über Boström.

ambulancehit
Bild eines Krankenwagens, der von einer israelischen Luft-Boden-Rakete getroffen wurde - aus dem letzten Libanon-Krieg

Die Internet-‚Süddeutsche‘ bringt am 24.August 2009 dazu einen Artikel, in dem sie diesen Artikel als „dubios“ abqualifiziert und behauptet, eine Verbindung von Boströms Erfahrungen in Palästina mit dem aktuellen Fall eines israelischen Organhändlers in den USA herzustellen, sei „ohne Angabe von Belegen“ geschehen. Die ‚Süddeutsche‘ bringt weder einen Link zum Artikel, damit die „Dubiosität“ selbst geklärt werden kann, noch bringt sie einen Link zu den Zusammenhängen von Rosenbaum mit Israel noch einen zu Informationen über Boström. Das ist „Qualitätsjournalismus“! Nun, hier ist die Übersetzung des Artikels. Urteilen Sie selbst!

"Sie können mich einen Heiratsvermittler nennen" sagte Levy Izhak Rosenbaum aus Brooklyn, USA auf einem heimlich aufgenommenen Band bei einem Gespräch mit einem FBI-Agenten, den er für einen Kunden hielt. Zehn Tage später, Ende Juli 2009, wurde Rosenbaum festgenommen und ein immenses, "Soprano"-artiges Geflecht von Geldwäsche und Organhandel wurde aufgedeckt.

Rosenbaums Heiratsvermittlung hat nichts mit Romantischer Liebe zu tun. Es ging vollständig um den Verkauf von Nieren aus Israel auf dem schwarzen Markt. Rosenbaum sagt, er kauft die Nieren von armen Leuten für 10 000 Dollar pro Stück. Dann verkauft er sie an verzweifelte zahlungsfähige Patienten in den Vereinigten Staaten für 160 000 Dollar. Diese Anklagen haben das US-Transplantationsgeschäft durchgeschüttelt. Wenn sie wahr sind, wurde zum ersten Mal ein Organhandel in den Vereinigten Staaten dokumentiert, sagten Experten der Nachrichtenabteilung der New Jersey Real-Time.

Auf die Frage, wie viele Organe er verkauft hat, sagte Rosenbaum stolz: "Eine große Menge. Und ich habe immer geliefert." Das Geschäft scheint eine gute Zeit gelaufen zu sein. Francis Delmonici, Professor für Organverpflanzungen in Harvard und einer der Direktoren des "National Kidney Foundation" (Nationale Nieren Stiftung) der USA, sagte der Zeitung, solche Organhandel, ähnlich wie jene aus Israel, fänden in verschiedenen Ländern der Erde statt und etwa 5000 bis 6000 Operationen würden weltweit jedes Jahr illegal durchgeführt, etwa 10% aller Nierentransplantationen.

Pakistan, die Philippinen und China sind unter den verdächtigten Ländern, wo nach verschiedentlich vorgebrachten Anklagen die Organe von Hingerichteten entnommen werden. Palästinenser haben wiederholt Israel angeklagt, junge Palästinenser festgenommen und sie als Organreserven verwendet zu haben - eine sehr ernste Anklage, die genug Fragezeichen aufwirft, um den Internationalen Gerichtshof (ICJ) zu einer Untersuchung über mögliche Kriegsverbrechen zu veranlassen.

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Israel wurde schon verschiedentlich angeklagt, auf unethische Weise die Frage von Organen und Transplantationen zu handhaben. So hat zum Beispiel Frankreich in den 90er Jahren seine Zusammenarbeit mit Israel auf diesem Gebiet eingestellt. Die Jerusalem Post schrieb damals: "Die anderen Europäischen Länder werden diesem Beispiel wahrscheinlich bald folgen."

Die Hälfte aller Nieren, die Israelis seit Anfang 2000 eingepflanzt wurden, waren illegal aus der Türkei, Osteuropa oder Lateinamerika gekauft worden. Die Israelischen Gesundheitsbehörden wissen über all dies Bescheid und tun nichts, um dies zu stoppen. Auf einer Konferenz im Jahr 2003 wurde deutlich, dass Israel das einzige westliche Land ist, dessen Mediziner den illegalen Organhandel nicht verurteilen. Dies Land verfolgt keine Ärzte, die sich an diesen illegalen Geschäften beteiligen - im Gegenteil, Leitende Ärzte großer Israelischer Krankenhäuser sind an den meisten illegalen Transplantationen beteiligt, berichtete Dänemarks Dagens Nyheter am 5. Dezember 2003.

Im Sommer 1992 versuchte der damalige Gesundheitsminister Israels, Ehud Olmert, den Mangel an Transplantationsorganen durch eine große Kampagne mit dem Ziel einer öffentlichen Registrierung von Spendern für Organentnahmen nach dem Tod zu beheben. In den örtlichen Zeitungen wurden damals eine halbe Million von Formularen von Einverständniserklärungen beigelegt. Ehud Olmert selbst unterschrieb die erste. Wenige Wochen später schrieb die Jerusalem Post, die Kampagne sei ein Erfolg gewesen. Nicht weniger als 35 000 Personen hätten sich eingeschrieben. Vor der Kampagne wären es nur etwa 500 in einem normalen Monat gewesen. Im gleichen Artikel allerdings berichtete die Reporterin Judy Siegel, dass die Kluft zwischen Bedarf und Angebot weiterhin sehr groß sei. 500 Personen würden auf eine Nierentransplantation warten, während nur 124 Nieren-Verpflanzungen durchgeführt werden konnten. Von 45 Personen, die eine neue Leber brauchten, konnten nur drei in Israel operiert werden.

Während diese Kampagne noch durchgeführt wurde, begannen junge Palästinenser aus den Dörfern in der West Bank und in Gaza zu verschwinden. Nach fünf Tagen brachten israelische Soldaten die Leichen zurück, mit vernähten riesigen Wunden am Körper.

Die Berichte über diese Leichen entsetzte die Bevölkerung der besetzten Gebiete. Es gab Gerüchte über eine dramatisch steigende Zahl von jungen verschwundenen Männern, gefolgt von nächtlichen Beerdigungen "autopsierter" Leichen.

Ich [Donald Boström, Anm. des Übersetzers] war zu jener Zeit in jenem Gebiet und arbeitete an einem Buch. Bei mehreren Gelegenheiten wurde ich von UN-Angestellten angesprochen, die sehr beunruhigt über diese Entwicklung waren. Die Personen, die mit mir sprachen, sagten, die Organ-Raubmorde fänden wirklich statt, aber sie würden gehindert, irgendetwas dagegen zu tun. Ich reiste daraufhin im Auftrag einer Rundfunk-Gesellschaft herum und interviewte eine große Zahl von Palästinensischen Familien in den besetzten Gebieten West Bank und Gaza. Ich sprach mit Eltern, die mir erzählten, ihren Söhnen seien Organe entnommen worden, bevor sie ermordet wurden. Ein Beispiel, das ich auf jener schwierigen Reise fand, war der junge Steinwerfer Bilal Achmed Ghanan

Es war kurz vor Mitternacht, als das Motor-Getöse einer israelischen Militär-Kolonne vom Rand des kleinen Dorfes Imatin schallte, im Norden der West Bank. Die zweitausend Einwohner waren wach. Sie warteten ruhig, wie verschwiegene Schatten im Dunkeln, einige auf den Dächern liegend, andere versteckt hinter Vorhängen, Wänden oder Bäumen, die ein wenig Schutz vor den Besatzer gaben, aber einen Blick auf das offen ließen, was bald darauf das erste Grab eines Martyrers im Dorf genannt werden würde. Die Militärs hatten den Strom in diesem Gebiet abgeschaltet und es zur geschlossenen Militärzone erklärt. Nicht einmal eine Katze hätte nach draußen laufen können ohne ihr Leben zu riskieren. Die überwältigende Stille dieser dunklen Nacht wurde nur durch unterdrücktes Schluchzen unterbrochen. Ich kann mich nicht erinnern, ob uns die Schauer herunterliefen, weil es kalt war oder wegen der Spannung. Fünf Tage vorher, am 13. Mai 1992, hatte eine israelische Spezialeinheit die Teppichweberei dieses Dorfes für eine Falle genutzt Die Person, die man außer Aktion setzen wollte, war eben jener Bilal Achmed Ghanan, einer der Steine werfenden Jugendlichen, die israelische Soldaten damit ärgerten.

Bilal Ghanan war einer der führenden Steinewerfer und wurde vom Militär bereits seit Jahren gesucht. Zusammen mit anderen Steine werfenden Jungen hielt er sich in den Nablus-Bergen versteckt und lebte im Freien. Wenn sie gefangen würden, drohte Folter und Tod für diese Jungen - sie mussten um jeden Preis dort in den Bergen bleiben.

Aber am 13. Mai hatte Bilal eine Ausnahme gemacht und er ging, aus welchem Grund auch immer, ohne Schutz an der Teppichweberei vorbei. Auch Talal, sein älterer Bruder, wusste nicht, warum er dieses Risiko einging. Wahrscheinlich hatten die Jungen nichts mehr zu essen und mussten Nachschub holen.

Alles lief nach Plan für die israelische Special Force. Die Soldaten machen ihre Zigaretten aus, legten die Coca-Cola-Dosen zur Seite und sahen ruhig durch das zerbrochene Fenster. Als Bilal nahe genug war, brauchten sie nur den Abzug zu betätigen. Der erste Schuss traf ihn in der Brust. Nach Aussage der Dorfbewohner, die all dies sahen, folgten zwei Schüsse in die beiden Beine. Dann rannten zwei Soldaten aus der Teppichweberei hinunter und schossen ihm einmal in den Bauch. Schließlich packten sie ihn bei den Füssen und schleiften ihn so die zwanzig Stufen die steinerne Treppe zur Teppichweberei hinauf. Die Dorfbewohner berichteten, dass Leute von den UN und vom Roten Kreuz in der Nähe waren und die Schüsse gehört hatten. Sie erschienen nun dort und sahen sich nach Verwundeten um, die Hilfe bräuchten. Eine kurze Auseinandersetzung entstand, wer den verblutenden unter seine Obhut nehmen würde. Die war aber schnell beendet, denn die israelischen Soldaten luden den schwer Verwundeten in ihren Jeep und fuhren in zum Dorf-Rand, wo ein Hubschrauber wartete. Der Junge wurde zu einem der Familie unbekannten Ort gebracht. Fünf Tage später kam er zurück, tot und eingewickelt in eines jener grünen Tücher, wie man sie in Operationssälen verwendet.

Ein Dorfbewohner erkannte Kapitän Yahya, den Chef der Militärkolonne, die Bilal zurücktransportierte von der Leichenhalle am Rand von Tel Aviv zu dem Ort seiner Beerdigung. "Kapitän Yahy ist der schlimmste von allen." flüsterte der Dorfbewohner mir zu. Nachdem Yahya die Leiche abgelegt hatte und das grüne Hospital-Tuch gegen ein leichtes aus Baumwolle ausgetauscht hatte, wurden einige männliche Verwandte des Toten ausgewählt, um sein Grab zu graben und Zement zu mischen.

Zusammen mit dem scharfen Klang der Schaufeln hörten wir einige der Soldaten lachen, die darauf warteten, nach Hause gehen zu können und einige Witzchen machten. Als Bilal ins Grab gelegt wurde, sah man seine nackte Brust und es wurde klar, welchen Misshandlungen er ausgesetzt worden war: Er war aufgeschlitzt worden von der Leiste bis zum Kinn und er war bei weitem nicht der erste junge Palästinenser, der mit dieser Wunde beerdigt wurde.

Die Familien in der West Bank und in Gaza hatten den Eindruck, sie wussten genau, was passierte: "Unsere Söhne werden als unfreiwillige Organ-Spender verwendet" sagten mir Verwandte von Khales in Nablus, ebenso wie die Mutter von Raed aus Jenen und die Onkel von Machmoud und Nafes aus Gaza, die alle für einige Tage verschwunden waren und tot und mit "Autopsie" nachts wieder auftauchten.

"Warum halten sie die Leichen für bis zu fünf Tage zurück, bevor sie uns sie beerdigen lassen? Was ist während dieser Zeit mit den Leichen passiert? Warum führen sie Autopsien durch - gegen unseren Willen - wenn die Todesursache offensichtlich ist? Warum werden die Leichen immer nachts zurückgebracht? Warum wird dies mit militärischer Eskorte gemacht? Warum wird das Gebiet abgesperrt während der Beerdigung? Warum wird dort immer die Stromversorgung unterbrochen?" Der Onkel von Nafe war aufgebracht und hatte jede Menge Fragen.

Die Verwandten von toten Palästinensern hatten nicht länger irgendeinen Zweifel über die Gründe dieser Ermordungen, aber der Sprecher der israelischen Armee behauptete, alle diese Vorwürfe wären Lügen. Grundsätzlich alle palästinensischen Opfer würden einer Autopsie unterzogen, erklärte er. Bilal Achmed Ghanem war einer von 133 Palästinenser, die in jenem Jahr getötet wurden. Nach der palästinensischen Statistik waren die Gründe für die Todesfälle: Erschießen auf der Strasse, Explosion, Tränengas, absichtlich überfahren, im Gefängnis erhängt, in der Schule erschossen, zu Hause getötet und so weiter. Die 133 in jenem Jahr getöteten waren vier Monate bis 88 Jahre alt. Nur etwa die Hälfte von ihnen, 69 der Opfer, wurden einer Autopsie unterzogen. Die Routine, dass alle getöteten Palästinenser einer Autopsie unterzogen würden, die der Sprecher der Israelischen Armee behauptete, entspricht nicht der Realität in den besetzten Gebieten. Die Fragen bleiben offen.

Wir wissen, Israel hat einen großen Bedarf an Organen, wir wissen, es gibt dort einen großen und illegalen Organhandel, der nun bereits für viele Jahre anhält, wir wissen, die Israelische Regierung weiß das und dass führende Ärzte in großen Israelischen Krankenhäusern daran teilhaben, ebenso wie Zivilpersonen auf verschiedenen Ebenen. Wir wissen ebenso, dass junge Palästinenser verschwinden und tot zurückgebracht werden nach fünf Tagen, nachts unter speziellen Geheimhaltungsbedingungen, notdürftig zusammengenäht, nachdem sie von der Leiste bis zum Hals aufgeschnitten worden waren.

Es ist höchste Zeit, die Wahrheit über dieses makabre Geschäft zu erfahren, ans Licht zu bringen, was da vorgeht und was vorgegangen ist in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten, seit die Intifada begann.

[Anmerkung des Übersetzers: Die Reaktion der Israelischen Regierung auf diesen Artikel war, ihn als „antisemitische Lügen“ zu bezeichnen. Irgendwelche Erklärungen bezüglich der aufgeworfenen Fragen hält sie nicht für nötig. Stattdessen wird von der schwedischen Regierung verlangt, diesen Artikel zu verurteilen. Das ist genau die Art und Weise, wie alle brutalen Unterdrückungsregime auf Anklagen wegen Menschenrechtsverletzungen reagieren.]

Veröffentlicht am 25. August 2009 in der Berliner Umschau

Zusatz zum Artikel
Zum gleichen Thema hier ein weiterer Artikel:

http://www.saarbreaker.com/2009/08/mord-an-palstinensern-um-ihrer-organe-willen/

Hier einige Auszüge:

Die leiche von Bilal Achmed Ghanan, die eien Schnitt vom Kinn bis zum Bauch aufwies, als sie zurückgegeben wurde
Bilal Achmed Ghanan, 19 J., wurde von israelischen Soldaten erschossen und abgeführt. Sein Körper wurde mit einer grosse Naht vom Bauch bis zum Kinn zurückgegeben. Foto: Donald Boström

Boström zitiert (...) Augenzeugen, die angaben, dass ihre Söhne zwangsweise als „Organspender“ benutzt wurden.

Zu Anfang dieses Jahres hat die israelische Armee unter Verwendung von international geächteten Waffen einen massiven und tödlichen Blitzkrieg gegen die praktisch schutzlose Bevölkerung des Gazastreifens eingeleitet, bei dem tausende unschuldiger Zivilisten, einschliesslich hunderter Kinder getötet, verstümmelt und verbrannt wurden.

Menschenrechtsorganisationen beschrieben den gewaltigen Amoklauf mit Terror und Tod, der mehr als 20 Tage dauerte, als „eindeutiges Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ beschrieben.

Gleichermassen hat Israel tausende von unschuldigen Zivilisten in Westjordanland getötet, und viele der Opfer wurden für Autopsieoperationen in das forensische Institut von Abu Kabir geschickt.

Es ist jedoch nicht klar, ob die lebenswichtigen Organe dieser jungen Opfer immer beseitigt oder für Transplantationen jüdischer Patienten herausgenommen wurden.

Die israelische Armee, die in Israel einen ungeheuren Einfluss auf Politik und Justiz hat, widersetzte sich fast immer einer Untersuchung ihrer Operationen in Westjordanland, die unter extremer Verletzung internationalen Rechts, besonders der internationalen Menschenrechtsgesetze durchgeführt werden.

Präzedenzfälle

Im Januar 2002 gab ein israelischer Minister des Kabinetts stillschweigend zu, dass palästinensische Opfern entnommene Organe für Transplantationen an jüdischen Patienten ohne Wissen der Familien der palästinensischen Opfer benutzt worden sein könnten.

Der Minster Nessim Dahan sagte als Antwort auf eine Frage eines arabischen Knesseth-Abgeordneten, dass er weder verneinen oder bestätigen könne, dass Organe von durch die israelische Armee getöteten palästinensischen Jugendlichen und Kindern für Transplantationen oder wissenschaftliche Forschung entnommen würden.

„Ich könnte nicht mit Sicherheit sagen, dass dergleichen nicht geschähe.“

Es wird angenommen, dass der arabische Knesseth-Abgeordnete, der Dahan die Frage stellte, Ahmed Teibi war. Teibi betonte, dass er glaubwürdige Beweise erhalten habe, das israelische Ärzte am forensischen Institut von Abu Kabir derlei lebenswichtige Organe wie Herz, Nieren und Lebern von Körpern palästinensischer Jugendlicher und Kinder, die von der israelischen Armee in Gaza und in Westjordanland getötet wurden, entnähmen.

In einem Interview mit Al Jazeera Fernsehen 2002 klagte der verstorbene Yasser Arafat das israelische Apartheid Regime an, palästinensische Kleinkinder, Kinder und Jugendliche zu ermorden, um lebenswichtige Organe für Transplantationen zu entnehmen.

„Sie ermorden unsere Kinder und benutzen deren Organe als Ersatzteile. Warum schweigt die ganze Welt? Israel nutzt dieses Schweigen, um seine Unterdrückung und seinen Terror gegen unser Volk zu verstärken,“ sagte ein erboster Präsident Arafat.

In dem Interview, das am 14. Januar 2002 stattfand, hob Arafat Fotos von verstümmelten Kinderkörpern hoch.

„Ich bin nicht um mich selbst besorgt,“ sagte der Präsident, der unter Hausarrest stand, „sondern ich bin besorgt um das palästinensische Volk, das seit 15 Monaten im Belagerungszustand lebt.“

Israel hatte zugegeben, dass Ärzte vom L. Greenberg Institut für forensische Medizin in Abu Kabir Organe von drei palästinensischen Jugendlichen entnommen hatten, die von der israelischen Armee in der Nähe von Khan Younis getötet worden waren.

Nach 10 Tagen wurden die Leichen der drei Opfer ihren Familien zur Beerdigung ausgeliefert, denen Organe und selbst die Augen entfernt worden waren.

Israel hat niemals eine ernsthafte Untersuchung darüber und andere Vorkommnisse angestellt, bei denen die Entfernung vitaler Organe von Leichen palästinensischer Opfer, die von der israelischen Besatzungsarmee getötet worden waren, im Spiel waren.

Laut dem Reporter Saira Soufan sind die illegale Entnahme von Organen von palästinensischen Soldaten und Freiheitskämpfern seit 1990 und davor dokumentiert.

„Nach Rückgabe der Körper der Soldaten an die trauernden Familien wurde die Plünderung von Körperteilen beim Prozess der Beerdigung entdeckt.

Die leeren Körperhöhlungen wurden mit Abfall wie Baumwolle, Gartenschläuchen und Besenstielen gefüllt, dann zusammengenäht als Ergebnis einer sogenannten Autopsie.“

Gelegentlich stehlen israelische Behörden auch Körperorgane aus Leichen von Touristen, die in Israel sterben.

Ein unveröffentlichter Vorfall ereignete sich 1998, als der Schotte Alistair Sinclair unter merkwürdigen Umständen in einer Gefängniszelle des Flughafens Ben Gurion starb.

Die Eltern von Sinclair strengten ein Verfahren gegen die israelischen Behörden an, nachdem sie herausgefunden hatten, dass das Herz und andere Organe ihres Sohnes fehlten. Ersatzherz und -organe wurden seiner Mutter geschickt, die nicht glaubte, dass es diejenigen ihres Sohnes waren.

Dienstag, 18. August 2009

Aufschwungsversprechen

Wer wollte nicht gerne an sie glauben?

Von Karl Weiss

Wer wollte nicht gerne an die Aufschwungsversprechen von Minister Guttenberg glauben. Die Frage ist, kann er sie halten? J.Jahnke, ehemaliger Direktor einer europäischen Bank, meint: Nein. Rechnet Guttenberg auch mit unserem kurzen Gedächtnis?

Deutschland - Brutto-Inlands-Produkt gegen Vorjahr - quartalsweise
Sehen Sie hier einen Aufschwung?

Jahnke schreibt in seinem äußerst interessanten Info-Portal:

" ...hängen die Auslandsaufträge an einem höchst unsicheren Faden: Den immensen staatlichen Konjunkturstützprogrammen, vor allem in USA und China, darunter auch die massiven in vielen Abnehmerländern für die deutsche Automobilindustrie nur zeitweise vorhandenen Abwrackprämien. Diese Stützprogramme sind entweder schon terminiert oder lassen sich so nicht dauerhaft durchhalten, wenn ganze Staaten nicht in die Pleite rutschen sollen. Die Frage ist, was danach kommt, wenn die deflationäre Entwicklung anhalten sollte."

Dazu kommt all das, was durch die aufgeschobenen Entlassungen durch die massive Kurzarbeit auf Deutschland zukommen wird. Auch wenn die Kurzarbeit zunächst scheinbar positiv war, weil sie unmittelbar Massen-Entlassungen verhinderte, so ist sie doch auch trügerisch, wenn diese dann doch kommen, weil eben kein Aufschwung einsetzt.

Und das ist eben die grundlegende Frage: Setzt jetzt ein Aufschwung ein? Was dies in Frage stellt, ist vor allem der Einzelhandelsumsatz, der weiter deutlich nach unten zeigt, wenn auch nicht so steil wie die Industrieproduktion. Nur der Einzelhandelsumsatz müsste bei einem anstehendem Aufschwung nach oben zeigen, denn nur die Massennachfrage kann die Wirtschaft wieder in Gang bringen. Mitnahmeeffekte aus ausländischen und inländischen Abwrackprämien oder "Money for Cluncker" helfen überhaupt nichts, denn sie ziehen nur Bedarf zeitlich nach vorne. Sie verhindern Bedarf in der Zukunft und sind damit gerade gegen einen Aufschwung gerichtet.

Auch wenn sich im Juni/Juli eine mehr ebene Bewegung der Wirtschaftszahlen durchgesetzt hat, die vorher in steilem und steilsten Sturz waren, heißt das noch lange nicht, es gäbe bereits einen Aufschwung. Es sieht vielmehr so aus, dass es sich nur um eine zeitweise Verringerung des Absturzes handelt, weil nun Konjunkturprogramme und Banken-Gelder und Abwrackprämien greifen, aber sie schaffen keine Konsumnachfrage und deshalb können sie auch keinen Aufschwung hervorrufen.

Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, das die Abwärtsbewegung in absehbarer Zeit wieder Fahrt aufnimmt, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA und damit weltweit.

Was wir aber auf jeden Fall tun müssen, ist Herrn Guttenberg beim Wort nehmen. Wenn der von ihm nun versprochene Aufschwung nicht einsetzt, so ist er auf diesem Job fehl am Platz. Entweder er hat uns bewusst angelogen oder er versteht nichts von Wirtschaft.


Veröffentlicht am 18. August 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 17. August 2009

Piratenpartei auf Kurs Bundestag

Freibeuter der Parlamente - Erste Umfragen sagen über 5% voraus

Von Karl Weiss

Das Institut Emnid und das Magazin Cicero haben jeweils Umfragen veröffentlicht, die ein Wahlergebnis der Piratenpartei von 6% vorhersagen, d.h. sie würde ins Parlament einziehen. Eine Umfrage, die das Wissenschafts-Magazin LifeGen.de publizierte, kommt sogar auf 11 Prozent. Das wäre DIE Sensation des neuen Jahrhunderts in Deutschland.

Piratenpartei

Zwar wurde das deutsche 3-Parteiensystem bereits "aufgemischt", als Ende der Siebziger Jahre die Grünen auf der Bildfläche erschienen und sich dann im Laufe der Zeit zu einer Klientel-Partei (Städter, Lehrer, Intellektuelle, Ex-68er) entwickelten, die den Einzug in fast jedes deutsche Parlament schafft. Noch mehr und noch nachhaltiger wirkte das Erscheinen der Linken, die praktisch an jenem Tag entstand, als Lafontaine nach der Desaster-Niederlage der SPD bei den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen im Frühjahr 2005 ein öffentliches Angebot an die PDS schickte, zusammen mit ihm und der WASG eine neue Partei für die nächsten Wahlen zu gründen.

Heute hat sich die Linke auch im Westen fest etabliert und die "interessierten Seiten" haben es inzwischen schon aufgegeben, sie zu einer Totgeburt zu erklären. Allerdings ist den Linken in Deutschland nicht entgangen, dass die Linke zum Teil mit unannehmbaren Entscheidungen aufwartete, so z.B. die Anerkennung der "Neuen Verfassung der EU" und der Befürwortung des Verkaufs von kommunalen Wohnungen - ganz zu schweigen von den Absurditäten, die sich die Linke in Berlin als Regierungspartei leistet. Das hat bereits zu einem herben Rückschlag der Linken bei den Europawahlen geführt und für die Bundestagswahl sieht es nicht viel rosiger aus.

Doch nun, wenn die Piratenpartei es wirklich schaffen würde, aus dem Nichts in den Bundestag zu kommen, wäre all dies in den Schatten gestellt. Mit sechs Parteien im Bundestag würde sich alles ändern. All die schönen Träume von Schwarz-Gelb wären ausgeträumt, ja selbst die Konstellation zusammen mit den Grünen ("Jamaika") wäre gefährdet - und würde außerdem die Grünen zerreißen. Nichts wäre mehr wie vorher.

Die Piratenpartei hat bisher noch nicht einmal ein klares Wahlprogramm, wenn man von den grundlegenden Anliegen der Piraten, Internet ohne Zensur, Bürger ohne Maulkorb und freies Download zu privaten Zwecken absieht.

Aber das ist natürlich auch nicht, um was es geht. Den ausgelutschten und abgefuckten Politikern eine Lektion erteilen, das ist das Ding.

Man braucht kein Weiser zu sein, um zu sehen, dass die jetzige Große Koalition das Internet vor allem als Bedrohung ansieht. Und eine klare Mehrheit vor allem der jüngeren Menschen sieht das Internet vor allem als eine Bereicherung, ja manchmal schon fast als Lebensinhalt. Da ergibt sich ein logischer Konflikt und die Politiker-Masken unterschätzen offensichtlich sträflich, was da auf sie zukommt. Statt sich sachlich mit dem Internet und den Fragen des Downloads zur privaten Nutzung unvoreingenommen zu beschäftigen, beginnen sie zu verteufeln. Die Frage von Kinderporno im Internet wird benutzt, um den Beginn von Zensurmaßnahmen zu etablieren. Das wiederum bringt eine Menge Leute auf die Palme.

Es ist also gar nicht ausgeschlossen, dass es die Piratenpartei wirklich in das Parlament schafft, auch wenn diese Wählerstimmen vor allem auf die Ablehnung der etablierten Parteien zurückzuführen wären, nicht auf ein positives Programm der Piratenpartei.

Es ist zweifellos ein wesentlich positiver Ansatz, der da möglich wird. Im Moment kann alles helfen, was die verkrustete Parteienlandschaft aufbricht. Die Art und Weise, wie die Probleme nicht angegangen, aber stattdessen Hunderte von Milliarden in die Bankenwelt geschaufelt werden, charakterisiert eindrucksvoll die offene Verwesung, in die das System bereits übergegangen ist. Da kann frischer Wind nur gut sein.


Veröffentlicht am 17. August 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 7. August 2009

Ist das der Anfang vom Ende...

...des kapitalistischen Systems?

Von Karl Weiss

Ich befürchte, nicht alle sehen das so klar, aber mir scheint, diese Informationen sind von grundlegender Bedeutung: Im Juni 2009 sind in den USA sowohl die Einkommen als auch die Konsumentenausgaben als auch die Sparraten gesunken.

Das Wirtschafts-Info-Portal "Querschüsse" sagt zu dieser Entwicklung in den USA: "Die gigantischen staatlichen Kredit- und Liquiditätshilfen sind eine weitestgehende Fehlallokation von Kapital, denn die Einkommen, wie auch die Konsumentenausgaben und sogar die Sparraten sinken im Juni 2009. Mit sinkenden privaten Einkommen und sinkenden Ausgaben lässt sich kein nachhaltiger Aufschwung bewerkstelligen. Das Rezept zum Desaster - Einkommen durch Kredit zu ersetzen - wird auch jetzt wieder eingesetzt, in der Hoffnung damit positive Konjunkturdaten zu generieren!"

D: Exportvolumen in % gegen Vorjahresmonat

Was hier mit anderen Worten gesagt wird: Das nächste Desaster ist bereits vorprogrammiert! Es wird nicht nur keine Erholung aus dem Abschwung seit September 2008 geben, im Gegenteil, es wird einen neuen, verstärkten Abschwung geben. Zwar können kurzzeitig kreditverursachte Erleichterungen der Krise eintreten, die werden aber Tiefe und Dauer der Krise nur verschlimmern, weil sie erneut zu Kreditausfällen führen werden.

Eine grundlegende Weisheit ist im gleichen Info-Portal zu finden: "Avanti Dilettanti - die Verursacher der Krise können nicht die Retter sein - sie versuchen nur sich und ihr spekulatives Casino zu retten!"

Die interessanteste Stelle des Artikels befindet sich aber in den Kommentaren:

"Man stelle sich vor: die Konsumentenausgaben UND die Sparrate sinken!

Die Erosion der US-Wirtschaft schreitet also so schnell voran, dass diese beiden entgegengesetzten Faktoren sich gleichzeitig verschlechtern.

Und das, obwohl an die 2 Billionen Dollar gesamtstaatlicher Neuverschuldung ins System eingespeist werden, also etwa 14% des gesamten aufgeblasenen US-BIP.

Ohne diesen staatlichen Neuverschuldungsexzess, der selbst in der in dieser Hinsicht gebeutelten EU ohne Beispiel ist, würde die Wirtschaft im deutlich 2-stelligen Prozentbereich abschmieren.

Selbst Sparraten, die im Verhältnis zum EU-Durchschnitt von über 10% lächerlich anmuten plus beispielsloser Staats-Neuverschuldung können also keinen Aufschwung mehr herbeizaubern.

In den 90er Jahren war die letzte Gelegenheit, mit Blut, Schweiß und Tränen das Ruder noch einmal rumzureißen. In den letzten 10 Jahren wurde die letzte Chance endgültig verspielt. Keine noch so große Anstrengung kann den Verfall mehr aufhalten. Man kann sich nur noch entscheiden zwischen noch gewaltigerem Neuverschuldungsexzess und vielleicht 2 Jahren Zeitaufschub bis zur finalen Kernschmelze oder einer gewaltigen Sparanstrengung, die die wirtschaftliche Aktivität aber sofort noch mehr abwürgen würde."

Nun kam aber mit Datum zwei Tage später, am 7. August, nachdem diese desaströsen Meldungen veröffentlicht wurden, eine Erholungs-Nachricht: Die Financial Times Deutschland schreibt: "Derzeit geht es mit der Weltwirtschaft steil bergauf....". Basiert auf einem Anstieg gegen den Vormonat von 4,5% bei den industriellen Auftragseingangen in Deutschland, während gegenüber dem Vorkrisenstand immer noch ein Minus von 30% besteht. Na, was denn nun?

Der Blog "Querschüsse" klärt auch diese Frage:"Da bereinigte und auch die unbereingten Daten im Juni im Vergleich zum Vormonat nach oben zeigen, kann man eine gewisse Besserung bei den Auftragseingängen feststellen. Allerdings im Vergleich zum Vorjahresmonat sieht es immer noch düster aus. Die Langfristcharts zeigen nach einem brutalen Abwärtstrend nur eine erste Gegenbewegung an. Notwendiger Lageraufbau, weltweite Konjunkturprogramme erklären diese Gegenbewegung. Negativ schlagen weiter die schwachen Industrieauftragseingänge aus dem Inland zu Buche. Selbsttragend ist hier noch gar nichts."

Ja, so schnell stirbt "steil bergauf". Auch wenn sich aufgrund der massiven Programme für kurze Zeit eine Stabilisierung ohne Abwärtsbewegung ergibt, so ist der Kern der Krise, der fehlende Konsum aus Einkommen, nicht im geringsten angetastet und das heisst: Die nächste Abschwungphase ist nur eine Frage der Zeit.


Veröffentlicht am 7. August 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 31. Juli 2009

Weltrekord-Rückgang der Kreditvergaben

Darlehen an Unternehmen in Europa um 35 Mrd. Euro zurückgegangen

Von Karl Weiss

Die Kreditvergaben der Banken in Euro-Land an die Unternehmen (ausserhalb des Finanzsektors) sind im Juni um 35 Mrd. Euro gegenüber dem Mai zurückgegangen. Das ist der höchste je gemeldete Rückgang in einem Monat.

Die Financial Times Deutschland (FTD) zitiert hierzu einen Analysten der Deutschen Bank mit folgender Aussage: „Rückgänge hat es zwar früher schon gegeben, doch diese Zahlen kommen aus einer anderen Welt“. Das widerlegt sowohl die Aussagen der Banken, sie würden die Kreditvergabe nicht besonders restriktiv handhaben ebenso wie alle Hurra-Schreier, die bereits die Talsohle sehen wollen und das Ende der Krise.

Einer der wesentlichen Gründe dafür ist auf jeden Fall, dass weniger Kredit nachgefragt wird, weil weniger investiert wird, denn die Unternehmen haben die realen Zahlen und sehen, es gibt noch nicht den geringsten Ansatz zu einem Ende der Krise oder gar zu einem Aufschwung. In Deutschland planen viele Unternehmen jetzt bereits, wieviel und welche Mitarbeiter sie nach den Wahlen entlassen werden, welche Teile der Fabriken sie schliessen bzw. welche Fabriken. Sie beugen sich zwar den verzweifelten Aufrufen der Politiker, die grossen Entlassungen auf nach den Wahlen zu verschieben, weil sie ihre „Wunschregierung“ an der Macht sehen wollen, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Da wäre es ja Unsinn, wenn man bedeutende neue Investitionen machte und dafür Kredite aufnähme.

Der andere wesentliche Grund für diesen Einbruch bei den Krediten in Euro-Land ist die in Wirklichkeit eben doch restriktive Kreditvergabe der Banken. Genau befragt, geben die Banken auch zu,
  • dass sie für Kredite unter gleichen Bedingungen höhere Zinsen nehmen als vor der Krise („Risiko-Aufschläge“), obwohl sie sich zu niedrigeren Zinsen refinanzieren können als damals,
  • dass sie die Prüfungen der Unterlagen der Firmen genauer und zeitaufwendiger betreiben als vor der Krise,
  • dass sie die Anforderungen an Sicherheiten, die sie für die Kreditvergabe fordern, sowohl vom geforderten Wert als auch von der Bewertung der Sicherheiten her verschärft haben und
  • dass sie vor allem langfristige Kredite nur unter sehr speziellen Bedingungen vergeben, was viele Unternehmen vor Probleme stellt, denn diese können voraussehen, sie können in der Krise solche Kredite nicht innerhalb kurzer Zeit zurückzahlen.
Insoweit kann man also auch sagen: Die Banken wissen sehr wohl, es gibt kein Ende der Krise, die Blasen-Hausse der Aktien ist ein Feuerwerk, das schnell verpufft.

Nach Aussagen aus Unternehmen sind deutsche Privat- und Landesbanken besonders zurückhaltend in der Euro-Zone bei der Kreditvergabe. Weniger zurückhaltend seien dagegen die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisen-Banken sowie die Sparkassen. (Braucht man noch dazu zu sagen, das waren ja auch genau jene Banken, die nicht wesentlich an den Zockereien mit den Derivaten beteiligt waren und auch keine Staatshilfe brauchen?)

Der Chef-Volkswirt der Bayerischen Landesbank, Pfister, wird wie folgt zitiert: „Meine Befürchtung ist, dass wir 2010 mit etwa 40 000 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland den bisherigen Rekord einstellen werden.“ Und: „Jede Hoffnung auf eine rasche und kräftige Erholung der Wirtschaft ist aus meiner Sicht völlig illusorisch.“

Die ständigen Meldungen über steigende Aktienkurse, über dubiose Umfragen, die angeblich Deutsche Unternehmen bereits für 2010 optimistisch für den Aufschwung sehen (Ernst und Young), die ständig wiederholte Lüge vom hohen Konsum der Deutschen und ähnliches sind lediglich „Beruhigungstropfen“ für die Öffentlichkeit, damit die Menschen nicht schon vor den Wahlen mitbekommen, was angesagt ist und zu kämpfen beginnen.

Zur Frage der Kämpfe siehe auch diesen Artikel


Veröffentlicht am 31. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 28. Juli 2009

Das sind wir unserer Jugend schuldig

Kämpfen oder Verlieren, das ist die Alternative

Von Karl Weiss

Die heutigen Kinder und Jugendlichen in Deutschländ haben eine grosse Chance, in ihrer Mehrheit zu einer "lost generation", einer verlorenen Generation, zu werden, wenn wir diese Politikerbrut so weiter machen lassen. Wir sind es unserer Jugend schuldig, diesen Kapitalismus auf den Müll der Geschichte zu befördern und unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu garantieren.

Deutschland: Jugendarbeitslosigkeit gegen Vorjahr

Ein Drittel aller Jugendlichen verlässt die Schule heute in Deutschland mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss, was sie zu Niedriglohnjobs, Zeitarbeit oder Arbeitslosigkeit verurteilt. Die jungen Leute, die eine Stelle haben, werden (zusammen mit jenen über 50) zuerst auf die Strasse gesetzt. Wer heute ohne Berufsausbildung bleibt, ist praktisch zu Niedriglohnarbeit verurteilt. Die Zahlen wie 3, 4 oder 5 Euro pro Stunde für Arbeit greifen immer mehr um sich. Wer das Recht hat, trotz Vollzeitarbeit seinen Lohn auf den Hartz-IV-Satz aufgestockt zu bekommen, lebt in einer absurden Welt, denn er arbeitet, doch steht auf Hartz IV.



Deutschland gibt im Vergleich zu anderen OECD-Ländern deulich weniger für die Grundschulen aus. Während bei einem Vergleich, der die Ausgaben der Unterstufe der Oberschule mit einschliesst (wegen der Vergleichbarkeit), gibt z.B. Grossbritannien 3,8% des Brutto-Inlandsprodukts für diese Schulbildung aus, Frankreich ebenfalls 3,8%, Polen 3,7%, die USA 3,5% und die OECD-Länder im Schnitt ebenfalls 3,5%, während in Deutschland der Prozentsatz nur 2,8% beträgt. Das ist der geringste Satz von allen grösseren OECD-Ländern. Das ist also genau jener Bereich der Erziehung, wo die Kinder aus weniger wohlhabenden Elternhäusern hängen bleiben.

Ein wesentlicher Teil der Kinder und Jugendlichen kommen aus einem Haushalt mit einer Alleinerziehenden. Für diese Frauen (es gibt auch einige Männer, aber selten) gibt es nicht die geringste Unterstützung in der Situation der Berufstätigkeit und dazu Kinderbetreuung. Das Versprechen, kostenfreie Kindergartenplätze und Hortplätze für alle zu schaffen, hat die Politikerbrut schlicht nicht eingehalten. Man brauchte ja das Geld so dringend, um Spitzenmanagern in den Landesbanken Zig-Millionen-Abfindungen zu zahlen und um Millionärs-Golf-Clubs mit Millionenbeträgen zu unterstützen. Wenn diese Frauen von Hartz-IV leben müssen, sind sie unsäglicher Diskriminierung ausgsetzt, denn die "ARGE"-Mitarbeiter haben das Recht und die Pflicht, in ihren Betten zu schnüffeln.

Bereits im Jahre 2004 ergab die zweite Pisa-Stude, dass in keinem anderen vergleichbaren Industriestaat der Welt der Schulerfolg so abhängig vom Familieneinkommen und der Vorbildung der Eltern wie in Deutschland ist. Die in Saus und Braus lebenden Politiker hatten also genügend Zeit, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und das zu ändern - zumal man weiss, wie das geändert werden kann. Auch der Armutsbericht der Bundesregierung selbst aus dem gleichen Jahr enthält die Daten, dass die Kinder von Gutverdienern eine mehr als siebenfach höhere Chance haben, ein Studium aufzunehmen as solche aus Elternhäusern mit geringem sozialem Status.

Jetzt in der Krise wird diese Misere noch dramatischer. Nach den letzten Zahlen vom Juni 2009 im Vergleich mit Juni 2008 ist die Arbeitslosigkeit junger Leute mit 19,0% fast dreimal so stark gestiegen wie die der anderen Altersgruppen mit 6,7%. Ihr Beschäftigungsschutz ist geringer, denn viele von ihnen sind nur Leiharbeiter oder haben nur einen befristeten Vertrag. Auch die Sozialauswahl bei Entlassungen benachteiligt Jugendliche, weil sie kürzere Zeit im Betrieb sind und noch keine Familie haben. Dazu kommt die nun zu einer Epidemie gewordene Nicht-Übernahme von Ausgelernten. Junge Leute verkommen zur Dispositionsmasse in den Betrieben.

In dem Masse, wie sich die kapitalistische Gesellschaft bereits in Auflösung befindet, löst sie auch die Solidarität, die Bindungen, mehr und mehr auf, die für die Menschen noch ein halbwegs erträgliches Leben ermöglichten. Die Familien sind in offener Audflösung begriffen, die Freundschaften werden oberflächlich, die Geborgenheit, die manchmal noch Nachbarschaften, Vereine, Clubs und ähnliche Gemeinschaften boten, wird mehr und mehr unterwühlt. J.Jahnke berichtet in seinem Portal http://www.jjahnke.net/ im Schwerpunkt "Jugend" von einem Ausbilder, der es auf den Punkt bringt:

"Diese Gesellschaft hat beschlossen, sich aufzulösen. Die Politik versagt in Sachen Familienpolitik, Gesellschaftspolitik total. Diese Gesellschaft ist todkrank."

Die Jugendlichen und Kinder sind dieser Tendenz besonders hilflos ausgesetzt. Sie sind einem Trommelfeuer der Medien ausgesetzt, die Egoismus und Individualismus als "cool" darstellen, die lehren, es sei clever, andere übers Ohr zu hauen. Sie werden ohne den Schutz einer Lebenserfahrung von idiotischen Fernsehsendungen überrollt, die versuchen, alle so weit wie möglich zu verblöden.

Auf Hartz-IV-Niveau (208 Euro pro Kind) oder knapp darüber leben etwa 5 Millionen Kinder, darunter 1,9 Millionen Kinder unter 15 auf Sozialhilfeniveau. Von insgesamt 15,3 Millionen Kindern unter 18 betrifft das also etwa ein Drittel aller Kinder!

Die Jugendlichen bis 25 werden vom Staat gezwungen, bei ihren Eltern zu leben, wenn sie keine Arbeit finden, sonst bekommen sie kein Hartz-IV. Nur den Jugendlichen bis 25 Jahren kann das gesamte Hartz IV gestrichen werden (und wird in vielen Fällen gestrichen), den anderen nur ein Teil.

Ist es das, was wir unserer Jugend zukommen lassen wollen? Während die Politikerbrut Hunderte von Milliarden für Banken übrig hat, die sich verzockt haben, wird an unserer Jugend gespart. Und dann wird noch davon gesprochen, Deutschland müsse jemand zum Mond schicken und das würde nur Hundert Milliarden kosten!?

Und dabei haben wir diese Politiker bereits seit Jahren mit Wahlergebnissen abgestraft, die ihnen wortwörtlich die Sprache verschlagen haben (wenn auch leider nur für kurze Zeit). Doch die tun weiter so, als seien sie unsere legitimen Vertreter. Und das schlimmste: Es ist keinerlei Verbesserung in Aussicht - im Gegenteil. Nach den Wahlen im September wird Frau Merkel weiterhin dran sein und versprach bereits, alles beim Alten zu belassen.

Wir haben nur eine Möglichkeit, unserer Jugend ein lebenswertes Leben zu ermöglichen: Wir müssen diese Politikerbrut zum Teufel jagen und mit ihnen gleich das ganze kapitalistische System. Nur durch Kampf können wir etwas erreichen, das Hoffen auf Wahlen ist nutzlos. Es ist Kampf angesagt!

Sonst werden uns die Kinder und Jugendlichen in der Zukunft eindringliche Fragen stellen: "Habt ihr das etwa nicht gewusst, was auf uns zukommt, damals 2009, als die Krise bereits begonnen hatte? Wusstet ihr nicht, die Merkel wird auch nach den Wahlen wieder Bundeskanzlerin sein? Was habt ihr getan? Warum habt ihr nichts getan? War da niemand, der gesagt hätte, es muss gekämpft werden? Warum habt ihr es nicht getan?"


Veröffentlicht am 28. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Karl Weiss - Journalismus

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