Freitag, 14. Mai 2010

Minus 1 Million 15 Tausend; minus 872 Tausend; minus 380 Tausend!

Auswertung der Wahl in Nordrhein-Westfalen

Von Karl Weiss

Blankes Entsetzen: Ein Desaster! So muss man die Reaktion der Regierenden in Deutschland auf den Ausgang der Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) bezeichnen. Zwar hatten sie sich aufgrund der Umfragen schon vorbereiten können, aber der wirkliche Wahlausgang traf sie dann doch wie ein Schock. Die CDU verlor mehr als ein Viertel ihrer Wählerstimmen von der Landtagswahl im Jahr 2005, das sind etwa 1 Million und 15 Tausend Stimmen weniger.

Opel Merkel

Die andere Regierungspartei FDP wurde gegenüber ihrem Ergebnis vor kurzem bei der Bundestagswahl (nordrhein-westfälischer Anteil) mit einem Verlust von etwa 872 Tausend Stimmen „abgewatscht“. Sie verlor mehr als 62% ihrer nordrhein-westfälischen Wähler vom vergangenen Jahr!

Westerwelle

Die CDU hat gerade einmal etwas mehr als 20% der Wahlberechtigten in NRW auf ihrer Seite, die FDP nur 3,9%! Zusammen kommen beide etwa auf 24% der Wahlberechtigten.

Auch die SPD kam keineswegs zurück, wie sie das so gerne gehabt hätte (und behauptete). Auch sie verlor gegenüber der vorherigen Landtagswahl in NRW, die bereits als SPD-Desaster apostrophiert worden war, noch einmal etwa 380 Tausend Stimmen!

Dabei hatten die beiden Regierungsparteien, die zur Wahl standen, seit den Bundestagswahlen auf jede harte Maßnahme verzichtet, weil sie unbedingt die Landtagswahlen in NRW gewinnen wollten. Die „Zahlstunde“ für den Bürger, die eigentlich schon nach der Bundestagswahl erwartet worden war, kam gar nicht – noch nicht!

Pfau

Weder wurde die Mehrwertsteuer auf 25% erhöht, wie es bereits angekündigt worden war, noch hat man bisher die Kopfpauschale eingeführt. Die Krankenkassenbeiträge wurden noch nicht (oder nur teilweise) erhöht. Das Rentenalter wurde noch nicht auf 69 heraufgesetzt und die Hartz-IV-Zahlungen wurden bisher noch nicht gekappt. Es wurden noch keine Steuern für Höherverdienende verringert und dafür die Sozialabgaben der wenig Verdienenden heraufgesetzt. Und das waren ja nur einige der „Wohltaten“, die vorgesehen sind. Das „Aufschieben“ der Gelder für die Schulen und Universitäten, das Kappen jener für die Kindertagesstätten, na, Herr Koch hatte die Liebenswürdigkeit uns daran zu erinnern, das kann man auch noch machen.

Man schätzte einfach die Steuereinnahmen nach oben und konnte so die „schweren Geschütze“ bis auf nach den NRW-Wahlen verschieben

Und was tat der NRW-Wähler, dieser undankbare Flegel, diese (mit Verlaub) wilde Sau? Er reagierte, als hätte es all das schon gegeben! Und er konnte doch unmöglich wissen, was man mit ihm vorhatte – oder?

Na, vielleicht hat er etwas geahnt, als er las, alle Atomkraftwerke würden weiterfunktionieren bis zum Sankt Nimmerleinstag. Der deutliche Zuwachs der Grünen spricht Bände.

„Auf jeden Fall, er hat bereits abgestraft, als hätten wir jene Maßnahmen schon durchgedrückt. Was wird er erst machen, wenn die nun wirklich kommen?“ Und da sind wir offenbar am springenden Punkt. Das ist offenbar das Entsetzen, das man auf manchen Politiker-Gesichtern am Wahlabend sah. Man sah die Bilder von massiven Demonstrationen in Griechenland und Portugal, man sah jene aus Irland, man sah den Aufruhr in Thailand. Man musste befürchten, etwas ähnliches konnte sich auch bei uns tun.

Und da liegt man vielleicht gar nicht so weit daneben.

Sie werden so weitermachen. Sie werden nun auf „harten Kurs“ umschalten. Wir müssen gewappnet sein. Sie werden das nicht widerstandslos durchsetzen! Wir müssen kämpfen!


Veröffentlicht am 14. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 13. Mai 2010

Warum Griechenland und nicht das UK?

Und Italien? Und die USA?

Von Karl Weiss

Die griechischen Zahlen seien ja so schlecht, hat man uns versichert, die Griechen hätten eben über ihre Verhältnisse gelebt. Sehen wir uns also einmal die Zahlen an: Italiens (und Belgiens) Schuldenstand (in % vom BIP) ist höher als der griechische. Irland, Portugal und Spanien haben höhere Haushaltsdefizite als Griechenland, das Haushaltsdefizit von Großbritannien ist sowieso völlig unerreicht. Und wenn es um Schulden geht, sind die USA absoluter Spitzenreiter. Also warum Griechenland und nicht die anderen?

Diebe unter uns

Für wie leicht die Spekulation die Festungen der einzelnen Länder glaubt nehmen zu können, drückt sich im „CDS-Spread“ auf Staatsanleihen (Bonds) aus: Für Griechenland liegt der bei 731, für Portugal auf 358, für Irland auf 223, für Spanien auf 208 und für Italien auf 157. Demgegenüber haben das UK und die USA bisher noch keinen erhöhten CDS-Spread aufzuweisen.

Die Anleihen Portugals, das man anscheinend als nächstes „Opfer“ nach Griechenland vorgesehen hat, wurden von der Rating-Agentur S+P auf „Ramsch“ gestellt, auf die gleiche Höhe wie Botswana. Das hat offensichtlich nichts mit irgendwelchen Schulden- oder Defizit-Zahlen zu tun, das ist ein schlichtes Signal an die Spekulation, wen man als nächstes angreifen soll.

Der Rettungs-Plan

Es geht also bei Spekulationen gegen bestimmte Länder nicht um objektive Zahlen, sondern um Vereinbarungen, gegen wen man glaubt, besonders hohe Profite einschieben zu können. Da sind die USA und ist das United Kingdom kein besonders sinnvolles Ziel, denn die können mit einer Abwertung ihrer Währungen einen solchen Spekulations-Angriff relativ einfach abwehren und es braucht schon sehr viel Spekulation, um dabei einen so tiefen Absturz zu provozieren, dass es sich für die Spekulanten lohnt.

Viel leichter ist dagegen, gegen ein Land zu spekulieren, das keine Möglichkeit der Abwertung hat, weil es in einen Währungsverbunds eingespannt ist, wie das für die Euro-Länder gilt. Das wussten natürlich alle Fachleute, als der Euro gegründet wurde, aber man hat es versäumt, den Bürger in Europa darüber zu informieren.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

In dem Maß, wie in Deutschland praktisch ein totaler Lohnstopp durchgesetzt wurde nach der Einführung des Euros (genau gesagt schon vorher), was die Lohnstückkosen der deutschen Unternehmer in den Keller gehen ließ und zusammen mit der besonders hohen Produktivität der Deutschen, stellte sich innerhalb des Euro-Verbunds ein immer stärker werdendes Ungleichgewicht ein.

Deutschland erzielte als einziges Euro-Land hohe Außenhandels –Überschüsse. Alle anderen Euro-Ländern hatten mit einer unvergleichlichen Konkurrenz aus Deutschland zu leben. Ein Teil der nationalen Industrie wurde vernichtet, weil man mit den Preisen der Deutschen nicht mithalten konnte, ein anderer Teil, wie etwa Frankreich, die Niederlande und Dänemark hatten schwer zu kauen an den deutschen Niedrigpreis- und Hochqualitätsgütern.

Die anderen Euro-Ländern hatten nämlich keinen praktisch vollständigen Real-Lohnstopp verhängt wie in Deutschland die Regierung Schröder–Fischer in unheiliger Allianz mit den rechten Gewerkschaftsführern. Es sei hier nur noch einmal erwähnt, wie die Reallöhne sich in einigen wichtigen Euro-Ländern von 2000 bis 2008 entwickelten:

Deutschland: - 0,8%
Portugal: +3,3%
Spanien : +4,6%
Italien: +7,5%
Frankreich: +9,6%
Niederlande: +12,4%
Dänemark: 19,0%
Irland: 30,3%
Griechenland: 39,6%

Statistik Reallöhne

Es ist für jeden verständlich, wie da ein Ungleichgewicht entsteht. Natürlich war das Einkommen in Deutschland zum Zeitpunkt der Einführung des Euro absolut höher als in anderen Euro-Ländern, aber gleichzeitig war auch die Produktivität deutlich höher. Daraus ergibt sich im Effekt: Die Lohnstückkosten lagen etwa auf gleicher Höhe. Damit wird diese unterschiedliche Lohnentwicklung zu einer tatsächlich heftigen Wettbewerbsverzerrung. Deutschland wurde zum weltweit wettbewerbsfähigsten Land.

Dem deutschen Arbeiter wurde zur gleichen Zeit versucht einzuimpfen, er sei besonders teuer und Deutschland international nicht wettbewerbsfähig. Das war eine der größten Lügen des Jahrhunderts.

In Wirklichkeit begann die deutsche Exportindustrie aufgrund der hohen Produktivität in Deutschland nicht nur in die EU, sondern auch in andere Länder wie die USA und das United Kingdom und viele andere zu exportieren wie verrückt. Der jahrelang erreichte Titel des Exportweltmeisters war Zeuge davon. Doch es war noch mehr: Der Anteil des Exportüberschüsse am Brutto-Inlandprodukt (BIP) war in Deutschland weit höher als in allen anderen Ländern, einschließlich China, das als Wunder-Exportland angesehen wird.

Euros

So entstand zum Zeitpunkt, als die Krise einsetzte, ein heftiges Problem speziell in den schwächeren Ländern der Euro-Zone, die für viele Importe aus Deutschland zu zahlen hatten, aber nur bei Hoch-Konjunktur auch all diese Ausgaben aufbringen konnten. Sobald die Krise einsetzte, waren sie besonders betroffen und mussten ihre Auslandsschulden massiv erhöhen, um alle Rechnungen bezahlen zu können. So kam es zu den Problemen der PIIGS-Länder, also Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien.

Nun hat man also Griechenland einen größeren Kredit zugestanden. Das hilft aber Griechenland nicht. Das Problem Griechenlands ist die hohe Verschuldung. Durch noch viel mehr Schulden wird ja offenbar dies Problem nicht gelöst. Es ging lediglich darum, dass Griechenland die deutschen und französischen Banken und Versicherungen auszahlen kann, die einen guten Teil der Schulden Griechenlands besitzen. Es handelt sich also um eine neue Banken-Hilfe, wiederum auf dem Rücken des Steuerzahlers.

Griechenland wird in Wirklichkeit in eine Abwärts-Spirale gerissen, die sicherlich mit einer Art von Staatsbankrott enden wird. Auch der Euro wurde also nicht gerettet, denn Griechenland ist weiterhin Euro-Land.

Wahrscheinlich werden noch andere, große „Rettungsaktionen“ auf unsere Kosten folgen.

Man hat uns von vorne und hinten betrogen und belogen!

Die Politiker lügen wie gedruckt über die Euro-Krise, über Griechenland und wie es nun weiter geht. Die bürgerlichen Medien lügen wie gedruckt über die Euro-Krise, über Griechenland und wie es nun weiter geht.

Wir müssen lernen, nicht mehr so leichtgläubig zu sein. Wie konnten wir glauben, einem Land mit Problemen wegen Überschuldung würde geholfen, wenn man es noch weitere Schulden machen lässt?

Man könnte die Spekulation, die sich jetzt wohl Portugal vornimmt, mit einem Federstrich stoppen, aber das darf man nicht, denn die Spekulation bringt die hohen Profite für Banken und andere Konzerne – und die sind es, die das Sagen haben.

So müssen uns Politik und Bürgerliche Medien weiter versuchen an der Nase herumzuführen.

Wann werden wir lernen, diesen Lügensäcken nicht mehr zu glauben?


Veröffentlicht am 12. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 12. Mai 2010

Keine Erholung am Deutschen Automarkt

Autoabsatz in Deutschland um über 30% unter Vorjahr

Von Karl Weiss

Im April gingen die Auto-Verkäufe in Deutschland weiter zurück. Die Zahl der Neuwagenzulassungen in der Bundesrepublik fiel auch im April auf nun 259.400 Einheiten. Der Binnenmarkt ist so schwach, dass bereits über die Hälfte der in Deutschland produzierten Autos in den Export gehen. Von Januar bis April wurden in Deutschland weniger als eine Million Autos abgesetzt, das ist der niedrigste Stand seit Jahrzehnten.

VW Autohalde Brasilien

Zwar wirkt sich das für die deutschen Autobauer nicht katastrophal aus, weil die Auslandsverkäufe nun langsam wieder anzusteigen beginnen, vor allem die Exporte nach China, aber Exporte sind in einer Situation internationaler Unsicherheiten, Hyperinflationsgefahr und Überschuldung fast aller wichtigen Länder nichts, auf das man sich verlassen kann. Auch sind die deutschen Auto-Exporte noch lange nicht wieder auf dem Vorkrisenstand angelangt. Der Export von in Deutschland produzierten Fahrzeugen machte von Januar bis April etwa 1,4 Millionen Einheiten aus.

Zwar machen jene gute Geschäfte, die eine eigene Produktion in China haben, aber das ist keine gute Botschaft für die Arbeiter in deutschen Automobilfabriken.

Dass der Autoabsatz nicht bereits im vergangenen Jahr so tief abgesackt war, ist nur der Abwrackprämie zuzuschreiben. So sank denn auch der Absatz von Kleinwagen, die besonders intensiv über die Abwrackprämie gekauft wurden, im April um über 57% im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Für das ganze Jahr erwartet die deutsche Automobilindustrie einen Absatz in Deutschland von unter 3 Millionen Fahrzeugen, das wäre der niedrigste Stand seit zig Jahren.


Veröffentlicht am 11. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 11. Mai 2010

Faschisten behindern ist Rechtsbruch?

Empörende Kampagne von rechts

Von Karl Weiss

Nach der erfolgreichen Verhinderung eines Faschisten-Aufmarsches („Sie kamen nur 500 Meter“) in Berlin am 1. Mai kamen aus bekannten „rechten Ecken“ Anwürfe gegen vereinzelte Politiker der SPD und der Grünen, die sich an der Sitzblockade beteiligt hatten. Immer, wenn wirkliche grosse Massen von Menschen zusammenkommen, um den Faschisten nicht die Strassen zu überlassen, ist es möglich, ihre Aufzüge zu stoppen, denn die Polizei kann nicht 10 000 Menschen einkesseln oder vom Platz tragen.

Schiesstraining von Faschisten in Aargau, Schweiz

Diese Blockaden sind absolut notwendig, um zu verhindern, dass die Faschisten, so gering ihre Zahl im Moment auch sein mag, die Strassen Deutschlands in ihre Gewalt bringen, so wie es in den Jahren der Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, mit den Hitler’schen SA-Abteilungen der Fall war. Hitler hatte vom deutschen Gross-Kapital fast unbegrenzte Geldsummen bekommen, mit denen er die Arbeitslosen köderte, von denen ihm viele für gutes Geld nachliefen.

So hatte damals in Berlin die SA bereits vor Hitlers Einsetzung als Reichskanzler am 30. Januar 1933 die „Oberhoheit“ auf den Strassen in vielen Stadtbezirken. Ausser den Kommunisten wagte es niemand mehr, sich ihnen entgegenzustellen, denn die Knüppel sassen locker und die Polizei, wenn sie gerufen wurde, unterstützte fast immer die Faschisten.

Man mache sich keine Illusionen, die heutigen Faschisten wären weniger gefährlich als Hitlers Horden damals. Man höre nur ihre Sprechchöre: „Gegen Demokraten helfen nur Granaten“.

Und das meinen sie wörtlich!

Völckel und Übelacker bei Faschisten-Aufmarsch in Wiesbaden

Wollen wir wirklich, dass Deutschland ein weiteres Mal unter die Knute der „Führer“ und „Betriebs-Führer“ gezwungen wird, dass ein weiteres Mal Millionen von Menschen im Krieg sterben müssen, dass der Name Deutschland noch einmal mit den schrecklichst denkbaren Verbrechen der Menschheitsgeschichte verbunden wird?

Nein, so sagten über Zehntausend kürzlich in Dresden, so sagten am 1. Mai über 10 000 in Berlin und so sagten auch die Väter des deutschen Grundgesetzes, die nämlich in Artikel 139 das automatische Verbot aller Organisationen in Verfassungsrang hoben, die jenes faschistische Gedankengut in neuer (oder alter) Form wiederbeleben („Nachfolgeorganisationen“).

In flagranter Verletzung der Verfassung bleiben NPD und ihre Neben- und Geschwisterorganisationen ungeschoren, die eigentlich bereits verboten sind, gar nicht mehr verboten zu werden brauchen, denn es steht im Grundgesetz.

Ja, in flagranter Verletzung der Verfassung urteilen deutsche Richter wieder und wieder, die Faschismus-Wiederbelebungs-Organisationen hätten das Recht, Strassenumzüge durchzuführen.

Übelacker und Wöll bei Faschisten-Aufmarsch

Politiker und Rechtssprechung erklären den Artikel 139 der Verfassung für „obsolet“, das soll so etwas wie „überholt“ heissen, aber er ist so aktuell wie je und angesichts der verstärkten faschistischen Aktivitäten von steigender Bedeutung. Eine Verfassung kann nicht einfach für „überholt“ erklärt werden. Niemand hat auch nur den Versuch gemacht, den Artikel 139 aufzuheben – das wäre auch niemand gut bekommen.

Also ist er in Kraft und muss befolgt werden. Wenn irgend jemand Rechtsbruch begeht, dann sind es die Politiker, die immer darüber schwafeln, ob die NPD verboten werden soll, obwohl sie in Wirklichkeit schon verboten ist und das Verbot nur in die Praxis umgesetzt werden muss.

Wenn jemand Rechtsbruch begeht, dann die Richter, die mit schöner Regelmässigkeit Organisationen, die verboten sind, das Recht geben, durch deutsche Strassen zu ziehen und ihr Gift gegen Demokraten zu versprühen.

Wenn jemand Rechtsbruch begeht, dann die Polizeidirektionen, die es für ihre Aufgabe halten, solche Umzüge gegen alle Proteste durchzusetzen.

Pfarrer Dr. Stoodt

Insofern sind die die Behauptungen von einigen rechten Politikern (ja, auch in der SPD gibt es rechte Politiker) und der „Gewerkschaft“ der Polizei, die Demonstranten gegen die faschistische Brut hätten Rechtsbruch begangen, nun wirklich „obsolet“.

Wer die Verfassung nicht lesen kann, sollte den Mund nicht so voll nehmen.


Originalveröffentlichung

Die Bilder in diesem Artikel sind einem anderen Artikel zu den faschistischen Aktivitäten entnommen: "Gegen Demokraten helfen nur Granaten"

Montag, 10. Mai 2010

Neue Erkenntnisse über Polizei-Hinrichtung

Von hinten und mit „Fang-Schüssen“

Von Karl Weiss

Nach Aussagen des „Spiegel“ gibt es neue Erkenntnisse im Fall Tennessee Eisenberg, der letztes Jahr in Regensburg von 12 Polizeikugeln durchsiebt starb. Die Behauptungen der Polizei, ein einzelner Polizist sei durch den jungen, offenbar geistesgestörten Mann, der mit einem Messer „bewaffnet“ war, so in die Enge gedrängt worden, dass dieser von seiner Dienstwaffe Gebrauch machen musste, sind widerlegt. Auf dieser Behauptung hatte sich die Nicht-Anklage der Staatsanwaltschaft Regensburg gegen die beteiligten Polizisten gestützt.

Verbeamtete Mafia - Polizisten misshandeln Demonstranten

Es gibt nach Erkenntnissen des Spiegels ein Polizei-Video, basiert auf der Untersuchung der Schusskanäle im Körper von Tennessee, das zeigt: Bevor der erste Schuss fiel, hatte der Student Tennessee Eisenberg bereits am Fuß der Treppe kehrt gemacht und war dabei, die Treppe wieder hinauf zu gehen, als ihn die ersten drei Schüsse VON HINTEN trafen.

Tennessee Eisenberg wurde durch zwölf Polizeikugeln hingerichtet. Er war – offenbar in einer psychotischen Krise – mit dem Messer auf einen Mitbewohner losgegangen, ohne ihn allerdings zu verletzen und ging dann mit dem Messer in der Hand auf die Polizisten zu, die gerufen worden waren. Im Treppenhaus war der Showdown. Die Polizisten behaupteten, sie hätten ihn mit Tränengas bzw. Pfefferspray zu stoppen versucht, doch bei der Obduktion wurden die entsprechenden Rückstände im Körper von Tennessee nicht gefunden. Die Polizisten hatten gelogen!

Es war offensichtlich: Polizisten in Überzahl (es waren insgesamt 8 Polizisten am Einsatz beteiligt, direkt dem Mann mit dem Messer gegenüber standen 2 von ihnen, die dann auch die Schüsse abgaben) haben, ohne irgendeine eine andere Maßnahme versucht zu haben, ihre Magazine in den Körper von Tennessee Eisenberg hinein geleert und sich anschließend versucht auf Notwehr herauszureden. Reine Rambo-Macho-Attitüde!

Hätten diese Polizisten eine halbwegs vernünftige Ausbildung genossen, wie sie in einem angeblichen Rechtsstaat selbstverständlich sein sollte, so hätte jeder von ihnen auch schon alleine einen Mann mit Messer entwaffnen können. Das lernt man an einer vernünftigen Polizeischule im ersten Halbjahr.

Allerdings ist die deutsche Polizistenausbildung bereits weitgehend zu einer Macho-Mühle verkommen, wo man die Youngster rohes Fleisch essen lässt und zu Ohnmachtsbesäufnissen zwingt, anstatt eine demokratische Polizei zu erziehen, die den Gebrauch von Schmirgelpapier-Handschuhen selbstverständlich ablehnt und nicht andauern neue Polizisten mit diesen und anderen Marter-Instrumenten produziert.

Eine vernünftige Polizei-Ausbildung hätte Polizisten hervorgebracht, die eine so eindeutig klare Situation – auf der einen Seite ein einzelner, offenbar geistig verwirrter Mann, der ein Messer hat, auf der anderen Seite mehrere Polizisten mit Waffen, - mit einem kurzen Jiu-Jitsu-Griff erledigt hätten und den jungen Mann in eine Klinik eingeliefert hätten.

Doch die deutsche Polizisten-Ausbildung scheint bereits hauptsächlich auf Corps-Geist und Kumpanei ausgerichtet zu sein und nicht auf einen Freund und Helfer in vielen Situationen in einem demokratischen Staat. Anscheinend wird bereits darauf vorbereitet, diese Polizei gegen protestierende Massen einzusetzen, so wie heute in Griechenland und in Thailand und dann gehorsame schiesswütige „Diener“ der Staatsmacht zu haben, die keinerlei Skrupel haben, in Menschenmengen zu schießen.

So kann man denn die einzelnen schießenden Polizisten gar nicht mehr als allein schuldig ansehen, sondern muss die Politiker, die für diese Polizei-„Ausbildung“ zuständig sind, mit ins Bild einbeziehen.

Auch die Staatsanwaltschaften, direkt den Justizministerien unterstellt, sind bereits auf die neuen Aufgaben vorbereitet. Die in Regensburg zuständige Staatsanwaltschaft wusste bereits nach wenigen Tagen, die Polizisten seinen in einer Notwehr-Situation gewesen, obwohl dies Argument schon ohne nähere Untersuchung nicht die geringste Glaubwürdigkeit hat.

Als dann näher untersucht wurde, stellte sich nicht nur heraus, dass die behaupteten Versuche mit Tränengas und Pfeffer-Spray erfunden waren, sondern auch, dass die Polizisten nach 10 Schüssen, die Tennessee getroffen hatten, der längst wehrlos und blutend auf der Erde lag, noch zweimal geschossen haben und erst diese zwei letzten Schüsse wirklich tödlich waren. Offenbar hatten die Polizisten, als Tennessee nach 10 Einschüssen immer noch leichte Lebenszeichen von sich gab, Angst, er könnte überleben und eventuell die Wahrheit aussagen, so dass sie – folgend der Gangster-Logik – noch zwei „Fangschüsse“ nachlieferten.

Die Staatsanwaltschaft entschied auch, nachdem sie dies alles schon wusste, erneut, es sei aus einer Notwehr-Situation geschossen worden.

Nun gibt es also auch noch die Untersuchungen über die Einschuss-Kanäle der ersten Schüsse, durch die man nun weiß: Die Schießerei begann, als Tennessee den Polizisten bereits den Rücken zugedreht hatte und so auch keine vermeintliche Gefahr mehr darstellte. Es war eine willkürliche Hinrichtung. Die Staatsanwaltschaft hat auch nach dieser Erkenntnis das Verfahren nicht erneut eröffnet, sondern besteht weiter auf „Notwehr-Situation“. Solche Staatsanwaltschaften kennt man aus allen Unrechtsstaaten: In zynischem Einvernehmen mit der Polizei wird immer die Zivilperson für schuldig, der Polizist für unschuldig erklärt.

Diese Bundesrepublik ist nicht nur auf dem Weg in einen Unrechtsstaat, sie ist bereits ein Unrechtsstaat! Auch der bayerische Innenminister als Chef dieser Polizei erklärte sich zufrieden mit dem Ausgang. Es sei eine Notwehrsituation gewesen.

Ist es noch nötig zu erwähnen, in Bayern herrscht der Rechtsausleger der Union, die CSU? Sie herrscht allerdings zusammen mit der FDP, die sich früher einmal als „Bewahrer des Rechtsstaates“ gebärdet hat. Nicht einmal mehr ein kläglicher Protest kam von ihr!

So können wir nun denen sagen, die zumindest noch an einen Rest von Rechtsstaat geglaubt haben und daran, dass zumindest noch einige der bürgerlichen Politiker ehrlich sind: „Lasst alle Hoffnung fahren!“ steht über dem Eingang der Bundesrepublik Deutschland. Tennessee, wenn er uns denn noch zusieht, kann es mit zwölf Kugeln im Körper bezeugen!


Veröffentlicht am 10. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 5. Mai 2010

Was ist nun eigentlich mit Griechenland los?

Wem wird mit der „Griechenland-Hilfe“ geholfen?

Von Karl Weiss

Ein Trommelfeuer von Hetze: Die Griechen hätten über ihre Verhältnisse gelebt und wir müssten nun die Zeche zahlen. Unverschämte demagogische Behauptungen: Man könne die Griechen einfach pleite gehen lassen und die schlaue FDP ist dafür! Das ist bestimmt nicht die Wahrheit, aber wo ist sie? Die „Süddeutsche“ titelt am 2. Mai: „Die wahren Täter werden nicht bestraft“. Das dürfte der Wahrheit näher kommen.

Euros

Wenn Sie schon Urlaub in Griechenland gemacht haben oder jemand kennen, der da schon war, so können Sie es leicht verifizieren: Die Hetze von ‚Bild’ und anderen, „die Griechen“ würden in Saus und Braus leben und bekämen nun die Rechnung präsentiert, stimmt nicht. In Wirklichkeit ist das Lebensniveau des breiten Volkes in Griechenland noch deutlich unter dem Deutschen – und das trotz Hartz IV!

Allerdings können Griechenland-Urlauber auch von anderen Dingen erzählen: Da gibt es ganze Inseln, die jemand gehören und jeder, der sich auf mehr als einen Kilometer nähert, wird von rabiaten „Sicherheitskräften“ zur Umkehr bewegt. Da gibt es auf den größeren Inseln ganze Gebiete, die streng abgetrennt und mit einem Groß-Aufgebot von Wachpersonal abgesichert sind. Das ist da, wo Oligarchie-Familien ihre Häuser haben.

Auch in Athen selbst gibt es so ein Gebiet, abgesperrt, wie die Villenviertel der Parteibonzen in Ostberlin in der damaligen DDR. Überhaupt ist Unzugänglichkeit ganzer Zonen keineswegs auf Griechenlands Inselwelt beschränkt. Auch an den langen Küsten des Festlands trifft man immer wieder auf streng bewachte, eingezäunte Areale. Oligarchie-Alarm!

Das ist, wo die Karamanlis, die Papandreous, die Onassis leben und wie sie alle heißen. Sie sind es, welche die Staatskasse Griechenlands geplündert haben und davon in Saus und Braus leben.

Gab es je eine Möglichkeit, dass der griechische Staatsbankrott NICHT verhindert worden wäre? Nein, unter den gegebenen Umständen nicht. Warum? Weil es hauptsächlich deutsche und französische Banken und Versicherungen sind, die im Fall des Staatsbankrotts viel verloren hätten, denn sie sind die größten Gläubiger Griechenlands.

Alle FDP-Politiker, wie auch Frau Merkel selbst, die durchblicken ließ, man könne Griechenland eventuell nicht retten, sind freche unverschämte Lügner. Sie wissen genau: Im Kapitalismus bestimmen die Banken und Versicherungen und anderen Monopolkonzerne die Politik, nicht die Regierung oder die Parlamente. Der Hund wedelt mit dem Schwanz, nicht der Schwanz mit dem Hund. Es gab also nie die Möglichkeit, vielleicht nicht zu „helfen“. Das waren alles „Ehrenrunden“ vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen.

Diebe unter uns

Doch es reicht nicht aus, dass sie uns an der Nase herumführen, sie müssen zusätzlich noch alle diese Lasten aufs Volk abwälzen!

Die Bedingungen, die Griechenland gestellt wurden für das Rettungspaket von etwa 120 Milliarden Euro (nach anderer Quelle 135 Milliarden Euro; die offizielle Zahl ist 110 Milliarden, aber alle wissen, das wird nicht reichen) innerhalb der nächsten drei Jahre, werden vom Volk in Griechenland, das nicht im geringsten an den Korruptionen beteiligt war, extremste Opfer verlangen. Die Mehrwertsteuer wird erhöht, das trifft vor allem die unteren Schichten (wie wir in Deutschland genau wissen). Dazu kommen Lohn- und Gehaltskürzungen, Streichen der 13. Monatsgehalts und ähnliche Maßnahmen.

Hier schreibt man dazu:

„Die Rezepturen, die allerseits zur Genesung der griechischen Wirtschaft verschrieben werden, gleichen denen, die bereits vor zwei Jahren Lettland aufgezwungen wurden. Dort ist das Bruttoinlandsprodukt inzwischen um fast ein Viertel geschrumpft. Die Arbeitslosigkeit ist auf über 20 Prozent gestiegen, Schulen und Krankenhäuser wurden geschlossen, Renten, Kindergeld, Löhne und Gehälter radikal gekürzt. Dennoch ist das Budgetdefizit hoch geblieben und keine Besserung in Sicht. Diese Massenverelendung ist nun der Masterplan für Griechenland.“

Diese Massenverelendung wird aber eben auch dazu führen, dass die vorhergesehenen höheren Steuereinnahmen gar nicht hereinkommen und dadurch eine Abwärts-Spirale eingeleitet wird. Aber was soll es? Was kümmert diese Herren das Volk von Griechenland, die auch keinerlei Mitgefühl mit dem von Lettland gezeigt haben.

Aber niemand spricht davon, die großen Grundbesitzers Griechenland zur Kasse zu bitten und sie endlich eine Grundsteuer zahlen zu lassen, die ihrem Reichtum angemessen ist. Niemand will eine saftige Steuer für Finanzgewinne einführen, niemand die Einkommensteuer im oberen Bereich deutlich anheben. Die “Täter“, wie die „Süddeutsche“ die kleine Clique von Reichen in Griechenland nennt, wird fast vollständig vom Zahlen ausgespart. Die Proteste des griechischen Volkes gegen seine „Führer“ sind voll berechtigt.

Doch das griechische Volk wird nicht das einzige sein, das die Zeche zahlen soll. Einen wesentlichen Teil des Hundert-Milliardenbetrags werden die Steuerzahler in den westlichen Ländern aufzubringen haben, allen voran Deutschland und Frankreich.

Originalton „Süddeutsche“: „Bluten werden vor allem die einfachen Leute, die bislang schon rechtschaffen ihre Steuern zahlten.“

Fragt man, warum wir (und das griechische Volk) zahlen sollen, was andere eingebrockt haben, so bekommt man verschwurbelte Antworten, die darauf hinauslaufen: „Das ist systembedingt. In diesem Finanz- und Wirtschaftssystem ist das eben so.“

Darauf kann es nur eine Antwort geben: „Weg mit dem kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftssystem!“


Veröffentlicht am 5. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 4. Mai 2010

Da ist doch was oberfaul!

Was ist das mit dem Kachelmann?

Von Karl Weiss

Jörg Kachelmann sitzt nun schon weit über einen Monat in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft spricht von „weiteren Anschuldigungen“ zusätzlich zum Vorwurf, seine Lebenspartnerin vergewaltigt zu haben. Aber ansonsten halten sowohl Polizei, Staatsanwaltschaft wie auch der Verdächtige in einer Weise dicht, dass man misstrauisch werden muss. Staatsanwaltschaften können sonst kaum einen Tag auf einem neuen Untersuchungsergebnis sitzen, ohne es heraus sickern zu lassen, doch in diesem Fall herrscht das Schweigen der Lämmer (oder der Geier?).


Irgendwas ist oberfaul an diesem Fall. Kachelmann soll, wie der Bürger-Journalist gehört hat, ein prominenter Wettermann beim Ersten sein (oder gewesen sein?). Er kennt ihn natürlich nicht, denn er lebt ja in Brasilien.

Trotzdem konnte er sich schlau machen. Ein Freund fand in Deutschland heraus, dass Personen, die hier der Vergewaltigung angeklagt sind, wenn es keine anderen Verdachtsmomente als die Aussage der Frau gibt, niemals für mehr als 48 Stunden in Untersuchungshaft bleiben. Also, welche Beweise hat die Staatsanwaltschaft, die jene Anklage so glaubwürdig macht? Hat die Frau die ganze Szene auf Video? Aber warum würde man das geheim halten?

Kachelmann selbst und seine Verteidiger lassen nichts heraus als die Aussage, er sei unschuldig. Aber warum gehen sie nicht auf die vorgelegten Beweise ein, welche auch immer das sein mögen?

Die vorgelegten Beweise für diese Vergewaltigung (und eventuelle weitere Verfehlungen) müssen so überzeugend sein, dass die Verteidigung bis jetzt keinen neuen Haftprüfungstermin beantragt hat. Oder kann es irgendwelche andere Gründe geben, warum der Mann im Gefängnis bleiben will? Wird er von irgendwelchen Leuten, die eine Verbindung zu seine Lebenspartnerin haben, mit dem Tode bedroht, wenn er rauskommt? Na, das ist etwas weit hergeholt, oder?

Aber hat jemand eine bessere Theorie?

Nach dem letzten veröffentlichten Stand würde ein neuer Haftprüfungstermin, der auf jeden Fall stattfinden müsste, erst im September (September!) stattfinden. Will Kachelmann, wenn er doch unschuldig ist, wirklich bis September sitzen? Und warum?

Am 24. März wurde ein Haftprüfungstermin vor einem Richter durchgeführt, der Stunden dauerte. Der Richter bestätigte „dringenden Tatverdacht“ und „Fluchtgefahr“. Was wurde da vorgebracht, was diesen Richter überzeugte?

Warum wurden keine neuen Haftprüfungstermine beantragt?

Ist das Ganze eine unglaubliche Intrige gegen einen völlig unschuldigen „Prominenten“ - oder gibt es längst ausreichende Beweise und der Verdächtige will nur Zeit gewinnen, denn die Untersuchungshaft wird ja auf die Strafe angerechnet.

Beide Erklärungen sind nicht schlüssig. Im ersteren Fall hätte die Verteidigung längst neue Haftprüfungstermine beantragt, im zweiten hätte die Staatanwaltschaft längst siegessicher über die umfangreichen Beweise berichtet.

Also was ist los? Wer kann das Enigma auflösen?


Veröffentlicht am 4. Mai 2010 in der Berliner Umschau

Samstag, 1. Mai 2010

Die Katholische Kirche und die Menschenrechte

Hat die Kirche die Menschenrechte erfunden?

Von Karl Weiss

Im vergeblichen Versuch, die Katholische Kirche von allen Vorwürfen bezüglich ihrer Handhabung der Fälle von sexuellen und anderen Übergriffen reinzuwaschen, schreibt ein Redakteur der „Süddeutschen“ wohl einen der kuriosesten Artikel, die man dort je gelesen hat. Er versucht mit der Religion die Taten der Kirche zu erklären, aber es geht hier nicht um Religion, es geht um das ganz weltliche Verhalten dieser Kirche.

Stopp-Schild

Die Praxis der Kirche, die von den meisten Fällen sexueller und anderer Übergriffe gegen Kinder (und abhängige junge Jugendliche) sehr wohl wusste, ist es, die zur Empörung über ihre weltliche Organisation führt, nicht die Befürwortung oder nicht der Lehren von Jesus Christus.

Die Kirche hat die Täter praktisch nie der bürgerlichen Justiz ausgeliefert. Sie hat sich damit den Zustand des Staates im Staate angemasst, in dem die weltlichen Gesetze nicht gelten. Die Kirche hat die Anklagen von Kindern und Jugendlichen und von Angehörigen und anderen Helfern der Opfer zuerst immer als „erfunden“ und Diffamierung“ bezeichnet. Sie hat den Opfern mit Prozessen gedroht, wenn sie weiterhin reklamieren. War ein Übergriff nicht mehr zu verheimlichen, so hat sie solche Opfer mit Geldzahlungen und Schweigeverträgen gebunden, um die Fälle nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen.

Erkannte Kinderschänder in der Priesterrobe hat sie nicht aus dem Verkehr gezogen. Kein einziger Priester wurde bis heute seiner Priesterwürde beraubt oder sogar exkommuniziert wegen Vergewaltigungen von Kindern. Im Gegenteil, die allgemeine Praxis war und ist, die erwiesenermassen nicht mit ihren sexuellen Gelüsten zurechtkommenden Würdenträger andernorts wieder in Priesterstellen einzusetzen und erneut Übergriffe zu ermöglichen.

Deutschland - München

Unter dem Titel “Tödliche Entschuldigung” behauptet ein gewisser Seibt in der „Süddeutschen“ vom 23. 4. 2010, es sei selbstzerstörerisch für die katholische Kirche, sich zu entschuldigen. Die logische Folgerung, die sich ergibt: Katholische Kirche, bleibe fest, entschuldige dich nicht! Er erklärt, was er meint: Die Kirche beziehe sich auf Gott, nicht auf die Menschen.

Für sie ist das Opfer nach einem sexuellen Übergriff auf ein Kind nichts, das ihr Interesse hat, denn das Opfer ist unschuldig, sein Verhältnis zu Gott ist nicht gestört, sonder das des Täters. Sie muss sich um den Sünder kümmern, den Priester oder Mönch. Das innerkirchliche Strafritual wird abgespult und am Ende erhält der Sünder die Absolution – und damit ist das Geschäft der Kirche erledigt.

Diese Haltung, die Seibt in keiner Weise kritisiert, hätte dazu geführt, dass von aussen gesehen das Vorgehen „nur noch wie Täterschutz oder wie Selbstschutz der Institution Kirche anmutet“. Er schriebt „anmutet“, will heissen, das ist es nicht!

Deutschland: Köln

Das ist schon starker Tobak! Einer der Kommentare zu diesem Artikel sagt denn auch:

„"Bizarr" nennt es Seibt, wenn ein kirchlicher Würdenträger sein Bedauern über begangene Verfehlungen ausdrückt, und schiebt auch noch den Vergleich mit Mielkes Verhalten beim Untergang der DDR hinterher - und das ist nun wirklich bizarr. Denn außer dass die beiden Namen mit "Mi" beginnen, wird schwerlich ein Vergleichspunkt zwischen den beiden Fällen zu entdecken sein. Aber verfehlte Vergleiche haben in der Redaktion der SZ schon schlimme Tradition. Seibt hat sich jedenfalls mit diesem Artikel aus der Riege der ohnehin schon wenigen noch ernst zu nehmenden Redakteure der SZ endgültig verabschiedet.“

Doch das ist noch nicht alles Absurde, was uns der Autor zu bieten hat. Nein, er hat noch zwei „Sahnestückchen“ aufgehoben: Zuerst behauptet er, sich beziehend auf einen Artikel in der „Welt“, es sei das „Neue Testament“, also die Bibel gewesen, das „den Schutz der Kinder vor geschlechtlichem Missbrauch in einer Welt verkündigte, die Bedenken gegen erotische Beziehungen mit Kindern nicht kannte; der Schutz der Kinder ist genuin christliche Botschaft“.

Missbrauchtes Vertrauen

Das nun allerdings ist wirklich ein heftiger Trick. Es geht um das Verhalten der Katholischen Kirche. Wenn irgendjemand heute ernsthaft erwägt, aus dieser Kirche auszutreten, so wegen deren Verhalten, nicht wegen der christlichen Botschaft. Das Problem dieser Kirche ist ja gerade, dass sie die christliche Botschaft vor sich herträgt wie eine Monstranz, aber sich kaum je einen Deut um deren Inhalt geschert hat.

Im gesamten Mittelalter, das in ganz Europa von der katholischen Kirche dominiert war, wurden kleine (und jugendliche) Mädchen an ältere Herren (oder manchmal an gar nicht so alte) verkuppelt, zum Teil unter dem Vorwand, die beiden würden später ja heiraten, zum Teil hat die Kirche sogar solche Ehen mit Kindern geschlossen. Jeder hochgestellte Herr, dessen Frau verstorben war, hatte ein Recht auf jungen, knackigen „Nachwuchs“. Bis weit in die Neuzeit hinein hat die Katholische Kirche nicht das geringste daran auszusetzen gehabt, dass die sexuellen Gelüste von „Herren der Gesellschaft“ mit Mädchen in zartem Alter befriedigt wurden, sie hat sich an diesen „Geschäften“ vielmehr aktiv beteiligt, speziell wenn es darum ging, ihre eigene weltliche Macht abzusichern.

Das ist einer der infamen Tricks derer, die nun das Image der Kirche retten wollen: Sie vermischen die Kirche als diesseitige und weltliche Institution mit dem christlichen Glauben, mit der Lehre von Jesus. Nur: Die Fälle sind Legion, in denen die Kirche zwar verkündete, aber das Gegenteil tat als weltliche Institution, und im Grunde wissen dies auch alle.

Am Ende des Artikels versteigt sich Seibt noch ein zweites Mal zu diesem Versuch des Reinwaschens: Die Menschenwürde, so schreibt er, „das war einmal eine christliche Erfindung“. Auf welche Bibelstelle er sich auch immer damit beziehen mag: Das, was wir heute als Menschenwürde definieren und was seinen Ausdruck in der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen gefunden hat, musste durch die Aufklärung im heftigen Kampf gegen die reaktionären Kräfte erfochten werden, allen voran gegen die Katholische Kirche – und das bin in die jüngste Vergangenheit! Nun im nachhinein in einem Artikel über die Katholische Kirche gewissermassen deren Urheberrecht daran zu reklamieren, das ist denn doch zu viel!


Veröffentlicht am 29. April 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 30. April 2010

Erneutes Wetterleuchten: Die Epoche des Rohstoff-Mangels zieht herauf

Molybdän, Kobalt und Niob, Wolfram, Vanadium und Chrom

Von Karl Weiss

Da das kapitalistische System grundsätzlich und vom Prinzip her ein System des Raubbaus sein muss, wird es an seinem Ende unweigerlich zur Knappheit von Rohstoffen kommen. Ja, es ist denkbar, dass sein Ende dadurch beschleunigt wird. Die ersten Anzeichen werden nun deutlich: Molybdän und Kobalt wurden als Future-Titel an den Rohstoffbörsen eingeführt. Damit ist der Spekulation mit diesen Metallen Tür und Tor geöffnet und es wird wohl nicht lange dauern, bis deren Preise in die Höhe schießen.

Erdöl 1

Nun sind Molybdän und Kobalt, beide in der Eisen- und Stahlindustrie unabdingbar, keineswegs die einzigen, auf die man schon spekulieren kann. Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn kann man ebenfalls bereits als „Future“ kaufen bzw. verkaufen (obwohl man es noch gar nicht hat). Allerdings sind diese Metalle zum größten Teil noch in genügenden Mengen auf dem Markt. Kupfer allerdings hat eine große Hausse erlebt und kostet heute fast soviel wie Silber. Auch die nächsten Kandidaten für die Einführung in Rohstoffbörsen wurden bereits genannt: Wolfram, Vanadium und Chrom.

Das Einführen von Rohstoffen an Börsen hat im Prinzip keinen praktischen Wert für die Welt außerhalb der Finanztitel. Die meisten Kontrakte über Käufe von Rohstoffen in bedeutenden Mengen werden unter großen Firmen direkt verhandelt und abgeschlossen. Die Mengen, die an den Börsen in Form der Rohstoffe gehandelt und dann anschließend wirklich verschifft werden, sind gering. An den Rohstoffbörsen wird vielmehr eine Art von Spielcasino betrieben.

Aufgrund von Kauf- und Verkaufsaufträgen wird täglich ein mittlerer Preis ermittelt, der dann nach außen hin als Preis für diesen Rohstoff ausgegeben wird. Diese Preise sind aber fast immer deutlich höher als jene, die man beim Kauf von größeren Mengen im direkten Kontakt mit den Anbietern wirklich zahlen muss.

Das ändert sich allerdings, wenn wirklich eine Situation der Verknappung eintritt. Dann sorgt die Tatsache, dass der Rohstoff an der Börse gehandelt wird, für einen heftigen Anstieg der Preise und wirkt sich auch auf die großen Kontrakte aus. Ein typisches Beispiel war die Verknappung des Erdöls im Sommer 2008, die zu Preisen von über 150 Dollar pro Barrel Erdöl führten.

Erdöl

Doch, warum ist das kapitalistische System grundsätzlich eines des Raubbaus? Weil im Kapitalismus niemand je die Gesamtrechnung aufmacht, ja es ist verpönt, dies zu tun. Der Kapitalist rechnet immer nur in Form der Kosten und des Profits für seine Fabrik(en), niemals über die Frage, ob jener Rohstoff bald zu Ende geht oder nicht. Würde er zum Beispiel Konsequenzen ziehen und einen bestimmten Rohstoff durch einen andren, teureren, der zur Genüge vorhanden ist, zu ersetzen, geriete er sofort in einen Wettbewerbsnachteil und würde von der Konkurrenz überholt.

Nur die Regierungen könnten im Kapitalismus auf internationalen Konferenzen Regeln festlegen, die ein vernünftiges Haushalten mit Rohstoffen beinhalten. Aber, wie jeder weiß, die Regierungen laufen ja gerade am Gängelband jener Konzerne und werden den Teufel tun, ihnen Zügel anzulegen. „Unnötige Bürokratie!“ tönt es da. Die internationalen Konferenz über die drohende Klimakatastrophe völlig ohne Ergebnis in Kopenhagen im Dezember spricht Bände.

Und so fährt denn der Kapitalismus sehenden Auges gegen die Wand.

Der Bürger-Journalist hatte kürzlich Gelegenheit, sich eine dieser Fragen aus der Nähe anzusehen beim Besuch von einer von drei Niob-Minen weltweit, hier im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Niob ist ein Metall, das im Moment für bestimme Anwendungen in der Elektronik unabdingbar ist. Es wird aber in großen Mengen (groß in Relation zum Vorkommen) für bestimmte Metall-Legierungen verwendet, deren Eigenschaften sich auch anders herstellen ließen, nur eben teurer (bisher noch).

So wird wohl bald auch Niob in die Rohstoffbörse aufgenommen werden und auch seine Preise in die Höhe gehen wie eine Rakete.

Das ganze Problem im Kapitalismus ist, es ist nicht möglich, ein vernünftiges Konzept des Recycling durchzusetzen, weil die Kosten angeblich zu hoch sind und sich daraus kein Profit gewinnen lässt. Wenn dann so ein Rohstoff bereits zu Ende geh, ist es zu spät.

So gehen weltweit fast alle Computer und Handys in den normalen Müll und werden dann in der Regel Müllverbrennungsanlagen zugeführt, damit zukünftige Generationen auch bestimmt nichts mehr zurückgewinnen können. Selbst jene elektronischen Abfälle, die getrennt gesammelt werden, trennt man nicht vollständig auf alle Rohstoffe hin und bringt sie zur Wiederverwendung, denn die Preise vieler Rohstoffe sind noch da im Keller und es „lohnt sich nicht“ (im kapitalistischen Sinne), sie zurückzugewinnen. Dies gilt im Moment auch noch für Niob.

Erst im Sozialismus werden wir konsequent und unabhängig von den Kosten alle benutzten Güter vollständig recyceln und der Wiederverwendung zuführen. Wie ein solches Recycling-Konzept aussehen kann, beschreibt dieses Dossier: „Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 5, Kryo-Recycling statt Müllverbrennung


Veröffentlicht am 28. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 29. April 2010

‘…die Bürgerliche Gesellschaft in ihren Grundfesten zerstört...’

Aussagen eines FDP-Politikers

Von Karl Weiss

Ein FDP-Abgeordneter erklärt in klaren Worten, die drohende Inflation in wichtigen Industrie-Staaten könne „die Bürgerliche Gesellschaft (also den Kapitalismus) in ihren Grundfesten zerstören“. Im gleichen Interview sagte er auch, das jetzige Geldsystem stehe „nicht kurzfristig“ vor dem Zusammenbruch, will sagen längerfristig schon.

Westerwelle

Eigentlich wollte der Betreiber der Website mmnews vom FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hauptsächlich etwas zur Griechenlandhilfe hören, die von ihm vehement abgelehnt wird, aber da kamen noch einige andere Aussagen zum Vorschein, die eigentlich kurios sind.

Zunächst erklärt er ganz schlicht, nicht viele seiner Kollegen hätten sich mit dem Geldsystem befasst. Kaum jemand kenne die wirklichen Ursachen der Krise. Über irgendwelche Nachhilfestunden, die er den Kollegen geben wolle, sagt er aber nichts.

Wie muss man sich das vorstellen? Er sitzt da ganz locker auf seinem Abgeordnetensitz im Bundestag, hört seinen Chef Westerwelle und dessen Chefin Merkel Unsinn reden und gluckst still in sich hinein?

Reichstag - Bundestag

Zum Thema Geldsystem befragt, einem Lieblingsthema der mmnews, erklärt er, er glaube nicht an einen kurzfristigen Zusammenbruch. Das beinhaltet ja wohl die Aussage, längerfristig sei ein solcher Zusammenbruch wahrscheinlich. Er weist in diesem Zusammenhang speziell auf das gegenwärtige Schaffen einer neuen Blase hin, die dann wieder korrigiert werden müsse, was beim nächsten Mal noch einschneidender sei als beim ersten Mal, also beim Beginn der Finanzkrise.

Dabei bezieht er sich offenbar darauf, dass die Banken weltweit bereits wieder neue Pakete von angeblich hochwertigen, in Wirklichkeit aber Ramsch-Wertpapieren an Anleger verkaufen, was in nicht allzu langer Zeit wieder auffliegen wird.

Bundestag - Reichstag

Dann kommt die Frage nach einer Währungsreform. Das bezieht sich also auf den Euro, denn eine andere Währung haben wir ja hier nicht. Auch hier kommt eine kurzfristig/längerfristig-Antwort: Kurzfristig werde es wohl kein Notwendigkeit einer Währungsreform geben, aber es müsse unbedingt die Verschuldung kontrolliert werden, sonst werde dies genau die Gefahr sein, also der Zusammenbruch des Euro als Währung, was dann zu einer oder mehreren Ersatzwährung führen würde.

Also, wie sollen wir das verstehen? Auf der Tribüne des Bundestags erklärt die FDP, die Krise sei schon überwunden und wir gehen herrlichen Zeiten entgegen, in denen die Bundesrepublik wieder Exportweltmeister sein wird - und am Pressetisch erklärt man, man wisse sehr wohl, dass alles zusammenbrechen wird, denn die Griechenlandhilfe ist ja nur ein Anfang und die Verschuldung wird immer mehr steigen – also meine Herren, was denn nun?

Pfau

Dann fragt der Interviewer, ob es denn eigentlich noch eine „Marktwirtschaft“ gäbe und der Abgeordnete erklärt in aller Offenheit:

„Wir haben keine Marktaustrittsmechanismen für den Bankenbereich wie für den staatlichen Bereich. Und das ist ein Dilemma. Der Staat ist durch dieses System erpressbar geworden – nicht nur durch Banken.“

Ja, das muss man sich auf der Zunge vergehen lassen. Lesen Sie das noch einmal ganz langsam durch!

Diebe unter uns

Also das mit Marktaustrittsmechanismen meint, weder die großen Banken dürfen pleite gehen, weil sie das ganze Finanzsystem mit sich reißen würden noch gibt es die Möglichkeit des Staates, seine Währung abzuwerten, wenn das notwendig ist, weil man im Euro zusammengebunden ist.

Und daraus ergibt sich „Erpressbarkeit“. Mit anderen Worten: Wer anschafft sind die Banken und anderen Großkonzerne und wer lediglich ausführen darf, ist der Staat. Das ist perfekt die Lenin’sche Imperialismustheorie vom Anfang des 20. Jahrhundert, die der FDP-Abgeordnete nun im 21. Jahrhundert endlich auch begriffen hat.

Karl Marx

Nun, die Herren FDP-Abgeordneten, wie wäre es Sie würden mal im Bundestag eine Rede halten und erklären, die Banken schaffen an und wir führen nur aus?

Doch damit ist die Lehrstunde noch nicht beendet. Hören Sie Originalton FDP-Abgeordneter (hier in indirekter Rede vom Interviewer):

„Eine mögliche Inflation würde die ganze Gesellschaft treffen. Unterm Strich führe das dazu, dass die bürgerliche Gesellschaft in ihren Fundamenten zerstört wird. Wenn die Politik den Weg der „Selbstreinigung“ nicht bereit ist zu gehen, dann wird es problematisch.“

Das ist schon wieder Lenin!

Auch er erklärte uns zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die bürgerliche Gesellschaft kann ihre Probleme (hier: Inflation) ab einem bestimmten Moment nicht mehr lösen. Dann gibt es nur noch den Absturz in die Barbarei oder das, was der FDP-Mann „Selbstreinigung“ nennt. Lenin nennt das Revolution.

Wer hätte das gedacht? Wir sind schon so weit gekommen, dass uns ein FDP-Abgeordneter Lenin erklären muss.

Vielen Dank, mmnews und Herr Schäffler, für diese Lehrstunde. Wir werden uns das alles ganz genau überlegen müssen, nicht?


Veröffentlicht am 27. April 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 26. April 2010

Rechtsfreier Raum Hamburg

Das BVG hat es ihnen um die Ohren geschlagen, aber die Hamburger Richter machen genauso weiter!

Von Karl Weiss

In Hamburg (und in einem Teil der Fälle auch in Berlin) werden über 90% der Prozesse geführt, die Internet-Seiten bestimmte Veröffentlichungen verbieten wollen. Sie bekommen fast immer recht, denn die Presserichter in Hamburg (und zum Teil in Berlin) urteilen konsequent und entgegen jeglicher tatsächlicher rechtlicher Würdigung für die scheinbar verletzten Persönlichkeitsrechte von mehr oder weniger „Prominenten“ und gegen das Recht auf Informations- und Pressefreiheit. Diese Zustände dauern bereits Jahre an, ohne dass es irgendjemand für nötig erachtet, da Einhalt zu gebieten.

Nun gibt es, fünf Jahre nach dem entsprechenden Prozess in Hamburg, ein Urteil des Obersten Gerichtes, des Bundesverfassungsgerichts (BVG), über eines jener typischen „Hamburger Urteile“, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Wie schon früher, weist das BVG die Ansicht zurück, die Informations- Meinungs- und Pressefreiheit müsse immer vor den Persönlichkeitsrechten von in Veröffentlichungen genannten Personen zurücktreten.

Die Verfassungsrichter schlagen der Hamburger Presse-Kammer die Argumente mit der mehrfachen Verwendung des Wortes „offensichtlich“ geradezu um die Ohren.

So gibt es im deutschen Rechtssystem Räume, nämlich Hamburg (und zum Teil Berlin) sowie das Internet, in dem die Rechte der freien Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit nicht den gleichen Rang einnehmen wie im Rest der Republik.

Der konkrete Fall liegt bereits Jahre zurück und war lediglich eine Feuilleton-Geschichte. Bei einem Presse-Besuch in der Wohnung der damaligen Generalsekretärin der FDP, Cornelia Piper, zeigte die Politikerin den Reportern auch einige Pflanzen, die der 18-jährige Sohn züchtete und da war auch eine Cannabis-Pflanze zu sehen, welche die aufmerksamen Journalisten erkannten. Der Sohn sagte, das sei ein Versehen und entsorgte das Pflänzchen denn auch gleich im Müll. Dort fand es die zeitungslesende Staatsanwaltschaft, ordnete Durchsuchung an und eröffnete ein Ermittlungsverfahren (das natürlich später im Sande verlief). Es wurde sogar eine offizielle staatsanwaltliche Presseerklärung abgegeben, da der Fall bereits in vielen Zeitungen stand.

So weit, so lustig.

Doch nun kam da ein lächerlicher, unbedeutender nicht-kommerzieller Blogger und berichtete auch kurz über den Fall, wobei der Name des erwachsenen Sohnes genannt wurde. Der Prominenten-Sohn, der zig Artikel in der Presse hatte durchgehen lassen, weil die Episode eben mehr kurios war als etwas, mit dem man gegen eine Politikerin argumentieren könnte, zog nun plötzlich gegen den Blogger vor Gericht und – wie es die einschlägigen Rechtsanwälte wollen, in Hamburg vor der Pressekammer.

Dort wurde der Blogger heftig verurteilt, weil die Dinge in Hamburg eben so sind. Angeblich seinen die Rechte des Söhnchens durch die Namensnennung verletzt worden und er habe Anspruch auf Unterlassung und Entschädigung. Es spielte dabei keine Rolle, dass der Artikel des Bloggers gar nicht den Sohn, sondern die Staatsanwaltschaft aufspießte, die nach Ansicht des Bloggers hier unverhältnismäßig vorgegangen war.

Nun, das BVG erklärte die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil als „offensichtlich begründet“. Das Interessante an dem Fall ist aber, dass dies nun die Hamburger Richter nicht im geringsten stört. Sie werden weiter gegen die Meinungs- und Pressefreiheit entscheiden, wenn es ums Internet geht, denn ein Deutscher Richter ist nicht verpflichtet, entsprechend der Verfassung zu entscheiden. Im Zweifelsfall könne der durch solche Urteile Geschädigte ja vor das BVG ziehen.

Nun ist dies in der Praxis oft unmöglich, denn ein kleiner Blogger, der vielleicht einige hundert Leser im Monat oder im Jahr hat, wird üblicherweise nicht die Mittel haben, gewiefte Rechtsanwälte fünf Jahre lang zahlen zu können, die mit ihm vor das BVG ziehen.

Die Ausrede, das Internet sei ja weltweit und daher könne der Gerichtstand dahin gelegt werden, wo es der Kläger will (und das ist dann eben fast immer Hamburg oder manchmal Berlin) ist im Grunde leicht zu durchschauen. Die einfache Regelung, dass der Gerichtsstand für solche Fälle am Ort ist, wo der Internetprovider seinen Sitz hat oder dort, wo der Blogger seinen Wohnsitz hat, würde mit dieser Praxis aufräumen, aber die Bundesjustizministerin hat es ausdrücklich abgelehnt, eine solche Veränderung vorzunehmen.

Diese Praxis der deutschen Rechtsprechung reiht sich ein in andere Entscheidungen des BVG, wie zum Beispiel die zur Grundgesetzwidrigkeit von Hartz IV – aber alles bleibt beim Alten oder soll sogar noch verschärft werden. Da BVG wird auf diese Art und Weise von einem Gericht zu einem Kommentaristen-Gremium.

Interessanterweise hat man noch keinen Verfassungsschutz-Agenten gegen diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen vorgehen gesehen.


Veröffentlicht am 26. April 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 23. April 2010

Kommt jetzt die Inflation?

Erzeugerpreise ziehen zum Teil deutlich an in den USA

Von Karl Weiss

Die neuesten Zahlen aus den USA von Mitte April für die erste April-Hälfte zeigen für die Erzeugerpreise zum Teil wesentliche Anstiege. Zwar beschränkt sich das noch auf die Energie-Preise und auf Rohwaren-Niveau, aber aus Rohwaren werden schnell Fertigwaren.

Dollar Gasp

Hier einige Zahlen: Die Lebensmittelpreise auf Endverbraucherniveau stiegen im 6-Monatsvergleich um 13,5%. Die Energie auf Endverbraucher-Niveau stieg im 6-Monatsvergleich um 24,1%. Rohprodukte steigen im 6-Monatsvergleich um 50,4%. Die Energie als Rohprodukt stieg im 6-Monatsvergleich um 73,1%.

Preisteigerungen USA

Allerdings ist die offizielle Inflationsrate in de USA, die immer auf Endverbraucher-Level bezogen wird und die automatisch die Energie- und Lebensmittelpreise draußen vor lässt, nur bei 1,9% im Drei-Monatsvergleich, aber das könnte man genauso als Ausreißer ansehen, wie die obigen Zahlen auch Ausreißer sein könnten.

Wem das zu viele Ausreißer sind, der wird sich fragen, gibt es denn makro- oder mikroökonomische Gründe für solche Preisanstiege? Ja, die gibt es. Der Ölpreis steigt seit zwei Monaten, ohne dass sich das wunderbarerweise bisher auf die Inflationszahlen ausgewirkt hat. Das Eisenerz ist allein im März um 100% angestiegen. Es ist also denkbar, dass von den Rostoffen und der Energie her über die Erzeuger von Gütern eine Lawine auf den Verbraucher zurollt.

Dazu kommt, die FED (Zentralbank der USA) sorgt für überschüssige Liquidität und druckt Geld auf Teufel komm raus. Klassische Voraussetzung für Inflation! Die Zinsen für die Banken sind bei Null oder fast Null. Klassische Voraussetzung von Inflation!

Dollarnoten

Nur hat das bisher eben noch nicht zu Inflation geführt, denn der Dollar ist die internationale Leitwährung, deren Wert nicht einfach von inneramerikanischen Faktoren abhängt.
Doch was, wenn die anderen Länder immer weniger an den Dollar glauben? Könnte dann die Geldschwemme plötzlich doch Inflation erzeugen? Sie könnte.

Alles noch Theorie, alles noch Spekulation. Die oben genannten Zahlen aber sind da. Will jemand darauf wetten, dass es keine Inflation in den USA gibt?? Na, sehen Sie!


Veröffentlicht am 23. April 2010 in der Berliner Umschau

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