Faschisten behindern ist Rechtsbruch?

Empörende Kampagne von rechts

Von Karl Weiss

Nach der erfolgreichen Verhinderung eines Faschisten-Aufmarsches („Sie kamen nur 500 Meter“) in Berlin am 1. Mai kamen aus bekannten „rechten Ecken“ Anwürfe gegen vereinzelte Politiker der SPD und der Grünen, die sich an der Sitzblockade beteiligt hatten. Immer, wenn wirkliche grosse Massen von Menschen zusammenkommen, um den Faschisten nicht die Strassen zu überlassen, ist es möglich, ihre Aufzüge zu stoppen, denn die Polizei kann nicht 10 000 Menschen einkesseln oder vom Platz tragen.

Schiesstraining von Faschisten in Aargau, Schweiz

Diese Blockaden sind absolut notwendig, um zu verhindern, dass die Faschisten, so gering ihre Zahl im Moment auch sein mag, die Strassen Deutschlands in ihre Gewalt bringen, so wie es in den Jahren der Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, mit den Hitler’schen SA-Abteilungen der Fall war. Hitler hatte vom deutschen Gross-Kapital fast unbegrenzte Geldsummen bekommen, mit denen er die Arbeitslosen köderte, von denen ihm viele für gutes Geld nachliefen.

So hatte damals in Berlin die SA bereits vor Hitlers Einsetzung als Reichskanzler am 30. Januar 1933 die „Oberhoheit“ auf den Strassen in vielen Stadtbezirken. Ausser den Kommunisten wagte es niemand mehr, sich ihnen entgegenzustellen, denn die Knüppel sassen locker und die Polizei, wenn sie gerufen wurde, unterstützte fast immer die Faschisten.

Man mache sich keine Illusionen, die heutigen Faschisten wären weniger gefährlich als Hitlers Horden damals. Man höre nur ihre Sprechchöre: „Gegen Demokraten helfen nur Granaten“.

Und das meinen sie wörtlich!

Völckel und Übelacker bei Faschisten-Aufmarsch in Wiesbaden

Wollen wir wirklich, dass Deutschland ein weiteres Mal unter die Knute der „Führer“ und „Betriebs-Führer“ gezwungen wird, dass ein weiteres Mal Millionen von Menschen im Krieg sterben müssen, dass der Name Deutschland noch einmal mit den schrecklichst denkbaren Verbrechen der Menschheitsgeschichte verbunden wird?

Nein, so sagten über Zehntausend kürzlich in Dresden, so sagten am 1. Mai über 10 000 in Berlin und so sagten auch die Väter des deutschen Grundgesetzes, die nämlich in Artikel 139 das automatische Verbot aller Organisationen in Verfassungsrang hoben, die jenes faschistische Gedankengut in neuer (oder alter) Form wiederbeleben („Nachfolgeorganisationen“).

In flagranter Verletzung der Verfassung bleiben NPD und ihre Neben- und Geschwisterorganisationen ungeschoren, die eigentlich bereits verboten sind, gar nicht mehr verboten zu werden brauchen, denn es steht im Grundgesetz.

Ja, in flagranter Verletzung der Verfassung urteilen deutsche Richter wieder und wieder, die Faschismus-Wiederbelebungs-Organisationen hätten das Recht, Strassenumzüge durchzuführen.

Übelacker und Wöll bei Faschisten-Aufmarsch

Politiker und Rechtssprechung erklären den Artikel 139 der Verfassung für „obsolet“, das soll so etwas wie „überholt“ heissen, aber er ist so aktuell wie je und angesichts der verstärkten faschistischen Aktivitäten von steigender Bedeutung. Eine Verfassung kann nicht einfach für „überholt“ erklärt werden. Niemand hat auch nur den Versuch gemacht, den Artikel 139 aufzuheben – das wäre auch niemand gut bekommen.

Also ist er in Kraft und muss befolgt werden. Wenn irgend jemand Rechtsbruch begeht, dann sind es die Politiker, die immer darüber schwafeln, ob die NPD verboten werden soll, obwohl sie in Wirklichkeit schon verboten ist und das Verbot nur in die Praxis umgesetzt werden muss.

Wenn jemand Rechtsbruch begeht, dann die Richter, die mit schöner Regelmässigkeit Organisationen, die verboten sind, das Recht geben, durch deutsche Strassen zu ziehen und ihr Gift gegen Demokraten zu versprühen.

Wenn jemand Rechtsbruch begeht, dann die Polizeidirektionen, die es für ihre Aufgabe halten, solche Umzüge gegen alle Proteste durchzusetzen.

Pfarrer Dr. Stoodt

Insofern sind die die Behauptungen von einigen rechten Politikern (ja, auch in der SPD gibt es rechte Politiker) und der „Gewerkschaft“ der Polizei, die Demonstranten gegen die faschistische Brut hätten Rechtsbruch begangen, nun wirklich „obsolet“.

Wer die Verfassung nicht lesen kann, sollte den Mund nicht so voll nehmen.


Originalveröffentlichung

Die Bilder in diesem Artikel sind einem anderen Artikel zu den faschistischen Aktivitäten entnommen: "Gegen Demokraten helfen nur Granaten"
Jakester - 12. Mai, 20:20

??

Was erwartest du in einem Land, in dem nicht erst, aber zumindest kontinuierlich in den letzten 3 Jahrzehnten ein politscher Rechtsruck stattfand, der heute an den Grenzen des Faschismus lungert.
Im Ausdruck ein schwach verlogenes Heucheln gegen Neofaschisten und in Aktion eine brachialer Kampf gegen Linke/Sozn. .......

Verfassung? .... ist die, nicht nur in diesem Fall, nur noch da um gebrochen zu werden?

Gruss
Jake

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