Arbeitskosten in Deutschland immer geringer

Vorkrisenstand nicht erreicht - alles liegt preisbereinigt unter dem Jahr 2000

Von Karl Weiss

Während Industrie und „Bild” weiterhin die Mär von angeblichen hohen Lohnkosten in Deutschland verbreiten, sieht die Wirklichkeit anders aus. Laut Statistischem Bundesamt in seinem Bericht über das dritte Quartal 2010 (Juli bis September) sanken die Arbeitskosten in Deutschland saison- und kalenderbereinigt um 0,5% gegenüber dem Vorjahresquartal. Damit sind die Arbeitskosten weiterhin deutlich unter dem Vorkrisenstand.

Die Arbeitgeber mussten im dritten Quartal 0,5% weniger Bruttolöhne bezahlen als im Vorquartal, während die Lohnnebenkosten der Arbeitgeber um 0,3% sanken. Und dies bei einem angeblichen Aufschwung!

Zwar gab es im dritten Quartal ein kleines Plus von 0,4% gegen das Vorjahresquartal, aber dieses Plus gegenüber dem Vorjahr hatte ein Quartal vorher noch bei 0,7% gelegen. Von Aufschwung, der von den Masseneinkommen getragen würde, kann also gar keine Rede sein – im Gegenteil, die leichte beginnende Erholung ist schon wieder zu Ende.

Die Einkommen aus Vermögen dagegen steigen nach einem kleinen Einbruch in der Krise wieder ungebremst an, aber dieses Geld geht ja nicht in den Konsum, sondern fast ausschließlich in die Finanzmärkte wo es für die nächste Finanzkrise sorgt.

Der Vergleich mit der Eurozone und mit Frankreich zeigt: Von Konjunkturlokomotive Deutschland kann keine Rede sein. Die Eurozone verbucht ein Plus der Arbeitskosten im Vergleich zum Vorjahresquartal von 1,6%, in Frankreich wurden sogar 3,8% im Vorjahresvergleich erzielt.

Vergleicht man die deutschen Arbeitskosten in der Entwicklung von 2000 bis ins 2.Quartal 2010 mit denen in anderen europäischen Ländern, ist das Auseinanderstreben sogar noch krasser. Deutschland hat in diesem Zeitraum von 10 Jahren lediglich 19,4 % an Arbeitskosten zugelegt, das ist weniger als die Inflation im gleichen Zeitraum, also ein preisbereinigtes Minus in 10 Jahren!

Demgegenüber liegen die Wachstumsraten in allen anderen europäischen Ländern über der Inflation. Um nur die großen, vergleichbaren Länder zu nennen: Frankreich 35,3%, Italien 36,1%, Großbritannien 46,7% und Spanien 51,0 %.

Das sind Zahlen, die sich auf die Kosten beziehen, welche die Unternehmen pro Arbeitsstunde im Schnitt zu zahlen hatten. Da ist also die Produktivität noch gar nicht mit einbezogen. Da aber die deutschen Arbeiter und Angestellten deutlich produktiver sind als ihre Kollegen in anderen europäischen Länder, kommt eine Statistik, die dies mit einbezieht, auf noch weit extremere Unterschiede zwischen den europäischen Ländern:

Die Lohnstückkosten (das sind also die Lohnkosten pro produzierter Einheit) stiegen in Deutschland ohne Preisbereinigung in zehn Jahren nur um 4,9%, das ist also ein happiges Minus, wenn man preisbereinigt. Hier noch einmal ein Vergleich mit anderen großen Ländern, diesmal weltweit: USA 16,6%, Frankreich 20,78%, Kanada 26,90%, Großbritannien 30,28%, Italien 30,43%, Spanien 30,74% und Australien 34,79%.

Das wird im Blog „Wirtschaftsquerschüsse“ (in diesem Artikel: http://www.querschuesse.de/deutsche-xxl-arbeitskosten/ ) folgendermaßen kommentiert:

„Deutsche Lohnzurückhaltung, Exporterfolg und Leistungsbilanzüberschüsse sind die andere Seite der Medaille der ausgeuferten Leistungsbilanz- und Staatshaushaltsdefizite der Handelspartner in der Eurozone und gipfeln in der Euro – Krise. Die Probleme in der Eurozone sind hausgemacht und einer grenzenlosen Ignoranz der Verantwortlichen geschuldet.“

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