Na, wo ist sie denn nun? Na, wann kommt sie denn?

Die rechte Partei mit den 16%

Von Karl Weiss

Als Sarrazin im letzten Sommer gleich nach dem Erscheinen Hunderttausende von Exemplaren seines Buchs verkaufte, da begannen die Auguren zu unken: Jetzt kommt die rechte Brut hoch, jetzt werden sie wieder aus den Gullis kriechen und den Staat übernehmen! Flugs tauchte denn auch eine „Meinungsumfrage“ auf, die einer Partei mit den Thesen Sarrazins oder sogar mit ihm selbst als Vorsitzenden auf Anhieb 16% prophezeite.

Sarrazin

Inzwischen ist schon ein Herbst und ein Winter übers Land gegangen, doch die Partei mit den 16% will einfach nicht erscheinen. Was ist geschehen? Liegt es nur daran, dass Sarrazin die Gründung oder das Beitreten zu einer neuer Partei ausschloss? Nun, Sarrazin ist offensichtlich nicht so dumm wie sein Buch, er ist zynisch. Er weiss, was von „Meinungsumfragen“ zu halten ist und hat sich nicht auf ein Abenteuer eingelassen.

Andere haben jene Partei gegründet, zwei CDU-Abgeordnete aus Berlin, und nennen sie „Die Freiheit“. Was Fremdenhass mit Freiheit zu tun hat, müssen sie aber bis heute erklären. Die maximalen Werte bei Meinungsumfragen – und auch das nur in Berlin, nicht bundesweit, liegen im Bereich von 1 bis 2%.

Wie ist das passiert, die 16%-Partei kam nur auf 1 bis 2 %?

Nun, man muss die Stichhaltigkeit jener „Meinungsumfrage“ in Frage stellen. Anscheinend wurde sie auf der Basis von Fragen durchgeführt, die den Bürger zu einer Zustimmung zu einer bestimmten Richtung drängten, die aber keine Basis in wirklichen Wahlentscheidungen haben kann.

Ein klassisches Beispiel dafür lieferte kürzlich eine Umfrage, die angeblich das antisemitische Potential der Bevölkerung ausloten wollte. Man fragte: „Haben Sie den Eindruck, dass Juden international überproportionel in wichtigen Gremien vertreten sind? Man kam auf irgendwelche 20% oder sogar 30% an Zustimmung. Das, so erklärte man, sei das grosse antisemitische Potential.

Nur, wenn man objektiv analysiert, gibt es wirklich eine überproportionale Vertretung von Juden in internationalen Gremien, die in keiner Weise mit den sehr geringen Anteilen an der Bevölkerung übereinstimmen. Man hat also nicht bedacht, dass ein wesentlicher Teil der Antworten einfach auf eine Realität antwortete, ohne irgendwelche antisemitischen Tendenzen.

So schafft man Popanze. Man legt keinen Wert auf objektive Kriterien, sondern will einfach eine These bestätigt haben, die man selbst aufgestellt hat. Man nennt das in der Soziologie das System der sich selbst erfüllenden Prophezeiungen.

Ähnlich funktioniert das, wenn man nach der Befolgung der Beschlüsse des Weltsicherheitsrates fragt. Auch da bekommt man scheinbar antisemitische Aussagen, wenn man fragt, ob man der Meinung sei, der „Jüdische Staat“ Israel habe hier Ausnahmevorteile, denn es werde nicht auf dem Befolgen der Sicherheitsratsbeschlüsse oder der Generalversammlungs beschlüsse insistiert und auch keine Sanktionen erlassen.

Auch da wieder kann man 40, 50 oder 60% an Stimmen kommen, die da eine scheinbar antisemitische Haltung einnehmen. Nur, es gibt wirklich diese Toleranz für Israel, solche Beschlüsse als einziges Land nicht befolgen zu müssen. Ein nüchterner, objektiver Beobachter wird da in dieser Art von Umfragen zum Antisemiten.

Ganz ähnlich läuft es, wenn man in Deutschland Umfragen macht, die das Wort Islam oder noch besser Islamisten beinhalten. Da kann man leicht auf jene 16% kommen oder bei sehr geschickten Fragen auch auf 30% oder mehr, die nichts mit Islamisten in Deutschland am Hut haben.

Schliesslich haben wir seit 2001 eine intensive Gehirnwäsche zu erleiden, dass Islamisten den Untergang der Menschheit bedeuten und deshalb Krieg gegen sie geführt werden müsse. So ist es nicht verwunderlich, wenn man die Fragen nur hinterhältig genug stellt, kann man auf glatte mehr als 50% der Deutschen kommen, die eine islamische (verstanden als islamistische) Dominanz in Deutschland ablehnen.

Dass das überhaupt nicht der Punkt ist, erklärt man natürlich in der Umfrage nicht.

So kamen denn jene 16% zustande, die angeblich eine Anti-Islam-Partei sofort wählen würden.

So reden denn auch viele Politiker von dem angeblich wachsenden Potential für einen „Rechtspopulismus“ in Deutschland. Was sie meinen, ist ein Faschismus, der den Antisemitismus durch Fremdenfeindlichkeit ersetzt hat.

Tatsache ist, jene rechten Geister, die man da ruft, haben zum grossen Teil bereits ihre politische Heimat gefunden. Ein kleiner Teil in der NPD und die meisten von ihnen in der Union.

In einer angespannten Situation, in der etwa die Union alle ihre Wähler an die Urnen ruft, wie sie zum Beispiel der Landtagswahl in Baden-Württemberg vorausging, werden diese Leute natürlich im wesentlichen CDU wählen und das kam ja auch in einem 39%-Prozent–Ergebnis zum Ausdruck (39% von 65% = 25,4%). Die Zahl der Wählerstimmen für die NPD blieb dagegen unterhalb jeglicher Erwartungen.

Um diesen Effekt zu erreichen, dass grosse und kleine Faschisten konservativ wählen, wird ja mindestens einmal wöchentlich der berühmte Islam-Spruch der Union losgelassen. Da wechseln sich reihum die Autoren ab, ob sie nun Seehofer, Söder, Friedrich, Schäuble oder sonstwie heissen.

Insoweit kann man auch vorhersagen: Wenn sich wirklich eine solche Partei am rechten Rande, die auf Vorurteilen aufbau, durchsetzen sollte, würde deren Wählerpotential vollständig von der Union abgezogen und - soweit vorhanden - von der NPD.

Tatsächlich gibt es tief im Unterbewusstsein der Menschen dumme Vorurteile – praktisch niemand ist davon frei. Politiker, die darauf ihr Süppchen kochen wollen, bekommen so oft eine scheinbare hohe Zustimmung, die sich aber später am Wahltag nicht in Stimmen umsetzt. Kaum jemand lässt sich am Wahltag hauptsächlich von Vorurteilen leiten.

Insofern muss auch einer Untersuchung der Freidrich-Ebert-Stiftung der SPD widersprochen werden, die zum Schluss kommt: Rassismus und Hass sind in Deutschland mehrheitsfähig, siehe hier:

http://diefreiheitsliebe.de/allgemein/rassismus-und-hass-sind-mehrheitsfahig# .

Das ist übrigens ein wichtiger Unterschied zu anderen europäischen Ländern. Wenn man sich Italien ansieht, die Niederlande, Dänemark, Ungarn oder Frankreich, so gibt es dort jeweils rechtsextreme Parteien, die ein beträchtliches Wählerpotential aufweisen.

Schill beim Koksen

In Deutschland hatten wir zwar die Episode mit der Schill-Partei in Hamburg, aber dieser Albtraum währte nicht lange und man kann hoffen, dass das bürgerliche Deutschland da sein Lektion gelernt hat.

So ähnlich war es auch mit Guttenberg. Er mag zwar emotional eine gute Anzahl von Wählerinnen und Wählern angesprochen haben und ihm wurden über 70% Zustimmung zugeschrieben, aber irgendeinen Einfluss auf die Zahl der Wählerstimmen der Union scheint das nicht genommen zu haben.

Guttenberg

In Wirklichkeit haben wir in Deutschland einen deutlichen Linkstrend, der sich bisher hauptsächlich in der grossen Zahl der Nichtwähler ausdrückt. In fast allen Wahlen ist die Partei der Nichtwähler heute die grösste.

Die Lehre aus alldem: Lassen Sie sich nicht durch angebliche Ergebnisse von Umfragen täuschen. Meistens sind die nämlich genau dazu gemacht.

Es gibt in Deutschland keinerlei Überwachung der demoskopischen oder Meinungsforschungsinstitute oder der Parteistiftungen oder der Bertelsmann-Stiftung bezöglich der Kriterien, die sie bei der Konzeption und Auswertung von Umfragen anwenden. Auf gut deutsch gesagt: Die können machen, was sie wollen.

Nach allem, was da so kommt, kann man sagen: Glaube nur einer Umfrage , die du selbst gefälscht hast.
Caroline-NL - 6. Apr, 10:12

Sehe schon ein Potential um 16% für eine rechtsliberale Partei....

Nicht nur in Hamburg, Hamburg war immer ein Sonderfall, sondern deutschlandweit.

Das Problem der Wähler ist aber, daß sie

a.) Wegen der hohen 5% Sperrklausel taktisch wählen, also eher das kleinere Übel, weil sie befürchten, daß eine neue Partei nicht die Hürde nimmt.
Würde es die Sperrklausel nicht geben, wären die Wahlergebnisse GANZ andere.
( Und ich bin froh, daß es in den NL keine Sperrklausel gibt )

b.) sich bisher keine fähigen Politiker aus dem Lager hervorgetan haben,
von Stahl, Schill waren es mal, hatten aber entweder nicht den Mumm aus der FDP auszutreten, oder haben sich durch Homophobie und Drogenkonsum diskreditiert.

Wenn Sie fragen, was hat Rassismus mit Freiheit zu tun ?
Die sogenannte "Freiheitspartei" ist mir zwar auch zu "deutsch-republikanisch" angehaucht, aber was hat der Islam mit Freiheit zu tun ? Gar nichts.

Insofern ist eine klare Haltung gegen den Islam ( und anderen Unterdrückungsreligionen ) schon ein klarer Standpunkt für freiheitliche Ideen.

Eine professionell agierende rechtsliberale Partei hätte sicher Chancen in D, aber bisher sehe ich die nicht.

Mir persönlich wäre eine linksliberale Partei auch lieber, bei aller Kritik an Wilders darf man aber nicht vergessen, daß er AUCH linke Positionen hat
( Gesundheitspolitik, Absenkung der Volljährigkeit auf 16, usw. )

Dies wird in der dt. Presse leider immer verschwiegen, weil man so gerne einsortiert. Genaugenommen ist er gar kein lupenreiner "rechter" Politiker.

Auch den von Ihnen gesehenen Linkstrend sehe ich nicht. Die Linkspartei stagniert. Die GRÜNEN sind eher konservativ, sie haben den Sozialabbau mit der SPD vorangetrieben, wie es unter Kohl nie möglich gewesen wäre.

Karl Weiss - 6. Apr, 15:48

Linkstrend

Hallo Caroline aus den Niederlanden,

schön Sie mal wieder hier im Blog zu haben! Ich hatte schon befürchtet, ich hätte Sie vergrault, weil wir beim letzten Mal nicht auf einen Nenner kamen.

Ich bin ein besonderer Freund der Niederlande, denn ich bin gleich ums Eck geboren. Als Kind bin ich schon auf dem Rad meiner Mutter mit nach Winschoten gefahren.

Ja, es gibt ein Potential, aber es steckt nicht bei den Nichtwählern, jedenfalls nur in unbedeutendem Masse. Die grösste Partei in Deutschland sind ja die Nichtwähler und da will sich jeder ein Stück vom Kuchen abschneiden - ich denke, das ist ähnlich in den Niederlanden.

In Deutschland sind die Nichtwähler ein fast ausschliesslich linkes Potential. Sie haben die Schnauze gestrichen voll von diesen Politikern und ganz speziell von der imperialistischen Politik. Das bezieht asich also auf die deutschen Kriegsabenteuer, auf die Europa-Politik, auf die Verarmungspolitik mit Hartz IV, Zeitarbeit, Ein-Euro-Jobs, andere Billigjobs, die fehlenden Mindestlöhne, auf die Gesundheitspolitik und auf die Atompolitik, dazu kommen spezielle Themen wie etwa Stuttgart 21.

Dieses Potential ist nicht zu bekommen für eine Partei, deren praktisch einziger Programmpunkt ist: Ausländer raus.

Übrigens: Es ist sehr wohl Teil einer freiheitlichen Weltanschauung, gegen jedwede Privilegierung von Religionen zu sein - und zwar von ALLEN Religionen. Aber in Deutschland sind es ja christliche Politiker, die versuchen, den Islam als schlecht und das Christentum als gut hinzustellen. Das ist absurd angesichts der christlichen Kriege über 2000 Jahre.

Wir haben ja in Deutshcland einen christlichen Gottesstaat. Die christlichen Religionen haben bei uns mehr Privilegien als der Islam im Iran.

Die Hetze von Rechts geht auch nicht wirklich gegen den Islam. Es geht um : Ausländer raus!

Wenn Sie betonen, Wilders habe auch linke Positionen, so ist er damit nur umso mehr als Faschist gekennzeichnet. Auch Hitler hatte (auch) klar linke Positionen, er nannte seine Partei sogar nationalSOZIALISTISCH. Er konnte Teile der deutschen Arbeiterschaft nur auf seine Seite ziehen, weil seine Partei am lautesten gegen die "Geldsäcke" agitierte, die "uns das Brot vom Teller nehmen".

Kaum war er an die Macht gekommen, kappte er alle linken Sprüche und die Führer des linken Parteiflügels und sprach nun nur noch von den JÜDISCHEN Geldsäcken.

Ich vergleiche hier Wilders nicht mit Hitler - wir leben in einer anderen Epoche - ich sage nur, linke Positionen sagen gar nichts darüber aus, was passiert, wenn solche Leute an der Macht sind.

Die rechte Partei, die in Ungarn an der Macht ist, hat sich an der absurden Politik der früheren Ministerpräsidenten hochgehangelt und jetzt, einmal an der Macht, werden zuerst alle kritischen Stimmen zum Verstummen gebracht.

Würde sich eine solche rechte Partei in Deutschland etablieren - es fehlt ja vielleicht nur ein begabter Volksredner - gingen diese Stimmen bei der Union und bei der NPD ab. Damit hätte dann aber das rechte Lager nicht mehr, als es heute hat.

Die CDU/CSU an der Macht nach einer Wahl, das ist im Moment fast nur noch in sogenannten 'grossen Koalitionen' möglich, also zusammen mit der SPD.

Da die SPD in Deutschland nun wirklich weitgehend ausgespielt hat bei den Wählern, ist auch das schon schwierig. Sie kommt praktisch nirgends (mit wenigen Ausnahmen) mehr auf mehr als 25% der abgegebenen Stimmen und das sind fast überall weniger als 15% der Wähler.

Doch wir stehen am Vorabend einer grossen Umwälzung, deren Ergebnis noch offen ist. All dies wird sich deutlich ändern. Ich setze darauf, dass die Änderung nach links geht. Die kapitalistische Welt zerspringt bereits in Stücke.

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