'Nur Mord, sonst alles in Ordnung'
Von Karl Weiss
Anläßlich des aktuellen Terroranschlags in Potsdam im April wurde dieser Artikel verfaßt, der die Notwendigkeit der Verbote der Aufmärsche der faschistischen Horden heraushebt. Er erschien in der "Berliner Umschau" am 21. April 2006.
Der faschistische Terroranschlag auf einen deutschen Ingenieur und Familienvater dunkler Hautfarbe in Potsdam hat wieder Vielen ins Bewußtsein gebracht, daß Deutschland wirklich von Terroristen bedroht ist. Aber nicht, wie man uns weismachen will, von denen der Al Quaida, sondern von ganz realen faschistischen Terroristen wie den Skinheads und anderen Totschlagbanden.
Charakteristisch die Reaktion des Brandenburgischen Inneministers Schönbohm (CDU): Es müsse sich erst noch herausstellen, ob überhaupt sogenannte Rechtsextremisten (gemeint sind Faschisten) dahinter steckten. Der zuständige Staatsanwalt ließ denn auch gleich verlauten, es sei ein ‚extremer Einzelfall’.
Ist es aber nicht. Laut Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten der Linkspartei Pau gibt es in Deutschland etwa 10.000 gewaltbereite „Rechtsextreme", die meisten in der Shinhead-Szene. Im vorletzten Jahr gab es 12.051 Straftaten aus dieser Tätergruppe, davon 776 gewaltsame Übergriffe mit „rechtsextremem" Hintergrund auf Bürger. In allen letzten Jahren lag diese Zahl über 700. 2005 waren es 10.271 Straftaten, also eine steigende Tendenz. Allein im Januar 2006 gab es bereits 53 Verletzte durch solche Taten.
Die Medien weigern sich weithin, dies als Terror zu bezeichnen, während Straßenblockaden von Streikenden schon mal als solcher eingestuft werden. Die deutschen Gerichte genehmigen fast durchweg die Umzüge dieser Terrorbanden durch deutsche Städte, obwohl das Grundgesetz im Artikel 39 unter Bezug auf das Potsdamer Abkommen ausdrücklich den Antifaschismus vorschreibt. Deutsche Polizisten verteidigen aggressiv solche Umzüge gegen die Proteste der Bevölkerung und prügeln ihnen immer wieder den Weg frei. Während die Faschisten von den „Ordnungshütern" mit Samthandschuhen angefaßt werden, müssen sich Gegendemonstranten Knüppel und Karateschläge gefallen lassen.
Die heimlichen Sympathien für die Faschisten in Polizeirevieren, Staatsanwaltschaften und Amtsstuben sind so auffallend, daß sich am 18.4. sogar die „Süddeutsche", die sonst auch gerne verharmlosende Worte gebraucht und offizielle Polizeiberichte unkommentiert zitiert, in einem Kommentar (in der Rubrik ‚Ausland’!) unter dem Titel „Nur Mord, sonst alles in Ordnung" über die konsequent benutzten Verharmlosungen erregt.
Von deutschen Behörden und Polizisten werde der Hitlergruß als Lappalie behandelt und ironisch als „nicht mehr zeitgemäß" bezeichnet. Die faschistischen Schläger werden da zu „Streithähnen". Polizei und Gemeinden würden „lange geübt" wegsehen, das Ganze grenze schon an Dienstpflichtverletzung. Im Kommentar wird an einige Fälle dieses Jahres erinnert:
„Da wird in Quedlinburg ein Junge von einer rechten Horde zusammengeschlagen und im Polizeibericht steht dann, einem "Streithahn" sei der Kiefer gebrochen worden.
Da schlägt ein Rechtsradikaler in der Stadt Zerbst einem 16-Jährigen mit dem Bierglas ein Auge aus, nur weil der ein T-Shirt mit der Aufschrift "Gegen Nazis" trägt. Die Stadt aber lobt, wie friedlich das Fest verlaufen sei und spricht von einer "Rangelei unter Jugendlichen".
Einer Hoteliersfrau, die ein dunkelhäutiges Kind hat, malen Täter an die Wand: "Ich hatte einen Traum, ein Neger hing am Baum! Ich hatte viele Träume, nur zu wenig Bäume." Die Polizei erklärt, zu den Motiven dieser Tat könne nichts gesagt werden."
Aber auch dieser Kommentar lamentiert nur und zieht keine Konsequenzen. Die müssen nämlich lauten: „Verbot aller faschistischen Organisationen und Aufmärsche!"
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