Auch Linkspartei hilft Streik abzuwürgen
Von Karl Weiss
In einem beispiellosen Einsatz von Politprominenz mit Champagner und allem drum und dran gelang es noch einmal, den Streik von Arbeitern abzuwürgen. Die Linkspartei war mit von der Partie. Die Bosch-Siemens-Hausgeräte (BSH) in Berlin soll geschlossen bzw. verlegt werden. Dagegen begannen die Arbeiter einen Streik und bereiteten einen siemensweiten Aktionstag vor.
Sie hatten bereits Kontakt zur Belegschaft der Benq aufgenommen, ein anderer Siemens-Betrieb, der dem Profitstreben der Siemens-Vorstände zum Opfer fallen soll. In dieser Situation kam es zu Verhandlungen der IG Metall mit Siemens und es wurde eine scheinbare Einigung erzielt, die praktisch immer noch die Stillegung von BSH beinhaltete, lediglich eine Art winziger „Notbelegschaft“ soll für einen scheinbaren Erhalt des Standorts stehen. Der Siemens-Aktionstag wurde von der IG-Metall-Führung abgesagt.
Die Belegschaft reagierte darauf logischerweise nach einer Streikversammlung am Nachmittag des 20.Oktober in einer Urabstimmung mit einem Beschluss zur Fortführung des Streiks.
Daraufhin trat die Spitze der Berliner Regierungsparteien SPD und PDS sowie die Führung der hauptstädtischen IG Metall in Aktion, erschien im Streikzelt der kämpfenden Kollegen und machte Druck.
Bald hatte sich herumgesprochen, dass Bürgermeister Wowereit sowie PDS-Gysi und Wolf im Streikzelt erwartet wurden und die Belegschaft kam zusammen. Die örtliche IG Metall, sonst immer knapp bei Kasse, hatte für das abendliche Treffen ein Essen auffahren lassen, das seinesgleichen sucht. Selbst Champagner war angesagt.
Die Berliner IG Metall machte klar: Es gibt keine Unterstützung mehr von ihr, wenn der Streik weitergeführt werde. Wowereit, Gysi und Wolf waren sich einig: Der Streik habe ein Ergebnis erzielt und müsse jetzt abgebrochen werden. Am Anfang kamen noch Buh-Konzerte auf die Aufforderungen, zu Kreuze zu kriechen, doch mit der Zeit wurden die leiser und am Ende hatte die aufgefahrene Politprominenz die noch Stunden vorher bestehende Mehrheit gebrochen. Der Streik ging zu Ende.
Ein Vertreter der MLPD, der die ganzen Wochen des Kampfes seine Solidarität mit dem Kampf der Arbeiter gezeigt und viele gute Vorschläge zum Vorgehen gebracht hatte, wurde mit massiver Gewalt am Reden gehindert. Als die Arbeiter ihn aus der Umklammerung befreit hatten, bauten die IG-Metall-Funktionäre sofort die Verstärkeranlage ab, damit er auf keinen Fall gehört werden könnte.
Damit haben die rechten Gewerkschaftsführer mit SPD- (und manchmal auch Grünen-) Parteibuch in der Tasche, die SPD-Führung (was war von der anders zu erwarten?), aber ebenso die in der Entstehung begriffene „Die Linke.“ gezeigt, auf welcher Seite sie stehen. Die Siemens-Monopolherren reiben sich die Hände: Wieder ein Kampf abgewürgt, der zu einem Fanal hätte werden können.
Der massive Einsatz von Polit-Prominenz zeigt aber auch, wie groß die Angst vor einem Kampf der Arbeiter ist, wenn er der sozialdemokratischen Maxime („möglichst viel Abfindung herausholen“) und den sozialdemokratischen Führern aus der Kontrolle zu laufen droht.
Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 11. November 2006
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