Massive Desinformation

Ölkartelle geben viel Geld für "leicht frisierte Wahrheit" aus

Von Karl Weiss

Die Öl- und die mit ihnen eng liierten Automobilkonzerne werden immer verzweifelter in ihren Bemühungen, ihre ‚Ikonen’ und hauptsächlichen Profitbringer Benzin und Diesel gegen den Ansturm von Bio-Treibstoffen zu verteidigen. Da werden denn auch schon mal ein paar schmutzige Tricks versucht, um die Biokraftstoffe zu verunglimpfen. Da schreibt zum Beispiel Mathias Gräbner in „Telepolis“, offenbar hereingefallen auf einen der Verdrehungsversuche der interessierten Industriekreise, Biosprit würde die Luftbelastung in den Städten vergrößern und dort zu vermehrten umweltbedingten Erkrankungen führen.

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Als Beleg nimmt er dabei eine Untersuchung, basierend auf Computermodellen, die Marc Jacoben von der Stanford University in Kalifornien angestellt hat. Nach diesen Untersuchungen sei in den bereits hochbelasteten Städten mit einem höheren Ozon-Niveau zu rechnen, wenn wesentliche Teile des Benzins durch Bio-Ethanol ersetzt würden.

Es geht aus dem zitierten Artikel nicht hervor, ob diese Untersuchung vielleicht zufällig durch einen Ölkonzern gesponsert wurde.

Die fünf wärmsten Jahre seit 1890

Liest man aber genauer nach, so wird gleich klar, es wurde nichts dergleichen nachgewiesen. Der Forscher arbeitet ausschließlich mit einer Computersimulation, in die voraussichtliche zukünftige Klimadaten, voraussichtlicher zukünftiger Verkehr, eine weiterhin hohe Luftbelastung durch Dieselmotoren und ein nicht näher spezifizierter voraussichtlicher Schadstoff-Ausstoß durch Ethanol-Motoren eingegeben wurden.

Als Ergebnis wurde eine um 4% höhere Ozonbelastung der Luft und damit eine entsprechend höhere Zahl von Todesfällen durch Ozon in den USA errechnet, wobei offen bleibt, ob dies auf höhere generelle Temperaturen, auf Steigerung des Verkehrs mit Dieselmotoren oder wirklich auf die Abgase von Ethanol-Motoren zurückzuführen wäre. Es ist deutlich, dass es keinerlei Möglichkeit gab, die Genauigkeit der Computersimulation zu verifizieren. Solche Computersimulationen haben (soweit sie überhaupt wissenschaftlich durchgeführt werden) üblicherweise – wenn sie nicht durch jahrzehntelange Arbeiten extrem verfeinert wurden – eine Schwankung von 10% nach oben und nach unten aufzuweisen.

Treffende Karikatur

Kein Ergebnis der Studie

Mit einer minimalen Erhöhung von 4% ist die Aussage also innerhalb der wahrscheinlichen Schwankungen. Mit anderen Worten: Es gibt kein Ergebnis der Studie. Sie hat im Gegenteil einen Hinweis darauf gegeben: Die Luft wird durch eine Umstellung von Benzin auf Alkohol nicht in messbarem Masse stärker mit Ozon belastet.

Die Behauptung der erhöhten Belastung durch Abgase von Ethanol-Motoren ist schlicht und einfach eine massive Desinformation – oder eine „leicht frisierte Wahrheit“.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Hätte man wirklich wissen wollen, wie sich die Luftverschmutzung in den Städten entwickelt, wenn ein wesentlicher Teil des Benzins durch Alkohol ersetzt ist, hätte man einfach die Daten der Messungen (nicht Computersimulationen) in Brasiliens Grossstädten zu Rate ziehen können. In Brasilien ist nämlich bereits seit den 70er Jahren Alkohol als Treibstoff im Einsatz, verstärkt wieder in den letzten Jahren, sowohl als Zumischung zu den normalen Benzin-Fahrzeugen (25%) als auch in reiner Form bei den alten Alkohol-Autos und in jeder beliebigen Mischung bei den modernen Flex-Fuel-Fahrzeugen. Heute ist bereits 75% des Nicht-Diesel-Kraftstoffverbrauchs Alkohol.

Die Ergebnisse der Luftmessungen in den brasilianischen Städten (es liegen ausführliche Untersuchungen vor) sind eindeutig: Die Gesamt-Luftverschmutzung ist deutlich zurückgegangen, hauptsächlich wegen der erniedrigten Schwefeldioxid-Werte. Die anderen Werte wie Partikel (hauptsächlich durch Diesel-Fahrzeuge verursacht), Ozon bzw. NOX sind gleich geblieben und ‚sonstige Verschmutzungen’ haben sich verändert, aber nicht vermindert. So findet man deutlich weniger krebserregendes Benzol oder Toluol, dafür aber Formaldehyd und Acetaldehyd.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Charakteristisch bei dieser Art von Auswertung von Computersimulationen: Es wurden nicht mit einem Wort die wesentlichen Vorteile erwähnt, wenn auf Alkohol umgestellt wird:

Der wichtigste Vorteil ist natürlich: Der Alkohol führt der Luft so gut wie kein zusätzliches Kohlendioxid zu, dem hauptsächlichen Verursacher der globalen Erwärmung, die schon zur beginnenden Klimakatastrophe geführt hat.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Ein anderer wichtiger Vorteil zur Luftverschmutzung: Alkohol enthält keinen Schwefel. Damit wird die Bildung von Schwefeldioxid in den Abgasen der Autos verhindert, der hauptsächlichen Ursache des sauren Regens.

Schliesslich ist es auch nicht zu unterschätzender Vorteil, dass man dann kein Erdöl mehr für diesen Teil des menschlichen Energiebedarfs braucht und die sich verringernden Reserven für wichtigere Zwecke verwenden kann.

Globale Erwärmung

Schliesslich auch die Preis- und Versorgungslage: Alle grossen Industrienationen wie auch China und Indien, die auch bereits zu den acht Ländern mit dem höchsten Brutto-Sozialprodukt (genau: „Gross Domestic Product“, GDP) gehören, müssen fast vollständig oder jedenfalls mehr als die Hälfte des benötigten Erdöls einführen. Die sich daraus ergebenden Abhängigkeiten (wie auch die Kriege um Erdölresourcen) können mit der Umstellung auf Bio-Kraftstoffe beschränkt werden.

Zudem ist das Erdöl ja bereits dabei, unbezahlbar teuer zu werden, während Bio-Ethanol in grossen Mengen z.B. von Brasilien der EU für 25 Cents vom Euro pro Liter angeboten wurde.

Tatsächlich löst der Austausch durch Alkohol keineswegs alle Luftverschmutzungs-Probleme des Strassenverkehrs. Zunächst darf man natürlich nicht, wie bei dieser Studie, dabei stehenbleiben und die ganzen Diesel-Brummis weiterhin ungestört die Luft verschmutzen lassen. Die müssen vielmehr auf Bio-Diesel umgestellt werden – jedenfalls in erheblichem Masse. Damit wird auch das Problem der Dieselabgase wesentlich verringert.

Übergangslösung

Zum anderen ist festzustellen: Alkohol als Benzin- und Bio-Diesel als Diesel-Ersatz sind keineswegs die Lösung der Energie-Probleme für den Transport der Menschheit. Sie können nicht mehr als eine Übergangslösung darstellen, bis genügend Sonnen-Energie-Paneelen in den Wüsten der Welt aufgestellt wurden, um den gesamten Energiebedarf der Menschheit zu decken.

Der Explosionsmotor ist nämlich aufgrund seiner generellen Eigenschaften ein Erzeuger von Luftverschmutzung durch NOX und durch Ozon, was keineswegs auf Dauer akzeptabel ist.

Schmelzendes Eis

Das Klima allerdings kann nicht warten. Es sind durchgreifende Sofortmassnahmen notwendig, um den CO2-Ausstos schnell zu verringern, sonst kann die Klimakatastrophe innerhalb von Jahren unumkehrbar werden. Dafür sind die Umstellung von Benzin auf Alkohol und die von Diesel auf Bio-Diesel (jedenfalls in wesentlichem Ausmass) gut geeignet - wenn sie auch keine endgültigen Lösungen darstellen – weil sie ohne übermächtigen Aufwand mit bereits bewährter Technik durchführbar sind.


Veröffentlicht am 21. Juli 2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute"

Originalartikel


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatstrophe

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel
aristo - 25. Jul, 14:19

Klimawandel

Sehr geehrter Herr Weiss,

ich lese Ihre Artikel regelmäßig da diese sich wohltuend in der
nachrichtenlandschaft von anderen abheben.

Als ehemaliger verfechter der Klimawandelthorie des IPCC vermisse ich
bei diesem Thema Ihre kritische Haltung und das gekonnte Hinterfragen.

Nach langen Recherchen zur Unterstützung einer Facharbeit meiner Tochter,
konnte ich keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis für die Theorie der
menschgemachten Erderwärmung finden.
Seit dem ist diese Theorie für mich lediglich ein Dogma.

Gerne stelle ich Ihnen meine Rechercheergebnise zur Verfügung.

Mit besten Grüßen
Michael Poost

Magic Light - 17. Aug, 01:42


Karl Weiss - 31. Okt, 13:13

Die Industrie der "Global Warming Sceptics"

Tut mir leid, magic light, da sind Sie der Propaganda der Industrie der "Global Warming Sceptics" aufgesessen. Da nützt es auch nichts, mit neuen und immer wieder neuen Links zu Ausgaben der immer gleichen Argumentation zu kommen.

Diese Industrie ist mit Millionen, ja sogar Milliardenbeträgen durch die fünf grössten Industriegruppen der Welt ausgerüstet ( Energieerzeugung, Automobile, Erdöl, Chemie und Kraftwerkbau) und Sie werden deshalb ununterbrochen scheinwissenschaftliche Fragmente ihrer "Argumentation" überall im Internet finden.

Die wesentlichen Scheinargumente der "Sceptics" werden gebtsmühlenartig wiederholt und voneinander abgeschrieben:

1. Es handele sich nicht um einen Treibhauseffekt. Das ist richtig, aber lediglich eine Frage der Wortwahl. Eine korrekte Bezeichnung wäre Wärmeaufnahmekapazitätseffekt, aber das hat sich nicht durchgesetzt. Die Fakten werden durch semantische Geplänkel aber nicht geändert.

2. Es gäbe auch Beispiele von Stellen, wo es gar nicht wärmer wird. Das belegt gar nichts. Die durchschnittliche weltweite Erwärmung ist ein Fakt.

3. Der Anstieg des Gehaltes von Kohlendioxid in der Luft könnte auch andere Ursachen haben. Darüber werden die verschiedensten Theorien aufgestellt, aber keine bewiesen. Der Anstieg des Gehaltes von Kohlendioxid weltweit in der Luft ist ein Fakt.

4. Viel wird geschwafelt über frühere Wärme- und Kälteperioden auf der Erde und ihre möglichen Ursachen. Nur: Damals gab es noch keine Menschheit von 6 Milliarden. Und: Die Temperaturänderungen gingen im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden vor sich. Heute haben wir eine deutliche Änderung in Jahren.

5. Es werden Theorien über veränderte Wolkenbildung durch veränderte kosmische Strahlung aufgestellt, die sich gegenseitig widersprechen. Nur: Es gibt keinerlei Beweise hierfür.

6. Es werden Theorien über eine angeblich verstärkte Sonnenstrahlung aufgestellt. Das geht so weit, dass ein Scheinwissenschaftler behauptete, das Eis am Südpol des Mars sei geschmolzen. Wie das gehen soll, wenn es auf dem Mars selbst bei intensivstem Sonnenschein keine Temperaturen über minus 20 Grad gibt, hat er aber nicht erklärt. Fakt ist: Die Intensität der Wärmestrahlung von der Sonne hat sich in den letzten hundert Jahren im Schnitt über vernünftige Zeitspannen überhaupt nicht messbar verändert.

7. Es wird räsoniert über die Ungenauigkeiten von Computer-Simulation für Klimaabläufe. Nur sind diese Computersimulationen überhaupt nicht Teil der Ursachen-Argumentation der ernst zu nehmenden Wissenschaftler. Sie sollen lediglich versuchen, zumindest ein wenig der Folgen der globalen Erwärmung vorherzusagen.

8. Es werden die verschiedenen Kreisläufe von CO2 im Luftraum gegeneinander abgewogen und festgestellt: Andere Kreisläufe betreffen grössere Mengen von CO2 als die Verbrennung fossiler Stoffe. Es wird aber vergessen hinzuzufügen: Diese Kreisläufe sind bereits seit Jahrtausenden stabil und ergaben keinerlei Veränderung des durchschnittlichen CO2-Gehaltes der Luft in den letzten zehntausend Jahren.

9. Dazu kommen dann die ganzen längst widerlegten Argumentationen gegen Bio-Treibstoffe. Die Nahrungsmittelsicherheit sei gefährdet, die Regenwälder würden hierfür abgeholzt, die Lebensmittelpreise stiegen deshalb usw. Alles längst widerlegt in den Artikeln, die oben im Artikel verlinkt sind.

10. Dazu kommen schlicht und einfach erfundene Dinge, wie z.B. in der von Ihnen verlinkten in den "Goldseiten" die Behauptung, 1942 seien die CO2-Gehalte der Luft genauso hoch gewesen wie heute - ohne Beleg. Angeblich gäbe es einen Zyklus der Erwämung und des Abkühlens der Meere, der mit einer ständigen Erhöhung und Verringerung des CO2-Gehaltes der Luft einherginge. Nichts davon wirklich belegt - Nur Verweise auf andere Scheinwissenschaftler, die Behauptungen und Theorien aufstellen.

So kann man noch lange weitermachen. Alle diese Veröffentlichungen haben aber gemeinsam: Sie gehen auf die wesentlichen Dinge überhaupt nicht ein. Jeder Physikstudent kann das Experiment durchführen, das belegt: Eine Luft mit höheren Gehalt an CO2 nimmt mehr von einer Wärmestrahlung auf als eine mit niedrigerem Gehalt. Wie soll das wiederlegt werden? Man versucht es nicht einmal.

Die Menge an durch Verbrennen fossiler Energieträger erzeugten CO2 lassen sich einfach ermitteln. Wo sollen diese Mengen hingehen, wenn nicht in die Luft?Auch hierfür, nicht einmal Versuche der Erklärungen.

So einfach sind die Dinge. Die Profite dieser Industrien sind in Gefahr, wenn radikal auf andere Energiegewinnung als aus fossilen Trägern umgestellt werden. Darum all das scheinwissenschaftliche Getue.

Dabei zeigen sich bereits weltweit eindeutige Anzeichen des Umschlagens der globalen Erwärmung in die Klimakatastrophe.

Täuschende Argumentationen kann man leicht erfinden, besser noch, wenn gut dafür bezahlt wird. Man muss hinter die vordergründigen "Argumente" zu schauen verstehen und die wirklichen Fakten nehmen, nicht unbewiesene Theorien.

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