Alkohol als Kraftstoff - Der Boom hat begonnen, Teil 3: Der 'Rush' gewinnt an Tempo

Alkohol als Kraftstoff - Der Boom hat begonnen (Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol), Teil 3: Der "Rush" gewinnt an Tempo

Von Karl Weiss

Dies ist nun der dritte Teil der "Alkohol-Reihe", der am 29. Juli 2006 in der "Berliner Umschau" veröffentlicht wurde.

In diesem Teil soll u.a. der Frage der Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe und der Bedeutung von Bio-Diesel nachgegangen werden. Bevor aber in diesem und weiteren Teilen dieser Reihe die bereits angekündigten weiteren mit dem Bioethanol als Kraftstoff zusammenhängenden Themen behandelt werden, sollen die seit der Veröffentlichung des ersten Teils der Serie neuen Entwicklungen auf dem Gebiet Ethanol als Kraftstoff berichtet werden. Die Entwicklung ist jetzt so schnell geworden, daß im Monatsrhythmus neue bedeutende Veränderungen zu berichten sind.

Aus Brasilien kommt als letzte Meldung, daß nach Bill Gates und George Soros nun auch die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin in Brasilien waren und Geschäftsmöglichkeiten im Alkohol-Business erkundet haben. Die Schätzungen für die Investitionen, die in diesem Geschäft nur in Brasilien am Ende für 2006 zusammengezählt werden, liegen nun bei 9,6 Milliarden US-Dollar. Der Vergleich des brasilianischen Alkoholgeschäfts mit einem „Gold-Rush“ ist also nicht weit hergeholt.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Eine wesentliche Meldung dazu kommt nun aber aus Europa: Die niederländische ABN Amro Bank, eine der größten der Welt, hat eine bedeutende Stellungnahme zum Alkohol-Business für die Finanzmärkte abgegeben, u.a. veröffentlicht in Deutschland unter „4investors“. Dort heißt es u.a.: „... Möglichkeiten ..., das Erdöl als Treibstoff zumindest teilweise zu ersetzen.... Ethanol ist ein solcher Ersatzbrennstoff.“ „Brasilien, das bereits heute 30 Prozent seiner Kraftstoffnachfrage durch Ethanol bedient, wird ... auf lange Zeit unerreicht bleiben.“ „In Deutschland fristete das Thema Bioethanol bislang eher ein Schattendasein.“ „Das Wachstum ist enorm. Experten gehen davon aus, daß der Markt in den nächsten fünf Jahren um 20 Prozent pro Jahr wächst.“

„Die Europäische Kommission hat als Ziel ausgegeben, daß bis 2010 5,75 Prozent des Benzinbedarfs im Transportwesen durch Ethanol gedeckt werden sollen. Das dürfte machbar sein, denn bereits heute kann jeder Benzinmotor mit einer Beimischung von zehn Prozent Ethanol betrieben werden. Der Engpaß ist daher gegenwärtig die Produktion ausreichender Mengen von Bioethanol.“

Eine andere, ähnliche Empfehlung mit Bezug auf die Finanzmärkte hat „finanznachrichten.de“ veröffentlicht. Dort heißt es: „... ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch der Rest der Welt mitbekommt, was in Brasilien bereits bekannt ist: Ethanol kann Benzin ersetzen, Ethanol kann aus nachwachsenden Rohwaren (Zucker, Mais) hergestellt werden, ist umweltfreundlicher, verringert die Abhängigkeit von den Erdöl exportierenden Staaten….“ „Aus diesen Gründen rufe ich hiermit den „Megatrend Ethanol“ aus ....“

U.a. wird auch berichtet, was bereits jetzt als Vorteil für die USA herausgesprungen ist: Das Handelsbilanzdefizit, einer der besorgniserregenden Schwachpunkte der einzigen Supermacht, wäre im Jahr 2004 noch 5,1 Milliarden Dollar höher gewesen, wäre nicht der aus Mais hergestellte Alkohol gewesen. Dabei gibt es in den USA erst 600 Ethanol-Tankstellen und eine geringe Zahl von Flex-Fahrzeugen.

Eine andere Neuheit ist der Biokraftstoff-Report des World Watch Instituts, über den man am 17. Juli lesen konnte. Dort heißt es u.a.: „Innerhalb der EU könnten Biokraftstoffe in den nächsten 25 Jahren 20 - 30 % des Ölverbrauches substituieren.“

Energieverbrauch Deutscland

Eine andere Nachricht kam am 20. Juli zu diesem Thema in der „Berner Rundschau“. Während die Berner früher als etwas langsam galten, haben sie die bundesdeutschen nun bereits abgehängt: In Winterthur wurde die erste Schweizer Alkohol-Tankstelle eröffnet. Dort wird Bio85 verkauft, also Alkohol mit einer Zumischung von 15% Benzin, und zwar zu einem Preis von 1,395 Schweizer Franken, während an der gleichen Tankstelle der Preis von Benzin Bleifrei 95 Octan SFr 1,765 beträgt, das sind etwa 27% mehr. Dieser Alkohol kann aus Zuckerrüben, Kartoffeln oder Holzschnitzeln hergestellt werden. Allerdings tauchen an dieser Tankstelle noch keine Kunden für Alkohol auf, weil ja die Flex-Fuel-Fahrzeuge, deren Technologie ausgereift ist und die Benzin und Alkohol in jeder beliebigen Mischung verarbeiten können, noch nicht auf dem Markt in Mitteleuropa sind. Ab September wird aber in der Schweiz das erste alkoholfähige Auto in den Verkaufsräumen stehen.

Als einziges Land in Europa ist Schweden schon weiter. Dort kann man bereits jetzt fast alle erhältlichen Fahrzeuge auch in der Flex-Version kaufen. Ein Netz von Alkohol- und Bio-Diesel-Tankstellen ist bereits am Wachsen. Anfang Juli hat eine Regierungskommission einen Plan vorgelegt, der im einzelnen darlegt, wie Schweden bis zum Jahr 2020 völlig unabhängig von Erdöl-Einfuhren werden will. Wesentlicher Teil davon ist der massive Anbau von Pflanzen, aus denen Bio-Ethanol und Bio-Diesel hergestellt werden können. Es sollen brachliegende Flächen genutzt werden und wie in der Schweiz auch auf Holzschnitzelbasis gearbeitet werden.

Globale Erwärmung

Der Staat wird massiv in Alkohol- und Bio-Diesel-Fabriken investieren. Das reicht natürlich nicht aus, um jeglichen Erdölimport zu ersetzen. Dazu sind vor allem viele Maßnahmen der Verringerung von Energieverschwendung nötig, die auch Bestandteil des Plans sind. Dazu kommt, daß Schweden eine bedeutende Papierindustrie hat. Dort fallen eine Menge von Stoffen an, die verbrannt und damit zum Heizen und Elektrizität-Erzeugen verwendet werden können.

Daß weder in Deutschland noch in Frankreich oder Italien oder anderen europäischen Ländern, die riesigen Erdölbedarf, aber kein oder so gut wie kein eigenes Erdöl haben, solche Programme in Angriff genommen werden, erscheint zunächst unerklärlich. Erst wenn man weiß, wie eng die jeweiligen Regierungs-Politiker mit den Öl-, Energie- und Auto-Konzernen verwoben sind, beginnen langsam einige Alarmglocken zu schrillen.

"Schaden vom Volk durch hochschießende Benzinpreise und Klimawandel wenden, nein, wozu? Wir wollen Schaden von den Profiten der Großkonzerne und -banken wenden, denn dort kommen wir nach unserer politischen Karriere unter."

Währenddessen haben die Vereinigten Staaten entdeckt, daß es Alternativen zum sündteuren Erdölimport gibt und arbeiten zügig an entsprechenden Programmen. Eben haben Ford und die Bio-Kraftstoff-Firma Vera Sun ein Programm vorgestellt, das nicht nur die Herstellung von Bio85-Alkohol vorsieht, sondern auch den Beginn eines Netzes von Alkohol-Zapfsäulen an den Tankstellen. Ford offeriert in den USA bereits vier seiner Personenwagen in der „Flex“-Version. Ford war auch in Schweden Vorreiter der Flex-Fahrzeuge.

Nun haben die Südstaaten der Vereinigten Staaten, wie die ‚Berliner Umschau’ schon kurz meldete, ein Energie-Sicherheitskonzept vorgelegt, das ähnlich dem schwedischen Programm neben Energieeinsparungen und Gebrauch heimischer Rohstoffe (Kohle, Ölschiefer) zur Kraftstoff- und Energiegewinnung auch den massiven Einsatz von Bio-Kraftstoffen vorsieht. Diese Vereinigung der Südstaaten, die ihren Plan auf einem Treffen der Gouverneure in New Orleans vorstellte, ist überwiegend ein Republikaner-Verein, also von Bushs eigener Partei. Das bedeutet, daß zwar Bush weiterhin einen speziellen Vertreter der großen US-Ölkonzerne darstellt, aber die Republikaner als Regierungspartei mehrheitlich nicht mehr am Gängelband dieser Konzerne laufen wollen. Das hängt wohl speziell damit zusammen, daß die meisten Südstaaten weiterhin eine stark von Landwirtschaft geprägte Wirtschafts- und Beschäftigten-Struktur haben.

Und die Vorteile für die Landwirtschaft sind eben die bei weiten sichtbarsten im Fall von Bio-Kraftstoffen im besonderen und Bio-Energie im allgemeinen. Landwirtschaftliche Produkte, die zur menschlichen Ernährung verwendet werden, haben in hochentwickelten Industriestaaten mit starker Währung nur eine Chance, mit den extrem niedrigen Weltmarktpreisen landwirtschaftlicher Produkte zu konkurrieren, wenn sie massiv subventioniert werden, was sowohl Probleme für das Budget-Defizit wie zum Teil auch für das Zahlungsbilanzdefizit bringt. Das gilt im Prinzip auch für die EU, wenn auch diesseits des Atlantiks keine so massiven Defizit-Probleme vorliegen.

Die Herstellung von Pflanzen zur Umwandlung in Energie-Flüssigkeiten dagegen ist die ideale Lösung für die landwirtschaftlichen Probleme der Industriestaaten. Die Stoffe werden im Land hergestellt und verbraucht, so daß die internationale Preissituation nur am Rande eine Rolle spielt. Man hat einen garantierten Absatzmarkt und hängt nicht von den Preisbewegungen an Börsen ab, die in manchen Jahren eine Ernte schlicht und einfach unrentabel machen. Man kann die kostenintensiven Subventionen einstellen bzw. herunterfahren und gleichzeitig die ebenso wichtigen Kosten der Erdölimporte senken. Kurz: es ist die ideale Lösung. Lediglich eine zeitweilige Steuerbefreiung oder niedrige Besteuerung ist als Anlaufinvestition nötig, was aber bei weitem nicht an die Größenordnungen der heutigen Subventionen herankommt.

Und wie mit einer magischen Anhäufung von Nur-Vorteilen, tut man auch noch etwas gegen die Verschärfung des Klimawandels und zur Verbesserung der Luft der Ballungsräume.

Grönland-Erwärmung-Stand-1985

Grönland Erwärmung Stand 2002

Grönland Erwärmung Überblick - Kartenausschnitt
Die beiden oberen Bilder zeigen in beeindruckender Weise das Fortschreiten der Eisschmelze in Grönland, wie weit sie bereits vor 5 Jahren gekommen war. Allerdings ist die Aussagekraft durch die unterschiedlichen Jahreszeiten eingeschränkt. Sowohl November als auch Mai sind aber in der Arktis-Region Teile des Winters. Der Sommer dauert nur von Juni bis August. Das untere Bild zeigt den Ort der Satelliten-Fotos und (in Farben) die Anzahl Tage in Grönland mit Eisschmelze.

Der Südstaaten-Plan sieht bis zum Jahre 2030 einen vollständigen Ersatz von eingeführtem Erdöl vor, so daß ab diesem Zeitpunkt in den USA nur noch das im eigenen Land geförderte Erdöl verwendet würde. Man will, wie das auch schon die Schweden vorhaben, ein besonderes Augenmerk auf die Möglichkeit legen, Alkohol aus Holzschnitzeln herzustellen.

Die Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe

Immer wieder wird von interessierten Kreisen die Umweltbilanz von Bio-Kraftstoffen in Frage gestellt. Was den Alkohol angeht, so hat er bezüglich der Umwelt zuallererst und vor allem den unschätzbaren Vorteil, kein zusätzliches Treibhausgas CO2 auszustoßen, was momentan das bei weitem dringendste Umweltproblem darstellt, denn der durch die globale Erwärmung hervorgerufene Klimawandel droht in eine Klimakathastrophe umzuschlagen.

Treffende Karikatur

Experten geben der Menschheit im Moment nur noch etwa 15 Jahre, bis massive Verringerungen des Kohlendioxid-Ausstoßes ereicht sein müssen, um nicht in eine Katastrophe ohne Umkehrmöglichkeit hineinzuschlittern, die im Verlauf eines Jahrhunderts die Menschheit, wie wir sie kennen, auslöschen würde.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Dieser Vorteil ist so grundlegend und wesentlich im Moment, daß er allein bereits genug Grund wäre, sofort massiv auf Alkohol umzustellen, selbst wenn es keinerlei andere Vorteile gäbe.

Bei allen kritischen Stellungnahmen zu Bioethanol als Kraftstoff sollte man deshalb zunächst überprüfen, ob die Stellungnahme der Bedeutung dieses Themas gerecht wird. Ist das nicht der Fall, kann man davon ausgehen, daß die Stellungnahme entweder aus einer wesentlichen Unwissenheit heraus abgegeben wurde oder daß da jemand zynisch zum Vorteil der Profite bestimmter Öl- und anderer Konzerne Desinformation betreibt.

Von einigen Stellen wird argumentiert, daß der Vorteil des geringeren Ausstoßes von Kohlendioxid (denn das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid wurde ja vorher von der Pflanze beim Wachsen der Luft entnommen) zum Teil oder sogar vollständig von einem hohen Energiebedarf aufgewogen werde, der für die Herstellung des Alkohols notwendig sei und durch Elektrizität, die viel Kohlendioxid zur Herstellung ausstößt, geliefert werden müsse. Auf das Argument des hohen Energieverbrauchs wird noch beim Besprechen der Energiebilanz eingegangen werden, aber hier kann schon vorausgeschickt werden, daß für einen Liter Alkohol bei entsprechend entwickelten Herstellungsverfahren nicht mehr Energie benötigt wird als für einen Liter Benzin. Wichtig ist natürlich, daß man die Vorteile, mit Pflanzenprodukten zu arbeiten, auch ausnutzt. So wird in Brasilien z.B. der Abfall des Zuckerrohrs, der früher auf den Feldern verbrannt wurde, jetzt in den Zucker- und Alkoholfabriken zur Energieeerzeugung verwendet, so daß hier auch „saubere“ Energie im Sinne der Nichtausstoßes von zusätzlichem Kohlendioxid verwendet wird.

Es gibt bezüglich des Alkohols aber auch noch andere Umweltgesichtspunkte. Einer ist die geringere Luftverschmutzung von Motoren, die mit Alkohol betrieben werden. Hier ergeben sich in der Summe wesentliche Verbesserrungen gegenüber einem unter vergleichbaren Bedingungen mit Benzin betriebenen Auto. Zunächst enthält der Alkohol keine Schwefel-Bestandteile und es entsteht damit kein Schwefeldioxid als Abgas (wie auch kein giftiges und stinkendes H2S durch den Katalysator). Damit ist der wesentliche Grund für den „sauren Regen“ bekämpft. Die Bäume werden es danken. Als zweites enthält der Alkohol im Gegensatz zum Benzin keine aromatischen Bestandteile wie Benzol und andere, die nicht nur eine Tankstelle zu einem auf Dauer krebserzeugenden Arbeitsplatz machen, sondern auch als aromatische Bestandteile in den Auspuffgasen die Luft mit krebserregenden Substanzen anreichern. Ebenso sind in den Auspuffgasen von Alkohol-Motoren keine Kohlenwasserstoffe enthalten, was ebenfalls ein wichtiges Plus für die Luftqualität ergibt.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Allerdings ist Alkohol keineswegs DIE Lösung für die Luftverschmutzungs-Probleme. So stößt ein Alkohol-Auto genauso wie ein mit Benzin betriebenes Nitrose Gase aus (NOx), die zusammen mit dem Sauerstoff der Luft das in den unteren Luftschichten unerwünschte Ozon verursachen. Nitrose Gase sind auch zum Teil an der Bildung von „saurem Regen“ beteiligt, so daß dieses Phänomen nicht völlig verhindert wird. Die Bildung von Nitrosen Gasen kann - abhängig von den Umständen - bei Alkohol-Motoren sogar etwas höher sein als bei Benzin-Motoren, weil der Alkohol etwas mehr Energie-Inhalt pro Volumeneinheit hat - verursacht durch die höhere Dichte -, was der Fahrer durch ein temperamentvolleres Auto bemerkt. Dies führt zu höheren Verbrennungstemperaturen, die wiederum zu mehr Nitrosen Gasen führen können.

Auch können in den Abgasen von mit Alkohol betriebenen Motoren neue, andere chemische Substanzen auftauchen, wie z.B. Acetaldehyd und Derivate davon, die in der Luft in keiner Weise willkommen sind. Es gibt auch noch keine umfangreichen Versuche über die Wirkungen von andauerndem Einatmen solcher Abgase. Die gibt es aber genausowenig über die von Benzinmotoren, obwohl die Verwendung von Benzin als Kraftstoff schon über ein Jahrhundert Tradition hat und genügend Zeit gewesen wäre, solche Untersuchungen von neutralen Institutionen durchführen zu lassen. offensichtlich haben interessierte kreise diese ganze Zeit solche Untersuchungen verhindert, weil sie genau wissen, die Ergebnisse wären für das Benzin katastrophal.

Damit kommen wir zu generelleren Überlegungen: Alkohol als Kraftstoff ist nicht mehr und nicht weniger als eine Übergangslösung, keineswegs der „Kraftstoff der Zukunft“. Er hilft in diesem Moment der Menschheitsgeschichte bei der Lösung des wichtigsten, akutesten Problems und hat weitere bedeutende Vorteile. Er löst aber trotz Vorteilen nicht das wesentliche Problem der Luftverschmutzung durch den Autoverkehr und kann auch nicht vollständig Benzin ersetzen, weil dazu einfach zuviel Anbaufläche benötigt würde.

Wenn wir in der Zukunft den Sozialismus erkämpft haben werden, wird man sich grundsätzlich um die Frage der Lösung des Problems des Transportes von Menschen und Gütern Gedanken machen müssen und wird wahrscheinlich zu einer Lösung kommen, die nicht Hunderttausende von Verkehrstoten jährlich fordert. Auf dieser Basis wird dann auch das Problem gelöst werden, woher die Energie für diesen Transport kommen soll - und das wird wahrscheinlich weder benzin noch Alkohol sein.

Das kann aber kein Anlaß sein, den Nachdruck, mit dem jetzt die Umstellung auf Alkohol gefordert werden muß, zu verringern.

Was die Umweltbilanz von Bio-Diesel angeht, so sieht die nicht ganz so positiv wie die von Alkohol aus. Stellt man sie aber - und das ist ja nur sinnvoll - in das Verhältnis zu Diesel und nicht zu Benzin, so stellt auch Bio-Diesel, genauso wie Alkohol, den jetzt notwendigen Schritt dar. Auch hier ist das entscheidende und ausschlaggebende Argument das Verhindern oder jedenfalls starke Vermindern von zusätzlichem CO2-Ausstoß, wie gesagt das momentan dringendste Umweltproblem der Menschheit.

Auch im Fall von Bio-Diesel muß, auch bei berechtigten Kritiken, immer wieder überprüft werden, ob diese im Verhältnis zu diesem Haupt-Umweltproblem der Menschheit eine ausgewogene Stellung beziehen oder dies eventuell überhaupt nicht erwähnen.

Als ‚Bio-Diesel’ wird die Verwendung von Fettsäure-methyl- und -ethyl-Estern als Ersatz von Dieselkraftstoff bezeichnet, der in Deutschland auch unter dem Begriff „Heizöl“ ("Leichtes Heizöl") vertrieben wird. Es sei also hier ausdrücklich nicht die Rede von Verwendung von Fettölen direkt für Dieselmotoren mit veränderter Charakteristik.

Eines der Probleme bei Bio-Diesel in Bezug auf die Umwelt ist, daß es, mit Ausnahme von Brasilien, praktisch überall in Form des Methyl-Esters eingesetzt wird, was den Hauptvorteil verkleinert. Das hängt damit zusammen, daß es dies projekt in deutschland zuerst verwirklicht wurde und in Deutschland der Alkohol Methanol als Veresterungskomponente deutlich billiger ist als Ethanol. Nur wird Methanol eben in einem aufwendigen Prozeß aus Erdöl hergestellt und dieser Teil des Bio-Diesel stößt dann eben doch zusätzliches CO2 bei der Verbrennung in die Luft aus - auch wenn er weniger als ein Zehntel des Moleküls darstellt.

Der brasilianische Ansatz bei Bio-Diesel ging dagegen von vornherein von Ethanol zum Verestern aus, es wurden also nur die Ethyl-Ester verwendet. Damit ist auch dieser Teil des Moleküls auf pflanzlicher Grundlage gewonnen worden und stößt kein zusätzliches Kohlendioxid aus. Auch kann man noch mehr tun und ebenfalls pflanzliche Produkte zur Gewinnung der relativ großen Energiemengen benutzen, die zur Herstellung von Bio-Diesel notwendig sind.

Für den eigentlichen Umesterungsprozeß pflanzlicher Öle braucht man über 200 Grad C und anschließend muß das angefallene Glycerin vom Produkt abgetrennt werden, wozu energieaufwendige Zentrifugen verwendet werden. Hat die Bio-Diesel-Fabrik ein eigenes kleines Kraftwerk angeschlossen, so kann man dort andere Pflanzenteile der Ausgangspflanze und auch das anfallende Glycerin verbrennen, um Strom zu gewinnen und kommt so auf eine hervorragende Umweltbilanz.

Im Moment kann man allerdings Glycerin noch zu einem höheren Preis verkaufen als ein anderer Brennstoff kostet, aber das dürfte in dem Maße zu Ende gehen, wie Bio-Diesel-Fabriken reihenweise überall aus dem Boden gestampft werden und damit ein weltweites starkes Überangebot von Glycerin erzeugt wird.

Ein anderes Problem des Bio-Diesel in bezug auf die Umwelt kann die Pflanze darstellen, aus dem der Bio-Diesel hergestellt wird. In Deutschland wird Bio-Diesel im wesentlichen aus Raps und Rapsöl gemacht (auf Englisch: rape seed oil).

Es ist aber genauso möglich, Bio-Diesel aus den billigeren Fettölen Sojaöl und Palmöl herzustellen. Dabei gibt es das Problem, daß Soja die hauptsächliche Pflanze ist, die dort angebaut wird, wo Amazonas-Urwald vernichtet wird und Palmöl-Palmen-Plantagen in Indonesien auf ehemaligen Regenwald-Gelände angelegt werden. Tatsächlich gibt es also einen indirekten Zuisammenhang mit anderen schwer umweltschädlichen Vorgängen.

Dies aber ist ein politischer Prozeß in diesen Ländern, der nicht durch die Herstellung von Bio-Diesel aus diesen Rohstoffen angeregt wurde, sondern bereits Jahre und Jahrzehnte vorher in Gang gekommen war, als von Bio-Diesel noch keine Rede war. Er wird nicht gestoppt, wenn statt Bio-Diesel-Rohstoffe andere Pflanzen dort angebaut werden oder man Rinder grasen läßt. Vor allem aber: Bei Benzin und Diesel zu bleiben, wird diesen Prozeß schon gar nicht stoppen.

Was die Luftverschmutzung angeht, so bringt Bio-Diesel eine wesentliche Verbesserung. Vor allem die Rußpartikel (Feinstaub), die der Dieselmotor fast gesetztmäßig von sich gibt, die meistens auch noch mit aromatischen, meist krebserregenden Substanzen an der Oberfläche angereichert sind, stellen eine der wichtigsten Gefährdungen der menschlichen Gesundheit dar. Bio-Diesel löst dieses Problem, da es die Ruß-Tendenz der Dieselmotoren drastisch senkt. Für Bio-Diesel gilt außerdem das gleiche wie für Bio-Ethanol: Kein Schwefelgehalt, dadurch fallen alle negativen Begleiterscheinungen der Schwefeldioxid-Bildung weg.

Andererseits bringt die Verbrennung von Bio-Diesel aber - ebenso wie der Alkohol - neue Substanzen in den Abgasen hervor, die noch nicht intensiv untersucht sind. Es kann aber mit Sicherheit gesagt werden, daß sie nicht annähernd die Gefährlichkeit von den krebserregenden Substanzen haben, die heute mit den Diesel-Abgasen in die Atemluft gehen.

In fernerer Zukunft wird es sicherlich eine Debatte geben, inwieweit die Dieselmotoren, deren Vorteil vor allem der billigere Kraftstoff war, den Anforderungen der Zukunft noch standhalten, aber für den Moment, in dem fast alle Motoren von Gütertransportfahrzeugen Dieselmotoren sind, ist Bio-Diesel die notwendige Wahl.

Bio-Diesel

Dabei, um auch gleich die generellen Fragen von Bio-Diesel zu behandeln, ist der wesentliche Unterschied eben der, daß Bio-Diesel in konventionellen Dieselmotoren ohne Anpassung gebraucht werden kann, während für den Alkohol (über 25% in der Mischung mit Benzin oder allein) ein Auto mit Flex-Fuel-Technik notwendig ist. Auf Bio-Diesel kann also direkt und schnell und ohne größere Investitionen umgestellt werden, während für den Alkohol neue Motorengenerationen notwendig sind.

Es könnte also nun, wenn schon die Umstellung auf Alkohol noch nicht einmal ins Auge gefaßt wird in Deutschland, zumindest die auf Bio-Diesel in kurzem Zeitraum durchgeführt werden.

Doch genau in diesem Moment beschließt die unsägliche deutsche Politiker-Kaste, die Steuerbefreiung von Bio-Kraftstoffen aufzuheben und in einem ansteigendem Maße, Jahr für Jahr, auch die umweltrettenden Kraftstoffe wie die menschheitsvernichtenden zu besteuern. Diese Geisterfahrt gegen die allgemeine Fahrtrichtung wird die zarte Pflanze Bio-Diesel, für die Deutschland ja sogar wegweisend war, zermalmen und Deutschland auf unabsehbare Zeit zur Abhängigkeit von Erdöl und Erdölkonzernen verdammen.

Im übrigen müßte auch, das ist sogar besonders wichtig, die Umstellung der in Deutschland extrem weit verbreiteten Heizöl-Heizungen auf Bio-Diesel ins Auge gefaßt werden. Kurz, es müßte massiv in Bio-Diesel-Fabriken investiert werden und es müßte massiv die Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf Bio-Kraftstoff-Herstellung angegangen werden, um die hauptsächlich winterliche Luftverschmutzung (durch die vielen Heizöl(=Diesel)-Brennstellen) und die sommerliche wie winterliche durch Feinstaub zu bekämpfen und dabei gleichzeitig einen gewaltigen Schritt in der Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes zu tun.

In einem kleinen, dicht besiedelten Land wie Deutschland, das besonders unter den Folgen der Luftverschmutzung durch Verkehr und Heizung leidet, wären durchgreifende Schritte zur Verbesserung dieser Situation eigentlich angebracht, vor allem wenn dadurch auch das Problem mit der Klimakatastrophe, die Frage der Versorgungssicherheit, die stark steigenden Preise und die Sinngebung der Landwirtschaft angegangen werden kann, aber Deutschlands famose Politiker-Mafia hat anderes im Sinn.

Wird fortgesetzt.

Es werden in den folgenden Teilen noch diese Fragen besprochen:

Welche anderen Bio-Kraftstoffe gibt es und welche anderen natürlichen
Land-Produkte können zur Verbesserung der Umwelt beitragen?

Für welche anderen Zwecke kann der Alkohol gebraucht werden?

Was wäre die beste Alkohol-Quelle in Deutschland?

Wo kann ein Interessierter in Europa „Flex-Fuel"-Fahrzeuge bekommen?

Wie sieht es mit den Fahrzeugen mit Erdgasantrieb aus?

Ist Alkohol ein Konkurrent zum Wasserstoff-Antrieb?

Wie ist es mit den Brennstoffzellen?

Können die mit Alkohol betrieben werden?

Kann ein Flugzeug mit Alkohol fliegen?

Und andere Fragen.



Link zum Originalartikel hier


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatastrophe

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Artikel und Dossier der Woche

Artikel der Woche "CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft" Da wurde es von Frau Merkel vorhergesagt

Dossier der Woche "Dossier Klimakatastrophe" 10 Fragen und Antworten zur Klimakatastrophe

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