Einführung der Internet-Zensur
Medien und Politik Hand in Hand
Von Karl Weiss
17. Artikel der Serie: Ältere Artikel im Blog, die weiterhin Bedeutung haben
Wir haben begonnen, hier im Blog 'Karl Weiss - Journalismus' Artikel aus früheren Jahren in unregelmässigen Abständen erneut einzustellen, wenn sie weiterhin von Bedeutung sind. Wir wollen uns als Bürgerjournalisten ja vom Medien-Mainstream unterscheiden, der eine Sau nach der anderen durchs Dorf treibt und dann nie wieder erwähnt. Heute wiederholen wir diesen Artikel vom 17. April 2009 aus aktuellem Anlass, denn der Bundespräsident hat das Zensurgesetzt nun unterschrieben und es kann nun mit der Veröffentlichung in Kraft getreten. Die ersten Absurditäten werden wohl nicht lange auf sich warten lassen.
Offenbar steht die offizielle Einführung der Internetzensur in Deutschland unter dem Vorwand von Kinderporno unmittelbar bevor. Die Vereinbarung mit Internetprovidern, die 75% des deutschen Marktes bedienen, ist unter Dach und Fach und die gesetzliche „Absicherung“ erscheint garantiert [Inzwischen ist das gesetz verabschiedet worden und in Kraft getreten].
Dabei muss selbst in einem Propagandaartikel der „Süddeutschen“ für die Zensur zugegeben werden: Fast alle einschlägigen Net-Seiten könnten durch einen einfachen Anruf vom Netz genommen werden.
Hier ein typisches Beispiel für den Unsinn der neuen "Kinderporno"-Definition. Dies Foto ist offenbar ein völlig normales aus einem Nudistencamp. Aber mit der neuen Definition könne jemand annehmen, die Dame sei noch keine 18 und sie sei "aufreizend" und schon ist das Bild zu "Kinderporno" geworden und der Besitzer hat Gefängnis verwirkt.
Die Propaganda ist unerträglich – und sie ist verlogen: „Die Kinderpornografie im Internet boomt, die Opfer des Millionen-Geschäfts werden immer jünger.“ „Schätzungen zufolge gibt es bis zu 450.000 Seiten mit kinderpornografischem Inhalt in Deutschland, die täglich angeklickt werden. In nur zehn Tagen habe eine Seite mit Kinderpornos mehr als 49.000 Klicks gemacht...“ „...die Bekämpfung der Gewalt gegen kleine Kinder im Internet...“ Das sind Zitate aus dem genannten Propagandaartikel: ( http://www.sueddeutsche.de/,tt6m1/computer/536/465128/text/ ) Dort wird das Internet als „Datenautobahn für Kinderpornografie“ bezeichnet.
Hier ein besonders extremes Beispiel für den Unsinn der neuen Kinderporno-Definition. Da auch Kunstwerke in die neue Definition einbezogen sind, kann dieses Kunstwerk "Die Umarmung" als Kinderporno definiert werden und damit auch Fotos dieses Kunstwerks. Es handelt sich um das Werk eines bekannten brasilianischen Künstlers, das im Garten des Kunstmuseums Pampulha in Belo Horizonte steht.
Nichts davon ist belegbar, nichts davon ist wahr. Es gibt keine Gewalt gegen kleine Kinder im Internet. Diese Gewalt findet vielmehr in der Wirklichkeit statt, in den Schlafstuben der Familien – und es gibt Verbrecher, die davon Bilder und Videos machen, um damit übers Internet oder Postversand Geld zu verdienen. Warum geht man nicht gegen solche Internetseiten vor, anstatt den Zugang zu ihnen von Providern sperren zu lassen?
Es gibt keinerlei Statistik oder Untersuchung, dass Kinderporno heute mit jüngeren Kindern hergestellt wird als früher. Von irgendeinem Boom von Kinderporno im Internet kann keine Rede sein. Alle diesbezüglichen Behauptungen sind frei aus der Luft gegriffen. Wenn es tatsächlich mehr Bilder im Internet gibt, die als Kinderporno eingestuft werden, dann deshalb, weil man in Deutschland im November 2008 die Definition gesetzlich geändert hat:
War vorher Kinderporno „Fotos und Videos von Sex an, mit oder vor Kindern (Menschen bis zum 14. Lebensjahr)“, also eine richtige, eindeutige und jederzeit überprüfbare Definition, gilt seitdem als Kinderporno zusätzlich auch jede Beschreibung oder bildhafte Darstellung, also auch Zeichnungen und Geschichten, die „aufreizend“ für jemanden sein könnten (wobei undefiniert und damit beliebig bleibt, was „aufreizend“ ist) und vor allem: Jetzt gilt das nicht mehr nur für Kinder, sondern auch für Jugendlichen bis 18 Jahren. Damit ist jedes Oberkörper-Foto einer 17-jährigen, das sie ihrem Freund aufs Handy schickt, bereits als Kinderpornografie definierbar. In diesem Sinne „boomt“ nun wirklich das „Kinderporno“ – aber das in Anführungszeichen - nur hat man vergessen, diese neue absurde Definition zu erwähnen.
Hier ein anderes Beispiel für den Unsinn der neuen "Kinderporno"-Definition. Ein ganz normales Foto von Kindern an einem Nudisten-Strand, wie es Millionen von Nudisten in ihrem Besitz haben. Jemand könnte das für "aufreizend" halten und dann ist das "Kinderporno" und der Besitzer wandert ins Gefängnis.
Auch die im Artikel erwähnte Zahl von 450.000 Seiten ist absurd. Von skandinavischen Ländern aus, wo es bereits Internetzensur gibt, wurden im Bereich von 100 bis 400 Internetseiten wegen Kinderporno gesperrt. Der Unterschied zwischen 400 und 450.000 ist so immens, dass hier irgendjemand „spinnt“.
Aber zur Begründung von Zensur können die Zahlen ja gar nicht hoch genug sein. Auch muss man fragen, was heißt „in Deutschland“, wenn vom Internet die Rede ist? Das Internet ist international. Es gibt kein Internet „in Deutschland“. Wen wollen die Propagandisten täuschen, wenn sie uns 450.000 Seiten „in Deutschland“ verkaufen wollen?
Und wie wäre das, alle diese 450.000 Seiten wären aus dem Ausland ,z.B. Skandinavien, nicht zugänglich, (denn dort findet man nur 400)? Wie das?
Und wenn man eine Seite „in Deutschland“ gefunden hat, auf die es an einem Tag 49 000 Klicks gegeben haben soll, warum hat man die nicht einfach von der Polizei schließen lassen und die Verantwortlichen verhaftet? Überhaupt ist das immer die Frage. Wenn es diese Kinderpornoseiten im Netz gibt, wieso werden die nicht geschlossen?
Hier ein weiteres Beispiel. Ein typisches Foto, wie es Hunderttausende im FKK-Urlaub machen. Wenn man annimmt, die beiden (oder einer von ihnen) sind noch keine 18 und das Bild ist "aufreizend" (für wen?), ist das angeblich Kinderporno.
Da kommt nun das andere Argument. Es handele sich um Seiten, die in dubiosen Ländern gehostet würden, wo Kinderporno nicht strafbar sei, weshalb die Seite nicht geschlossen werden kann, wird argumentiert.
Nun haben aber im Internet eine ganze Reihe von Bloggern die Sperrlisten aus anderen Ländern durchgeforstet. Das Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der Seiten auf den Sperrlisten enthalten kein Kinderporno. Und: Fast alle wirklich einschlägigen Seiten sind in Ländern gehostet, in denen Kinderporno strafbar ist und mit denen Deutschland Rechtshilfeabkommen hat, so z.B. in den USA und in Ländern der EU. Das Argument der dubiosen Länder ist also vorgeschoben.
Vor allem aber stellt sich die Frage, die ein Leser im Scusiblog ( https://scusiblog.org/ ) stellte: "Wie kann es eigentlich passieren, dass in einem Land A, in dem Kinderpornografie verboten ist, auf Dauer Angebote weiter existieren können, die in Land B schon polizeibekannt geworden sind und daher dort gesperrt werden?"
Hier ein Foto mit einem anderen Beispiel. Es wird argumentiert, man habe das "aufreizend" einführen müssen, weil es Fotos von Kindern in sexuellen Posen gäbe, die als Kinderporno gelten müssten. Nun dieses Mädchen, wieder in einem Nudisten-Camp, posiert wohl für den Fotografen. Aber was soll daran Porno sein? Nur jemand mit einem kranken Gehirn kann Nacktheit als Porno ansehen.
Mit einem Anruf könnte das in jedem Fall erledigt werden, sagt dazu Christian Bahls von http://mogis.wordpress.com/ .
Ja, das ist die Frage und man muss sie wieder und wieder stellen. Warum, wenn es 450.000 Seiten im Internet mit Kinderporno gibt, werden diese nicht aus dem Netz geholt und die Verantwortlichen verdonnert, wenn sie doch weit überwiegend in Ländern gehostet sind, wo die Polizei auf jeden Hinweis doch sofort reagieren müsste, die Server dieser Seiten ausheben und sperren und die Hintermänner hopps nehmen müsste, die diese Seiten mit „Material“ versorgen?
Warum? Warum? Warum?
Ist es da verwegen zu vermuten, man lässt diese Seiten im Internet, weil man sonst ja keinen Vorwand hätte, die Zensur des Internet einzuführen?
Trackback URL:
https://karlweiss.twoday.net/stories/6207135/modTrackback