Es gibt noch Richter in den Vereinigten Staaten
Von Karl Weiss
Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren mit den USA. Obwohl die Degenerierungserscheinungen laufend fortschreiten, gibt es doch immer noch aufrechte Menschen in den USA, die nicht völlig von Hass, Gewalt und Unterdrückung begeistert sind und sogar solche, die noch Wert auf bestimmte demokratische Rechte legen, z.B. das Recht auf eine Privatsphäre, die nur nach richterlicher Genehmigung angetastet werden darf.
Nach den Anschlägen des 11. September in den USA waren in der Praxis eine ganze Reihe von demokratischen Rechten in den USA faktisch gestrichen worden, zum Teil durch das Gesetz „Homeland Protection Act“ und zum anderen Teil durch einfache Anordnung durch den Präsidenten Bush.
Zum letzteren gehörte ein umfangreiches Abhörprogramm, das durch den Inlands-Geheimdienst N.S.A. durchgeführt wurde. Viele Personen und Gruppen, die in Opposition zur Bush-Regierung standen, wurden ebenso ohne richterliche Zustimmung abgehört wie jegliche islamische Organisation und viele Personen islamischen Glaubens.
Die Abhörmethoden gingen dabei von geheimen Mikrofonen und Video-Kameras, die Räumen von Organisationen und in Wohnungen angebracht wurden zum Abhören von Telefonen und dem Überwachen des E-Mail-Verkehrs.
Nun, heute sind viele Jahre des illegalen Abhörens vergangen und die Ergebnisse sind: Null!
Es gibt nicht eine einzige Organisation innerhalb der Vereinigten Staaten, nicht eine einzige Person, die durch diese Bespitzelung als Terrorist oder terroristische Organisation erkannt und ausgehoben wurde. Nicht ein einziges Gerichtsverfahren gegen in den USA Ansässige wegen des Verdachts der terroristischen Aktivitäten wurde in den 8 ½ Jahren seitdem durchgeführt. Der einzige Prozess, der überhaupt durchgeführt wurde, war gegen einen am Flughafen bei der Einreise festgenommenen Ausländer – als kein Ergebnis der inneramerikanischen Abhörwut.
Bush und Chenney hatten immer behauptet: Die USA stünde ja im Krieg („Krieg gegen den Terrorismus“) und in Kriegssituationen habe der Präsident absolute frei Hand für alles, was er für die Sicherheit des Staates nötig hält.
Nun hat der US-Bundesrichter Vaughn R. Walker die Abhörpraxis in einem konkreten Fall für gesetzeswidrig erklärt, weil sie gegen ein Gesetz verstößt, das für Abhöraktivitäten auf diesem Niveau immer eine richterliche Erlaubnis vorschreibt.
Die Bush-Regierung hatte 8 Jahre lang illegal und massenhaft abgehört – und das ohne richterliche Erlaubnis und ohne Ergebnis in der angegeben Richtung. Natürlich hat die Regierung so ein umfangreiches Mosaik aller oppositionellen Gruppen zusammenstellen können, das im Grunde jegliche oppositionelle Aktivität wie in einer Diktatur als staatsfeindlich brandmarkt.
Hat nun die Obama-Regierung von dieser Praxis Abstand genommen, sie verurteilt und sie vor Gericht gebracht? Nein! Zwar behauptete Obama, die Bespitzelung nicht fortgeführt zu haben – was allerdings niemand nachprüfen kann -, hat aber gleichzeitig versucht, in jedem Einzelfall eine gerichtliche Untersuchung dieser Praxis zu verhindern.
Als Argument wurde jetzt wie auch bei der vorherigen Regierung vorgebracht, die richterliche Untersuchung dieser Praxis würde Staatsgeheimnisse der USA eröffnen und das dürfe aus Sicherheitsgründen nicht geschehen.. Das ist ganz offensichtlich an den Haaren herbeigezogen, aber ein großer Teil der mit solchen Fällen beschäftigten Richtern hat dies Argument anerkannt, sich also wie in einer Diktatur der Regierung gebeugt. Dadurch wurde in irgendeiner Instanz immer ein „regimeergebener“ Richter angetroffen, so dass über diese ganze Zeit nicht ein einziger Fall wirklich zur richterlichen Untersuchung führte.
Erst jetzt, nach 8 ½ Jahren, hat sich ein Bundesrichter in San Franzisco gefunden, der in klaren Worten der Regierung ins Stammbuch geschrieben hat: Diese Behauptung von den Staatsgeheimnissen und der Gefährdung der Staatssicherheit ist ein Missbrauch und eine Übertretung der Kompetenzen der Regierung.
Im konkreten Fall handelte es sich um das Abhören der Räume und der Telefone sowie das Überwachen des E-Mail-Verkehrs einer islamischen Wohltätigkeits-Organisation mit dem Namen Al Haramain, die im Bundestaat Oregon tätig war.
Einer der Anwälte, der für jene Organisation gegen die Überwachung geklagt hatte, pries die Entscheidung des Richters in den höchsten Tönen: „Der Präsident, wie jeder andere Bürger, muss sich an die Gesetze halten. Ob die vom Kongress beschlossenen Gesetze eingehalten werden, kann nicht im Ermessen des Präsidenten liegen. Der Richter hat die Auslegung der Exekutivgewalt durch Bush und Chenney zurückgewiesen.“
Der Fall des Abhörens von Al Haramain war öffentlich geworden, weil versehentlich ein geheimes Dokument über diesen Fall des Abhörens veröffentlicht worden war. Obwohl dieses Dokument nicht als Beweis verwendet werden durfte, konnten die Anwälte die Tatsache der Überwachung beweisen. Der Richter entschied nun, dass die Organisation gesetzwidrig überwacht wurde und damit Anspruch auf eine Wiedergutmachungszahlung hat.
Allerdings kann die Regierung noch in die nächste Instanz gehen.
Veröffentlicht am 13. April 2010 in der Berliner Umschau
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